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VfGH vom 06.06.2014, B773/2012

VfGH vom 06.06.2014, B773/2012

Leitsatz

Verletzung im Gleichheitsrecht durch Versagung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung eines Kaufvertrags wegen einer Interessentenmeldung der Grunderwerbsgenossenschaft Niederösterreich infolge Verzichts auf den Nachweis der geplanten Weitergabe der Liegenschaft an Landwirte durch Vorlage von Vorverträgen oder Anboten an Landwirte

Spruch

I. Die Beschwerdeführerin ist durch den angefochtenen Bescheid in ihrem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt worden.

Der Bescheid wird aufgehoben.

II. Das Land Niederösterreich ist schuldig, der Beschwerdeführerin zuhanden ihres Rechtsvertreters die mit € 2.000,– bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Sachverhalt, Beschwerde und Vorverfahren

1. Am schloss die beschwerdeführende Landeshauptstadt St. Pölten mit dem Bund einen Kaufvertrag über das land- und forstwirtschaftlich genutzte Grundstück "ehemaliger Truppenübungsplatz Völtendorf".

2. Mit Eingabe vom beantragte die Beschwerdeführerin bei der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten als Grundverkehrsbehörde erster Instanz, den Kaufvertrag gemäß § 6 des Niederösterreichischen Grundverkehrsgesetzes 2007, LGBl 6800 3, (im Folgenden NÖ GVG) zu genehmigen. Mit Bescheid vom wies die Bezirkshauptmannschaft St. Pölten den Antrag der Beschwerdeführerin ab. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Berufung. Mit Bescheid vom wies die Grundverkehrslandeskommission beim Amt der Niederösterreichischen Landesregierung als Berufungsbehörde den Antrag der Beschwerdeführerin, eine Genehmigung gemäß § 6 Abs 1 NÖ GVG zu erteilen, als unbegründet ab; mit derselben Erledigung wurde der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten aufgetragen, von Amts wegen zu prüfen, ob der verfahrensgegenständliche Kaufvertrag nach § 6 Abs 2 NÖ GVG grundverkehrsrechtlich zu genehmigen sei. Gegen diesen Bescheid der Grundverkehrslandeskommission erhob die Beschwerdeführerin Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof gemäß Art 144 B VG; diese wurde mit Beschluss B391/11 5 vom aus formalen Gründen als unzulässig zurückgewiesen.

3. Am übermittelte die Bezirkshauptmannschaft St. Pölten die Kundmachung und Aufforderung zur Stellungnahme betreffend den Antrag auf Genehmigung des gegenständlichen Kaufvertrages an die Bezirksbauernkammer gemäß § 11 iVm § 6 Abs 2 NÖ GVG. Am übermittelte die Bezirksbauernkammer die Interessentenmeldung der Land- und Forstwirtschaftlichen Bodenkredit- und Grunderwerbsgenossenschaft für Niederösterreich reg.Gen.m.b.H. (im Folgenden Grunderwerbsgenossenschaft NÖ).

4. Die Beschwerdeführerin stellte am wegen der Säumnis der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten gemäß § 73 AVG 1991 einen Antrag auf Übergang der Entscheidungspflicht auf die Grundverkehrslandeskommission als sachlich in Betracht kommender Oberbehörde zur Entscheidung über den Antrag der Beschwerdeführerin vom auf Erteilung einer grundverkehrsrechtlichen Genehmigung gemäß § 6 Abs 2 NÖ GVG.

5. Mit Bescheid vom wies die Grundverkehrslandeskommission den Antrag auf grundverkehrsbehördliche Genehmigung des genannten Kaufes durch die Beschwerdeführerin gemäß § 6 Abs 2 NÖ GVG ab.

6. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art 144 B VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten, insbesondere im Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz, sowie in Rechten wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.

Begründend wird dazu im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:

6.1. Dem Kauf sei die Genehmigung deswegen versagt worden, weil die Grunderwerbsgenossenschaft NÖ gemäß § 3 Z 4 litb NÖ GVG ihr Interesse am Erwerb des Grundstückes angemeldet habe. Gemäß der zitierten Bestimmung setze eine Interessentenmeldung der Grunderwerbsgenossenschaft NÖ ausdrücklich voraus, dass "durch Vorverträge oder verbindliche Anbote nachgewiesen [werde], dass die vertragsgegenständliche Liegenschaft an Landwirte oder Landwirtinnen weitergegeben [werde]". Diesen durch das Gesetz ausdrücklich vorausgesetzten Nachweis habe die Genossenschaft nicht erbracht, sodass ihre Interessentenmeldung unbeachtlich sei und der Kauf durch die Beschwerdeführerin genehmigt werden hätte müssen. Die belangte Behörde wende das Gesetz denkunmöglich an, indem sie die Genehmigung unter Berufung auf die unbeachtliche Interessentenmeldung der Grunderwerbsgenossenschaft NÖ versagt habe. Anders als es die belangte Behörde annehme, sei die Bestimmung des § 3 Z 4 litb NÖ GVG nicht überschießend, sodass das dort ausdrücklich festgelegte Beweiserfordernis der Vorlage von Vorverträgen oder verbindlichen Anboten zum Beleg der künftigen Weitergabe des Grundes an Landwirte nicht im Wege der teleologischen Reduktion entfallen dürfe. Diese Auslegung unterstelle der zitierten Bestimmung einen gleichheitswidrigen Inhalt. Für den Fall, dass diese Auslegung des § 3 Z 4 litb NÖ GVG zutreffe, verstoße die Bestimmung gegen den Gleichheitsgrundsatz; die Einleitung eines Gesetzesprüfungsverfahrens werde angeregt.

