zurück zu Linde Digital
TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
VfGH vom 26.04.2010, a24/07

VfGH vom 26.04.2010, a24/07

Sammlungsnummer

19034

Leitsatz

Stattgabe des Klagebegehrens der Wiener Gebietskrankenkasse gegen das Land Wien betreffend Leistungen für "Nicht-Wiener-Patienten" im Hanusch-Krankenhaus für die Jahre 1997 bis 2006 sowie 2008; Anlassfallwirkung der Aufhebung von gesetzlichen Bestimmungen im Wiener KAG 1987; keine Verjährung; Abweisung des weiteren Klagebegehrens und eines Feststellungsbegehrens mangels rechtlichen Interesses; anteiliger Zuspruch von Zinsen und Kosten

Spruch

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die Beträge von EUR 48.087.377,19 samt 4 % Zinsen vom 5. November bis aus EUR 42.759.955,69 und seit aus EUR 48.087.377,19 sowie die mit EUR 137.688,40 bestimmten Verfahrenskosten - diese zu Handen des Klagevertreters - binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.

Das weitere Klagebegehren auf Zahlung von EUR 6.074.113,-- s. A., ferner das Kosten- und Zinsenmehrbegehren sowie das Begehren, es werde festgestellt,

"dass die beklagte Partei bei Ermittlung des Betriebsabganges des Hanusch-Krankenhauses nicht berechtigt ist, jenen Betriebs- und Erhaltungsaufwand nicht zugrundezulegen, der auf stationäre Leistungen der allgemeinen Gebührenklasse und auf ambulante Leistungen einschließlich Gesundenuntersuchungen an Personen entfällt, die ihren Hauptwohnsitz nicht im Bundesland Wien haben",

werden abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Die klagende Partei begehrt von der beklagten Partei die

Zahlung eines Betrages von EUR 42.760.005,19 (mit Schriftsatz vom berichtigt auf EUR 42.759.955,69) samt gestaffelten Zinsen seit , im Einzelnen:

Zinsen aus EUR 3.223.501,01 ab ;

Zinsen aus EUR 3.494.382,57 ab ;

Zinsen aus EUR 3.689.477,20 ab ;

Zinsen aus EUR 4.448.619,91 ab ;

Zinsen aus EUR 4.647.708,50 ab ;

Zinsen aus EUR 4.185.129,-- ab ;

Zinsen aus EUR 4.617.579,-- ab ;

Zinsen aus EUR 4.614.747,50 ab ;

Zinsen aus EUR 4.682.969,-- ab ;

Zinsen aus EUR 5.155.842,-- ab .

Weiters begehrt die klagende Partei die Feststellung, "dass die beklagte Partei bei Ermittlung des Betriebsabganges des Hanusch-Krankenhauses nicht berechtigt ist, jenen Betriebs- und Erhaltungsaufwand nicht zugrundezulegen, der auf stationäre Leistungen der allgemeinen Gebührenklasse und auf ambulante Leistungen einschließlich Gesundenuntersuchungen an Personen entfällt, die ihren Hauptwohnsitz nicht im Bundesland Wien haben".

Dazu bringt sie auf das Wesentliche zusammengefasst Folgendes vor:

Sie habe als Rechtsträgerin des Hanusch-Krankenhauses in Wien (einer öffentlichen Krankenanstalt) vom früheren Wiener Krankenanstaltenfinanzierungsfonds (WIKRAF) und nunmehr - seit - vom Wiener Gesundheitsfonds jährlich einen Beitrag in der Höhe von 50 vH des jeweiligen Betriebsabganges erhalten. Bei der Ermittlung dieses Betriebsabganges sei aber nach der seit angewendeten Regelung des § 56 Abs 3 des Wiener Krankenanstaltengesetzes 1987 (Wr. KAG), LGBl. 23, jener Betriebs- und Erhaltungsaufwand nicht zugrunde gelegt worden, der auf stationäre Leistungen der allgemeinen Gebührenklasse und auf ambulante Leistungen einschließlich Gesundenuntersuchungen an Personen entfällt, die ihren Hauptwohnsitz in einem anderen Bundesland haben.

Die Rechnungsabschlüsse aus den klagsgegenständlichen Jahren stellen sich dabei wie folgt dar:

[TABELLE AUS TECHNISCHEN GRÜNDEN NICHT DARSTELLBAR !!!]

Da auch nach den in den bisherigen Art 15a B-VG-Vereinbarungen über die Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens enthaltenen Bestimmungen ein Ausschluss der Entschädigung für inländische Gastpatienten über die bestehende Abgeltung der Landesfonds hinaus vorgesehen sei, bestünde für die klagende Partei keine Möglichkeit, den auf Nicht-Wiener-Patienten entfallenden Betriebs- und Erhaltungsaufwand gegenüber dem WIKRAF bzw. dem Wiener Gesundheitsfonds zu verrechnen.

Die Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes sei gegeben und die Klage sei auch rechtlich begründet, weil das Hanusch-Krankenhaus als eine öffentliche, über den Landesgesundheitsfonds finanzierte Krankenanstalt verpflichtet sei, Personen, für die Leistungsansprüche aus der sozialen Krankenversicherung bestehen, als Pfleglinge aufzunehmen. Demgegenüber sei aber § 51a Wr. KAG, welcher die Entrichtung eines Behandlungsbeitrages für Patienten der allgemeinen Gebührenklasse, die ihren Hauptwohnsitz nicht in Wien haben, durch das Bundesland des Hauptwohnsitzes normiert, kraft landesgesetzlicher Bestimmungen in Zeiträumen, für die eine Art 15a B-VG-Vereinbarung besteht, nicht anzuwenden. Das Land Wien gewähre für diese Gastpatienten aber auch keinerlei Beitrag zum Betriebsabgang des Hanusch-Krankenhauses, weil dieser bei der Ermittlung des deckungsrelevanten Betriebsabganges "herausgerechnet" würde. Da den anderen nicht-städtischen gemeinnützigen Wiener Krankenanstalten eine Abgangsdeckung im Ausmaß von bis zu 95 vH in Form von Subventionsvereinbarungen gewährt werde, sei nur die klagende Partei als Rechtsträgerin des Hanusch-Krankenhauses durch die Regelung des § 56 Abs 3 Wr. KAG benachteiligt, wodurch sowohl eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Unversehrtheit des Eigentums als auch eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes bewirkt würden. Zudem liege ein Verstoß gegen die Grundsatzbestimmung des § 34 Abs 1 letzter Satz des Krankenanstalten- und Kuranstaltengesetzes (KAKuG), BGBl. 1/1957, vor. Hinsichtlich der einschlägigen Bestimmungen des Wr. KAG wird von der klagenden Partei daher die Einleitung eines Gesetzesprüfungsverfahrens angeregt.

2. Die beklagte Partei äußerte sich in einem als "Gegenschrift" bezeichneten Schriftsatz, worin sie sowohl die Zulässigkeit der Klage vor dem Verfassungsgerichtshof als auch deren Begründetheit bestreitet.

Hinsichtlich der Begründetheit der Klage wendete die beklagte Partei (ursprünglich) noch ein, dass im Lichte von § 56 Abs 3 Wr. KAG ein ausdrückliches Verbot der Berücksichtigung von Gastpatienten im deckungsrelevanten Betriebsabgang bestünde und verteidigte die Verfassungsmäßigkeit des § 56 Abs 3 des Wr. KAG.

3. Die klagende Partei replizierte auf die Gegenschrift und die beklagte Partei erstattete zu dieser Replik der klagenden Partei eine als "Duplik" bezeichnete Äußerung, in welcher sie an ihren bisher vorgetragenen Rechtsauffassungen festhielt.

II. 1. Bei Behandlung der Klage sind im Verfassungsgerichtshof Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit des § 56 Abs 3 Wr. KAG, LGBl. 23/1987 in der Fassung der Z 46 der Novelle LGBl. 40/1989 und der Z 12 der Novelle LGBl. 9/1995, entstanden. Er hat ein Gesetzesprüfungsverfahren ob der genannten Bestimmung eingeleitet und diese mit Erkenntnis vom , G54/09 (kundgemacht am , LGBl. 56/2009), als verfassungswidrig aufgehoben.

2. Über Aufforderung des Verfassungsgerichtshofes haben die Parteien im danach fortgesetzten Klagsverfahren zur Höhe des Klagebegehrens ergänzend Stellung genommen.

2.1. Die beklagte Partei hat sich in ihrer Äußerung zunächst dagegen gewendet, die klagende Partei in den Genuss der Anlassfallwirkung des Art 140 Abs 7 zweiter Satz B-VG gelangen zu lassen:

"Aufgrund der absoluten Volkssouveränität und der daraus folgenden Souveränität des Parlaments hat der Gesetzgeber selbst Verfassungswidrigkeiten wahrzunehmen. Dem Verfassungsgerichtshof kommt die Rolle des Hüters der Verfassung zu (...). Die Verfassungsgerichtsbarkeit fungiert als ein rechtsstaatliches Gegengewicht zum demokratischen Gesetzgeber (...). Durch die grundsätzliche ex nunc (und nicht ex tunc) Wirkung von Erkenntnissen des Verfassungsgerichtshofes erfolgt eine Anerkennung des demokratischen Grundgedankens.

Demokratie und Rechtsstaat stellen daher das grundsätzliche Spannungsverhältnis dar, in dem sich die Regelungen der Anlassfallwirkung nach Art 140 Abs 7 B-VG befinden.

...

Bei Klagen nach Art 137 B-VG ist zu beachten, dass es erst auf Grund der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes und nicht bereits auf Grund des Wortlautes dieser Bestimmung möglich ist, dass Forderungen, die sich gegen einen selbständigen Rechtsträger richten, auch gegen eine Gebietskörperschaft geltend gemacht werden können. Es muss aber auch eine Entscheidung darüber getroffen werden, ob die Ausnahmeregelung für Anlassfälle gemäß Art 140 Abs 7 zweiter Satz B-VG in jenen Fällen zur Anwendung gelangen soll, wo nicht die Gebietskörperschaft selbst, sondern ein selbständiger Rechtsträger handelt. Nach Ansicht der beklagten Partei würde eine Anwendung der Ausnahmeregelung für Anlassfälle auf solche Sachverhalte mehrfach den Grundprinzipien der Verfassung widersprechen:

Ganz allgemein gilt, dass die Ausnahmeregelung nach Art 140 Abs 7 zweiter Satz B-VG einschränkend zu interpretieren ist, weil ... die Anlassfallwirkung dem demokratischen Grundprinzip der österreichischen Bundesverfassung, aber auch dem gewaltentrennenden Prinzip widerspricht. Nicht der Verfassungsgerichtshof, sondern der Volks[s]ouverän ist zur Rechtserzeugung berufen.

Auch das rechtsstaatliche Prinzip zählt nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zu den Grundprinzipien der österreichischen Verfassung (...). Unter einem Rechtsstaat (im formellen Sinn) ist ein Staat zu verstehen, dessen Rechtsordnung inhaltlich relativ bestimmt ist. Insbesondere müssen die Rechte und Pflichten des einzelnen gesetzlich relativ präzise festgelegt und deren Durchsetzung durch entsprechende Institutionen garantiert sein.

... Zu einem Rechtsstaat zählt aber auch, dass der einzelne eine

Reaktion des Staates befürchten muss, wenn er sich nicht an geltende Gesetze hält.

