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OGH vom 23.04.1968, 8Ob84/68

OGH vom 23.04.1968, 8Ob84/68

Norm

ABGB § 484;

ABGB § 492;

ABGB § 493;

Kopf

SZ 41/49

Spruch

Der aus der Dienstbarkeit des Fahrweges Berechtigte darf nicht schwere Lasten über den dienstbaren Grund schleifen, wenn eine schonendere Art des Transportes möglich ist.

Entscheidung vom , 8 Ob 84/68.

I. Instanz: Bezirksgericht Hainfeld; II. Instanz: Kreisgericht St. Pölten.

Text

Der Kläger ist Eigentümer der Liegenschaft EZ. 4 KG. K., zu der die Waldgrundstücke 37/1 und 75/1 gehören. Der Beklagte ist Eigentümer der Nachbarliegenschaft EZ. 46 KG. K., zu der das Wiesengrundstück 74/1 gehört. Der Kläger begehrt die Feststellung, daß ihm und den künftigen Eigentümern des Waldgrundstückes 37/1 gegenüber dem jeweiligen Eigentümer des Wiesengrundstückes 74/1 die Dienstbarkeit des Holzbringungsrechtes in der Weise zustehe, daß das auf der Waldparzelle 37/1 geschlägerte Holz nach der bestehenden Übung über das Wiesengrundstück 74/1 zu dem Waldgrundstück 75/1 zugestreift werden könne; der Beklagte sei schuldig, in die grundbücherliche Einverleibung dieser Dienstbarkeit auf seiner Liegenschaft EZ. 46 KG. K. einzuwilligen. Er brachte vor, es stehe ihm schon seit unvordenklichen Zeiten das Recht der Holzbringung vom Waldgrundstück 37/1 über das Wiesengrundstück 74/1 in der Form der Streifung des Holzes zu. Nunmehr habe aber der Beklagte eine Tafel mit der Aufschrift "Holzstreifen verboten" angebracht und das Holzbringungsrecht des Klägers bestritten. Der Beklagte wendete ein, er habe nichts dagegen, wenn der Kläger das Holz mit Hilfe von Fahrzeugen abtransportiere, was auf dem jetzt verbesserten Weg auch ohne weiteres möglich sei. Er wehre sich nur gegen das Streifen des Holzes, weil dadurch der verbesserte Weg wieder beschädigt werde.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es stellte fest: Der Beklagte kaufte mit Kaufvertrag vom vom damaligen Eigentümer den Schö.-Hof, zu dem unter anderem das Wiesengrundstück 74/1 gehört. Er willigte in diesem Vertrag ein, daß zugunsten des jeweiligen Eigentümers der damals gleichfalls dem Verkäufer gehörigen Stammliegenschaft EZ. 4 KG. K. (Scha.-Hof) die Dienstbarkeit des Geh- und Fahrweges über die Grundstücke 75/2, 74/1 und 37/3 einverleibt werde. Letztere Liegenschaft hat in der Folge der Kläger gekauft. Der Kläger hat das auf der Waldparzelle 37/1 geschlägerte Holz in der Weise abtransportiert, daß er es auf dem über das Wiesengrundstück des Beklagten 74/1 führenden und sich im Waldgrundstück des Klägers 75/1 fortsetzenden Weg mit Pferden, bzw. später mit dem Traktor schleifte. Der Kläger hat zunächst gegen dieses Schleifen des Holzes nichts eingewendet. Als aber im Winter 1965 der Weg stark aufgewühlt und daraufhin durch Aufbringung einer Schotterschichte verbessert worden war, brachte der Beklagte, der der Meinung war, der Weg werde durch das Schleifen der Holzstämme wieder beschädigt, eine Tafel mit der Aufschrift "Holzstreifen verboten" an. Das Erstgericht war der Ansicht, dem Kläger stehe eine Dienstbarkeit, die ihn berechtigen würde, auf dem gegenständlichen Weg Holz zu schleifen, nicht zu. Eine entsprechende ausdrückliche Vereinbarung liege nicht vor. Die 30jährige Ersitzungszeit sei seit der Trennung der beiden Liegenschaften im Jahre 1941 noch nicht abgelaufen.