6.2. Überdies habe die belangte Behörde bei der Versagung der Genehmigung Willkür geübt. Denn sie habe ausgeführt, für die Genehmigungsfähigkeit des Kaufes könne dahingestellt bleiben, ob jene Personen, welchen die Grunderwerbsgenossenschaft NÖ die Grundstücke weiter zu übereignen beabsichtige, Landwirte im Sinne des § 3 Z 2 NÖ GVG seien. Denn der klare Wortlaut des § 3 Z 4 litb NÖ GVG setze für die Interessentenstellung der Grunderwerbsgenossenschaft NÖ voraus, dass diese die Liegenschaften an Landwirte weiter zu übereignen beabsichtige und dieses Vorhaben wie festgelegt nachweise.

7. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der den Beschwerdebehauptungen wie folgt entgegengetreten wird:

Die im angefochtenen Bescheid dargelegte "überschießende Planwidrigkeit" des § 3 Z 4 litb NÖ GVG rechtfertige die teleologische Reduktion dieser Bestimmung; der Nachweis der Weitergabe der Liegenschaft an Landwirte durch Vorverträge und verbindliche Anbote sei daher keine zwingende Voraussetzung für die Interessenteneigenschaft der Grunderwerbsgenossenschaft NÖ. Überdies übersehe die Beschwerde, dass das durch eine teleologische Reduktion erzielte Auslegungsergebnis naturgemäß vom Gesetzeswortlaut abweichen müsse.

8. Die Beschwerdeführerin erstattete eine Replik, in der sie die Beschwerdevorwürfe bekräftigte.

II. Rechtslage

Das Niederösterreichische Grundverkehrsgesetz 2007, LGBl 6800 3, lautet auszugsweise:

"1. Abschnitt

Allgemeine Bestimmungen

§1

Ziele

Ziel des Gesetzes ist

1. die Erhaltung, Stärkung und Schaffung einer leistungsfähigen bäuerlichen Land- und Forstwirtschaft entsprechend den natürlichen und strukturellen Gegebenheiten des Landes Niederösterreich;

2. die Erhaltung, Stärkung und Schaffung eines wirtschaftlich gesunden land- oder forstwirtschaftlichen Grundbesitzes;

3. die Beschränkung von Rechtserwerben an Grundstücken durch ausländische Personen.

§2

Geltungsbereich

Dieses Gesetz gilt für Rechtsgeschäfte unter Lebenden über den Erwerb von Rechten an

1. land- und/oder forstwirtschaftlichen Grundstücken, sowie an den dem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb dienenden Wohngebäuden und Wirtschaftsbauwerken oder Teilen dieser Bauwerke;

2. allen Grundstücken sowie an Bauwerken oder Teilen von Bauwerken, wie Wohnungen, wenn ausländische Personen Rechte erwerben.

§3

Begriffsbestimmungen

Im Sinne dieses Gesetzes gelten als:

1. Land- oder forstwirtschaftliche Grundstücke:

Grundstücke, die

a) im Flächenwidmungsplan als Grünland/Land- und Forstwirtschaft oder als Grünland/Land- und forstwirtschaftliche Hofstellen oder

b) im vereinfachten Flächenwidmungsplan als Grünland gewidmet sind,

wenn sie gegenwärtig zu einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb gehören oder land- oder forstwirtschaftlich genutzt sind. Dabei ist die Beschaffenheit oder die Art ihrer tatsächlichen Verwendung maßgebend. Die Aussetzung der land- oder forstwirtschaftlichen Bewirtschaftung eines Grundstückes, Betriebes oder Bauwerkes beendet die Eigenschaft als land- oder forstwirtschaftliches Grundstück solange nicht, als dieses nicht rechtmäßig einem anderen Zweck zugeführt wird.

Keine land- oder forstwirtschaftlichen Grundstücke sind Grundstücke, die im Eisenbahnbuch eingetragen sind.

2. Landwirte oder Landwirtinnen (im Voll-, Zu- oder Nebenerwerb):

a) wer einen land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb allein oder zusammen mit Familienangehörigen und/oder landwirtschaftlichen Dienstnehmern oder Dienstnehmerinnen bewirtschaftet und daraus den eigenen und den Lebensunterhalt der Familie zumindest zu einem erheblichen Teil bestreitet oder

b) wer nach Erwerb eines land- oder forstwirtschaftlichen Grundstücks einen land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb als selbständige Wirtschaftseinheit allein oder zusammen mit Familienangehörigen und/oder landwirtschaftlichen Dienstnehmern oder Dienstnehmerinnen bewirtschaften und daraus den eigenen und den Lebensunterhalt der Familie zumindest zu einem erheblichen Teil bestreiten will, wenn

* diese Absicht durch ausreichende Gründe belegt und

* aufgrund praktischer Tätigkeit oder fachlicher

Ausbildung die dazu erforderlichen Fähigkeiten glaubhaft gemacht werden können.

3. Land- oder forstwirtschaftlicher Betrieb:

jede selbständige wirtschaftliche Einheit, mit der land- oder forstwirtschaftliche Grundstücke in der Absicht nachhaltiger Gewinnerzielung bewirtschaftet werden.

4. Interessenten oder Interessentinnen:

a) Landwirte oder Landwirtinnen, die bereit sind, anstelle des Rechtserwerbers oder der Rechtserwerberin ein gleichartiges Rechtsgeschäft unter Lebenden über die vertragsgegenständliche Liegenschaft abzuschließen, wenn sie glaubhaft machen, dass die Bezahlung des ortsüblichen Verkehrswertes oder Pachtzinses und die Erfüllung sonstiger ortsüblicher und für den Verkäufer oder die Verkäuferin (Verpächter oder Verpächterin und dgl.) lebensnotwendiger Vertragsbedingungen gewährleistet ist;

b) der NÖ landwirtschaftliche Förderungsfonds und die Land- und Forstwirtschaftliche Bodenkredit- und Grunderwerbsgenossenschaft für Niederösterreich reg.Gen.m.b.H., wenn durch Vorverträge oder verbindliche Anbote nachgewiesen wird, dass die vertragsgegenständliche Liegenschaft an Landwirte oder Landwirtinnen weitergegeben wird und die sonstigen in lit.a angeführten Bedingungen erfüllt werden.