Der WIKRAF bzw. der Wiener Gesundheitsfonds sind unstrittig (...) als Fonds mit eigener Rechtspersönlichkeit einzustufen. Auch wenn [es sich] nach Ansicht des Verfassungsgerichtshofs (...) bei dem zur Abrechnung und Abgeltung des Betriebsabganges öffentlicher Krankenanstalten berufenen Fonds um eine Erscheinungsform des Landes handelt, diesem also die Rechtshandlungen der Fonds unmittelbar zuzurechnen sind, ändert dies nichts daran, dass es sich beim Fonds um selbständige Rechtsträger handelt. Wie jeder andere Normunterworfene auch, mussten sich die Fonds daher an die Gesetze des Landes halten.

Legt man die Anlassfallwirkung dahingehend aus, dass die Fonds sich von Anfang an so verhalten hätten müssen, als wäre die gesetzliche Regelung des § 56 Abs 3 Wr. KAG nicht existent gewesen, würde dies dem rechtsstaatlichen Grundprinzip der österreichischen Verfassung krass widersprechen. Ein Normunterworfener wäre gezwungen, verfassungswidrige, jedoch gehörig kundgemachte Gesetze nicht zu befolgen und könnte sich nicht mehr am Gedanken der Rechtssicherheit orientieren. Der einzelne dürfte sich nicht mehr an den geltenden Gesetzen orientieren, die ein Verhalten vorschreiben, sondern er müsste über die Verfassungswidrigkeit einer Regelung eigenständig entscheiden, um keine Nachteile zu befürchten. Nach den Bestimmungen des Art 140 B-VG darf aber nur der Verfassungsgerichtshof über die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen erkennen. Eine Ausnahme gilt nur - aber auf Grund eines ausdrücklichen Rechtsaktes im Verfassungsrang - im Anwendungsbereich des unmittelbar anwendbaren Gemeinschaftsrechts.

Nichts in der österreichischen Bundesverfassung deutet darauf hin, dass selbständige Rechtssubjekte, die den Gebietskörperschaften zuzurechnen sind, an die Gesetze nicht gebunden sein sollen. Die Anlassfallwirkung auf den gegenständlichen Sachverhalt anzuwenden, hieße daher beispielsweise auch zu ignorieren, dass die Geschäftsführer der Fonds sich gerichtlich strafbar gemacht hätten, wenn sie in Kenntnis der ausdrücklichen Gesetzeslage den Betriebsabgang der Fremdpatienten abgegolten hätten.

Die Fonds mögen nach Ansicht des Verfassungsgerichtshofes dem Land Wien zuzurechnen sein, aber nicht dem Gesetzgeber des Landes Wien. Die Verantwortung für die Verfassungswidrigkeit des § 56 Abs 3 Wr. KAG trägt das Wiener Landesvolk, welches durch seine gewählten Vertreter § 56 Abs 3 Wr. KAG beschlossen hat. Weder die Fonds noch die beklagte Partei, nämlich das Land Wien vertreten durch den Landeshauptmann, tragen die Verantwortung für die Erlassung des § 56 Abs 3 Wr. KAG. Zudem liegt - anders als in sonstigen Fällen - kein hoheitliches Handeln des Landes Wien vor. Die Fonds sind nicht gegenüber der klagenden Partei als Träger der Staatsgewalt mit Imperium aufgetreten. In den EB zu § 2 WGFG und WIKRAG ist ausdrücklich festgehalten worden, dass der Fonds als Träger von Privatrechten tätig wird und über keine hoheitlichen Befugnisse verfügt. Die Fonds haben die Gesetze nicht als Verwaltungsbehörde des Landes Wien 'vollzogen', sondern haben sich als Normunterworfene an ein gehörig kundgemachtes Gesetz gehalten.

Es ist daher aus all diesen Gründen nicht ersichtlich, warum die beklagte Partei die Konsequenzen für das 'legistische Unrecht', das aus der Verfassungswidrigkeit des § 56 Abs 3 Wr. KAG resultiert, tragen soll. Dies gilt insbesondere auch für das klagsgegenständliche Zinsenbegehren. WIKRAF bzw. der Wiener Gesundheitsfonds haben sich an ein geltendes Gesetz gehalten. Die vermögensrechtlichen Nachteile, die durch die verfassungsgesetzlich gebotene Anwendung des § 56 Abs 3 Wr. KAG entstanden sind, sind mangels Gemeinschaftsrechtsbezug nicht als 'Staatshaftung' einklagbar. Die Anlassfallwirkung des Art 140 Abs 7 zweiter Satz B-VG ist im Hinblick auf die Grundprinzipien der Bundesverfassung dahingehend einschränkend zu interpretieren, dass diese nicht zur Anwendung gelangt, wenn selbständige Rechtsträger, mögen sie auch einer Gebietskörperschaft zuzurechnen sein, als Normunterworfene und ohne imperium agieren."

Die beklagte Partei vertritt ferner die Auffassung, die klagende Partei habe den Beweis für die - von der beklagten Partei bestrittene - Anstaltsbedürftigkeit der betroffenen Personengruppe der Gastpatienten anzutreten; in diesem Zusammenhang führt die beklagte Partei Folgendes aus:

"'Anstaltsbedürftig' im Sinne des § 36 Abs 2 Wr. KAG sind gemäß § 36 Abs 3 Wr. KAG Personen, deren auf Grund ärztlicher Untersuchung festgestellter geistiger oder körperlicher Zustand die Aufnahme in Krankenanstaltspflege erfordert, Personen, die ein Sozialversicherungsträger oder ein Gericht im Zusammenhang mit einem Verfahren über Leistungssachen zum Zweck einer Befundung oder einer Begutachtung in die Krankenanstalt einweist, sowie Personen, die der Aufnahme in die Krankenanstalt zur Vornahme von Maßnahmen der Fortpflanzungsmedizin bedürfen. Den Anstaltsbedürftigen sind gesunde Personen gleichzuhalten, die zur Vornahme einer klinischen Prüfung eines Arzneimittels oder eines Medizinprodukts in einer Krankenanstalt aufgenommen werden.

'Unabweisbar' sind gemäß § 36 Abs 4 Wr. KAG Personen, deren geistiger oder körperlicher Zustand wegen Lebensgefahr oder wegen Gefahr einer sonst nicht vermeidbaren schweren Gesundheitsschädigung sofortige Anstaltsbehandlung erfordert, sowie jedenfalls Frauen, wenn die Entbindung unmittelbar bevorsteht. Ferner sind Personen, die auf Grund besonderer Vorschriften von einer Behörde eingewiesen werden, als unabweisbar anzusehen.

In diesem Zusammenhang verweist die beklagte Partei darauf, dass nach § 25 VfGG, soweit das VfGG keine anderen Bestimmungen enthält, die Bestimmungen der ZPO sinngemäß anzuwenden sind. Es obliegt daher der klagenden Partei, die anspruchsbegründenden Tatsachen zu beweisen. Die Klage enthält keine Angaben darüber, ob es sich [bei den] betreffenden Patientengruppen um unabweisbare Personen handelt. Und selbst wenn man von einer Aufnahmepflicht von allen sozialversicherten, anstaltsbedürftigen Personen mit

Beschäftigungsort in Wien ausginge, ... leidet die Klage am Fehlen

von Angaben über die Anstaltsbedürftigkeit der in Betracht kommenden Patientengruppen. Die Klage ist daher nicht gesetzmäßig ausgeführt und aus diesem Grund als unschlüssig abzuweisen.

Die nachstehende, betragsmäßige Aufschlüsselung wurde auf Grundlage der Berichte des Kontrollamts über die Prüfung der verfahrensgegenständlichen Rechnungsabschlüsse des Hanusch-Krankenhauses vorgenommen:

[TABELLE AUS TECHNISCHEN GRÜNDEN NICHT DARSTELLBAR !!!]

Die beklag[t]e Partei hat die Höhe der Klage pauschal bestritten, da das Vorliegen der 'Unabweisbarkeit' bzw. der 'Anstaltsbedürftigkeit' als anspruchsbegründende Tatsachen von der klagenden Partei für jeden Einzelfall darzulegen ist, aber diesbezüglich Nachweise zur Gänze fehlen. Zudem ist allgemein bekannt, dass vielfach Patienten stationär aufgenommen werden, obwohl der geistige oder körperliche Zustand es nicht erfordert. So sind Krankenanstalten insbesondere aufgrund der hohen Bettendichte um Auslastung bemüht und nehmen mehr Patienten als notwendig auf. Weiters wird auf Fehlbelegungen von Krankenhausbetten mit Pflegefällen verwiesen. Angemerkt wird in diesem Zusammenhang, dass die beklagte Partei nicht über die Krankenakten verfügt. Es obliegt daher ausschließlich der klagenden Partei[,] Informationen darüber vorzulegen, wie viele der stationär aufgenommen[en] Patienten als 'unabweisbar' oder 'anstaltsbedürftig' im Sinne des § 36 Abs 2 Wr. KAG einzustufen waren."

Zu der vom Verfassungsgerichtshof aufgeworfenen Frage der Verpflichtung von Wiener Krankenanstalten zur stationären Aufnahme von bei der Wiener Gebietskrankenkasse auf Grund ihres Beschäftigungsortes in Wien versicherten Gastpatienten nahm die beklagte Partei wie folgt Stellung:

"Mit Schreiben vom ... fordert der

Verfassungsgerichtshof die beklagte Partei auf, mitzuteilen, ob das Land Wien die (vorläufige) Auffassung teilt, dass das Hanusch-Krankenhaus über die nach § 36 Abs 2 zweiter Satz und § 36 Abs 6 litb des Wr. KAG zulässige Aufnahme von 'Fremdpatienten' hinaus die Verpflichtung hatte, jedenfalls alle Patienten ungeachtet ihres Hauptwohnsitzes in einem anderen Bundesland stationär aufzunehmen, die aufgrund eines Beschäftigungsortes in Wien (§30 ASVG) als Versicherte der Wiener Gebietskrankenkasse oder eines anderen Krankenversicherungsträgers, dessen örtliche Zuständigkeit auch das Gebiet des Landes Wien umfasst, in Anstaltspflege des Hanusch-Krankenhauses eingewiesen wurden (vgl. §§144 und 134 ASVG; §§30 Abs 1, 31 und 36 Abs 7 Wr. KAG).

Nach § 36 Abs 7 Wr. KAG sind Krankenanstalten, soweit die Voraussetzungen nach den Abs 1 bis 6 gegeben sind, verpflichtet, Personen, für die Leistungsansprüche aus der sozialen Krankenversicherung bestehen, als Patienten aufzunehmen. Der zwingende Umkehrschluss aus dieser eindeutig formulierten Bestimmung ist, dass Krankenanstalten, soweit die Voraussetzungen nach den Abs 1 bis 6 leg cit nicht gegeben sind, auch nicht verpflichtet sind, Personen, für die Leistungsansprüche aus der sozialen Krankenversicherung bestehen, als Patienten aufzunehmen.

[Gemäß] § 36 Abs 2 erster Satz Wr. KAG ist die Aufnahme von Patienten in öffentlichen Krankenanstalten auf die dort genannte[n] Personengruppen - nämlich auf Wiener Landesbürger oder Fremde mit Hauptwohnsitz in Wien, sofern sie anstaltsbedürftig sind oder sich einem operativen Eingriff unterziehen - 'beschränkt'. Schon diese restriktive Formulierung zeigt auf, dass andere Personen nicht aufgenommen werden dürfen.

