VfGH vom 30.06.2015, B754/2013
Leitsatz
Verletzung der beschwerdeführenden Gemeinde im Eigentumsrecht durch Abweisung des Einspruchs gegen einen Ausschussbeschluss der Agrargemeinschaft betreffend den Verkauf von Holz; ausschließliches Verfügungsrecht der substanzberechtigten Gemeinde über die aus der Ausübung der land- und forstwirtschaftlichen Nutzungsrechte hinausgehenden Überschüsse (Überling)
Spruch
I. 1. Die Beschwerdeführerin ist, soweit der angefochtene Bescheid ihren Antrag auf Aufhebung der in der Ausschusssitzung der Agrargemeinschaft Gaimberg vom zu den Tagesordnungspunkten 4 (Schlägerung und Seillieferung von Fichtenholz) und 5 (Verkauf von Fichtenholz) gefassten Beschlüsse als unbegründet abweist, im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums verletzt worden.
Der Bescheid wird insoweit aufgehoben.
2. Im Übrigen wird die Behandlung der Beschwerde abgelehnt.
Insoweit wird die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.
II. Das Land Tirol ist schuldig, der Beschwerdeführerin zuhanden ihres Rechtsvertreters die mit € 2.616,– bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Entscheidungsgründe
I. Sachverhalt, Beschwerde und Vorverfahren
1. Mit Bescheid vom , Z AgrB-R540/98-2012, wies das Amt der Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde erster Instanz u.a. den Antrag der beschwerdeführenden Gemeinde, den Organen der Agrargemeinschaft Gaimberg sofort zu verbieten, ohne Zustimmung der Gemeinde Gaimberg irgendwelche Ausschüttungen an die Gemeinschaftsmitglieder zu beschließen oder tatsächlich vorzunehmen, als unzulässig zurück (Spruchpunkt III.). Mit Spruchpunkt V. dieses Bescheides wurde dem Antrag der Gemeinde Gaimberg, die anlässlich der Ausschusssitzung vom gefassten Beschlüsse aufzuheben, insofern Folge gegeben, als die unter Tagesordnungspunkt 6 (Aufteilung der Beiträge zu den Weggemeinschaften), Tagesordnungspunkt 7 (Aufteilung der Kosten für Waldpflege und -erhaltung), Tagesordnungspunkt 8 (Jahresrechnung 2010), Tagesordnungspunkt 9 (Jahresrechnung 2011) und Tagesordnungspunkt 10 (Jahresvoranschlag 2012) gefassten Beschlüsse behoben wurden, im Übrigen wurde diesem Antrag keine Folge gegeben.
2. Gegen diesen Bescheid erhob u.a. die Gemeinde Gaimberg Berufung (sie bekämpfte dessen Spruchpunkt III. zur Gänze und den Spruchpunkt V. insofern, als ihrem Antrag auf Aufhebung der in der Ausschusssitzung der Agrargemeinschaft Gaimberg vom zu den Tagesordnungspunkten 4 [Schlägerung und Seillieferung von Fichtenholz] und 5 [Verkauf von Fichtenholz] gefassten Beschlüsse keine Folge gegeben wurde).
Ihre Berufung hinsichtlich des angefochtenen Teiles des Spruchpunktes V. des erstinstanzlichen Bescheides begründete die Gemeinde zusammengefasst damit, dass es sich bei der Schlägerung und Seillieferung von ca. 250 fm Fichtenholz sowie bei der Erteilung des Zuschlages für den Verkauf von ca. 250 fm Fichtenholz um eine über den Bedarf hinausgehende Nutzung und somit um keine land- und forstwirtschaftliche Nutzung, sondern eine Nutzung der Substanz iSd § 33 Abs 5 Tiroler Flurverfassungslandesgesetz 1996 (in der Folge: TFLG 1996) handle; dieser Überschuss würde nach dem klaren Gesetzeswortlaut alleine der Gemeinde zustehen, ein Organbeschluss hätte nur mit ausdrücklicher Zustimmung der Gemeinde wirksam gefasst werden können. Unter Beachtung der einschlägigen gesetzlichen Vorschriften im Zusammenhang mit einer Gemeindegutsagrargemeinschaft – wie sie die Agrargemeinschaft Gaimberg sei – sei im Konkreten zu berücksichtigen, dass der nicht der Bedarfsdeckung dienende Holzverkauf eine Substanznutzung darstelle und auch ein allfälliger Erlös daraus einzig der substanzberechtigten Gemeinde zustehe. Die Agrarbeteiligung als Nutzung des Gemeindegutes bestehe somit nur für den Naturalbezug zur Deckung des Haus- und Gutsbedarfes der Mitglieder; ein Verkauf von Bedarfsholz und eine Verteilung von Verkaufserlösen seien fern von jeder Bedarfsnutzung. Der nach der Deckung des Haus- und Gutsbedarfes verbleibende Überschuss der land- und forstwirtschaftlichen Erträge des Gemeindegutes gehöre zum Substanzwert der Gemeinde. Auf die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes VfSlg 9336/1982 und 18.446/2008 werde verwiesen.
3. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde u.a. die Berufung der Gemeinde Gaimberg als unbegründet abgewiesen.
3.1. Im Zusammenhang mit dem Vorbringen der Gemeinde in ihrer Berufung gegen den angefochtenen Teil des Spruchpunktes V. des erstinstanzlichen Bescheides weist der Landesagrarsenat beim Amt der Tiroler Landesregierung (in der Folge: LAS) darauf hin, dass aus mehreren guten Gründen bei vielen Regulierungen – auch im Fall der Agrargemeinschaft Gaimberg – vom Prinzip der Verteilung der Holzerträgnisse nach dem Prinzip des Haus- und Gutsbedarfes abgegangen worden sei. Die Verteilungsregelungen an den Erträgnissen von Wald und Alpe nach prozentuellen Anteilsrechten seien bei der Agrargemeinschaft Gaimberg mit dem Regulierungsplan vom rechtskräftig verfügt worden, ebenso, dass der Ertrag aus dem Gemeinschaftswald der Reihe nach zur Befriedigung der Ansprüche der Servitutsberechtigten, zur Abdeckung der Verpflichtung gegenüber Widum und Schule, für Katastrophenfälle und für die Bedeckung der Gemeinschaftserfordernisse zu verwenden sei, weiters auch die Aufwendungen für den Gemeinschaftswald (Aufforstung, Waldumlage, Steuern und Umlagen sowie Aufschließung) von den Beteiligten einschließlich der Gemeinde im Verhältnis der Anteilsrechte zu erbringen seien. Der LAS sei der Ansicht, dass der Verfassungsgerichtshof mit dem Erkenntnis VfSlg 18.446/2008 nicht eine Neuordnung der Verteilungsregelungen in Bezug auf die land- und forstwirtschaftlichen Nutzungen des Gemeindegutes gefordert habe, sondern vielmehr als Aufgabe der Agrarbehörde eine Berücksichtigung des Substanzwertes im Sinne der nicht land- und forstwirtschaftlichen Nutzungsmöglichkeiten des Gemeindegutes zugunsten der politischen Gemeinde als vormalige Eigentümerin des Gemeindegutes vor Augen gehabt habe. Nach dem Dafürhalten des LAS sei somit der vom Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis VfSlg 18.446/2008 verwendete Begriff Substanzwert dahingehend zu verstehen, dass damit nicht land- und forstwirtschaftliche Nutzungen gemeint gewesen seien, weshalb diese nicht unter die Begriffsdefinition des Substanzwertes gemäß § 33 Abs 5 TFLG 1996 subsumiert werden könnten.
3.2. Dass der Überling als Ertrag einer land- und fortwirtschaftlichen Nutzung den nutzungsberechtigten Agrargemeinschaftsmitgliedern zustehe und jedenfalls einen Bestandteil der in den Rechnungskreis I zu verbuchenden Einnahmen darstelle, sei auch vom Obersten Agrarsenat beim Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (in der Folge: OAS) in näher bezeichneten Erkenntnissen judiziert worden.