5. Wirtschaftlich gesunder land- oder forstwirtschaftlicher Grundbesitz:

Grundbesitz, welcher zumindest zur Abdeckung des Eigenbedarfs an land- und forstwirtschaftlichen Erzeugnissen dient, dessen Bewirtschaftung zumindest kostendeckend ist und der in seinem Ausmaß den natürlichen und strukturellen Gegebenheiten des Landes Niederösterreich entspricht.

[…]

2. Abschnitt

Rechtserwerb an land- oder forstwirtschaftlichen Grundstücken

§4

Genehmigungspflichtige Rechtsgeschäfte

(1) Unter Lebenden abgeschlossene Rechtsgeschäfte, die ein land- oder forstwirtschaftliches Grundstück betreffen, bedürfen der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung, wenn sie zum Gegenstand haben:

1. Die Übertragung des Eigentumsrechtes;

[…]

§5

Ausnahmen

Eine Genehmigung des Rechtsgeschäftes nach § 4 ist nicht erforderlich, wenn

1. Eigentum nach den §§13 oder 15 des Liegenschaftsteilungsgesetzes, BGBl Nr 3/1930 in der Fassung BGBl I Nr 112/2003, übertragen wird;

2. das Rechtsgeschäft ausschließlich die Einräumung von Geh-, Fahr-, Bringungs- und Leitungsrechten, Wald- oder Weidedienstbarkeiten, Forstnutzungsrechten oder Gebäudedienstbarkeiten zum Inhalt hat;

3. durch das Rechtsgeschäft Miteigentum nach § 830 ABGB aufgehoben oder die Miteigentumsquote bei aufrecht bleibender Miteigentümerschaft abgeändert wird;

4. das land- oder forstwirtschaftliche Grundstück

a) für Zwecke der Hoheitsverwaltung oder

b) für öffentliche Verkehrsanlagen (Eisenbahnen, Straßen, Kanäle, Hafen anlagen, Seilbahnen und dgl.) oder

c) für die Errichtung von Kraftwerksbauten, elektrischer Anlagen oder Leitungen oder für die Errichtung von Anlagen zur Versorgung mit Erd- oder Leuchtgas oder zur Weiterleitung dieser Produkte

benötigt wird und dies von der nach den Verwaltungsvorschriften zuständigen Behörde bestätigt wird;

[…]

8. die Agrarbehörde mit Bescheid

a) Rechte gemäß § 4 Abs 1 des NÖ landwirtschaftlichen Förderungsfonds- und Siedlungsgesetzes, LGBl 6645, zugeteilt hat;

b) gemäß § 42 des Flurverfassungs-Landesgesetzes 1975 (FLG), LGBl 6650, festgestellt hat, dass ein Flurbereinigungsübereinkommen zur Durchführung der Flurbereinigung erforderlich ist.

§6

Genehmigungsvoraussetzungen

(1) Die Grundverkehrsbehörde hat einem Rechtsgeschäft die Genehmigung zu erteilen, wenn das land- oder forstwirtschaftliche Grundstück

1. zum Zweck des Wohnbaues oder zur Erfüllung öffentlicher, gemeinnütziger oder kultureller Aufgaben bestimmt ist, es sei denn, dass das Interesse an der Erhaltung der bisherigen Nutzung des Grundstückes das Interesse an der neuen Verwendung offenbar überwiegt, mehr Grundflächen als notwendig in Anspruch genommen werden oder die land- oder forstwirtschaftliche Nutzung der verbleibenden Grundfläche erheblich erschwert oder unmöglich gemacht wird;

[…]

(2) Die Grundverkehrsbehörde hat einem Rechtsgeschäft die Genehmigung zu erteilen, wenn es dem allgemeinen Interesse an der Erhaltung, Stärkung oder Schaffung eines leistungsfähigen Bauernstandes nicht widerspricht. Soweit ein solches Interesse nicht besteht, ist die Genehmigung auch dann zu erteilen, wenn das Rechtsgeschäft dem Interesse an der Erhaltung, Stärkung oder Schaffung eines wirtschaftlich gesunden land- oder forstwirtschaftlichen Grundbesitzes nicht widerspricht. Die Genehmigung ist insbesondere nicht zu erteilen, wenn

1. der Rechtserwerber oder die Rechtserwerberin kein Landwirt oder keine Landwirtin ist und zumindest ein Interessent oder eine Interessentin vorhanden ist;

2. das Interesse an der Stärkung oder Schaffung eines oder mehrerer bäuerlicher Betriebe das Interesse an der Verwendung aufgrund des vorliegenden Vertrages überwiegt;

3. Gründe zur Annahme vorliegen, dass eine ordnungsgemäße Bewirtschaftung des land- oder forstwirtschaftlichen Grundstücks nicht zu erwarten ist oder dass dieses ohne wichtigen Grund der land- oder forstwirtschaftlichen Nutzung entzogen wird oder

4. die Gegenleistung den ortsüblichen Verkehrswert ohne ausreichende Begründung erheblich übersteigt.

3. Abschnitt

Behörden und Verfahren im land- und forstwirtschaftlichen Grundverkehr

§7

Zuständigkeiten

(1) Grundverkehrsbehörde 1. Instanz ist die Bezirksverwaltungsbehörde, in deren Sprengel die vertragsgegenständlichen land- oder forstwirtschaftlichen Grundstücke liegen. Liegen sie in mehreren Sprengeln, richtet sich die Zuständigkeit danach, in welchem Sprengel sie zum Großteil liegen.