Für Personen, die ihren Wohnsitz nicht in Wien haben, wird in § 36 Abs 2 letzter Satz Wr. KAG ausdrücklich festgehalten, dass sie jedenfalls in Anstaltspflege aufgenommen werden müssen, wenn sie unabweisbar sind. Für die Aufnahme von Personen in einer öffentlichen Krankenanstalt, die ihren Hauptwohnsitz in einem anderen Bundesland haben, gilt nach § 36 Abs 6 Wr. KAG, dass 'abgesehen von Abs 2, letzter Satz' entweder anstaltsbedürftige Personen und Personen, die sich einem operativen Eingriff unterziehen, in der allgemeinen Gebührenklasse aufzunehmen sind, wenn sie eine Kostenübernahmeerklärung über den Behandlungsbeitrag (§51a) des Bundeslandes vorweisen, in dem sie ihren Hauptwohnsitz haben, oder wenn dieses Bundesland nach den, dem § 30 Abs 1 dieses Gesetzes entsprechenden jeweiligen landesgesetzlichen Vorschriften eine Vereinbarung mit dem Rechtsträger der öffentlichen Krankenanstalt abgeschlossen hat. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, können anstaltsbedürftige Personen und Personen, die sich einem operativen Eingriff unterziehen, aufgenommen werden, wenn dadurch die Versorgung von Patienten, die Wiener Landesbürger sind oder als Fremde ihren Hauptwohnsitz in Wien haben, nicht gefährdet wird.

Die genannten Regelungen sind nach ihrem Wortlaut eindeutig und der Telos unzweifelhaft: § 36 Wr. KAG will abschließende Regelungen zur Aufnahme von Personen in Krankenanstalten treffen. Nur für unabweisbare Kranke und für Wiener Landesbürger und Fremde mit Hauptwohnsitz in Wien besteht nach § 36 Abs 2 Wr. KAG eine Pflicht zur Aufnahme in öffentlichen Krankenanstalten, sofern sie anstaltsbedürftig sind oder sich einem operativen Eingriff unterziehen. Es handelt sich hierbei um eine zentrale Regelung des Wr. KAG zur Sicherstellung öffentliche[r] Krankenanstaltspflege, die dem Gesetzgeber so wichtig war, dass er sie auch in § 30 Abs 1 Wr. KAG festgehalten hat.

Die vom Verfassungsgerichtshof angeführten Bestimmungen des ASVG (§[§] 30, 134 und 144 ASVG) regeln die Pflege in der allgemeinen Gebührenklasse im Sprengel einer Krankenanstalt, wobei sich die örtliche Zuständigkeit der Gebietskrankenkassen nach § 30 ASVG grundsätzlich nach dem Beschäftigungsort des Versicherten, bei selbständig[en] Erwerbstätigkeiten nach dem Standort des Betriebes bzw. in Ermangelung eines solchen nach dem Wohnsitz richtet. Die genannten Regelungen des ASVG stellen aber keine Grundsatzbestimmungen dar und können daher die Landesgesetzgeber nicht binden. In der Grundsatzbestimmung des § 148 ASVG findet sich hingegen kein Verweis auf die Sprengelzuständigkeit der Gebietskörperschaften. Die Landesgesetzgeber sind daher an die Bestimmungen des ASVG zur Zuständigkeit der Gebietskrankenkassen nicht gebunden. Eine andere Auslegung der genannten ASVG-Regelungen würde dem kompetenzrechtlich gebotenen Rücksichtnahmegebot des Bundesgesetzgebers widersprechen. Der Bundesgesetzgeber kann im Rahmen der Regelung der Zuständigkeit der Gebietskrankenkasse keine Vorgaben zur Organisation der Krankenanstaltenpflege und zur Versorgung in den Ländern regeln, da dies der Kompetenzverteilung zuwiderlaufen würde. Der Wiener Landesgesetzgeber hat hingegen auf die Zuständigkeit der Gebietskrankenkassen nach ASVG dadurch Bedacht genommen, dass unabweisbare Patienten stets aufgenommen werden müssen und für andere Personen nach § 36 Abs 6 lita) Wr. KAG eine Vereinbarung des Rechtsträgers mit dem Bundesland vorgewiesen werden kann. Aus der Ermessensbestimmung des § 36 Abs 6 litb) Wr. KAG kann ebenfalls keine Verpflichtung zur Aufnahme in die Anstaltspflege abgeleitet werden.

Nach Ansicht der beklagten Partei besteht daher keine über die nach § 36 Abs 2 zweiter Satz und § 36 Abs 6 litb des Wr. KAG (und § 30 Abs 1 Wr. KAG) zulässige Aufnahme von 'Fremdpatienten' hinausgehende Verpflichtung, alle Patienten ungeachtet ihres Hauptwohnsitzes in einem anderen Bundesland stationär aufzunehmen, die aufgrund eines Beschäftigungsortes in Wien in Anstaltspflege des Hanusch-Krankenhauses eingewiesen wurden.

Dass sich auch aus § 18 Abs 1 KAKuG eine Beschränkung der Aufnahmepflicht ergibt und die klagende Partei nicht zur Aufnahme von Fremdpatienten gezwungen war, hat die beklagte Partei bereits mehrfach ausgeführt ..."

Schließlich bekräftigte die beklagte Partei ihren schon zuvor erhobenen Verjährungseinwand:

"Ergänzend zu den Ausführungen der Klagebeantwortung zur Verjährung der Ansprüche (...) erstattet die beklagte Partei nachstehendes Vorbringen. Der Geltendmachung von Ansprüchen nach § 56 Abs 2 Wr. KAG stand bis zur Aufhebung durch den Verfassungsgerichtshof die Bestimmung des § 56 Abs 3 Wr. KAG entgegen. Der Geltendmachung des Anspruches nach § 56 Abs 2 Wr. KAG stand daher ausschließlich 'legistisches Unrecht' entgegen. Dieser Sachverhalt ist sohin wertungsmäßig nicht anders zu beurteilen als die Geltendmachung eines Staathaftungsanspruches, da stets eine gesetzliche Regelung dazu führt, dass ein Anspruch nicht durchgesetzt werden kann.

Der Verfassungsgerichtshof hat jedoch erst vor kurzem wieder bestätigt, dass für Staatshaftungsansprüche die dreijährige Verjährungsfrist des AHG gilt (vgl. ). Zum Beginn des Laufes der Verjährungsfrist wird Folgendes festgehalten:

'Beruht der behauptete Staatshaftungsanspruch auf einem Unterlassen des Gesetzgebers, eine Richtlinie korrekt und fristgerecht umzusetzen, so beginnt die Verjährungsfrist, sobald dem Kläger bekannt ist, dass das Unterlassen des Gesetzgebers Vermögensnachteile für ihn bringen kann und er Klage mit Aussicht auf Erfolg gegen jene Gebietskörperschaft erheben kann, deren Gesetzgeber säumig ist. Die Kenntnis muss auch den Ursachenzusammenhang zwischen dem Schaden und dem dem Gesetzgeber anzulastenden Verhalten erfassen.'

Wendet man diese Grundsätze auf den vorliegenden Sachverhalt an, ergibt sich, dass die dreijährige Verjährungsfrist spätestens zum Laufen begonnen hat, als das Kontrollamt der Stadt Wien mit Schreiben vom (...) mitteilte, dass 'in Anwendung der Bestimmung des § 56 Abs 3 Wr. KAG' die Gesamtausgaben um den Anteil der Nicht-Wiener Patienten bereinigt werden muss. Sohin sind die vor dem entstandenen Ansprüche auch aus diesem Grund verjährt."

2.2. Die klagende Partei hat darauf mit Schriftsatz vom erwidert und das Klagebegehren in Richtigstellung eines Rechenfehlers einerseits um EUR 49,50 auf EUR 42.759.955,69 eingeschränkt, andererseits jedoch um den Gastpatienten betreffenden Betriebsabgang für die Jahre 2007 (EUR 6.074.113,--) und 2008 (EUR 5.327.421,50), somit in der Höhe von insgesamt EUR 11.401.534,50 samt Zinsen, ausgedehnt. Die Zahlungseingänge der um Gastpatienten verringerten Betriebsabgänge erfolgten am (für das Jahr 2007) bzw. am (für das Jahr 2008).

Zu den von der beklagten Partei behaupteten Grenzen der Anlassfallwirkung führt sie im Einzelnen Folgendes aus:

"Die Argumentation der beklagten Partei ist verfehlt: So will sie versuchen zu argumentieren, dass das Land Wien nichts dafür könne, wenn die Wiener Landesbevölkerung durch ihre gewählten Vertreter ein verfassungswidriges Gesetz beschließe. Dabei sieht die beklagte Partei gar den Rechtsstaat in Gefahr (...), sollte sich die klagende Partei auf die Anlassfallwirkung nach Art 140 Abs 7 B-VG berufen können. Keine Gefahr für den Rechtsstaat ortet sie aber offenbar in ihrem Ansinnen, Art 140 Abs 7 B-VG einschränkend zu interpretieren (zu missachten, trifft es in diesem Zusammenhang wohl eher), um zu erreichen, dass die klagende Partei nicht von ihrem Recht der Anlassfallwirkung ('Ergreiferprämie') Gebrauch machen kann.

Nun aber zu den Argumenten im Einzelnen: Die beklagte Partei missversteht die Anlassfallwirkung ganz offenbar (...). Die Regelung in Art 140 Abs 7 B-VG bewirkt ja nur für den Anlassfall eine Ausnahme von der grundsätzlichen pro-futuro-Wirkung aufhebender Erkenntnisse des VfGH. Abgesehen vom Anlassfall sind Normunterworfene, anders, als die beklagte Partei meint, gezwungen, selbst verfassungswidrige Gesetze einzuhalten, solange diese in Kraft sind. Außerdem vergisst die beklagte Partei zu erwähnen, dass die Literaturstimmen, die im Einzelfall für einen Ausschluss der Anlassfallwirkung eintreten, dies nur für den Fall tun, dass die Anlassfallwirkung ausnahmsweise der Partei zum Nachteil gereicht (etwa wenn die Anspruchsgrundlage der Partei aufgehoben würde). Das trifft im vorliegenden Fall aber nicht zu, weil die klagende Partei bei ihrer Rechtsverfolgung vom Anlassfall profitieren würde. ...

Gänzlich unverständlich wird die Argumentation der beklagten Partei, wenn sie meint, das Wiener Landesvolk sei für die Verfassungswidrigkeit von § 56 Abs 3 Wr KAG verantwortlich. Diese Bestimmung hat der Wiener Landtag als gesetzgebendes Organ der beklagten Partei - und nicht die Wiener Landesbevölkerung - erlassen. Dieses Gesetz, welches der WIKRAF bzw. (später) der Wiener Gesundheitsfonds für die beklagte Partei vollzog, begünstigte ausschließlich die beklagte Partei, die sich durch die verfassungswidrige Außerachtlassung von Gastpatienten bei der Ermittlung des Betriebsabgangs Aufwendungen ersparte. Es ist also nicht nur rechtlich, sondern auch moralisch - und auf dieser Ebene argumentiert die beklagte Partei hier größtenteils - angebracht, dass die beklagte Partei für ihr Fehlverhalten einsteht.

Die beklagte Partei meint des Weiteren, Art 140 Abs 7 B-VG sei teleologisch zu reduzieren, weil selbstständige Rechtsträger für die beklagte Partei gehandelt hätten und nicht die beklagte Partei selbst. Dem ist zu entgegnen, dass das gesetzgebende Organ der beklagten Partei, der Wiener Landtag, die verfassungswidrige Bestimmung erlassen hat. Zudem hat der VfGH bereits festgestellt, dass es sich bei dem Wiener Gesundheitsfonds (zuvor WIKRAF) um eine Erscheinungsform des Landes Wien handelt, dessen Rechtshandlungen dem Land Wien zuzuordnen sind. In rechtlicher Hinsicht ist also sowohl für die Erlassung als auch die Vollziehung dieser Bestimmung die beklagte Partei verantwortlich.

