OGH vom 06.12.2000, 9ObA268/00b
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofe Dr. Maier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer und Dr. Spenling sowie die fachkundigen Laienrichter MR Mag. Norbert Riedl und Univ. Prof. Dr. Walter Schrammel als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Christine G*****, Bürokauffrau, *****, vertreten durch Dr. Markus Orgler und Dr. Josef Pfurtscheller, Rechtsanwälte in Innsbruck, gegen die beklagte Partei P*****GmbH, *****, vertreten durch Dr. Christoph Schneider und Dr. Thomas Zelger, Rechtsanwälte in Kufstein, wegen 96.951,- sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 15 Ra 74/00w-13, womit über Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht vom , GZ 48 Cga 28/00h-9, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Der Antrag der Revisionsgegnerin auf Zuspruch der Kosten der Revisionsbeantwortung wird abgewiesen.
Text
Begründung:
Die Klägerin war bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin vom bis zum und vom bis zum als Angestellte beschäftigt. Das erste Arbeitsverhältnis (bis ) endete durch Arbeitnehmerkündigung. Das zweite Arbeitsverhältnis wurde durch Arbeitgeberkündigung beendet. Der Klägerin wurde eine Abfertigung in der Höhe von drei Monatsentgelten ausgezahlt.
Zwischen den Parteien ist strittig, ob der Klägerin weitere drei Monatsentgelte an Abfertigung zustehen. Dies hängt davon ab, ob - wie die Klägerin meint, aber von der Beklagten bestritten wird - das erste Arbeitsverhältnis bei der Berechnung der Abfertigung als "unmittelbar vorausgegangenes Dienstverhältnis" iS § 23 Abs 1 Satz 3 AngG zu berücksichtigen ist.
Das Berufungsgericht bejahte diese Frage und änderte daher die das Klagebegehren abweisende Entscheidung des Erstgerichts im Sinne der Stattgebung des Klagebegehrens ab. Es sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil es zur entscheidenden Frage nur vereinzelte Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs gebe.
Die gegen dieses Urteil erhobene Revision der Beklagten ist nicht zulässig.
Rechtliche Beurteilung
Der Oberste Gerichtshof ist gemäß § 508a Abs 1 ZPO iVm § 2 Abs 1 ASGG an den Ausspruch des Berufungsgerichtes über die Zulässigkeit der Revision nicht gebunden. Da keiner der Fälle des § 46 Abs 3 ASGG vorliegt, ist die Zulässigkeit der Revision vom Vorliegen einer iS des § 46 Abs 1 ASGG qualifizierten Rechtsfrage abhängig. Die im Zulassungsausspruch des Berufungsgerichtes umschriebene Rechtsfrage erfüllt diese Voraussetzungen nicht.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes ist § 23 Abs 1 Satz 3 AngG - ungeachtet seines nur auf das Aufeinanderfolgen eines Arbeiter- und eines Angestelltendienstverhältnisses abstellenden Wortlautes - auf alle Fälle unmittelbar aufeinanderfolgender Arbeitsverhältnisse mit demselben Dienstgeber anzuwenden (RIS-Justiz RS0028390; zuletzt DRdA 1998, 59; WBl 1998, 45). Bei unmittelbarer Aufeinanderfolge der Arbeitsverhältnisse iS der zitierten Bestimmung ist es unerheblich, aus welchen Gründen das vorangehende Arbeitsverhältnis beendet wurde - selbst die Beendigung des vorhergehenden Arbeitsverhältnisses durch Entlassung schadet nicht - weil durch den alsbaldigen Neuabschluss auch jene Situation bereinigt wird, in der der Gesetzgeber Abfertigungsansprüche versagt. (Arb 10.383; RdW 1988, 52; DRdA 1998, 59; WBl 1998, 45). Die vom Gesetz verlangte unmittelbare Aufeinanderfolge ist nicht so zu verstehen, dass ein Arbeitsverhältnis lückenlos an das nächste anzuschließen habe. Es schadet nicht, wenn eine verhältnismäßig kurze Frist zwischen dem Ende des einen und dem Beginn des nächsten Arbeitsverhältnisses liegt, wenn zugleich die Umstände auf eine sachliche Zusammengehörigkeit der beiden Arbeitsverhältnisse deuten (WBl 1998, 45; infas 1987 A 96; RIS-Justiz RS0028387).
Das Berufungsgericht hat diese Rechtslage richtig erkannt. Die
Anwendung der zitierten Rechtsprechung auf den hier zu beurteilenden
Sachverhalt ist eine Frage des Einzelfalls, die - von Fällen krasser
Fehlbeurteilung durch die zweite Instanz abgesehen - die Zulässigkeit
der Revision nicht rechtfertigt. Von einer krassen Fehlbeurteilung
kann hier nicht die Rede sein, zumal der Oberste Gerichtshof unter
vergleichbaren Umständen auch schon Unterbrechungen zweier
Arbeitsverhältnisse im Umfang von elf Tagen (WBl 1998, 45 = 9 ObA
262/97p) bzw. von neunzehn Tagen (DRdA 1998, 59 = 8 ObA 202/97g) als
für eine Bejahung einer unmittelbaren Aufeinanderfolge von Arbeitsverhältnissen ausreichend erachtete.
Da somit eine iS § 46 Abs 1 ASGG qualifizierte Rechtsfrage nicht geltend gemacht wird, war die Revision als unzulässig zurückzuweisen.
Kosten der Revisionsbeantwortung waren nicht zuzusprechen, weil die Revisionsgegnerin auf die Unzulässigkeit der Revision nicht hingewiesen hat (RIS-Justiz RS0035962; zuletzt 9 ObA 87/00x).