(2) Grundverkehrsbehörde 2. Instanz ist die Grundverkehrslandeskommission beim Amt der Landesregierung.

[…]

§10

Antrag

(1) Der Rechtserwerber oder die Rechtserwerberin muss innerhalb von drei Monaten ab Vertragsabschluss bei der Bezirksverwaltungsbehörde schriftlich um Genehmigung ansuchen. Der Antrag darf innerhalb dieser Frist auch von einer anderen Vertragspartei gestellt werden.

[…]

§11

Verfahren vor der Bezirksverwaltungsbehörde

(1) Die Bezirksverwaltungsbehörde hat im Fall einer Antragstellung auf Genehmigung gemäß § 6 Abs 1 den Bezirksbauernkammern, in deren Bereich die vertragsgegenständlichen Grundstücke liegen, die in § 10 Abs 3 Z 1 bis 5 genannten Informationen zu übermitteln.

(2) Die Bezirksverwaltungsbehörde hat im Fall einer Antragstellung auf Genehmigung gemäß § 6 Abs 2 den Gemeinden und den Bezirksbauernkammern, in deren Bereich die vertragsgegenständlichen Grundstücke liegen, eine Kundmachung zu übermitteln, in der die Art des Rechtsgeschäftes und folgende Angaben enthalten sind:

1. Name und Adresse des Veräußerers oder der Veräußerin gem. § 4 Abs 1 Z 1 4;

2. Grundstücksnummer;

3. Katastralgemeinde;

4. Flächenausmaß;

5. kalendermäßige Angabe des Endes der Anmeldefrist.

Den Bezirksbauernkammern sind darüber hinaus die in § 10 Abs 3 Z 2 bis 5 genannten Informationen und auf ihr Verlangen die Urkunde über das Rechtsgeschäft (§10 Abs 3 Z. 1) zu übermitteln.

(3) Die Anmeldefrist beträgt drei Wochen und beginnt mit dem Tag der Übermittlung der Kundmachung an die Bezirksbauernkammer.

(4) Die Gemeinden haben ihrem Ortsvertreter oder ihrer Ortsvertreterin unverzüglich eine Kopie der Kundmachung zu übermitteln.

(5) Die Kundmachung ist von der Gemeinde und der Bezirksbauernkammer unverzüglich mit dem Hinweis ortsüblich zu verlautbaren, jedenfalls aber während der Anmeldefrist an der Amtstafel anzuschlagen, dass innerhalb der Anmeldefrist jede Person bei der Bezirksbauernkammer ihr Interesse am Erwerb schriftlich oder niederschriftlich anmelden kann. Weiters ist darauf hinzuweisen, dass bei der Bezirksverwaltungsbehörde Einsicht in die Urkunde über das Rechtsgeschäft genommen werden kann.

(6) Gleichzeitig mit der Anmeldung ist die Interessenteneigenschaft glaubhaft zu machen und sind insbesondere Angaben darüber zu machen, wodurch die Bezahlung des ortsüblichen Verkehrswertes oder Pachtzinses und die Erfüllung sonstiger ortsüblicher und für den Verkäufer oder die Verkäuferin (Verpächter oder Verpächterin und dgl.) lebensnotwendiger Vertragsbedingungen gewährleistet ist. Der Interessent oder die Interessentin hat nach ordnungsgemäßer Anmeldung im weiteren Verfahren die Stellung einer Partei gemäß § 8 AVG.

(7) Die Bezirksbauernkammer hat

1. im Fall einer Antragstellung auf Genehmigung gemäß § 6 Abs 1 der Bezirksverwaltungsbehörde innerhalb von zwei Wochen ab Einlangen der Verständigung nach § 11 Abs. 1 eine begründete Stellungnahme zu übermitteln, wenn nach ihrer fachlichen Beurteilung das Rechtsgeschäft den Bestimmungen des § 6 widerspricht;

2. im Fall einer Antragstellung auf Genehmigung nach § 6 Abs 2 der Bezirksverwaltungsbehörde innerhalb von zwei Wochen nach Ablauf der Anmeldefrist

a) alle bei ihr rechtzeitig eingelangten Interessentenanmeldungen vorzulegen und

b) eine begründete Stellungnahme zu übermitteln, wenn nach ihrer fachlichen Beurteilung das Rechtsgeschäft den Bestimmungen des § 6 widerspricht.

(8) Langt bei der Bezirksverwaltungsbehörde keine Verständigung gemäß Abs 7 ein, hat sie das Rechtsgeschäft zu genehmigen. Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig, wenn keine Bedingungen oder Auflagen gemäß § 36 vorgeschrieben werden.

(9) Langt bei der Bezirksverwaltungsbehörde eine Verständigung gemäß Abs 7 ein, hat sie weitere Ermittlungen durchzuführen. Der Bezirksbauernkammer ist eine Ausfertigung des Bescheides zuzustellen.

(10) Die in den Abs 5 und 7 geregelten Aufgaben der Bezirksbauernkammer sind im übertragenen Wirkungsbereich zu besorgen. Sie unterliegt dabei den Weisungen der Landesregierung.

[…]

§25

Zivilrechtliche Wirkung der Verkehrsbeschränkung

Solange die nach diesem Gesetz erforderliche Genehmigung nicht erteilt wurde, darf das zugrundeliegende Rechtsgeschäft nicht durchgeführt werden. Die Parteien sind jedoch an das Rechtsgeschäft gebunden. Mit der Versagung der Genehmigung wird das Rechtsgeschäft rückwirkend rechtsunwirksam. Gleiches gilt, wenn die Behörde von einem Rechtstitel Kenntnis erlangt und nicht binnen einer Frist von vier Wochen nach Aufforderung durch die Behörde die erforderliche Genehmigung beantragt wird."