Letztlich ist diese Frage aber gleichgültig, weil Art 140 Abs 7 Satz 2 B-VG - für die Ausnahme von der pro-futuro-Wirkung einer Gesetzesaufhebung - bloß auf den Anlassfall abstellt. Für eine teleologische Reduktion bleibt hier kein Raum (denn die könnte nur darin bestehen, den grundsätzlich einzigen Anlassfall begrifflich weiter zu reduzieren, womit Art 140 Abs 7 Satz 2 B-VG seinen Sinn verlieren würde, weil es dann keinen Anlassfall mehr gäbe. Im Übrigen hat der VfGH in seiner jüngeren Rechtsprechung die den Anlassfall begünstigenden Regelungen sogar erweitert[.]).

Anlassfall ist jener Fall, aus Anlass dessen das Gesetzesprüfungsverfahren eingeleitet worden ist. Dass die gegenständliche Klage Anlassfall ist, kann auch die beklagte Partei nicht ernsthaft bestreiten. Die Verfassung gebietet es demnach, dass § 56 Abs 3 Wr KAG im vorliegenden Rechtsstreit nicht mehr angewendet werden darf. Jedes andere Verständnis von Art 140 Abs 7 Satz 2 B-VG wäre verfassungswidrig."

Gegen die Auffassung der beklagten Partei zur Frage der Anstaltsbedürftigkeit der Gastpatienten und der hiefür außer Streit gestellten Aufwendungen wendet die klagende Partei Folgendes ein:

"Der krankenanstaltsrechtliche und der sozialversicherungsrechtliche Begriff der Anstaltsbedürftigkeit sind über weite Strecken deckungsgleich, jedoch ist der krankenanstaltsrechtliche Begriff weiter als der sozialversicherungsrechtliche. Das heißt, dass es Fälle geben kann, in denen Anstaltsbedürftigkeit im Sinn des Krankenanstaltenrechts, nicht aber im Sinn des Sozialversicherungsrechts vorliegt. Nur in einem einzigen Fall aber sind Personen lediglich in sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht anstaltsbedürftig, nicht aber in krankenanstaltsrechtlicher Hinsicht: Im Fall der Anstaltseinweisung wegen Verstoßes gegen die Krankenordnung.

Diesen ohnehin praktisch wenig bedeutsamen Fall hat es aber im klagsgegenständlichen Zeitraum nicht gegeben. ...

Damit ist aber, weil alle im sozialversicherungsrechtlichen Sinn Anstaltsbedürftigen jedenfalls auch in krankenrechtlicher Hinsicht anstaltsbedürftig sind, dargetan, dass alle von der klagenden Partei in Anstaltspflege aufgenommenen Patienten in sozialversicherungs- wie in krankenanstaltsrechtlicher Hinsicht anstaltsbedürftig gewesen sind. Ihre Behandlung ist daher zu Recht erfolgt.

... Außer Streit

Die beklagte Partei bestreitet die Anstaltsbedürftigkeit [der] stationär aufgenommenen Gastpatienten pauschal (...). Die Anstaltsbedürftigkeit der ambulant behandelten Patienten bestreitet sie im gegenständlichen Verfahren weder ausdrücklich noch stillschweigend, sodass die Klagsforderung über EUR 10.221.395,00 außer Streit steht. ...

... Zur Anstaltsbedürftigkeit der Gastpatienten

...

Die beklagte Partei meint offenbar, die klagende Partei hätte Patienten den §§36 und 42 Wr KAG zuwider Anstaltspflege gewährt, wohl wissend, dass sie für diese Fälle (wegen des damals in Geltung befindlichen § 56 Abs 3 Wr KAG) keine Betriebsabgangsdeckung bekommen würde und sich diese nur im Wege einer Klage nach Art 137 B-VG zurückholen könnte. Diese Argumentation ist geradezu grotesk.

Mit dem Vorwurf an die klagende Partei, ohne Grund Anstaltspflege zu gewähren, desavouiert die beklagte Partei aber auch das medizinisch-ethische Selbstverständnis der klagenden Partei. Sie unterstellt damit ja mehr oder weniger offen, die klagende Partei hätte sich beim Abschluss des Behandlungsvertrages mit den betroffenen Patienten über deren Wohlergehen hinweggesetzt und wider besseren Wissens zu einer Anstaltspflege geraten.

Nur nebenbei sei erwähnt, dass die beklagte Partei die Anstaltsbedürftigkeit der Wiener Bevölkerung weder vor noch in diesem Verfahren jemals in Frage gestellt hat. Es mutet seltsam an und widerspricht jeder Lebenserfahrung, wenn nun keiner der Wiener Patienten, aber alle oder zumindest ein großer Teil der Fremdpatienten nicht anstaltsbedürftig gewesen sein sollen, wie die beklagte Partei das sehen will."

In der Frage der Einweisung von Patienten durch Krankenversicherungsträger bzw. deren Vertragsärzte führt die klagende Partei Folgendes aus:

"Die Träger der Sozialversicherung erklären in Versichertenzuständigkeitserklärungen Dritten gegenüber, dass ein bestimmter Patient bei ihnen versichert ist. Auch wenn einer ihrer versicherten Patienten Anstaltspflege in Anspruch nehmen muss, tun die Sozialversicherungsträger das. In weiterer Folge hat diese Erklärung Bedeutung für die Kostentragung, weil damit der Sozialversicherungsträger auch zum Ausdruck bringt, dass er (im Wege des LKF-Systems) für die Kosten eines Patienten aufkommen wird. Das tun die Sozialversicherungsträger freilich nur dann, wenn die Patienten anstaltsbedürftig sind (sonst verweigern sie diese Versichertenzuständigkeitserklärung, was zur Folge hat, dass ein derart abgelehnter Patient seine Behandlungskosten selbst begleichen muss). Wird also bspw. ein Patient wegen Alkoholmissbrauchs in eine Krankenanstalt eingeliefert, dann gibt der zuständige Versicherungsträger keine Versichertenzuständigkeitserklärung ab, weil der Gesundheitszustand des Betroffenen keine Anstaltspflege notwendig macht.

Zum Beweis der Anstaltsbedürftigkeit der Gastpatienten bietet die klagende Partei daher die Auflistung der Versicherungszuständigkeitserklärungen für die Gastpatienten der für die Gastpatienten zuständigen Sozialversicherungsträger von 2008 bis ins Jahr 2006 an (davor wurden diese Daten nicht automationsunterstützt verarbeitet und stehen daher nicht mehr zur Verfügung).

Aus datenschutzrechtlichen Gründen, schließlich lässt die Auflistung der Versichertenzuständigkeitserklärungen den Patienten erkennen und lassen sich damit Rückschlüsse auf die sensiblen Gesundheitsdaten der Patienten ziehen, bietet die klagende Partei diese Auflistung (auf einem elektronischen Datenträger) bloß an. ..."

Schließlich tritt die klagende Partei auch dem Verjährungseinwand der beklagten Partei wie folgt entgegen:

"Anders als die beklagte Partei glauben machen will, handelt es sich bei gegenständlichem Anspruch um keinen Amtshaftungsanspruch wegen legislativen Unrechts, sondern um einen öffentlich rechtlichen Anspruch, den die klagende Partei zu Recht nach Art 137 B-VG geltend macht. Die Ausführungen der beklagten Partei zur Verjährung von Amtshaftungsansprüchen laufen somit ins Leere. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist die klagende Partei auf ihr Vorbringen in ihrer Replik vom (...).

Aber selbst wenn man der Argumentation der beklagten Partei folgen wollte und annehmen wollte, die eingeklagten Forderungen würden einer dreijährigen Verjährungsfrist unterliegen (was bestritten wird), wären die von der beklagten Partei getroffenen Schlussfolgerungen unrichtig. Denn mit der Einbringung der Klage (die den VfGH offenbar am erreicht hat, die klagende Partei kann das nicht zweifelsfrei nachvollziehen, die beklagte Partei erklärt nicht, wie sie zu diesem Datum gelangt) würde eine laufende Verjährung unterbrochen. Das hieße aber, dass jedenfalls bis entstandene Ansprüche sogar nach dem Vorbringen der beklagten Partei nicht verjährt sein können. Da die beklagte Partei nach ihrem eigenen Vorbringen die Verjährung an die Ablehnung der Gastpatienten durch das Kontrollamt im jährlichen Kontrollamtsbericht knüpfen will, wären die Jahresabschlüsse ab dem Jahr 2003 (denn bereits diesen hat die beklagte Partei im Jahr 2004, nach dem Rechnungsabschluss zum festgestellt) nicht verjährt."

2.3. Der Verfassungsgerichtshof hat am über die Klage eine mündliche Verhandlung durchgeführt, in der die Parteien im Wesentlichen ihren bisherigen Rechtsstandpunkt aufrechterhielten. Die klagende Partei schränkte ihr Zinsenbegehren in der mündlichen Verhandlung dahingehend ein, dass sie nunmehr Zinsen nach dem UGB in der Höhe von 8 % p.a. lediglich für die Forderungen aus den Kalenderjahren 2007, 2008 und 2009 begehrt, für die Jahre ab 1998 bis einschließlich 2006 hingegen lediglich Zinsen nach dem ABGB in der Höhe von 4 % p.a.

3. Zur Rechtslage:

Die Finanzierung des Betriebes von öffentlichen Krankenanstalten ist in den Grundsatzbestimmungen der §§27 ff. KAKuG bzw. in den Ausführungsbestimmungen der entsprechenden Landesgesetze geregelt. Vereinfacht dargestellt beruht sie auf folgenden Komponenten:

3.1. Eine öffentliche Krankenanstalt erhält für die Behandlung von Patienten - nebst einem von sozialversicherten Personen pro Tag zu entrichtenden "Kostenbeitrag" (§27a Abs 1 und 3 KAKuG) - eine Abgeltung in der Form der sog. "LKF-Gebühren" bzw. Pflege- und Sondergebühren, wobei die LKF-Gebühren über die Landesgesundheitsfonds abzurechnen (§27b KAKuG) und auf Grund eines im KAKuG näher geregelten Punktesystems zu ermitteln sind (vgl. § 28 KAKuG). Die Mittel der Landesgesundheitsfonds setzen sich im Wesentlichen aus Beiträgen der Krankenversicherungsträger und aus Beiträgen des Bundes, der Länder und der Gemeinden zusammen, die dem Land bzw. dem Fonds auf Grund bundesgesetzlicher Vorschriften für Zwecke der Krankenanstaltenfinanzierung zufließen. Dieses Verrechnungssystem und seine näheren Details beruhen auf Vereinbarungen zwischen dem Bund und den Ländern gemäß Art 15a B-VG (vgl. im hier relevanten Zusammenhang die Vereinbarung für die Jahre 1991 bis 1996, BGBl. 863/1992 in der Stammfassung, sowie in der Fassung der Novellen BGBl. 20/1996 und 639/1996, die Vereinbarung für 1997 bis 2000, BGBl. I 111/1997, die Vereinbarung für 2001 bis 2004, BGBl. I 60/2002, und die Vereinbarung für 2005 bis 2008, BGBl. I 73/2005).