3.3. Aus dem Titel ihrer Substanzansprüche am Gemeindegut vermöge somit die politische Gemeinde den von ihr begehrten Erlös aus dem Überling der Holzbewirtschaftung aus Gemeindegutswäldern, sohin den Holzertrag, der über die Deckung des Haus- und Gutsbedarfes der Nutzungsberechtigten hinausgehe, in Wirklichkeit nicht anzusprechen. Im Übrigen bestehe nach den rechtskräftig festgelegten Verteilungsregelungen in den Regulierungsbestimmungen in Form prozentmäßiger Anteilsrechte an den Holznutzungen des Gemeinschaftsgebietes, unter Berücksichtigung der Waldnutzungsmodalitäten, gar kein Überling, weil der gesamte Hiebsatz, unter Berücksichtigung der im Regulierungsplan festgelegten Waldnutzungsmodalitäten, an die Anteilsberechtigten entsprechend ihren Anteilen zur Verteilung gelange.
3.4. Unter Beachtung des Aspektes, dass durch die von der Gemeinde Gaimberg bekämpften Ausschussbeschlüsse der Agrargemeinschaft Gaimberg zu den Tagesordnungspunkten 4 und 5 Substanznutzungen der Gemeinde Gaimberg nicht beeinträchtigt würden, würden sich diese Beschlüsse nach Ansicht des LAS im Rahmen der körperschaftlichen Autonomie, die der Körperschaft die Freiheit gebe, Beschlüsse dahingehend zu fassen, wer Schlägerungs- und Seillieferungsarbeiten im Agrargemeinschaftswald vornehme und an welche Firma das Holz verkauft werde, bewegen. Argumente, dass eine bestimmte Person nicht der geeignetste Unternehmer wäre, die Schlägerungs- und Seillieferungsarbeiten im Sinne des angefochtenen Beschlusspunktes 4 vorzunehmen, bzw. dass es sich bei einer bestimmten Firma nicht um den Bestbieter für den Holzverkauf im Sinne des Beschlusspunktes 5 handle, seien von der Gemeinde Gaimberg nicht vorgebracht worden. Es könne nicht Aufgabe der Agrarbehörde sein, alle möglichen denkbaren rechtlichen und wirtschaftlichen Folgen eines Beschlusses der Agrargemeinschaft bzw. eines ihrer Organe in Erwägung zu ziehen und bei einem Einspruchsverfahren ihrer Entscheidung zugrunde zu legen. In der Regel werde eine Grobprüfung dahingehend ausreichen, ob die naheliegenden (rechtlichen, faktischen und wirtschaftlichen) Folgen eines Beschlusses den Vorgaben des § 2 der Satzung entsprechen würden oder nicht.
4. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art 144 B VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten, insbesondere in den Rechten auf Unversehrtheit des Eigentums und auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz, behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides, in eventu die Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, beantragt wird. Begründend wird dazu – auf das Wesentliche zusammengefasst – Folgendes ausgeführt:
4.1. Die nutzungsberechtigten Agrargemeinschaftsmitglieder hätten nur Anspruch auf die (land- und forstwirtschaftlichen) Naturalbezüge an Holz und Weide zur Deckung des Haus- und Gutsbedarfes.
4.2. Ein (gemeinschaftlicher) Holzeinschlag zum Zweck des Verkaufes in der Absicht, den Erlös entweder zur Deckung der (eigentlich über Umlagen von den Nutzungsberechtigten zu tragenden) Bewirtschaftungskosten der Agrargemeinschaft (Aufwendungen im Rechnungskreis I) zu verwenden und/oder diesen Erlös zur Gänze oder auch nur teilweise an die Mitglieder der Agrargemeinschaft auszukehren, diene ganz offensichtlich nicht dieser Bedarfsdeckung und stelle somit einen unzulässigen Eingriff in das verfassungsgesetzlich geschützte Eigentumsrecht der Gemeinde an dem (nach Abzug der Nutzungsrechte) verbleibenden Substanzwert (§33 Abs 5 TFLG 1996) und damit eine dem Gleichheitsgrundsatz zuwider laufende Benachteiligung der nicht am Gemeindegut bezugsberechtigten Gemeindebürger in Gaimberg dar (VfSlg 9336/1982).
4.3. Entgegen der Rechtsansicht des LAS sei die beschlossene Nutzung sehr wohl eine Tätigkeit, die den Substanzwert der Gemeinde betreffe, sodass im Sinne der höchstgerichtlichen Judikatur die übrigen nutzungsberechtigten Mitglieder der Agrargemeinschaft insofern über keinerlei Rechte verfügen würden. Durch das vom Ausschuss beschlossene Vorgehen würden daher wesentliche Interessen der Gemeinde verletzt werden.