Das NÖ landwirtschaftliches Förderungsfonds- und Siedlungsgesetz, LGBl 6645 5, lautet auszugsweise:

"NÖ landwirtschaftliches Förderungsfonds- und Siedlungsgesetz

[…]

§1

(1) Zum Zwecke der Verbesserung der Agrarstruktur sind nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Gesetzes landwirtschaftliche Siedlungsverfahren durchzuführen.

(2) Das Ziel dieser Verfahren ist die Schaffung und Erhaltung solcher bäuerlicher Betriebe, deren Erträgnisse allein oder in Verbindung mit einem Nebenerwerb einer bäuerlichen Familie einen angemessenen Lebensunterhalt nachhaltig sichern.

§2

(1) Gegenstand von Siedlungsverfahren ist

1. die Neuerrichtung von Betrieben;

2. die Verlegung von Wohn- und Wirtschaftsgebäuden aus wirtschaftlich ungünstigen Orts- oder Hoflagen;

3. die Umwandlung von Betrieben, die ihre Selbständigkeit verloren haben (Zulehen, Huben usw.), in selbständig bewirtschaftete Betriebe;

4. die Übertragung von Betrieben, deren Eigentümer sie selbst nicht mehr bewirtschaften wollen oder wegen Krankheit oder Alters nicht mehr bewirtschaften können oder in der Landwirtschaft nicht hauptberuflich tätig sind, in das Eigentum von Personen, die für die Führung bäuerlicher Betriebe geeignet sind, insbesondere von weichenden Bauernkindern oder von land- oder forstwirtschaftlichen Dienstnehmern, sofern es sich hiebei nicht um Verwandte in gerader Linie, um den Ehegatten, ein Stiefkind, Wahlkind, Schwiegerkind oder um ein in Erziehung genommenes Kind handelt;

5. die Umwandlung von Pacht in Eigentum, soweit es sich nicht um Pachtverhältnisse handelt, an denen Verwandte in gerader Linie, Ehegatten, Stiefkinder, Wahlkinder, Schwiegerkinder oder in Erziehung genommene Kinder beteiligt sind;

6. die Aufstockung bestehender, vom Eigentümer selbst oder gemeinsam mit dem voraussichtlichen Betriebsnachfolger bewirtschafteter Betriebe mit Grundstücken, Gebäuden, agrargemeinschaftlichen oder genossenschaftlichen Anteilsrechten oder Nutzungsrechten oder mit Miteigentumsanteilen an land- und forstwirtschaftlich genutzten Grundstücken, deren Teilung unzweckmäßig wäre;

7. die Bereinigung ideell oder materiell geteilten Eigentums.

(2) Die in Abs 1 Z 6 bezeichneten Erwerbsvorgänge durch den voraussichtlichen Betriebsnachfolger gelten dann nicht als Gegenstand von Siedlungsverfahren im Sinne des Abs 1, wenn dieser nicht binnen acht Jahren nach Vertragsabschluß die Bewirtschaftung des Betriebes übernommen hat.

§3

(1) Siedlungsverfahren sind nur auf Antrag von im § 5 Abs 1 genannten physischen oder juristischen Personen durchzuführen.

(2) Die Beschaffung oder Bereitstellung der zur Durchführung eines Siedlungsverfahrens erforderlichen Betriebe, Grundstücke, Gebäude, Anteils- oder Nutzungsrechte obliegt den Parteien.

(3) Falls es dem Ziel dieses Gesetzes (§1 Abs 2) dienlich ist, sind Siedlungsverfahren in Verbindung mit anderen Maßnahmen der Bodenreform durchzuführen.

§4

(1) Die Behörde hat die Parteien im Hinblick auf das Ziel dieses Gesetzes (§1 Abs 2) zu beraten. Soweit sich die Parteien auf einen Übergang von Rechten geeinigt haben und diese Einigung dem Ziel des Verfahrens (§1 Abs 2) entspricht, hat die Behörde die entsprechenden Rechte mit Bescheid zuzuteilen.

(2) Sofern die Parteien in verbücherungsfähiger Form abgeschlossene Verträge vorlegen, diese der Zielsetzung des § 1 Abs 2 entsprechen und einen der im § 2 aufgezählten Vorgänge zum Gegenstand haben, hat dies die Behörde an Stelle der Zuteilung (Abs1) mit Bescheid festzustellen.

(3) In gleicher Weise wie gemäß Abs 2 hat die Behörde vorzugehen, wenn ihr von Parteien ein der Zielsetzung des § 1 Abs 2 entsprechender Erwerbsvorgang, der im Zuge eines Zwangsversteigerungsverfahrens erfolgte, bekanntgegeben wird.

(4) Von den stattgebenden oder ablehnenden Bescheiden gemäß Abs 1, 2 und 3 ist nach deren Rechtskraft das für die Erhebung der Grunderwerbssteuer zuständige Finanzamt zu verständigen.

§5

(1) Einen Antrag gemäß § 3 Abs 1 können stellen

1. physische Personen, für die die Schaffung und Erhaltung der im § 1 Abs 2 genannten Betriebe in Betracht kommt;

2. Personen, die Grundstücke, Gebäude oder Rechte zur Verfügung stellen;

3. Agrargemeinschaften;

4. Siedlungsträger.

(2) Parteien im Siedlungsverfahren sind

1. die Antragsteller (Abs1);

2. Personen, die Grundstücke, Gebäude oder Rechte zur Verfügung stellen sowie jene Personen, denen an diesen Grundstücken oder Gebäuden dingliche Rechte zustehen.