3.2. Der danach verbleibende Betriebsabgang ist mindestens insgesamt zur Hälfte aus öffentlichen Mitteln vom Beitragsbezirk, vom Krankenanstaltensprengel und vom Land in einem landesgesetzlich zu bestimmenden Verhältnis zu tragen; der danach noch verbleibende Rest des Betriebsabganges fällt dem jeweiligen Krankenhausträger zur Last (vgl. §§33 und 34 KAKuG, § 56 Wr. KAG). Diese in § 33 KAG schon seit der Stammfassung des Krankenanstaltengesetzes, BGBl. 1/1957, in Geltung stehende Regelung über die Deckung des Betriebsabganges öffentlicher Krankenanstalten durch die öffentliche Hand geht von einer typischerweise defizitären Gebarung öffentlicher Krankenanstalten aus und bewirkt im Interesse der Erhaltung der Finanzierbarkeit der Krankenversicherung einerseits und der Sicherung der wirtschaftlichen Existenz der Krankenanstalten andererseits der Sache nach eine partielle Kostenfreistellung der Krankenkassen, Privatversicherer oder Selbstzahler zulasten je zur Hälfte der Krankenhausträger und (anderer) öffentlicher Mittel.

4. Die für den Ersatz des Betriebsabganges maßgebliche (die §§33 und 34 KAKuG ausführende) Bestimmung des § 56 Wr. KAG lautet nunmehr wie folgt (die durch das Erkenntnis vom , G54/09, aufgehobene Bestimmung des § 56 Abs 3 Wr. KAG ist in eckiger Klammer wiedergegeben):

"§56

Beitragsbezirk und Krankenanstaltensprengel

(1) Für alle öffentlichen Krankenanstalten, die für die Versorgung von Patienten mit Hauptwohnsitz in Wien zunächst bestimmt sind, ist das Gebiet des Bundeslandes Wien Beitragsbezirk und Krankenanstaltensprengel zugleich.

(2) Zum Betrieb von öffentlichen Krankenanstalten, deren Rechtsträger nicht die Stadt Wien ist und die Zahlungen aus dem Wiener Gesundheitsfonds erhalten, leistet der Wiener Gesundheitsfonds einen Beitrag von 50 vH des Betriebsabganges. Unter Betriebsabgang ist der gesamte Betriebs- und Erhaltungsaufwand der Krankenanstalt, soweit er vom Wiener Gesundheitsfonds als für wirtschaftliche, sparsame und zweckmäßige Führung der Krankenanstalt gerechtfertigt anerkannt und durch Erträge bzw. Einnahmen nicht gedeckt ist, zu verstehen. Für Leistungen der Krankenanstalt, für die dem Rechtsträger weder gegenüber dem Patienten noch gegenüber einer anderen physischen oder juristischen Person ein Anspruch auf Gebühren (Pflege- und Sondergebühren, Pflegegebührenersätze und sonstige Entgelte) zusteht, sind jene Beträge als Erträge bzw. Einnahmen als betriebsabgangsmindernd einzusetzen, die sich an Hand der Äquivalenzbeträge (§19 litb) für stationär erbrachte Leistungen, an ambulanten Patienten erbrachte Leistungen und der aus der Anzahl der Gesundenuntersuchungen ermittelten Beträge des betreffenden Jahres ergeben. Ebenso sind im Gebarungsergebnis enthaltene Personal- und Sachaufwendungen für vom Rechtsträger gewährte freiwillige (z.B. freiwillige Sozialleistungen) oder nicht krankenhausspezifische Leistungen bei der Berechnung des Betriebsabganges in Abzug zu bringen. Die für ein Kalender(Gebarungs)jahr vom Krankenanstalten-Zusammenarbeitsfonds oder nach Gesetzesbestimmungen, die an dessen Stelle treten, geleisteten Betriebs- und sonstigen Zuschüsse sowie Investitionszuschüsse, soweit sie sich auf Ersatzanschaffungen beziehen, sowie allfällige Zuwendungen Dritter, sind in jenem Jahr betriebsabgangsmindernd in Abzug zu bringen, in welchem sie dem Rechtsträger der Krankenanstalt zugeflossen sind. Im Betriebsaufwand von Krankenanstalten, deren Träger kirchliche Einrichtungen sind, ist das Entgelt für die Arbeit des geistlichen Personals des Rechtsträgers der Krankenanstalt mit jenen Beträgen anzusetzen, die für das nichtgeistliche Personal derselben Anstalt in gleicher Verwendung gelten. Bei einer über die Altersgrenze für die Pensionierung fortdauernden Verwendung und Arbeitsfähigkeit gilt keine Beschränkung beim Ansatz derartiger Personalkosten.

[(3) Der Ermittlung des Betriebsabganges nach Abs 2 ist jener Betriebs- und Erhaltungsaufwand nicht zugrundezulegen, der auf stationäre Leistungen der allgemeinen Gebührenklasse und auf ambulante Leistungen einschließlich Gesundenuntersuchungen an Personen entfällt, die ihren Hauptwohnsitz in einem anderen Bundesland haben; gleiches gilt für die für diese Leistungen gebührenden Erträge, bzw. Einnahmen.]

[aufgehoben durch VfGH, Kdm. LGBl. 56/2009]

(4) Abgesehen von den Beschränkungen gemäß Abs 2 und 3 kann der Wiener Gesundheitsfonds den der Bemessung der Beitragsleistung zugrundeliegenden Betriebsabgang durch Vorgaben hinsichtlich der maximal zulässigen Aufwendungen unter Bedachtnahme auf die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Zweckmäßigkeit begrenzen.

(5) Das jeweilige finanzielle Jahreserfordernis für die Betriebsabgangsdeckung gemäß Abs 2 bis 4 ist dem Wiener Gesundheitsfonds vom Bundesland Wien bereitzustellen."

Weitere Bestimmungen über die Vorgangsweise bei der Ausübung der Wirtschaftsaufsicht über öffentliche Krankenanstalten enthalten die Bestimmungen der §§18 ff. des Wr. KAG, die auszugsweise lauten:

"§18

Allgemeines

(1) ...

(2) Die Rechtsträger von Krankenanstalten haben Aufzeichnungen über die Erträge und Aufwendungen (bei doppischer Verrechnung) bzw. über die Einnahmen und Ausgaben (bei kameraler Verrechnung) zu führen, aus denen die für den Betrieb der betreffenden Krankenanstalt aufgelaufenen Kosten sowie deren Zuordnung zu den einzelnen Kostenstellen ermittelt werden können.

(3) - (4) ...

(5) Krankenanstalten, die Beiträge zum Betriebsabgang oder zum Errichtungsaufwand oder sonstige Zahlungen durch den Wiener Gesundheitsfonds oder das Land Wien erhalten, unterliegen der wirtschaftlichen Aufsicht durch den Wiener Gesundheitsfonds und der Gebarungskontrolle durch den Rechnungshof. Der Wiener Gesundheitsfonds entscheidet endgültig.

Die Rechtsträger solcher Krankenanstalten haben insbesondere

a) ihr dem Betrieb der Krankenanstalt gewidmetes Vermögen durch genaue Inventare in ständiger Übersicht zu halten und über die Erträge und Aufwendungen bzw. die Einnahmen und Ausgaben Aufzeichnungen zu führen, aus denen die für den Betrieb der betreffenden Krankenanstalt aufgelaufenen Kosten und deren Zuordnung zu den einzelnen Kostenstellen ersichtlich sind;

b) jährlich bis 31. Juli Voranschläge und Dienstpostenpläne für das folgende Jahr und bis längstens 30. April des dem Gebarungsjahr nachfolgenden Jahres Rechnungsabschlüsse, die den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Zweckmäßigkeit entsprechen müssen, zu erstellen und dem Wiener Gesundheitsfonds zur Genehmigung vorzulegen;

c) den mit der Handhabung der Wirtschaftsaufsicht betrauten Organen oder beauftragten Sachverständigen des Wiener Gesundheitsfonds, die sich durch einen schriftlichen Auftrag ausweisen, jederzeit Zutritt zu allen Räumen, Anlagen und Einrichtungen der Krankenanstalt und Einsicht in alle sie betreffenden Aufzeichnungen zu gewähren sowie ihnen alle verlangten Auskünfte über die Krankenanstalt zu erteilen und ihnen von den eingesehenen Unterlagen unentgeltlich Abschriften und Kopien herzustellen;

d) alle vom Wiener Gesundheitsfonds im Zusammenhang mit der Wirtschaftsführung angeforderten Unterlagen unverzüglich vorzulegen.

(6) Der Wiener Gesundheitsfonds kann nähere Richtlinien bezüglich der gleichzeitig mit den Voranschlägen, Dienstpostenplänen und Rechnungsabschlüssen vorzulegenden Unterlagen und Daten, insbesondere Leistungsdaten, erlassen.

(7) Die Voranschläge, Dienstpostenpläne und Rechnungsabschlüsse der in Abs 5 genannten Krankenanstalten sind vom Wiener Gesundheitsfonds zu genehmigen, wenn die Vollständigkeit und rechnerische Richtigkeit festgestellt wird und keine Bedenken hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Zweckmäßigkeit bestehen. Die Genehmigung gilt als erteilt, wenn sie nicht binnen einer Frist von drei Monaten nach vollständiger Vorlage versagt wird."

§ 19 des Wr. KAG enthält Regelungen über den Voranschlag, während für den Rechnungsabschluss § 20 des Wr. KAG weitere, teils die Anordnungen des § 18 Abs 7 leg.cit. wiederholende Bestimmungen enthält:

"§20

Rechnungsabschluß

(1) Die Rechtsträger von Krankenanstalten, die unter die Bestimmungen des § 18 Abs 5 fallen, haben für jede Krankenanstalt die gesamte Gebarung in einem Rechnungsabschluß, der der Gliederung des Voranschlages entspricht, nachzuweisen. Im Rechnungsabschluß sind die für das Rechnungsjahr an Hand der Äquivalenzbeträge für stationär erbrachte Leistungen, an ambulanten Patienten erbrachte Leistungen und der aus der Anzahl der Gesundenuntersuchungen ermittelten Beträge als Erträge bzw. Einnahmen auszuweisen (§19 litb).

(2) Der Rechnungsabschluß ist vom Wiener Gesundheitsfonds auf seine rechnerische Richtigkeit, Vollständigkeit sowie auf Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Zweckmäßigkeit zu überprüfen. Weist der Rechnungsabschluß wesentliche Mängel auf, so ist er dem Rechtsträger der Krankenanstalt zurückzustellen. Die Genehmigung des Rechnungsabschlusses gilt als erteilt, wenn sie nicht binnen einer Frist von drei Monaten nach vollständiger Vorlage versagt wird."

III. 1. Die Klage gegen das Land Wien ist zulässig (vgl. im Einzelnen das Erkenntnis vom , G54/09, Pkt. II.1.).

2. Die Klage ist auch - teilweise - begründet:

2.1. Es bestehen zwischen den Parteien des Verfahrens keine Auffassungsunterschiede darüber, dass es sich bei den geltend gemachten, jeweils auf ein Kalenderjahr bezogenen Beträgen um die Hälfte jenes Teils des im jeweiligen Jahr entstandenen Betriebsabganges handelt, der gemäß der vom Verfassungsgerichtshof im inzidenten Gesetzesprüfungsverfahren aufgehobenen Bestimmung des § 56 Abs 3 Wr. KAG vom Landeskontrollamt auf die stationäre Unterbringung von nicht über einen Hauptwohnsitz in Wien verfügenden Patienten zurückgeführt und vom Land Wien bisher nicht geleistet worden ist.

