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OGH 11.05.2007, 10ObS52/07f

OGH 11.05.2007, 10ObS52/07f

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger und Hon. Prof. Dr. Neumayr sowie die fachkundigen Laienrichter Dipl. Tierarzt Andreas Krösen (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und AR Angelika Neuhauser (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Johann B*****, vertreten durch Mag. Klaus Philipp, Rechtsanwalt in Mattersburg, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, Friedrich-Hillegeist-Straße 1, 1021 Wien, wegen Invaliditätspension, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 8 Rs 159/06w-36, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Die klagende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Der am geborene Kläger weist Aufbrauchserscheinungen am Stützapparat auf. Er kann nur mehr leichte und fallweise auch mittelschwere Arbeiten verrichten.

Der Kläger hat im Jahr 1973 die Lehrabschlussprüfung als Maurer absolviert und war seitdem immer als Maurer beschäftigt. Diese Tätigkeit übersteigt das ihm verbliebene Leistungskalkül. Bei der als Verweisungstätigkeit in Betracht kommenden Tätigkeit eines Baumarktfachberaters handelt es sich um einen Verkaufsberuf für ein bestimmtes Warensegment, wobei allgemein ein aktives Verkaufen nicht gefordert wird. Wohl aber sind für die Beratung besondere Fachkenntnisse über die Produkte und deren Verwendung bzw Verarbeitung erforderlich, wie sie in den entsprechenden Lehrberufen vermittelt werden.

Der Aufgabenbereich eines Fachberaters ist in den verschiedenen Unternehmen unterschiedlich. Auch Hebe- und Tragebelastungen sind je nach Produktsortiment verschieden und reichen von 5 - 15 kg bis zu 50 kg. Im Baustoffbereich sind sie tendenziell etwas höher als in anderen Sortimentsbereichen. Allerdings sind die Baustoffabteilungen meist mit mehreren Mitarbeiter/innen besetzt, sodass das Heben und Tragen nicht für alle Mitarbeiter/innen erforderlich ist. Es kann davon ausgegangen werden, dass in einer Baustoffabteilung von 6 - 7 Mitarbeitern jeweils etwa 1 - 2 von Trageleistungen entbunden sind oder werden können. Jedenfalls gibt es eine ausreichende Zahl von Betrieben, in denen schwerere Hebe- und Trageleistungen kein Anstellungs- bzw Berufsausübungskriterium darstellen, weil diese im Bedarfsfall delegiert werden können. Nennenswerte Hebe- und Trageleistungen werden in der Regel nur dann erbracht, wenn Kunden geholfen wird oder Waren nachgefüllt werden. Dafür reicht im Allgemeinen das Kalkül mittelschwer, dies umso mehr als Traghilfen (Handwagen, Hubstapler) zur Verfügung stehen und schwerere Lasten zu zweit gehoben werden können.

Einsatzmöglichkeiten bestehen sowohl im Groß- als auch im Einzelhandel, wo ein großer und weiterhin zunehmender Bedarf nach Fachberatern besteht.

Wesentliche Kenntnisse und Fertigkeiten des Lehrberufs Maurer können für die Tätigkeit eines Baufachmarktberaters genutzt werden, wie beispielsweise Material- und Produktkenntnisse, Verarbeitungstechniken, Bedarfsanalysen, Mengenberechnungen, Arbeitsplanung etc. Qualifizierte Professionisten werden von Unternehmen für Beratungstätigkeiten häufig gesucht und sind auch tatsächlich in diesen Funktionen tätig, wobei als Kundenbetreuer vorzugsweise Bewerber mit einschlägigen Lehrabschlüssen und ausreichender Kontaktfähigkeit eingesetzt werden. Bei der Baumarktberatung steht das Produktwissen im Vordergrund, während die physischen Hebe- und Tragefähigkeiten von untergeordneter Bedeutung sind und keinen Anstellungsausschluss bilden. Lediglich bei kleineren, insbesondere ländlichen Baumärkten ist bei geringer Personalbesetzung (3 - 5 Personen) ein Heben und Tragen tatsächlich erforderlich. Bei der großen Zahl von größeren Baumärkten sind schwerere Hebe- und Trageleistungen kein generelles Anstellungs- und Berufsausübungskriterium für Baumarktfachberater. Angesichts eines Arbeitsmarktes von zumindest 8.000 Mitarbeiter/innen sind für Maurer mit Hebe- und Trageeinschränkungen mindestens 100 geeignete Arbeitsplätze in Baumärkten vorhanden.