(3) Siedlungsträger gemäß Abs 1 Z 4 sind die land- und forstwirtschaftliche Bodenkredit- und Grunderwerbsgenossenschaft für Niederösterreich, reg. Gen. m. b. H., und der NÖ landwirtschaftlicher Förderungsfonds . Die Siedlungsträger haben die Aufgabe, anfallende Grundstücke oder Rechte zu kaufen oder zu pachten, bereitzuhalten und zur Durchführung von Siedlungsmaßnahmen (§2) zur Verfügung zu stellen sowie geeignete Siedlungswerber (Abs1 Z 1) auszuwählen."

III. Erwägungen

1. Die – zulässige – Beschwerde ist begründet.

2. Eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz kann nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg 10.413/1985, 14.842/1997, 15.326/1998 und 16.488/2002) nur vorliegen, wenn der angefochtene Bescheid auf einer dem Gleichheitsgebot widersprechenden Rechtsgrundlage beruht, wenn die Behörde der angewendeten Rechtsvorschrift fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn sie bei Erlassung des Bescheides Willkür geübt hat.

3. Ein solcher Fehler ist der belangten Behörde unterlaufen:

3.1. In dem angefochtenen Bescheid führt die belangte Behörde ausdrücklich aus (Fehler wie im Original):

"Nach Auffassung der Grundverkehrslandeskommission ist § 3 Z 4 litb NÖ GVG 2007 nicht nur unklar, sondern vom Zweck und der Aufgabe des Siedlungsträgers eindeutig überschießend. Ein Vorvertrag nach § 936 ABGB ist eine Verabredung, künftig einen Vertrag mit bestimmtem Inhalt (Hauptvertrag) abzuschließen. Zu seiner Gültigkeit ist erforderlich, dass er alle wesentlichen Punkte des Hauptvertrages und den Abschlusszeitpunkt des Hauptvertrages enthält. Leistungsgegenstand des Vorvertrages ist der Abschluss des Hauptvertrages. Aus dem Vorvertrag kann noch nicht auf die Erfüllung des Hauptvertrages, sondern nur auf dessen Abschluss geklagt werden. Der Anspruch erlischt innerhalb von 1 Jahr ab Abschluss des Vorvertrages. Der Vorvertrag steht unter der clausula rebus sic stantibus: Sind nach Vorvertragsabschluss die Umstände dergestalt verändert worden, dass dadurch der von den Parteien verfolgte Zweck vereitelt wird oder ein Partner zum anderen das Zutrauen verliert, wird der Vertrag aufgehoben. Anbot im zivilrechtlichen Sinn ist ein Vorschlag, einen Vertrag bestimmten Inhalts abzuschließen.

Ein zur Annahme geeignetes Anbot ist eine empfangsbedürftige Willenserklärung, dessen Zugang inhaltlich ausreichend bestimmbar sein muss. (Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit). Überdies muss in der Offerte ein ausreichender Bindungswille des Antragstellers zum Ausdruck kommen (Bindungswille, davon ist die Bindungswirkung zu unterscheiden). Bestimmbar ist ein Anbot, wenn es die wesentlichen Punkte des abzuschließenden Vertrages enthält oder diese sich aus den gesetzlichen Dispositivnormen ermitteln lassen, so dass der Vertrag durch bloße Zustimmung perfekt werden kann (Ware und Preis in Kaufvertragsanbot). Da der Siedlungsträger mit seiner Interessentenerklärung keinen Anspruch auf Abschluss des gleichartigen Rechtsgeschäftes erlangt und noch nicht feststeht, wann und ob der Siedlungsträger überhaupt erwirbt und zu welchen 'tragbaren Bedingungen' an geeignete Erwerber übereignet wird, besteht ein derartiger Zugang nicht. Es ist nicht nur überschießend, sondern nicht realisierbar bereits jetzt vom Siedlungsträger ein zivilrechtlich klagbares Übertragungsmodell an die Inhaber der bäuerlichen Betriebe zu fordern.

Eine wörtliche Auslegung der Wortfolge 'wenn durch Vorverträge oder verbindliche Anbote nachgewiesen wird, dass die vertragsgegenständliche Liegenschaft an Landwirte oder Landwirtinnen weitergegeben wird', würde den oben wiedergegebenen Zweck eines Siedlungsträgers verfehlen. Wie sollen diese Merkmale erfüllt werden, wenn nicht einmal der Zeitpunkt des Folgevertrages feststeht und der Eigentumserwerb in Rahmen des NÖ landwirtschaftliches Förderungsfonds- und Siedlungsgesetzes, LGBl Nr 6645-3 erfolgen sollen, die nach § 5 Z 8 NÖ GVG 2007 genehmigungsfrei sind. Würden nämlich Inhaber bäuerlicher Betriebe bereits ohne Siedlungsträger zur Abgabe von Vorverträgen oder Anbote in der Lage sein, wäre es sinnlos, wenn der Siedlungsträger erwirbt, um zu 'tragbaren Bedingungen' 'weiterzugeben'. Der Siedlungsträger wäre bloß Vermittler und Organisator einer Interessentengemeinschaft. Dazu bedürfte es jedoch nicht der Sonderregelung des § 3 Z 4 litb NÖ GVG 2007. § 3 Z 4 litb NÖ GVG 2007 ist vielmehr im Sinne des § 8 Abs 7 des NÖ GVG 1969 zu verstehen, dass der Siedlungsträger als Interessent durch Vorverträge oder verbindliche Anbote seine verbindliche Kaufbereitschaft zwecks Erfüllung seiner gesetzlichen Aufgabe zu erklären hat.