2.2. Gegen Grund und Höhe des Klagebegehrens erhebt die beklagte Partei nach Aufhebung des § 56 Abs 3 Wr. KAG der Sache nach noch drei Einwände: Es sei unzulässig, die Anlassfallwirkung auf das Klagsverfahren anzuwenden, Teile des Begehrens seien verjährt und es werde bestritten, dass die betreffenden "Nicht-Wiener-Patienten" anstaltsbedürftig gewesen seien, sodass diesbezüglich die klagende Partei den Beweis anzutreten haben werde.

2.2.1. Was den ersten der Einwände betrifft, die Verantwortung für die Verfassungswidrigkeit des § 56 Abs 3 des Wr. KAG trage das "Wiener Landesvolk", welches durch seine gewählten Vertreter diese Norm beschlossen habe, so dass die beklagte Partei, das Land Wien, dafür aus Gründen des Rechtsstaatsprinzips nicht "die Verantwortung" tragen könne, so genügt es darauf hinzuweisen, dass Art 140 Abs 7 B-VG hinsichtlich der sog. Anlassfallwirkung keine Unterschiede zwischen den Verfahrensarten, die Anlass für ein Gesetzesprüfungsverfahren sein können, zulässt und dass es typischerweise die betreffende, zur Normsetzung berufene Gebietskörperschaft ist, die nach einem mit Aufhebung des geprüften Gesetzes endenden Normenkontrollverfahren die ihr im Anlassfall gemäß Art 140 Abs 7 B-VG erwachsenden Belastungen zu tragen hat; die Gebietskörperschaft wird insoweit für das Handeln ihres Gesetzgebungsorgans vom Bundesverfassungsgesetzgeber "verantwortlich" gemacht, als Art 140 Abs 7 B-VG grundsätzlich vorsieht, dass als verfassungswidrig aufgehobene Gesetze und Verordnungen im Anlassfall nicht mehr anzuwenden sind. Die Außerachtlassung der als verfassungswidrig aufgehobenen Bestimmung im Anlassfall bedeutet - entgegen der von der beklagten Partei vertretenen Auffassung - auch nicht zwangsläufig, dass sich Organe der Stadt Wien von Anfang an so verhalten hätten müssen, als wäre die gesetzliche Regelung des § 56 Abs 3 Wr. KAG nicht existent gewesen; die sog. "Anlassfallwirkung" bedeutet in diesem Verfahren zunächst lediglich, dass die aufgehobene Bestimmung dem erhobenen Klagsanspruch nicht mehr entgegensteht, soweit die Voraussetzungen des Art 140 Abs 7 B-VG vorliegen. Dazu bedarf es aber - anders als die beklagte Partei offenbar meint - keines "Unwerturteils" über ein während der Geltung der Bestimmung rechtsstaatlich gebotenes Verhalten von Organen des beklagten Landes. Im Übrigen scheitern die gegen die Anwendung des Art 140 Abs 7 zweiter Satz B-VG vorgetragenen Einwände verfassungsrechtlicher Natur schon am Verfassungsrang der genannten Bestimmung.

Soweit das vorliegende Klagsverfahren Anlassfall des Gesetzesprüfungsverfahrens geworden ist, ist der aufgehobene § 56 Abs 3 des Wr. KAG daher in diesem Verfahren nicht mehr anzuwenden.

2.2.2. Der Verjährungseinwand stützt sich argumentativ auf schadenersatzrechtliche Überlegungen. Dabei wird jedoch übersehen, dass es sich bei der Klagsforderung um keine Schadenersatzforderung, sondern um einen auf § 56 Wr. KAG gestützten öffentlich-rechtlichen Anspruch aus einem gesetzlichen Schuldverhältnis handelt, hinsichtlich dessen das (Wiener) Krankenanstaltenrecht aber eine Verjährung nicht vorsieht.

Der Verfassungsgerichtshof vertritt (dem Verwaltungsgerichtshof folgend) in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass die Verjährung keine allgemeine, der österreichischen Rechtsordnung zugehörige Institution ist (s. etwa die Erkenntnisse VfSlg. 6337/1970, 7617/1975, 7735/1976, 8043/1977, 10.889/1986). Im öffentlichen Recht besteht die Institution der Verjährung vielmehr nur dort, wo das Gesetz dies ausdrücklich vorsieht. Bei den Verjährungsvorschriften des ABGB handelt es sich um Rechtsgrundsätze des Privatrechtes, die sich nicht ohne weiteres auf das öffentliche Recht übertragen lassen. Nur dann, wenn Vorschriften des öffentlichen Rechtes ausdrücklich Verjährungsbestimmungen enthalten, darf unter Bedachtnahme auf § 7 ABGB ergänzungsweise auf die Verjährungsvorschriften des ABGB zurückgegriffen werden. Sieht aber die anzuwendende Vorschrift des öffentlichen Rechtes dem Grunde nach eine Verjährung nicht vor, so ist eine analoge Anwendung der Verjährungsvorschriften des ABGB unzulässig (vgl. VfSlg. 12.197/1989 mit zahlreichen Hinweisen auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes). Daher kommt aber - anders als in der mündlichen Verhandlung von der beklagten Partei vertreten wurde - auch eine analoge Anwendung der nur für vermögensrechtliche Ansprüche nach dem FAG 2008 geltenden Verjährungsbestimmung des § 24 Abs 2 FAG 2008 bzw. der entsprechenden Vorgängerbestimmungen in früheren Finanzausgleichsgesetzen nicht in Betracht.

Die Klagsforderung ist daher auch nicht verjährt.

2.3. Letztlich ist aber auch der Auffassung der beklagten Partei nicht zu folgen, die Klägerin hätte hinsichtlich aller in den Streitjahren im Hanusch-Krankenhaus untergebrachten Patienten mit einem Hauptwohnsitz außerhalb Wiens (Gastpatienten) im gegenständlichen Verfahren den Beweis dafür anzutreten, dass diese anstaltsbedürftig gewesen seien und ihre Aufnahme in die Krankenanstalt zulässig gewesen sei.

§ 20 Abs 2 iVm § 56 Abs 2 des Wr. KAG steht im Ergebnis dieser Auffassung der beklagten Partei entgegen, und zwar auch unter Berücksichtigung ihres Vorbringens in der mündlichen Verhandlung, dass die stationären Aufenthalte von Gastpatienten aus Anlass der Prüfung des jeweiligen Rechnungsabschlusses wegen ihrer auf Grund des § 56 Abs 3 des Wr. KAG gegebenen Irrelevanz nicht näher auf ihre Richtigkeit untersucht worden seien.

§ 56 Abs 2 des Wr. KAG sieht - worauf die beklagte Partei in der mündlichen Verhandlung zutreffend hingewiesen hat - ein spezielles Anerkennungsverfahren zur Ermittlung des Betriebsabganges vor, welches zwischen dem Landesgesundheitsfonds und dem Krankenhausträger abzuwickeln ist und hier auch abgewickelt wurde:

2.3.1. Nach den von der klagenden Partei für die Streitjahre vorgelegten Kontrollamtsberichten über die Prüfung der Rechnungsabschlüsse des Hanusch-Krankenhauses und den diesen Berichten nicht widersprechenden Vorbringen der Parteien des Verfahrens wurde der auf die Gastpatienten entfallende, auszuscheidende Teil des Betriebsergebnisses im Großen und Ganzen wie folgt ermittelt:

a) Es wurden zuerst die einzelnen Positionen der "Gesamtausgaben (Aufwendungen)" und der Gesamteinnahmen (Erträge) vom Wiener Kontrollamt geprüft und - wo erforderlich - korrigiert. Es wurden dabei keine Prüfungen darüber angestellt, ob hinsichtlich der Patienten Anstaltsbedürftigkeit gegeben war.

b) Erst der sich daraus ergebende "Nettoaufwand" (d.i. die Differenz zwischen Aufwendungen und Erträgen) wurde sodann unter dem Gesichtspunkt des § 56 Abs 3 Wr. KAG, und zwar unter (ausdrücklicher) Zugrundelegung der ermittelten Aufwendungen und Erträge, der Kürzung für Gastpatienten zugrunde gelegt.

c) Dabei wurde zunächst festgestellt, dass die "Leistungspunkte je Nichtwiener Patient" um einen bestimmten Prozentsatz höher liegen als jene der Wiener Patienten. Sodann wurden die "betriebsabgangsrelevanten Aufwendungen", die dem stationären Bereich zuzurechnen waren, durch die Zahl der Patienten geteilt und der so ermittelte "durchschnittliche Aufwand pro Patient" mit der Anzahl der Gastpatienten multipliziert und das Ergebnis um den "Gewichtungsfaktor" erhöht. Dieser Betrag wurde vom anerkannten Betriebs- und Erhaltungsaufwand abgezogen. In vergleichbarer Weise wurde mit dem ambulanten Bereich verfahren.

d) Schließlich wurden aus den Erträgen die auf Nicht-Wiener-Patienten entfallenden LKF-Gebühren nach Maßgabe der Aufzeichnungen des Landesgesundheitsfonds von den Gesamteinnahmen abgezogen.

2.3.2. Dem Rechenvorgang betreffend die Gastpatienten ging also die Ermittlung seiner Ausgangsbasis, nämlich der Einnahmen und der Ausgaben, sohin des gesamten Betriebsabganges des Hanusch-Krankenhauses, voran. Eine Überprüfung, ob ein bestimmter Anteil des Betriebs- und Erhaltungsaufwandes allenfalls aus dem Grunde der fehlenden Anstaltsbedürftigkeit von einzelnen Patienten aus der Berechnung des Betriebsabganges auszuscheiden gewesen wäre, musste daher - selbst unter der Voraussetzung, dass diese Frage überhaupt zum Gegenstand der Prüfung im Rahmen der Ausübung der Wirtschaftsaufsicht gemacht werden kann, was hier ausdrücklich offen bleibt - zumindest bei den Aufwendungen spätestens schon auf einer dem Abzug des rechnerischen "Gastpatientenanteils" vorgelagerten Ebene vorgenommen werden. Andernfalls fände nämlich ein diesbezüglicher "Fehler" (wenngleich nur anteilig) auch in den auf die Wiener Patienten bezogenen Anteil des Betriebsabganges Eingang. Selbst wenn man daher mit der beklagten Partei davon ausginge, dass im Rahmen der Wirtschaftsaufsicht über die öffentlichen Krankenanstalten die Frage der Anstaltsbedürftigkeit von Patienten zu prüfen gewesen wäre, trifft es nicht zu, dass die beklagte Partei eine Prüfung dieser Frage hinsichtlich der Gastpatienten nur unter dem Gesichtspunkt ihres Ausscheidens aus der Berechnung unterlassen konnte.

Die "Anerkennung" des auf die Wiener Patienten entfallenden Anteils des halben Betriebsabganges als ersatzfähig im Sinne des § 56 Abs 2 zweiter Satz des Wr. KAG und die Entrichtung der entsprechenden Ausgleichszahlung setzt somit gedanklich voraus, dass davor in dem mit dem Krankenhausträger nach § 56 Abs 2 des Wr. KAG abgewickelten Anerkennungsverfahren vom Landesgesundheitsfonds ein geprüfter Betriebsabgang des Hanusch-Krankenhauses (allenfalls nach Ausscheiden beanstandeter Komponenten) festgestellt wurde.

2.3.3. § 56 Abs 2 des Wr. KAG lässt eine nachträgliche erfolgreiche Bestreitung der Richtigkeit (im Sinne der Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Zweckmäßigkeit) auch nur des auf die Gastpatienten entfallenden - vorerst in Abzug gebrachten - weiteren Anteils nicht zu: Es läge diesfalls der Fehler nämlich schon in der vorgelagerten Ermittlung des (gesamten) Betriebsabganges und es käme der Sache nach zu einer neuerlichen Aufrollung des Anerkennungsverfahrens hinsichtlich der in die Ermittlung des Betriebsabganges eingestellten Daten, ungeachtet ihrer vorherigen Anerkennung durch den Landesgesundheitsfonds.

