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OGH vom 12.06.2001, 10ObS53/01v

OGH vom 12.06.2001, 10ObS53/01v

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer und Dr. Hoch und die fachkundigen Laienrichter OLWR Dr. Peter Hübner (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Johann Holper (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Georg S*****, vertreten durch Prof. Dr. Alfred Haslinger und andere, Rechtsanwälte in Linz, wider die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter, Roßaußer Lände 3, 1092 Wien, vertreten durch Dr. Andreas Grundei, Rechtsanwalt in Wien, wegen Rückforderung eines Überbezuges an Ausgleichszulage, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 12 Rs 244/00i-9, folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 46 Abs 1 ASGG zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Nach § 46 Abs 1 ASGG ist eine außerordentliche Revision nur zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt, etwa weil das Berufungsgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs abweicht oder eine solche Rechtsprechung fehlt oder uneinheitlich ist.

Obwohl die Zurückweisung einer außerordentlichen Revision nach § 510 Abs 3 dritter Satz ZPO keiner Begründung bedarf, ist den Revisionsausführungen kurz zu erwidern:

Der Revisionswerber hält selbst fest, dass die Höhe des zurückzuzahlenden Nettoüberbezuges seiner Rechtsvorgängerin von S 716.258,20 (seit dem Jahr 1972) "unstreitig" ist. Er zieht auch nicht (mehr) in Zweifel, dass dem Kurator der verstorbenen Ausgleichszulagenbezieherin (und damit auch ihr selbst [RIS-Justiz RS0084337]) die unterlassene Bekanntgabe ihrer - erheblichen - Zinseneinkünfte seit dem Jahr 1992 als Meldepflichtverletzung zuzurechnen ist. Der Kläger vertritt jedoch die Auffassung, das Berufungsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass dem Sachwalter "überdurchschnittliche Sinneskräfte" zu unterstellen wären und er deshalb schon vor der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs vom , 10 ObS 260/91(SSV-NF 5/135), hätte erkennen müssen, dass der beklagten Anstalt die Zinserträge zu melden gewesen wären.

Zur Zulässigkeit der außerordentlichen Revision macht der Kläger geltend, dass Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu der Frage fehle, ob eine schuldhafte Verletzung der Meldepflichten vorliege, wenn die bis zur Entscheidung 10 ObS 260/91 "allgemein vernachlässigten" Sparbuchzinsen nicht angegeben worden sei und von der Beklagten selbst ein Meldeformular, in dem Kapitalerträge angesprochen würden, erst ab 1992 verwendet worden sei.

Dabei wird jedoch übersehen, dass die Prüfung der Vertretbarkeit einer Rechtsauffassung zum Verschulden immer von den Umständen des Einzelfalls abhängt und sich (als Ermessensentscheidung) grundsätzlich einer Beurteilung als erhebliche Rechtsfrage entzieht (RIS-Justiz RS0110837; RS0042764; RS0042773/T1; RS0042840; RS0087606; 9 Ob 195/00t), soweit nicht eine im Sinne des § 46 Abs 1 ASGG aufzugreifende Fehlbeurteilung vorliegt (RIS-Justiz RS0044088). Dass eine solche hier gegeben wäre macht die ao Revision aber - zu Recht - nicht geltend:

§ 107 ASVG normiert, dass der Sozialversicherungsträger zu Unrecht erbrachte Geldleistungen zurückzufordern hat, wenn der Zahlungsempfänger den Bezug durch bewusst unwahre Angaben, bewusste Verschweigung maßgeblicher Tatsachen oder Verletzung der Meldevorschriften (§ 40 ASVG) herbeigeführt hat oder wenn der Zahlungsempfänger erkennen musste, dass die Leistung nicht oder nicht in dieser Höhe gebührt. Die Verletzung der Meldevorschriften bildet daher einen eigenen Rückforderungstatbestand, dessen Verwirklichung den Versicherungsträger zur Rückforderung berechtigt und verpflichtet. Der Rückforderungsanspruch des Sozialversicherungsträgers gemäß § 107 ASVG besteht schon bei leicht fahrlässiger Verletzung der Meldevorschrift des § 40 ASVG (RIS-Justiz RS0083641; zuletzt: 10 ObS 156/00i).

Was nun die Ausgleichszulage betrifft, entspricht es ständiger Rechtsprechung, dass jeder Anspruch mit Einkommenscharakter, der einem Pensionsberechtigten auf vertraglicher oder gesetzlicher Basis zusteht bei der Prüfung des Anspruches auf Ausgleichszulage grundsätzlich wie ein tatsächliches Einkommen zu berücksichtigen ist. Auch die Einkünfte als zinsbringend angelegter Kapitalien bewirken grundsätzlich eine Einkommensänderung und unterliegen der Meldepflicht. Dies unabhängig davon, ob in der Aufforderung zur Bekanntgabe der "sonstigen Einkünfte" und der unter dieser Rubrik im Fragebogen beispielsweise angeführten Einkunftsarten Vermögenszinsen gesondert genannt sind. Einem maßstabgerechten Durchschnittsmenschen, einer sorgfältigten Person (SSV-NF 4/91; 10 ObS 440/89), der ein Sachwalter ohne Zweifel ist, müsste eine Vermögensvermehrung durch Zinseneinkünfte erkennbar sein. Daher hat der Sozialversicherungsträger bei Unterlassung der Meldung von Zinsen die objektive Verletzung der Meldepflicht nachgewiesen, was zur Rückforderung berechtigt (SSV-NF 11/122 mwN).

Selbst wenn die Meldung deshalb unterlassen wird, weil der Versicherte oder dessen Sachwalter glaubten, durch die (bereits erfolgte) Bekanntgabe, dass verzinsliche Sparguthaben vorhanden seien, wäre der zu meldende Sachverhalt dem Versicherungsträger schon zur Kenntnis gelangt, ist dies im Allgemeinen auf das Verschulden ohne Einfluss, weil dadurch die Meldepflicht nicht aufgehoben wird (SSV-NF 4/91; 7/83; 11/122). Nur wenn der Leistungsempfänger aus besonderen Gründen annehmen durfte, dass die Meldung auf das Vorgehen des Versicherungsträgers keinen Einfluss haben würde, wenn also etwa der Versicherungsträger schon zum Ausdruck gebracht hat, dass er die zu meldende Tatsache für nicht erheblich hält, oder wenn er schon ergänzende Erhebungen zu dem zu meldenden, ihm aber schon bekannten Sachverhalt veranlasst hat, müsste dem Leistungsempfänger zugebilligt werden, dass er seine Meldung für völlig bedeutungslos hält und er daher davon ausgehen dürfe, dass er hiezu nicht mehr verpflichtet sei (RIS-Justiz RS0083623).

Derartiges hat der Kläger aber nicht einmal behauptet. Außerdem weist die Beklagte zu Recht darauf hin, dass es sich bei den Einkünften der Ausgleichszulagenbezieherin im vorliegenden Einzelfall keinesfalls um Bagatellbeträge handelte, weil die nicht bekanntgegebenen Zinsenerträge die Höhe der gewährten Ausgleichszulage zeitweise sogar erreichten bzw überschritten, sodass bei gehöriger Sorgfalt des Sachwalters jedenfalls zu erwarten gewesen wäre, dass er von sich aus die Problematik erkennt und zumindest bei der Beklagten rückfragt, ob Zinsenerträge als Einkommen zu werten sind (S 2/3 der Revisionsbeantwortung).

Die außerordentliche Revision des Klägers war daher mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinn des § 46 Abs 1 ASGG als unzulässig zurückzuweisen.