Dass ein allein schon aufgrund des kundgemachten Gesetzestextes erzieltes klares Ergebnis maßgebend sein muss, ergibt sich auch daraus, dass das Vertrauen auf den kundgemachten Wortlaut ein wesentliches Element des Rechtsstaates ist. Zudem fordern die Bestandsgarantien des Gesetzes und die durch diese verbürgte Rechtssicherheit, dass der Wortlaut Vorrang habe. Darin ist der 'primäre Auslegungsgrundsatz' zu sehen. Daraus folgt, dass eine inhaltlich eindeutige gesetzliche Regelung grundsätzlich keiner weiteren Auslegung nach anderen Kriterien bedarf. Die Auslegung soll in einem solchen Fall beim Wortlaut beginnen und enden, doch darf hierin kein mit absolutem Geltungsanspruch ausgestattetes Rechtsanwendungsprinzip gesehen werden.

Bloß wörtliche Auslegung kann auch dort nicht genügen, wo sie zu einem sinnlosen Ergebnis führen würde (vgl. SZ 44/25). Es kann einem Normgeber keinesfallsunterstellt werden, dass er zweck- und funktionslose Anordnungen treffen oder Regelungen aufstellen wollte, die in der Praxis kaum vollziehbar wären (vgl. ÖJZ 1979, 583/332 A). Im Zweifel darf eine Norm auch nicht so verstanden werden, dass sie überflüssig und inhaltlos wird (vgl. JBl 1993, 257; VfSlg 6.404 und 13.162). Auch im öffentlichen Recht ist bei einer Interpretation nach jenen grundlegenden Regeln des Rechtsverständnisses vorzugehen, die im ABGB für den Bereich der Privatrechtsordnung normiert sind. § 6 ABGB verweist zunächst auf die Bedeutung des Wortlautes in seinem Zusammenhang. Dabei ist grundsätzlich zu fragen, welche Bedeutung einem Ausdruck nach dem allgemeinen Sprachgebrauch oder nach dem Sprachgebrauch des Gesetzgebers zukommt. Dafür müssen die objektiven, jedermann zugänglichen Kriterien des Verständnisses statt des subjektiven Verständnishorizonts der einzelnen Beteiligten im Vordergrund stehen (vgl. dazu Bydlinski in Rummel, ABGB I Rz 1 zu § 6). In diesem Sinne vertreten auch Antoniolli/Koja , Allgemeines Verwaltungsrecht 3 , S. 101 f, 1996, die Auffassung, dass die Bindung der Verwaltung an das Gesetz nach Art 18 B VG einen Vorrang des Gesetzeswortlautes aus Gründen der Rechtsstaatlichkeit und der demokratischen Legitimation der Norm bewirke und den dem Gesetz unterworfenen Organen die Disposition über das Verständnis möglichst zu entziehen sei. Dies bedeute bei Auslegung von Verwaltungsgesetzen einen Vorrang der Wortinterpretation in Verbindung mit der grammatikalischen und der systematischen Auslegung sowie äußerste Zurückhaltung gegenüber der Anwendung sogenannter 'korrigierender Auslegungsmethoden'. Daher ist zunächst nach dem Wortsinn zu fragen. Hier stellt die Heranziehung einer gängigen Enzyklopädie zur Auslegung – sofern eine Legaldefinition wie vorliegendenfalls fehlt – eine zulässige Methode zur Ermittlung des Begriffsinhaltes dar (vgl. ).

Da ein Gesetz grundsätzlich aus sich selbst auszulegen ist (vgl. JBl 1957, 513) und mit seinem Wortlaut, seiner Systematik und seinem Zusammenhang mit anderen Normen über der Meinung der Redaktoren steht (Vgl. JBI 1961, 243 und JBI 1984, 373) sind andere Erkenntnisquellen über die Absicht des Gesetzgebers erst heranzuziehen, wenn die Ausdrucksweise zweifelhaft ist. Ist sie eindeutig, erübrigt sich die Suche nach einem Sinn des Gesetzes, der sich mit dem Wortlaut nicht vereinbaren lässt Wenn sie (eindeutig) zu unvernünftigen, dem Gesetzgeber nicht zusinnbaren Ergebnissen führt, ist die Wortinterpretation unbeachtlich.

Dies ist hier bezüglich der in Rede stehenden Wortfolge des § 3 Z 4 litb NÖ GVG 2007, 'wenn durch Vorverträge oder verbindliche Anbote nachgewiesen wird, dass die vertragsgegenständliche Liegenschaft an Landwirte oder Landwirtinnen weitergegeben wird und die sonstigen in lita angeführten Bedingungen erfüllt werden', der Fall.

Eine 'teleologische Reduktion' einer Bestimmung wird von den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts dann vorgenommen, wenn verfassungswidrige Ergebnisse, unverständliche oder nicht sachgerechte Ergebnisse vermieden werden sollen ( mit Hinweis auf und VwSlg 15347).

Nach Ansicht der Grundverkehrslandeskommission liegt die Bedeutung der InteressentensteIlung der Land- und Forstwirtschaftliche Bodenkredit- und Grunderwerbsgenossenschaft für Niederösterreich reg. Gen. m. b. H. unter Bedachtnahme der Zielsetzung des § 1 NÖ GVG 2007 und § 1 NÖ landwirtschaftliches Förderungsfonds- und Siedlungsgesetz darin, dass diese als Siedlungsträger zweckgebunden ihre Interessentenerklärung zugunsten Landwirte und bäuerliche Betriebe im Sinne des NÖ GVG 2007 abgibt. Diese Zweckbestimmung wird durch ein zivilrechtlich verbindliches Angebot gegenüber dem Verkäufer entsprochen, der dadurch unter Beachtung der allgemeinen Grundverkehrsinteressen durch den Erwerb des Siedlungsträgers nicht schlechter gestellt ist.

Für die – eine solche teleologische Reduktion rechtfertigende – überschießende Planwidrigkeit des Gesetzeswortlautes sprechen nicht nur die Besonderheiten der historischen Aufgabe und Stellung eines landwirtschaftlichen Siedlungsträgers im Grundverkehr, sondern auch die oben wiedergegeben Wortfolge in § 3 Z 4 litb NÖ GVG 2007.