4.4. Da die Agrargemeinschaft Gaimberg eine solche nach § 33 Abs 2 litc Z 2 TFLG 1996 sei, seien ihre Organe verpflichtet, die besondere Stellung der Gemeinde im Zusammenhang mit dem Substanzwert der agrargemeinschaftlichen Grundstücke und die einschlägigen gesetzlichen Vorschriften zu beachten, im Konkreten also zu berücksichtigen, dass der nicht der Bedarfsdeckung dienende Holzverkauf eine Substanznutzung darstelle und ein Erlös daraus einzig der substanzberechtigten Gemeinde Gaimberg zustehe.
4.5. Die Rechtskraft des Regulierungsbescheides stehe dem nicht entgegen, weil dieser verfassungskonform auszulegen sei und zudem auch die Bestimmung des § 69 TFLG 1996 eine prozessuale Norm (Entschädigung) zur Durchbrechung der Rechtskraft darstelle (). Die Agrarbeteiligung als Nutzung des Gemeindegutes bestehe somit nur für den Naturalbezug zur Deckung des Haus- und Gutsbedarfes der Mitglieder. Ein Verkauf von Bedarfsholz, sei es zum Zweck, dass mit dem Verkaufserlös die laufenden Bewirtschaftungskosten gedeckt und/oder die erzielten Ertragsüberschüsse (ganz oder teilweise) gleich direkt an die Mitglieder verteilt würden, sei jedoch fernab jeder Bedarfsnutzung.
4.6. Die seinerzeitige Regulierung habe diesen historischen Bedarf nur konkretisiert und verdeutlicht, nicht jedoch zu einer Erweiterung des auf die Haus- und Gutsbedarfsdeckung beschränkten Nutzungsrechtes geführt. Es sei trotz Regulierung beim Gemeindegut und damit bei den überkommenen Nutzungsmöglichkeiten in Holz und Weide geblieben. Alle über die konkrete Bedarfsdeckung hinausgehenden land- und forstwirtschaftlichen Nutzungen des Gemeindegutes, darunter natürlich auch etwaige Verkaufserlöse aus Wald und Alpe, wie sie in der Jahresrechnung sowie in den Voranschlägen der Agrargemeinschaft gebucht worden seien und aktuell immer noch würden, stünden daher der substanzberechtigten Gemeinde Gaimberg zu (§70 Tiroler Gemeindeordnung 2001 [in der Folge: TGO 2001]).
4.7. Demgegenüber vertrete der LAS (und ihm folgend die Agrarbehörde erster Instanz) in ständiger Judikatur zum Nachteil der substanzberechtigten Gemeinden die Auffassung, dass mit der im Zuge der seinerzeitigen Regulierung vorgenommenen Fixierung der Holzbezüge nach bestimmten Anteilen sämtlicher Agrargemeinschaftsmitglieder in Form der bescheidmäßigen Festlegung prozentueller Nutzungsanteile das Prinzip der Verteilung der Holzbezüge nach dem Haus- und Gutsbedarf beseitigt worden sei. Den einzelnen Anteilsberechtigten sei damit ein freies Verfügungsrecht über ihre Holzbezüge ohne Einschränkung auf den nachzuweisenden Bedarf vermittelt worden, mit anderen Worten also ein Blankoscheck ausgestellt worden.
