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OGH 12.12.2024, 9ObA268/00b

OGH 12.12.2024, 9ObA268/00b

Rechtssätze


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Normen
RS0035962
Wurde die Unzulässigkeit der Revision in der Revisionsbeantwortung nicht geltend gemacht, so gebühren dem Revisionsgegner bei Verwerfung der Revision keine Kosten.
Norm
RS0028387
Ein ununterbrochenes Arbeitsverhältnis liegt auch dann vor, wenn eine verhältnismäßig kurze Frist zwischen dem Ende des einen und dem Beginn des nächsten Arbeitsverhältnis liegt und die Umstände auf eine sachliche Zusammengehörigkeit der beiden Arbeitsverhältnisse hindeuten (Migsch, Abfertigung Rdz 225, 229; Bydlinski zu ZAS 1985, 127; Arb 10383).
Norm
RS0028390
§ 23 Abs 1 Satz 3 AngG (idF des Art II Arbeiter - AbfertigungsG) bedeutet, dass bei der Ermittlung der für das Entstehen und die Höhe des Abfertigungsanspruches nach § 23 Abs 1 AngG maßgebenden "ununterbrochenen Dauer des Dienstverhältnisses" alle in unmittelbar aufeinanderfolgenden Arbeitsverhältnissen mit demselben Arbeitgeber - also über den engeren Wortlaut des Gesetzes hinaus auch in mehreren aufeinanderfolgenden Angestelltenverhältnissen - erworbenen Anwartschaften zusammenzurechnen sind. Anders als sonst bei der lückenlosen Aufeinanderfolge mehrerer, in der Regel auf bestimmte Zeit abgeschlossener Arbeitsverträge (sogenannte "Kettenverträge"), kann also der Arbeitgeber hier die Umdeutung der einzelnen, unmittelbar aufeinanderfolgenden Verträge in ein einheitliches Rechtsverhältnis auch durch den Nachweis besonderer wirtschaftlicher oder sozialer Gründe nicht verhindern; zeitlich lückenlos aneinander anschließende Arbeitsverhältnisse sind vielmehr - und zwar ohne Rücksicht auf die Art ihrer jeweiligen Beendigung - für den Erwerb der Anwartschaft auf eine Abfertigung und für die Höhe dieses Anspruches stets zusammenzurechnen.
Normen
RS0085678
Die Unterlassung des nach § 45 Abs 1 Z 2 ASGG erforderlichen Ausspruches (und einer kurzen Begründung) des Rekursgerichtes, ob der Rekurs nach § 46 Abs 2 Z 1 ASGG zulässig ist, stellt eine offenkundige Unrichtigkeit der Rekursentscheidung dar, die nach den §§ 419 und 430 ZPO berichtigt werden kann und muß.
Normen
RS0108754
Zu den Angelegenheiten des § 11a Abs 1 Z 3 gehört auch "die Berichtigung von Urteilen und Beschlüssen (§§ 419, 430 ZPO)". Für den der zweiten Instanz erteilten Auftrag zur Berichtigung der Berufungsentscheidung (Ausspruch, ob die Revision nach § 46 Abs 1 ASGG zulässig ist) ist der Dreiersenat zuständig.
Norm
ASGG idF ASGGNov 1994 BGBl 1994/624 §46 Abs3 Z1
RS0085924
Verfahren über die Beendigung von Arbeitsverhältnissen im Sinne des § 46 Abs 3 Z 1 ASGG sind solche, in denen es um die Berechtigung geht, wobei es allerdings nicht erforderlich ist, daß diese Frage als Hauptfrage zu klären ist. Es muß sich aber um eine Rechtsstreitigkeit handeln, in der die Frage der (auch der Art der) Beendigung des Arbeitsverhältnisses für den Bestand des daran geknüpften Leistungsanspruches eine Rolle spielt. Hier: Bei der Bezahlung einer Konventionalstrafe verneint.
Normen
RS0087652
Gemäß § 45 Abs 1 ASGG hat das Berufungsgericht in seinem Urteil auszusprechen, ob die Revision nach § 46 Abs 1 ASGG zulässig ist. Ein solcher Ausspruch bindet das Revisionsgericht jedoch nicht; ob die Revision zulässig ist, hat der Oberste Gerichtshof selbst zu prüfen.

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofe Dr. Maier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer und Dr. Spenling sowie die fachkundigen Laienrichter MR Mag. Norbert Riedl und Univ. Prof. Dr. Walter Schrammel als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Christine G*****, Bürokauffrau, *****, vertreten durch Dr. Markus Orgler und Dr. Josef Pfurtscheller, Rechtsanwälte in Innsbruck, gegen die beklagte Partei P*****GmbH, *****, vertreten durch Dr. Christoph Schneider und Dr. Thomas Zelger, Rechtsanwälte in Kufstein, wegen 96.951,- sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 15 Ra 74/00w-13, womit über Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht vom , GZ 48 Cga 28/00h-9, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Der Antrag der Revisionsgegnerin auf Zuspruch der Kosten der Revisionsbeantwortung wird abgewiesen.