Dem steht aber entgegen, dass nach der offenkundigen Absicht des Gesetzgebers die Feststellung des Betriebsabganges nach § 56 Abs 2 des Wr. KAG mit dessen Anerkennung und der Leistung des Hälfteanteils endgültig erledigt sein sollte. Dies ergibt sich aus § 18 des Wr. KAG, soweit dieser die Wirtschaftsaufsicht des Landes über die öffentlichen Krankenanstalten und die in diesem Zusammenhang zu gewährenden Einsichten in Unterlagen und Aufzeichnungen regelt. Nach § 18 Abs 7 und § 20 Abs 2 des Wr. KAG sind u.a. die Rechnungsabschlüsse der in § 18 Abs 5 Wr. KAG genannten Krankenanstalten (d.s. jedenfalls jene, die Beiträge zum Betriebsabgang erhalten) vom Wiener Gesundheitsfonds (vormals vom Wiener Krankenanstaltenfinanzierungsfonds) zu genehmigen, wenn die Vollständigkeit und rechnerische Richtigkeit festgestellt wird und keine Bedenken hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Zweckmäßigkeit bestehen. Die Genehmigung gilt jedoch als erteilt, wenn sie nicht binnen einer Frist von drei Monaten nach vollständiger Vorlage versagt wird.

2.3.4. Selbst wenn man davon ausgeht - was hier aber nicht weiter vertieft zu werden braucht -, dass dieses Genehmigungsverfahren nach § 20 Abs 2 Wr. KAG sowie auch das Anerkennungsverfahren betreffend den Betriebsabgang nach § 56 Abs 2 Wr. KAG neu aufzunehmen oder fortzusetzen sind, wenn sich nachträglich herausstellt, dass die Anerkennung eines Betriebsabganges bestimmter Höhe durch unrichtige Daten, Manipulationen oder sonstige von der beklagten Partei nicht zu vertretende Irrtümer zustande gekommen ist, ändert dies nichts für das vorliegende Verfahren:

Das nachträgliche Hervorkommen konkreter Verdachtsmomente in dieser Hinsicht wurde von der beklagten Partei im Verfahren trotz ausdrücklicher Nachfrage des Verfassungsgerichtshofes in der mündlichen Verhandlung nicht einmal behauptet, so dass die von der beklagten Partei geforderte Beweisführung hinsichtlich der Anstaltsbedürftigkeit aller Gastpatienten durch die klagende Partei insoweit auf einen auch im Verfahren nach Art 137 B-VG unzulässigen Erkundungsbeweis hinauslaufen würde.

2.3.5. Aus diesen Gründen ist auch dem von der beklagten Partei erstmals in der mündlichen Verhandlung vom erhobenen Einwand nicht weiter nachzugehen, die klagende Partei habe auf Grund der Richtlinien des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger "über den Ausgleich unterschiedlicher Strukturen 2006 (Strukturausgleichs-Richtlinien 2006)", Amtliche Verlautbarung im Internet (www.avsv.at) Nr. 95/2006, für den Betrieb des Hanusch-Krankenhauses aus Mitteln des Ausgleichsfonds gemäß § 447a ASVG im Jahr 2006 einen Betrag von EUR 30.000.000,-- erhalten, der von der Klagsforderung in Abzug zu bringen sei. Die Frage, ob diese Leistung des Ausgleichsfonds der Krankenversicherungsträger der Abdeckung der von der klagenden Partei als Krankenhausträgerin (weiterhin) zu tragenden Hälfte des Betriebsabganges diente (und daher ohne Relevanz für die Abrechnung nach § 56 Abs 2 des Wr. KAG gewesen ist) oder ob dieser Betrag ganz oder teilweise schon in die Berechnung des Betriebsabganges für das Kalenderjahr 2006 (die Einnahmen erhöhend und daher abgangsmindernd) einzustellen gewesen wäre, war nämlich ebenfalls bereits im Genehmigungsverfahren nach § 20 Abs 2 Wr. KAG bzw. im Anerkennungsverfahren nach § 56 Abs 2 Wr. KAG für das Jahr 2006 zu klären und kann daher im gegenständlichen Verfahren nicht erneut aufgerollt werden.

2.4. Der klagenden Partei war daher der ursprünglich eingeklagte Kapitalbetrag (nach Berichtigung: EUR 42.759.955,69) im vollen Umfang zuzusprechen.

3. Zu dem erst mit Schriftsatz vom ausgedehnten Klagebegehren auf Zahlung von EUR 11.401.534,50 für den Betriebsabgang in den Jahren 2007 und 2008 war hingegen Folgendes zu erwägen:

3.1. Der Anspruch auf Deckung der Hälfte des jährlichen Betriebsabganges nach § 56 des Wr. KAG entsteht seiner rechtlichen Natur nach jeweils für jedes Rechnungs(Kalender-)jahr gesondert. Es handelt sich beim ausgedehnten Klagebegehren daher nicht bloß um die Geltendmachung einer mittlerweile eingetretenen Erhöhung eines dem Grunde nach bereits anhängig gewesenen Anspruchs, sondern um jeweils neu entstandene Ansprüche für die Kalenderjahre 2007 und 2008, die im Zeitpunkt der Einleitung des Gesetzesprüfungsverfahrens noch nicht gerichtsanhängig waren, aber aufgrund derselben rechtserzeugenden Tatsachen geltend gemacht wurden wie die ursprünglich eingeklagten Ansprüche für die Jahre davor.

3.2. Um in den Genuss der Anlassfallwirkung im Sinne des Art 140 Abs 7 zweiter Satz B-VG zu gelangen, mussten die im ausgedehnten Klagebegehren zusätzlich geltend gemachten Ansprüche bereits zum Zeitpunkt der Fassung des Prüfungsbeschlusses am Gegenstand dieses Verfahrens sein. Eine Erweiterung der Anlassfallwirkung auf später entstandene gleichartige Ansprüche der klagenden Partei hat der Verfassungsgerichtshof im Gesetzesprüfungsverfahren nämlich nicht vorgenommen.

3.3. Die klagende Partei führt allerdings ins Treffen, dass sie mangels Fälligkeit nicht in der Lage gewesen sei, die Ansprüche für die Kalenderjahre 2007 und 2008 "rechtzeitig" geltend zu machen, und hat sich in der mündlichen Verhandlung überdies darauf berufen, dass das schon mit Klagseinbringung im Jahre 2007 erhobene Feststellungsbegehren (zur Klarstellung der strittigen Frage der Nichtberücksichtigung der Gastpatienten für die Rechnungszeiträume nach 2006) im Genuss der Anlassfallwirkung stehe, weshalb sich diese Wirkung auch auf die an die Stelle des Feststellungsbegehrens getretenen Leistungsbegehren für die Kalenderjahre 2007 und 2008 erstrecke.

3.4. Damit ist die klagende Partei zumindest teilweise im Recht:

3.4.1. Was das Kalenderjahr 2007 betrifft, ist davon auszugehen, dass die Höhe dieser Klagsforderung spätestens mit der Leistung des (erneut um die Aufwendungen und Erträge für Gastpatienten verminderten) halben Betriebsabganges durch die beklagte Partei festgestanden ist. Das war nach dem Vorbringen der klagenden Partei (Tabelle auf Seite 11 des Schriftsatzes vom ) am , also mehr als zwei Monate vor der Fassung des Prüfungsbeschlusses vom , der Fall. Wegen der Möglichkeit, das Feststellungsbegehren, soweit es das Jahr 2007 betroffen hat, auf ein Leistungsbegehren umzustellen, ist das rechtliche Interesse an der alsbaldigen Feststellung insoweit weggefallen; dadurch wurde das Feststellungsbegehren betreffend das Jahr 2007 ab unzulässig. Daher konnte das Feststellungsbegehren, soweit es schon vor der Fassung des Prüfungsbeschlusses vom unzulässig wurde, auch nicht in den Genuss der Anlassfallwirkung kommen. Diese Wirkung kam daher auch dem erst mit Schriftsatz vom (beim Verfassungsgerichtshof eingelangt am ) erhobenen Leistungsanspruch für 2007 nicht zu. Diesem früher entstandenen Anspruch steht daher die aufgehobene Bestimmung des § 56 Abs 3 Wr. KAG weiterhin entgegen. Das für das Jahr 2007 ausgedehnte Klagebegehren auf Zahlung von weiteren EUR 6.074.113,-- war daher abzuweisen.

3.4.2. Das Klagebegehren für das Jahr 2008 konnte hingegen nicht vor dem erhoben werden. Da der Feststellungsanspruch für das Jahr 2008 am daher noch zulässig war, kam er in den Genuss der Anlassfallwirkung des aufhebenden Erkenntnisses vom , G54/09, im Sinne des Art 140 Abs 7 zweiter Satz B-VG.

3.4.3. Da die klagende Partei das Feststellungsbegehren insoweit, als ihm die Anlassfallwirkung zukam, noch vor dem Schluss der Verhandlung vor dem Verfassungsgerichtshof auf das Leistungsbegehren vom für das Jahr 2008 in der Höhe von EUR 5.327.421,50 umgestellt hat, kommt auch diesem Leistungsbegehren (als vor dem entstandener, jedoch an diesem Tag noch nicht fällig gewesener Anspruch gleichartiger Rechtsnatur) die Anlassfallwirkung zugute.

3.5. Dem erweiterten Klagebegehren in der Höhe von EUR 5.327.421,50 war daher stattzugeben.

4. Der Anspruch der klagenden Partei auf gesetzliche Zinsen ist aus folgenden Gründen nur teilweise berechtigt:

4.1. Die Bestimmungen der §§1333 und 1334 ABGB über Verzugszinsen sind auch bei Vorliegen eines öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnisses anzuwenden, wenn das Gesetz nicht anderes bestimmt; unter dieser Voraussetzung sind im Falle des Verzuges des Schuldners von diesem dem Gläubiger Verzugszinsen zu leisten (vgl. zB VfSlg. 11.064/1986 und 14.618/1996). Das Institut der Verzugszinsen trägt keinen pönalen Charakter, sondern stellt ein wirtschaftliches Äquivalent für den Zinsenverlust dar, den der Gläubiger dadurch erleidet, dass er die geschuldete Leistung bei Fälligkeit nicht erhält. Es kommt daher für den Anspruch auf gesetzliche Zinsen auch nicht darauf an, ob der Schuldner den Zahlungsverzug verschuldet hat. Daran hat sich auch durch das Zinsenrechts-Änderungsgesetz (ZinsRÄG), BGBl. I 118/2002, in Kraft getreten mit (ArtVI leg.cit.), nichts geändert (vgl. Reischauer, in: Rummel [Hrsg.], Kommentar zum ABGB, Bd 23, 2004, Rz 6 zu § 1333).