In seiner außerordentlichen Revision macht der Kläger als erhebliche Rechtsfrage diejenige der Verweisbarkeit eines gelernten Maurers auf den Beruf eines Fachmarktberaters geltend und führt dazu aus, dass ein Maurer nach Erschöpfung seines Berufsschutzes nach dem AlVG gezwungen sei, auch die Tätigkeit eines Fachmarktberaters anzunehmen; aufgrund der solcherart verdünnten Vertragsfreiheit könne nicht von einem funktionierenden Arbeitsmarkt gesprochen werden, in dem frei zwischen diesen Tätigkeiten gewechselt werden könne. Jedenfalls liege unter Marktbedingungen die Zahl der in Betracht kommenden Arbeitsplätze jedenfalls unter 100. Überdies ergebe sich aus den Übergangsbestimmungen der Ausbildungsvorschriften für den Lehrberuf Einzelhandel, Schwerpunkt Baustoffhandel (BGBl II 2000/186), dass Lehrzeiten als Maurer für den Baustoffhandel nicht angerechnet würden, sodass eine enge Verwandtschaft zwischen den beiden Berufen zu verneinen sei.

Damit lässt der Revisionswerber allerdings die gegenteiligen, vom Berufungsgericht auf der Grundlage des von ihm eingeholten Sachverständigengutachtens getroffenen und eingangs zusammengefasst wiedergegebenen Feststellungen außer Acht, nach denen Fachmärkte häufig qualifizierte Professionisten für Beratungstätigkeiten suchen und auch tatsächlich einsetzen, wobei als Kundenbetreuer vorzugsweise Bewerber mit einschlägigen Lehrabschlüssen und ausreichender Kontaktfähigkeit eingesetzt werden.

Auch der Oberste Gerichtshof hat in zahlreichen Entscheidungen dargelegt, dass ein gelernter Maurer auf den Beruf eines Fachberaters

in einem Baufachmarkt verweisen werden kann (zB 10 ObS 20/98h =

SSV-NF 12/25 = RIS-Justiz RS0084541 [T8]), weil die dort zu

verrichtenden Tätigkeiten als qualifizierte Teiltätigkeiten des erlernten Berufs als Maurer angesehen werden können. Mangels einer erheblichen Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO ist die außerordentliche Revision des Klägers zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b) ASGG. Berücksichtigungswürdige Einkommens- und Vermögensverhältnisse, welche einen ausnahmsweisen Kostenzuspruch nach dieser Gesetzesstelle an den Kläger rechtfertigen könnten, wurden nicht geltend gemacht und sind auch aus der Aktenlage nicht ersichtlich.

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger und Hon. Prof. Dr. Neumayr als weitere Richter (Senat nach § 11a ASGG) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Johann B*****, vertreten durch Mag. Klaus Philipp, Rechtsanwalt in Mattersburg, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, Friedrich Hillegeist-Straße 1, 1021 Wien, vertreten durch Dr. Vera Kremslehner und andere, Rechtsanwälte in Wien, wegen Invaliditätspension, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 8 Rs 159/06w-36, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revisionsbeantwortung wird zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Die nicht aufgetragene Revisionsbeantwortung der beklagten Partei ist beim Obersten Gerichtshof erst am , somit nach Beschlussfassung über die Zurückweisung der außerordentlichen Revision der klagenden Partei durch den Obersten Gerichtshof am , eingelangt.

Zusatzinformationen


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Rechtsgebiet
Zivilrecht
Schlagworte
Kennung XPUBL - XBEITR
Diese Entscheidung wurde veröffentlicht in
zuvo 2007/53 S 72 (Neumayr, tabellarische Übersicht) - zuvo 2007,72
(Neumayr, tabellarische Übersicht) = ARD 5824/11/2007 = DRdA 2007,498
= infas 2007,189/S42 - infas 2007 S42
XPUBLEND
ECLI
ECLI:AT:OGH0002:2007:010OBS00052.07F.0511.000
Datenquelle

Fundstelle(n):
MAAAE-08594