[…]

Die Erklärung der land- und forstwirtschaftlichen Grunderwerbsgenossenschaft für Niederösterreich vom war unklar, weil aus dieser nicht hervorging, ob die Grunderwerbsgenossenschaft selbst als Interessentin auftreten will und in diesem Fall im eigenen Namen, eigene Rechnung und Gefahr erwerben oder ob sie die von ihr genannten Landwirte als Interessentengemeinschaft für den Falle eines Ankaufes unterstützen will. Sie war jedoch nicht unsubstantiiert und daher rechtserheblich.

[…]

Die Grunderwerbsgenossenschaft stellte erst mit einem Schreiben vom über eine Aufforderung der Grundverkehrslandeskommission vom klar, dass sie 'unter Übernahme aller kaufgegenständlichen Bedingungen erwerben will'.

Damit erweisen sich die Ermittlungen der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten, ob alle von der Grunderwerbsgenossenschaft genannten Interessenten derzeit Landwirteeigenschaft im Sinne des NÖ GVG 2007 haben […] als überschießend und daher als überflüssig."

3.2. Entgegen der Ansicht der belangten Behörde gibt der klare Wortlaut der Vorschrift des § 3 Z 4 litb NÖ GVG keinerlei Anlass zu einer teleologischen Reduktion. Das ausdrücklich festgelegte Beweiserfordernis der Vorlage von Vorverträgen mit und Anboten an Landwirte dient der Sicherstellung der Weitergabe der durch die Grunderwerbsgenossenschaft NÖ angekauften Grundstücke an Landwirte. Dem steht nicht entgegen, dass die Interessentenmeldung der Grunderwerbsgenossenschaft NÖ kein gegenüber dem Verkäufer durchsetzbares Recht einräumt, die Liegenschaft tatsächlich anzukaufen. Die belangte Behörde übersieht, dass es der Grunderwerbsgenossenschaft NÖ – selbst wenn sie die Liegenschaft, für die sie ein Kaufinteresse gemäß § 3 Z 4 litb NÖ GVG anmeldet, nicht erwerben können sollte – freisteht, dennoch mit Landwirten Vorverträge über deren Weiterverkauf zu schließen oder entsprechende Anbote an die Landwirte zu richten. Denn durch Gestaltung des Vorvertrages oder des Anbotes – etwa durch die Aufnahme einer diesbezüglichen Bedingung – kann für den Fall, dass die Grunderwerbsgenossenschaft NÖ den Ankauf der Liegenschaft nicht bewerkstelligen kann, Vorsorge getroffen werden, welche eine Haftung der Genossenschaft den Landwirten gegenüber ausschließt. Von der Grunderwerbsgenossenschaft NÖ die Vorlage von Vorverträgen mit Landwirten oder Anboten an solche für die Stellung eines Interessenten zu verlangen, nimmt der Vorschrift des § 3 Z 4 litb NÖ GVG also nicht ihren Anwendungsbereich. Anders als von der belangten Behörde angenommen, liegt keine "– eine solche teleologische Reduktion rechtfertigende – überschießende Planwidrigkeit des Gesetzeswortlautes" vor. Die Vorschrift des § 3 Z 4 litb NÖ GVG bezweckt sicherzustellen, dass durch die Grunderwerbsgenossenschaft NÖ angekaufte Liegenschaften an Landwirte weitergegeben werden, indem die mit diesen geschlossenen Vorverträge oder die an diese gerichteten Verkaufsanbote vorzulegen sind.

3.3. § 3 Z 4 litb NÖ GVG legt ausdrücklich fest, dass nur der Nachweis der geplanten Weiterveräußerung der Grundstücke an Landwirte die Interessentenstellung der Grunderwerbsgenossenschaft NÖ begründet. Führt die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid aus, es sei überflüssig zu ermitteln, ob jenen Personen, an welche die Genossenschaft die Liegenschaft weiterzugeben beabsichtigt, Landwirte im Sinne des § 3 Z 2 NÖ GVG seien, nimmt sie die Interessentenstellung der Genossenschaft – gegen den klaren Gesetzeswortlaut – losgelöst von der künftigen Weiterveräußerung der Liegenschaft an Landwirte an. Damit käme aber der Genossenschaft keine andere Position zu als Personen, die eine Anmeldung des Erwerbsinteresses im Sinne des § 11 NÖ GVG abgeben, ohne die Landwirteeigenschaft gemäß § 3 Z 2 leg.cit. aufzuweisen. Diese – durch die Auslegung der belangten Behörde der Vorschrift des § 3 Z 4 litb NÖ GVG unterstellte – Privilegierung der Genossenschaft gegenüber den anderen Personen, die ein Erwerbsinteresse anmelden, ohne Landwirte zu sein, unterstellt der genannten Gesetzesbestimmung einen gleichheitswidrigen Inhalt.

4. Die belangte Behörde unterstellt § 3 Z 4 NÖ GVG einen gleichheitswidrigen Inhalt, wenn sie die Genehmigung des Grunderwerbes wegen der Interessentenmeldung der Grunderwerbsgenossenschaft NÖ versagt und deren Interessentenstellung deswegen annimmt, weil sie das gesetzlich ausdrücklich vorgesehene Beweiserfordernis der Vorlage von Vorverträgen mit Landwirten oder Anboten an solche zur Weiterveräußerung des betreffenden Grundstückes entfallen lässt.

5. Es erübrigt sich daher, auf die von der Beschwerdeführerin eventualiter gerügten Bedenken gegen die Bestimmung des § 3 Z 4 NÖ GVG einzugehen.

IV. Ergebnis

1. Die Beschwerdeführerin ist somit durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt worden.

2. Der angefochtene Bescheid ist daher aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen ist.

3. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 88 VfGG.