OGH vom 17.09.2015, 11Os96/15z

OGH vom 17.09.2015, 11Os96/15z

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner Foregger, Mag. Michel und Mag. Fürnkranz und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Dr. Pottmann als Schriftführerin in der Strafsache gegen Michael R***** und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 12 dritter Fall StGB, § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall, Abs 4 Z 3 SMG und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Genannten sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom , GZ 7 Hv 111/14a 308, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten R***** fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde soweit für die Erledigung der Nichtigkeitsbeschwerde von Bedeutung Michael R***** jeweils eines Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 12 dritter Fall StGB, § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall, Abs 4 Z 3 SMG (A I) und nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 2 Z 3 SMG (A III) sowie mehrerer Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 zweiter Fall, Abs 2 SMG (A V 1) schuldig erkannt.

Danach hat er in G*****, W***** und andernorts

(A I) dazu beigetragen, dass Nachgenannte vorschriftswidrig Suchtgift in einer das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge ein- und ausführten, und zwar

(1) Daniel N***** und Johann Z***** am 1.000 Gramm Kokain (enthaltend 667 Gramm Cocain) durch dessen Transport von Deutschland nach Österreich, indem er diese Fahrt organisierte;

(2) Alexander M***** am 1.959,1 Gramm Kokain (enthaltend 1.190,8 Gramm Cocain) durch dessen Transport mit dem PKW von Spanien nach Österreich, indem er die dabei anfallenden Treibstoffkosten vorstreckte;

(A III) von Mitte 2009 bis Ende 2011 vorschriftswidrig Suchtgift in einer das Fünfzehnfache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge anderen überlassen, indem er in mehreren Angriffen insgesamt 735 Gramm Kokain (enthaltend 294 Gramm Cocain) verschiedenen im Ersturteil teils namentlich genannten Personen teils verkaufte, teils unentgeltlich zur Verfügung stellte;

(A V 1) von März 2013 bis in einer Vielzahl von Angriffen (US 12) vorschriftswidrig Suchtgift ausschließlich zum persönlichen Gebrauch besessen, „indem“ er Kokain und Cannabisprodukte konsumierte.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen wendet sich die aus Z 1, 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde dieses Angeklagten.

Entgegen der Besetzungsrüge (Z 1) kann die durch die Rechtswirksamkeit der Anklageschrift (vgl ON 279) festgelegte örtliche Zuständigkeit des Erstgerichts ( perpetuatio fori ) mit Nichtigkeitsbeschwerde nicht mehr in Frage gestellt werden ( Ratz , WK StPO § 281 Rz 111 f, § 281a Rz 1). Die Unzuständigkeit des Oberlandesgerichts Graz, das über den Anklageeinspruch entschieden und die örtliche Zuständigkeit des Erstgerichts bestätigt hat, wird in der Beschwerde nicht behauptet (§ 281a StPO; vgl RIS Justiz RS0126141).

Dem Vorwurf offenbar unzureichender Begründung (Z 5 vierter Fall) zuwider leitete das Schöffengericht seine den Schuldspruch A I 2 tragenden Feststellungen zur subjektiven Tatseite willkürfrei schon aus den vom Angeklagten zugestandenen äußeren Umständen (US 24, 27) ab. Die zum subjektiven Handlungselement leugnende Einlassung des Beschwerdeführers blieb dabei keineswegs unerörtert (Z 5 zweiter Fall). Sie wurde vielmehr als (auch) durch die Aussage des Zeugen M***** für widerlegt erachtet, wonach dieser ihn „über die zwei Kilogramm Kokain im Gepäck ausdrücklich informiert“ gehabt habe (US 23, 24).

Verknüpft mit Spekulationen über dessen Aussagemotivation behauptet die Mängelrüge (Z 5), der genannte Zeuge habe „in vielfacher Hinsicht“ „wissentlich falsch“ ausgesagt, weil seine Depositionen in anderen Punkten bestimmten Angaben des Angeklagten sowie der Zeugen Daniel N***** und Franz G***** widersprächen. Der Vorwurf, dieser Umstand sei „unerörtert“ (Z 5 zweiter Fall) geblieben, zielt ohne einen Bezug zu entscheidenden Tatsachen herzustellen (siehe aber RIS Justiz RS0119422 [T4]) ausschließlich darauf ab, die tatrichterliche Annahme der Glaubwürdigkeit des Zeugen M***** zu erschüttern. Damit aber wird im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässig nur die Beweiswürdigung des Schöffensenats bekämpft (RIS Justiz RS0099419 [T2], RS0106588; Ratz , WK StPO § 281 Rz 431 f).

Das Erstgericht ging deutlich genug ( Ratz , WK StPO § 281 Rz 19) davon aus, dass der Beschwerdeführer die vom Schuldspruch A V 1 erfassten Suchtgifte nicht nur „konsumierte“, sondern sie (dabei) jeweils auch mit entsprechender Willensausrichtung in seinem Gewahrsam hielt (US 12).

Mit dem Einwand, der (bloße) „Konsum von Drogen“ sei „gemäß § 27 Abs 1 SMG nicht mit Strafe bedroht“, argumentiert die gegen diesen Schuldspruch gerichtete Rechtsrüge (Z 9 lit a) nicht auf Basis des Urteilssachverhalts. Dass „die diesbezügliche Handlung“ (gemeint: durch die vom Schuldspruch A V 1 erfassten Taten verwirklichte Vergehen nach § 27 Abs 1 Z 1 zweiter Fall, Abs 2 SMG) „durch die Verurteilung nach § 28a SMG konsumiert“ sei (der Sache nach Z 10), wird nicht nur ohne Ableitung aus dem Gesetz bloß behauptet, sondern überdies auf der urteilsfremden Prämisse entwickelt, das ab März 2013 besessene Suchtgift (A V 1) sei Teilmenge des bis eingeführten (A I). Damit gelangt der geltend gemachte (materielle) Nichtigkeitsgrund nicht zu prozessförmiger Darstellung (RIS Justiz RS0099810, RS0116565).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen, woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Erledigung der Berufungen folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:OGH0002:2015:0110OS00096.15Z.0917.000