4.2. Zum Zinsenlauf war aber Folgendes zu erwägen:

4.2.1. Der Anspruch auf gesetzliche Verzugszinsen hängt nach dem Gesagten zwar nicht von einem Verschulden des Leistungspflichtigen ab, wohl aber davon, dass ihm die "Verzögerung zur Last" fällt (§1334 ABGB), dh. inwieweit sich dieser mit seiner Leistung im Verzug befunden hat. Die Fälligkeit (und damit der Verzug) tritt nach § 1334 Satz 1 ABGB mit dem durch "Gesetz oder Vertrag" bestimmten Zahlungstag ein. Haben die Parteien ein "Abnahme- oder Überprüfungsverfahren" vereinbart, so hat der Schuldner seine Leistung ohne unnötigen Verzug nach der Abnahme oder Überprüfung zu erbringen (§1334 Satz 2 ABGB). Auch wenn man die zuletzt genannte Bestimmung auf öffentlich-rechtliche Ansprüche, die durch ein Überprüfungsverfahren festgestellt werden, anwendet, so zeigt § 1334 ABGB insgesamt, dass dem Schuldner der Verzug zumindest objektiv zurechenbar sein muss.

4.2.2. Ob dies jeweils der Fall gewesen ist und daher einen Anspruch des Gläubigers auf Verzugszinsen auslöst, kann nur zeitraumbezogen geprüft werden, dh. nach jener Rechts- und Sachlage, wie sie sich dem Schuldner der Leistung (dh. den Organen des beklagten Landes) zu den von der klagenden Partei behaupteten Fälligkeitszeitpunkten dargestellt hat. Eine solche auf konkrete, in der Vergangenheit liegende Zeiträume bezogene Untersuchung kann aber eine gesetzliche Bestimmung nicht außer Betracht lassen, die dem Anspruch seinerzeit entgegengestanden ist, mag sich diese auch nachträglich als verfassungswidrig herausgestellt haben. Auch wenn der Anlassfall in Anwendung des Art 140 Abs 7 B-VG nach der sich im Zeitpunkt der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes ergebenden (bereinigten) Rechtslage zu beurteilen ist, so führt diese Wirkung der Gesetzesaufhebung nicht auch zu einer rückwirkenden Änderung der Sachlage in der Weise, dass mit Wirkung für die Vergangenheit ein Verschulden an oder aber auch nur eine Zurechenbarkeit (im Sinne von "begründet zur Last legen") von (erst aus Sicht der bereinigten Rechtslage verpönten) früheren Verhaltensweisen entsteht.

4.2.3. Ein Anspruch auf gesetzliche Zinsen steht der klagenden Partei daher erst ab dem Verzug der beklagten Partei zu, der - unter Berücksichtigung einer angemessenen Zahlungsfrist von zwei Wochen - erst mit Beginn der dritten Woche ab Zustellung des aufhebenden Erkenntnisses im Gesetzesprüfungsverfahren eingetreten ist. Insoweit ist die Rechtsprechung zu jenen Fällen übertragbar, in denen zunächst auf Grund eines rechtskräftigen Strafbescheides ein Rechtstitel für die Einhebung und Einbehaltung eines Strafbetrages bestanden hat und erst nach Zustellung des diesen Bescheid aufhebenden Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes die Verpflichtung der Behörde zur Rückerstattung dieses Betrages entstanden ist, weshalb der Zinsenlauf in diesen Fällen erst mit dem Tag der Rückforderung der Zahlung beginnt (vgl. VfSlg. 5079/1965, S 547; siehe auch VfSlg. 9498/1982, 10.496/1985). Einer ausdrücklichen Forderung auf Zahlung durch den Gläubiger der öffentlich-rechtlichen Leistungsverpflichtung bedarf es aber hier insoweit nicht, als über diese Forderung ohnehin schon eine Klage nach Art 137 B-VG gerichtsanhängig ist.

Das aufhebende Erkenntnis im Gesetzesprüfungsverfahren wurde der beklagten Partei am nachweislich zugestellt, so dass die zweiwöchige Zahlungsfrist am geendet hat. Die Zinsen für das Klagebegehren für die Jahre bis 2006 gebühren daher ab . Hingegen gebühren die Zinsen für das ausgedehnte Klagebegehren für 2008 aufgrund der am eingetretenen Fälligkeit antragsgemäß ab .

Das Zinsenmehrbegehren für davor liegende Zeiträume war daher abzuweisen.

4.3. Die Zinsen waren gemäß § 1333 Abs 1 iVm § 1000 Abs 1 ABGB nur in Höhe von 4 % p.a. zuzusprechen, da es sich bei Verzugszinsen aus einem gesetzlichen (hier: öffentlich-rechtlichen) Schuldverhältnis - wie dem des § 56 des Wr. KAG - nicht um solche aus "unternehmensbezogenen Geschäften" im Sinne des § 343 Abs 2 UGB handelt. Es kommt dabei nämlich nicht darauf an, ob der Betriebsabgang im Krankenhaus der klagenden Partei durch "unternehmensbezogene Geschäfte" im Sinne des § 343 Abs 2 UGB zustande gekommen ist, sondern nur darauf, ob die Klagsforderung, hinsichtlich derer der den Anspruch auf gesetzliche Zinsen begründende Verzug eingetreten ist, in einem zwischen den Parteien geschlossenen unternehmerischen Geschäft (oder einem aus einem solchen Rechtsgeschäft entstandenen Schadenersatzanspruch) wurzelt, was aber hier nicht der Fall ist. Der klagenden Partei gebühren daher nicht Zinsen aus unternehmerischen Geschäften im Sinne des § 1333 Abs 2 ABGB in der bis geltenden Fassung des ZinsRÄG, BGBl. I 118/2002, sowie - seit - gemäß § 352 UGB in der Fassung des Handelsrechts-Änderungsgesetzes (HaRÄG), BGBl. I 120/2005.

Das über 4 % hinausgehende Zinsenmehrbegehren war daher ebenfalls abzuweisen.

5. Schließlich ist aber auch das nach Erhebung von Leistungsbegehren für 2007 und 2008 nur für Zeiträume ab 2009 zu behandelnde Feststellungsbegehren im Ergebnis unbegründet:

5.1. Eine Klage nach Art 137 B-VG kann gemäß § 38 VfGG auch auf die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechts oder Rechtsverhältnisses gerichtet sein, wenn die klagende Partei ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Recht oder Rechtsverhältnis alsbald festgestellt werde und es sich um die Feststellung eines nach Art 137 B-VG klagbaren Anspruchs handelt (VfSlg. 2531/1953, 5789/1968, 10.161/1984, 13.745/1994). In diesem Sinne besteht ein Bedürfnis nach Zulassung einer Feststellungsklage nur dann, wenn das Feststellungsurteil tatsächlich den Zweck erfüllt, den Streitfall bindend zu klären, so dass es aus aktuellem Anlass geeignet ist, einen künftigen weiteren Rechtsstreit zu vermeiden. Prozessuale Vorteile allein genügen dafür ebenso wenig wie die Feststellung von bloßen "Rechtslagen" (so , mwH). Diese in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfenden Voraussetzungen (Fasching, Lehrbuch des österreichischen Zivilprozeßrechts2, 1990, Rz 1102) liegen hier nicht vor:

5.1.1. Ein nach § 38 VfGG erforderliches, über das Leistungsbegehren hinausgehendes rechtliches Interesse kann in einer zufolge unzulässiger Rechtsberühmung der beklagten Partei zu besorgenden Fortdauer der Rechtsgefährdung der klagenden Partei über das Verfahren hinaus liegen, wenn die Feststellungsklage im konkreten Fall als ein geeignetes Mittel zur Beseitigung der Rechtsgefährdung angesehen werden kann (vgl. die insoweit heranzuziehende ständige Rechtsprechung des OGH, zB , 8 Ob 504/89 = SZ 63/51; , 7 Ob 75/01 g, mwH).

5.1.2. Die klagende Partei erblickt eine solche Rechtsgefährdung in der bisherigen fortgesetzten Weigerung der beklagten Partei, der klagenden Partei den auf Patienten mit Hauptwohnsitz außerhalb Wiens entfallenden Teil des Betriebsabganges zu ersetzen. Die beklagte Partei konnte sich darin allerdings bisher auf § 56 Abs 3 des Wr. KAG stützen. Aus welchem Grund die beklagte Partei auch nach der durch die Kundmachung der Aufhebung der genannten Gesetzesbestimmung durch den Verfassungsgerichtshof eintretenden Änderung der Rechtslage auf ihrem bisherigen Rechtsstandpunkt, dem nunmehr der Boden entzogen ist, beharren sollte, ist nicht ersichtlich. War das bisherige Verhalten der beklagten Partei lediglich normkonform, und hat sich die Rechtslage nun geändert, so kann aus dem bisherigen Verhalten insoweit kein Schluss auf das mutmaßliche zukünftige Verhalten der beklagten Partei gezogen werden, wonach dieses nicht rechtskonform sein werde.

5.1.3. Es ist auch sonst weder ersichtlich noch von der klagenden Partei behauptet oder dargetan, dass die beklagte Partei die geschuldeten Leistungen in Hinkunft rechtswidrig verweigern werde, sodass insgesamt eine das rechtliche Interesse an der Feststellung bewirkende Rechtsgefährdung der klagenden Partei nicht erkennbar ist. Seit dem Wirksamwerden der Aufhebung des § 56 Abs 3 des Wr. KAG kann vielmehr von einem zwischen den Parteien strittigen Rechtsverhältnis, welches durch ein Feststellungsurteil für die Zukunft geklärt werden könnte, nicht mehr die Rede sein.

5.2. Ein rechtliches Interesse der klagenden Partei an der alsbaldigen Feststellung lag daher zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung nicht (mehr) vor, weshalb das Feststellungsbegehren abzuweisen war.

6. Die Kostenentscheidung gründet sich gemäß § 41 VfGG iVm § 35 VfGG auf § 41 sowie § 43 Abs 1 ZPO:

6.1. Da die klagende Partei nur mit ihrem ursprünglichen Leistungsbegehren sowie mit dem Klagebegehren für das Jahr 2008 obsiegt hat, mit ihrem mit EUR 5.000.000,-- bewerteten Feststellungsbegehren sowie mit dem ausgedehnten Klagebegehren betreffend das Jahr 2007 im Ausmaß von EUR 6.074.113,-- hingegen unterlegen ist, waren ihr im Sinne der "Quotenkompensation" nur anteilige Kosten zuzusprechen (vgl. VfSlg. 10.990/1986).

6.2. Für den Zeitraum bis zur Klagsausdehnung mit Schriftsatz vom obsiegte die klagende Partei mit rund 89,5 % und unterlag mit rund 10,5 % des ursprünglichen Klagebegehrens (unter Einschluss des Feststellungsbegehrens), so dass ihr für diesen Verfahrensabschnitt 79 % ihrer Kosten gebühren. Ab der mit Schriftsatz vom erfolgten Klagsausdehnung obsiegte die klagende Partei mit 81,3 %, unterlag hingegen mit EUR 11.074.113,-- oder 18,7 % des ausgedehnten Klagebegehrens, so dass sie für diesen Verfahrensabschnitt lediglich 62,6 % ihrer Kosten ersetzt erhält.

6.3. Die Kosten für die Repliken vom und sowie für den Schriftsatz vom waren der klagenden Partei nicht zuzusprechen, weil nach § 41 VfGG nur die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten zu ersetzen sind (vgl. zB VfSlg. 9507/1982, 16.874/2003), diese Schriftsätze zu einer solchen jedoch nicht erforderlich und der klagenden Partei auch nicht abverlangt waren. Ein Ersatz der entrichteten Eingabengebühr war wegen der bestehenden persönlichen Abgabenfreiheit (§109 ASVG) nicht zuzusprechen. In den zugesprochenen Kosten sind 100 % Einheitssatz für die Klage (§23 Abs 6 RATG), im Übrigen 50 % Einheitssatz, Barauslagen (Fahrtkosten) in Höhe von EUR 4,40 und Umsatzsteuer in Höhe von EUR 22.947,34 enthalten.