Text

Begründung:

Die Klägerin war bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin vom bis zum und vom bis zum als Angestellte beschäftigt. Das erste Arbeitsverhältnis (bis ) endete durch Arbeitnehmerkündigung. Das zweite Arbeitsverhältnis wurde durch Arbeitgeberkündigung beendet. Der Klägerin wurde eine Abfertigung in der Höhe von drei Monatsentgelten ausgezahlt.

Zwischen den Parteien ist strittig, ob der Klägerin weitere drei Monatsentgelte an Abfertigung zustehen. Dies hängt davon ab, ob - wie die Klägerin meint, aber von der Beklagten bestritten wird - das erste Arbeitsverhältnis bei der Berechnung der Abfertigung als "unmittelbar vorausgegangenes Dienstverhältnis" iS § 23 Abs 1 Satz 3 AngG zu berücksichtigen ist.

Das Berufungsgericht bejahte diese Frage und änderte daher die das Klagebegehren abweisende Entscheidung des Erstgerichts im Sinne der Stattgebung des Klagebegehrens ab. Es sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil es zur entscheidenden Frage nur vereinzelte Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs gebe.

Die gegen dieses Urteil erhobene Revision der Beklagten ist nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Der Oberste Gerichtshof ist gemäß § 508a Abs 1 ZPO iVm § 2 Abs 1 ASGG an den Ausspruch des Berufungsgerichtes über die Zulässigkeit der Revision nicht gebunden. Da keiner der Fälle des § 46 Abs 3 ASGG vorliegt, ist die Zulässigkeit der Revision vom Vorliegen einer iS des § 46 Abs 1 ASGG qualifizierten Rechtsfrage abhängig. Die im Zulassungsausspruch des Berufungsgerichtes umschriebene Rechtsfrage erfüllt diese Voraussetzungen nicht.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes ist § 23 Abs 1 Satz 3 AngG - ungeachtet seines nur auf das Aufeinanderfolgen eines Arbeiter- und eines Angestelltendienstverhältnisses abstellenden Wortlautes - auf alle Fälle unmittelbar aufeinanderfolgender Arbeitsverhältnisse mit demselben Dienstgeber anzuwenden (RIS-Justiz RS0028390; zuletzt DRdA 1998, 59; WBl 1998, 45). Bei unmittelbarer Aufeinanderfolge der Arbeitsverhältnisse iS der zitierten Bestimmung ist es unerheblich, aus welchen Gründen das vorangehende Arbeitsverhältnis beendet wurde - selbst die Beendigung des vorhergehenden Arbeitsverhältnisses durch Entlassung schadet nicht - weil durch den alsbaldigen Neuabschluss auch jene Situation bereinigt wird, in der der Gesetzgeber Abfertigungsansprüche versagt. (Arb 10.383; RdW 1988, 52; DRdA 1998, 59; WBl 1998, 45). Die vom Gesetz verlangte unmittelbare Aufeinanderfolge ist nicht so zu verstehen, dass ein Arbeitsverhältnis lückenlos an das nächste anzuschließen habe. Es schadet nicht, wenn eine verhältnismäßig kurze Frist zwischen dem Ende des einen und dem Beginn des nächsten Arbeitsverhältnisses liegt, wenn zugleich die Umstände auf eine sachliche Zusammengehörigkeit der beiden Arbeitsverhältnisse deuten (WBl 1998, 45; infas 1987 A 96; RIS-Justiz RS0028387).

Das Berufungsgericht hat diese Rechtslage richtig erkannt. Die

Anwendung der zitierten Rechtsprechung auf den hier zu beurteilenden

Sachverhalt ist eine Frage des Einzelfalls, die - von Fällen krasser

Fehlbeurteilung durch die zweite Instanz abgesehen - die Zulässigkeit

der Revision nicht rechtfertigt. Von einer krassen Fehlbeurteilung

kann hier nicht die Rede sein, zumal der Oberste Gerichtshof unter

vergleichbaren Umständen auch schon Unterbrechungen zweier

Arbeitsverhältnisse im Umfang von elf Tagen (WBl 1998, 45 = 9 ObA

262/97p) bzw. von neunzehn Tagen (DRdA 1998, 59 = 8 ObA 202/97g) als

für eine Bejahung einer unmittelbaren Aufeinanderfolge von Arbeitsverhältnissen ausreichend erachtete.

Da somit eine iS § 46 Abs 1 ASGG qualifizierte Rechtsfrage nicht geltend gemacht wird, war die Revision als unzulässig zurückzuweisen.

Kosten der Revisionsbeantwortung waren nicht zuzusprechen, weil die Revisionsgegnerin auf die Unzulässigkeit der Revision nicht hingewiesen hat (RIS-Justiz RS0035962; zuletzt 9 ObA 87/00x).