Das Berufungsgericht hob das Urteil der ersten Instanz unter Rechtskraftvorbehalt auf. Was die Frage betrifft, ob mit der vertraglich begrundeten und im Grundbuch einverleibten Dienstbarkeit des Geh- und Fahrweges auch das Recht verbunden ist, Holzstämme auf dem Servitutsweg zu schleifen, so war das Berufungsgericht der Ansicht, daß die Dienstbarkeit des Fahrweges ein solches Recht nicht miteinschließe. Eine solche Beförderungsart könne nicht dem Fahren gleichgesetzt werden, das eine weit schonendere Benützung des Weges darstelle als das Schleifen von schweren Lasten. Das Recht, Holzstämme über fremden Grund zu schleifen, sei vielmehr Inhalt einer eigenen Servitut, die eigens erworben werden müßte. In diesem Belang reiche der festgestellte Sachverhalt zur rechtlichen Beurteilung nicht aus. Es könne zwar schon jetzt gesagt werden, daß eine Ersitzung nicht in Betracht komme, weil die 30jährige Ersitzungszeit seit der Trennung der beiden zumindest von 1911 bis 1941 demselben Eigentümer gehörigen Liegenschaften noch nicht abgelaufen sei. Es sei aber nicht von der Hand zu weisen, daß die Trennung der beiden Landwirtschaften im Jahre 1941 zur Begründung einer Dienstbarkeit, wie sie der Kläger geltend mache, geführt habe. Habe nämlich eines von zwei an verschiedene Erwerber verkauften Grundstücken schon immer dem anderen gedient und sei dies offenkundig gewesen, dann entstehe durch den Übergang der beiden Grundstücke an verschiedene Eigentümer auch ohne Einverleibung eine Dienstbarkeit. Es sei daher festzustellen, ob es beim Erwerb der Liegenschaft für den Beklagten offenkundig gewesen sei, daß der Abtransport des Holzes aus dem Waldgrundstück 37/1 nach den Umständen, insbesondere nach der Geländebeschaffenheit, nur durch Schleifen über das Wiesengrundstück 74/1 möglich sei. Ob der Weg durch das Schleifen der Holzstämme beschädigt werde, sei dagegen ohne Belang.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurs des Klägers nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Der Kläger wendet sich vor allem dagegen, daß die Dienstbarkeit des Fahrweges nicht das Recht, Holz zu schleifen, in sich begreife. Diesen Ausführungen kann Berechtigung nicht abgesprochen werden. Die vom Berufungsgericht gegen die durchwegs in der Lehre (Klang - Komm.[2] II S. 571 Punkt 3., Ehrenzweig, Sachenrecht[2], S. 317 nach Anm. 5, Stubenrauch[8], 1. Bd. S. 701) vertretene Ansicht, daß mit dem Fahrweg auch das Recht verbunden sei, schwere Lasten zu schleifen, geltend gemachten Bedenken erscheinen nicht durchschlagend. Wenn auch die Bedeutung des vom Gesetzgeber gebrauchten Wortes Fahrweg nicht ohne weiteres das Schleifen von schweren Lasten in sich begreifen müßte, so hat doch der Gesetzgeber bei der näheren Festlegung der mit den einzelnen Wegerechten verbundenen Berechtigungen auch an das Schleifen von schweren Lasten gedacht, wie sich aus der Bestimmung des § 493 ABGB. ergibt, wonach das Recht des Viehtriebs nicht auf das Recht, schwere Lasten über den dienstbaren Grund zu schleifen, ausgedehnt werden kann. Beim Fahrrecht, das eine umfassendere Wegeberechtigung darstellt als das Viehtriebsrecht, fehlt eine solche Einschränkung. Die Folgerung, die das Berufungsgericht daraus ziehen zu können vermeint, daß gemäß § 493 letzter Satz ABGB. das Recht zu fahren nicht auf das Recht ausgedehnt werden kann, freigelassenes Vieh darüber zu treiben, ist nicht zwingend. Tiere, die zum Schleifen von schweren Lasten verwendet werden, können ebensowenig wie vor einen Wagen gespannte Zugtiere als freigelassenes Vieh im Sinne der vorangeführten Gesetzesstelle angesehen werden. Der Oberste Gerichtshof schließt sich daher der in der Rechtslehre vertretenen Ansicht an, daß das Recht des Fahrweges grundsätzlich auch das Recht, schwere Lasten auf dem Weg zu schleifen, miteinschließt.

