OGH vom 17.05.2017, 13Os35/17x
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden sowie den Hofrat und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig, Dr. Bachner-Foregger, Mag. Michel und Dr. Brenner in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Adamowitsch als Schriftführerin in der Strafsache gegen Martin P***** wegen Verbrechen der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom , GZ 42 Hv 20/15i-91, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Martin P***** mehrerer Verbrechen der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB schuldig erkannt.
Danach hat er vom Herbst 2013 bis zum Nino G***** mehrmals mit Gewalt zur Duldung des Beischlafs sowie zur Vornahme und zur Duldung dem Beischlaf gleichzusetzender geschlechtlicher Handlungen genötigt, indem er sie auf ein Bett zerrte, ihr Schläge versetzte, ihre Beine auseinanderdrückte, sie würgte und fixierte und solcherart Vaginal, Oral sowie Analverkehr erzwang.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen aus Z 2, 4 und 5a des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten geht fehl.
Indem die Verfahrensrüge (Z 2) die kontradiktorische Vernehmung der Zeugin Nino G***** im Ermittlungsverfahren (ON 14) als gesetzwidrig bezeichnet, ohne die Missachtung einer Norm zu behaupten, deren Einhaltung das Gesetz ausdrücklich bei sonstiger Nichtigkeit anordnet, bringt sie den herangezogenen Nichtigkeitsgrund nicht prozessordnungskonform zur Darstellung (12 Os 134/12s, SSt 2012/72; Ratz, WKStPO § 281 Rz 173).
Entgegen der weiteren Verfahrensrüge (Z 4) wies das Erstgericht mehrere Beweisanträge ohne Verletzung von Verteidigungsrechten ab (ON 82 S 16 f, ON 90 S 17 ff):
Die Anträge auf Vernehmung der Zeugin Nino G***** vor dem erkennenden Gericht (ON 82 S 15, ON 90 S 13) ließen nicht erkennen, weshalb zu erwarten sei, dass diese Zeugin – die ausdrücklich von ihrem Entschlagungsrecht (§ 156 Abs 1 Z 2 StPO) Gebrauch gemacht hatte (ON 67) – zur Aussage bereit sein werde, und verfielen daher zu Recht der Abweisung (13 Os 71/03, SSt 2003/53; RISJustiz RS0117928, jüngst 13 Os 134/15b).
Der Antrag auf Vernehmung von Staatsanwalt Dr. Harald B***** „als Zeugen für die Neigung der Zeugin Nino G***** zu unglaubwürdigen Aussagen“ (ON 90 S 15) ging schon im Ansatz fehl. Der Zeugenbeweis hat nämlich nur Wahrnehmungen von Tatsachen zum Gegenstand, nicht aber Schlussfolgerungen oder Wertungen (13 Os 25/92, EvBl 1992/189, 797; RISJustiz RS0097540, jüngst 13 Os 19/16t; Kirchbacher, WKStPO § 154 Rz 8). Die Beurteilung der Glaubwürdigkeit vom Zeugen ist gemäß § 258 Abs 2 erster Satz StPO Sache des erkennenden Gerichts.
Das die Beweisanträge ergänzende Beschwerdevorbringen hat mit Blick auf das aus dem Wesen des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes resultierende Neuerungsverbot auf sich zu beruhen.
Soweit die Tatsachenrüge (Z 5a) die Vernehmung der Zeugin Nino G***** im Rahmen der Hauptverhandlung unter dem Aspekt der Pflicht zur amtswegigen Wahrheitsforschung (§ 3 Abs 1 StPO) einfordert, übersieht sie die insoweit bestehende Subsidiarität des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes gegenüber jenem des § 281 Abs 1 Z 4 StPO (RISJustiz RS0114036 und RS0115823).
Das Vorbringen zu angeblich erheblich bedenklichen Feststellungen des Erstgerichts entzieht sich mangels Aktenbezugs einer inhaltlichen Erwiderung (13 Os 60/03, SSt 2003/47; RISJustiz RS0117516, RS0117749 und RS0119310).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Berufung kommt somit dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO).
Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
Zusatzinformationen
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ECLI: | ECLI:AT:OGH0002:2017:0130OS00035.17X.0517.000 |
Schlagworte: | Strafrecht |
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Fundstelle(n):
XAAAE-08667