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer und Dr. Spenling als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Christine G*****, Bürokauffrau, *****, vertreten durch Dr. Markus Orgler und Dr. Josef Pfurtscheller, Rechtsanwälte in Innsbruck, gegen die beklagte Partei P*****GesmbH, *****, vertreten durch Dr. Christoph Schneider und Dr. Thomas Zelger, Rechtsanwälte in Kufstein, wegen S 96.951 brutto sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 15 Ra 74/00w-13, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht vom , GZ 48 Cga 28/00h-9, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Akten werden dem Berufungsgericht zur amtswegigen Berichtigung des Urteils vom durch Beisetzen des Ausspruches, ob die Revision nach § 46 Abs 1 ASGG zulässig ist, zurückgestellt.

Text

Begründung:

Die Klägerin war bei der Beklagten (bzw. deren Rechtsvorgängerin) zunächst vom bis zum und dann vom bis beschäftigt. Unstrittig ist, dass das nunmehrige Arbeitsverhältnis der Klägerin von der Beklagten durch Kündigung beendet wurde.

Die Klägerin begehrt von der Beklagten S 96.951,- brutto sA an restlicher Abfertigung. Dieser Anspruch stehe ihr zu, weil bei der Berechnung der Abfertigungsansprüche das Arbeitsverhältnis vom bis zum zu berücksichtigen sei.

Die Beklagte beantragte, das Klagebegehren abzuweisen. Da kein ununterbrochenes Arbeitsverhältnis bestanden habe, sei die Zeit des ersten Arbeitsverhältnisses bei der Berechnung der Abfertigung nicht zu berücksichtigen.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.

Das Berufungsgericht änderte das erstgerichtliche Urteil im Sinne der Stattgebung des Klagebegehrens ab. Es unterließ einen Ausspruch über die Zulässigkeit der Revision, weil es die Voraussetzungen des § 46 Abs 3 Z 1 ASGG als gegeben erachtete.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 46 Abs 1 ASGG ist die Revision in den dem ASGG unterliegenden Rechtssachen nur zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechtes oder des Verfahrensrechtes abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt, etwa weil das Berufungsgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abweicht oder eine solche Rechtsprechung fehlt oder uneinheitlich ist. Nach der vom Berufungsgericht als anwendbar erachteten Z 1 des Abs 3 der zitierten Bestimmung ist die Revision auch bei Fehlen dieser Voraussetzungen in Verfahren über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zulässig, wenn der Streitgegenstand über den das Berufungsgericht entschieden hat, insgesamt 52.000 S übersteigt oder wenn der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses strittig ist. Verfahren über die Beendigung von Arbeitsverhältnissen im Sinne des § 46 Abs 3 Z 1 ASGG sind solche, in denen es um die Berechtigung oder um die Art der Beendigung geht, wobei es allerdings nicht erforderlich ist, dass diese Frage als Hauptfrage zu klären ist. Es muss sich aber um eine Rechtsstreitigkeit handeln, in der die Frage der (auch der Art der) Beendigung des Arbeitsverhältnisses für den Bestand des daran geknüpften Leistungsanspruches eine Rolle spielt (9 ObA 2250/96i ua; RIS-Justiz RS0085924).

Im vorliegenden Verfahren ist die (Art der) Beendigung des Arbeitsverhältnisses und auch ihr Zeitpunkt nicht strittig. Strittig ist vielmehr nur, ob das frühere Arbeitsverhältnis der Klägerin wegen der Kürze des zwischen den beiden Vertragsverhältnissen gelegenen Zeitraums bei der Berechnung der Abfertigung zu berücksichtigen ist. Ein Fall des § 46 Abs 3 Z 1 ASGG liegt daher nicht vor. Die Unterlassung des Ausspruches über die Zulässigkeit der Revision stellt daher eine offenbare Unrichtigkeit dar, die nach § 419 ZPO berichtigt werden kann und muß (SSV-NF 2/1; 9 Ob 104/95).

Sollte das Berufungsgericht aussprechen, daß die Revision nicht zulässig ist, dann wäre die bereits erstattete Revision dem Rechtsmittelwerber nach § 84 ZPO zur Verbesserung durch Anführung der im § 506 Abs 1 Z 5 ZPO bei einer außerordentlichen Revision vorgeschriebenen gesonderten Gründe zurückzustellen (Petrasch, ÖJZ 1985, 257 ff [300]).

Gemäß § 11a Abs 3 Z 1 ASGG hat der Oberste Gerichtshof ua in Angelegenheiten nach dem Abs 1 Z 3 und 4 leg cit durch einen Dreiersenat (§ 7 des Bundesgesetzes über den Obersten Gerichtshof) zu entscheiden. Zu den Angelegenheiten des § 11a Abs 1 Z 4 gehört auch "die Berichtigung von Urteilen und Beschlüssen (§§ 419, 430 ZPO)". Auch für den hier der zweiten Instanz erteilten Auftrag zur Berichtigung der Berufungsentscheidung ist daher der Dreiersenat zuständig (RIS-Justiz RS0108754; zuletzt 9 ObA 201/97t).

Zusatzinformationen


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Rechtsgebiet
Zivilrecht
ECLI
ECLI:AT:OGH0002:2000:009OBA00268.00B.1206.000
Datenquelle

Fundstelle(n):
HAAAE-08723