Entgegen der Ansicht der Vorinstanzen bedurfte es daher nicht der Einräumung einer eigenen, über das vertraglich bedungene Wegerecht hinausgehenden Dienstbarkeit des Schleifens von Holz auf dem Servitutsweg. Es braucht demnach auch nicht auf die vom Berufungsgericht in Betracht gezogene Möglichkeit zurückgegriffen werden, daß anläßlich des Verkaufes der beiden Liegenschaften an zwei verschiedene Erwerber ein Recht, wie es der Kläger geltend mache, dann begrundet worden sein könnte, wenn die Notwendigkeit, Holz vom gegenständlichen Waldgrundstück über das Wiesengrundstück des Beklagten zu schleifen, offenkundig gewesen sei. Bei dieser Sachlage erübrigte sich auch ein näheres Eingehen auf die Frage, ob eine solche Begründungsart der Dienstbarkeit, wie sie das Berufungsgericht in Betracht zog, im vorliegenden Falle damit in Einklang gebracht werden könnte, daß damals eine der Bewirtschaftung auch des gegenständlichen Waldgrundstückes dienende Wegeberechtigung ausdrücklich vereinbart wurde. Die vom Berufungsgericht in diesem Belang für erforderlich gehaltenen Feststellungen sind daher entbehrlich.

Dennoch ist die Sache nicht spruchreif, weil Erörterungen und Feststellungen hinsichtlich des Vorbringens des Beklagten fehlen, daß durch das Schleifen der Holzstämme der eben erst instandgesetze und verbesserte Weg, der zum Transport des Holzes mit einem Traktor durchaus geeignet sei, wieder zerstört werden würde. Diesem Vorbringen kommt Bedeutung zu, weil der Kläger verpflichtet ist, von seinem Recht nur schonend Gebrauch zu machen, ja es, soweit nach Natur und Zweck des Rechtes möglich, einzuschränken (§ 484 ABGB.), woraus folgt, daß er vermeidbare Beschädigungen des Servitutsweges zu unterlassen hat. Es könnte sich ergeben, daß der Beklagte infolge der auf die Modernisierung der landwirtschaftlichen Betriebe zurückzuführenden Änderungen nicht mehr weiter darauf beharren kann, das Holz aus seinem Waldgrundstück über den gegenständlichen Weg zu schleifen, weil, wie der Beklagte behauptet, nunmehr eine schonendere Art des Holztransportes möglich sei. Da die Vorinstanzen auf Grund ihrer Rechtsansicht auf dieses Vorbringen des Beklagten nicht eingegangen sind, ist das Verfahren mangelhaft geblieben. Das Feststellungsbegehren des Klägers, das den Umfang der Wegeservitut betrifft, muß im Hinblick auf den vom Beklagten eingenommenen Standpunkt als zulässig angesehen werden. Es muß daher, wenn auch aus anderen als den vom Berufungsgericht ins Treffen geführten Gründen, bei der Aufhebung des erstgerichtlichen Urteiles verbleiben.

Was allerdings das Begehren auf Einverleibung einer solchen Dienstbarkeit im Grundbuch anlangt, so besteht angesichts des Umstandes, daß das Recht, Holz auf dem Weg zu schleifen, nicht als eine von dem ohnehin eingetragenen Wegerecht verschiedene Dienstbarkeit angesehen werden kann, kein Anlaß zu einer gesonderten Eintragung eines solchen Rechtes im Grundbuch. Dieser Teil des Klagebegehrens wird daher abzuweisen sein.