4.8. Der Begriff des Substanzwertes sei nach dem Verständnis des Verfassungsgerichtshofes in seinem Erkenntnis VfSlg 18.446/2008 und auch nach der in Umsetzung dieses Erkenntnisses geschaffenen Bestimmung des § 33 Abs 5 TFLG 1996 idF LGBl 7/2010 nur dahingehend zu verstehen, dass die land- und forstwirtschaftlichen Nutzungen davon jedenfalls nicht umfasst seien. Die Gemeinde könne daher aus dem Titel ihrer Substanzansprüche am Gemeindegut den Ertragsüberschuss (Überling) aus der Holzbewirtschaftung auch nicht für sich beanspruchen. Der gesamte Hiebsatz stünde den Mitgliedern der Agrargemeinschaft entsprechend den seinerzeit fixierten Anteilen zu. Einen Überling an den forstwirtschaftlichen Nutzungen des Gemeinschaftsgebietes gebe es also in Wahrheit gar nicht. Einer Rückkehr zum Prinzip des Haus- und Gutsbedarfes bei der Verteilung der Holzerträgnisse stehe die Rechtskraft des seinerzeitigen Regulierungsplanes entgegen. Die Beschlüsse der Agrargemeinschaftsorgane auf Holzverkauf seien daher gesetzes- und satzungskonform und würden, weil keinerlei Bezug zu Substanznutzungen der agrargemeinschaftlichen Grundstücke aufweisend, somit auch nicht die Zustimmung der jeweiligen Gemeinde erfordern. Dieselbe Auffassung werde – ergänzt um Ausführungen zum Substanzwert mit einer Differenzierung zwischen Nutzungsrechten und Nutzungserträgen – von beiden Unterinstanzen auch im vorliegenden Fall unter Berufung auf ein bestimmtes Erkenntnis des OAS vertreten.
4.9. Mit dieser Begründung würden sich die Agrarbehörde erster Instanz und der LAS jedoch in einer aus rechtsstaatlicher Sicht höchst bedenklichen Weise über die Kernaussagen des Verfassungsgerichtshofes in seinen Grundsatzerkenntnissen VfSlg 9336/1982 und 18.446/2008 sowie über die maßgeblichen Bestimmungen des TFLG 1996 und der TGO 2001 hinwegsetzen, würden diese geradezu ins Gegenteil verkehren und damit die verfassungswidrige Behandlung des Gemeindegutes in bewährter Form fortsetzen.
5. Der LAS hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der – neben grundsätzlichen Aussagen zur Fixierung der land- und forstwirtschaftlichen Bezüge eines regulierten Gemeindegutes – den Beschwerdebehauptungen wie folgt entgegengetreten wird:
5.1. Nach seinem Dafürhalten sei der vom Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis VfSlg 18.446/2008 verwendete Begriff Substanzwert dahingehend zu verstehen, dass damit nicht land- und forstwirtschaftliche Nutzungen gemeint gewesen seien. Der LAS vertrete daher die Meinung, dass land- und forstwirtschaftliche Nutzungen keine Substanznutzungen im Sinne der Novelle LGBl 7/2010 seien, diese sohin nicht unter die Begriffsdefinition des Substanzwertes gemäß § 33 Abs 5 TFLG 1996 subsumiert werden könnten. Diese Ansicht harmoniere mit dem Umstand, dass der Landesgesetzgeber mit der TFLG 1996-Novelle 2010 (LGBl 7/2010) samt der zitierten Gesetzesbestimmung des § 33 Abs 5 TFLG 1996 der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zum Gemeindegut Rechnung tragen habe wollen. Dass der Gesetzgeber dabei den Begriff des Substanzwertes im Sinne des Erkenntnisses VfSlg 18.446/2008 verwendet habe, sei vom Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis VfSlg 19.262/2010 bereits bestätigt worden.
5.2. Mit diesen Überlegungen des LAS in Übereinstimmung habe der OAS in mehreren Erkenntnissen zum atypischen Tiroler Gemeindegut zum Ausdruck gebracht, dass der im Falle des Vorliegens einer Gemeindegutsagrargemeinschaft bestehende Substanzwertanspruch der Gemeinde mit der TFLG 1996-Novelle 2010 in diesem Gesetz entsprechend dem Erkenntnis VfSlg 18.446/2008 abgebildet worden sei, wobei das Gesetz einer durchgehend klaren Trennung zwischen den beiden Anteilsrechten Substanzwertanspruch einerseits und land- und forstwirtschaftliche Nutzungsrechte andererseits folge. Diese Zweiteilung finde – so der OAS weiter – ihre buchhalterische Entsprechung in § 36 Abs 2 TFLG 1996, nach dem zwei voneinander getrennte Rechnungskreise einerseits für die Einnahmen und Ausgaben aus der land- und forstwirtschaftlichen Tätigkeit der Agrargemeinschaft (Rechnungskreis I) und andererseits für die Einnahmen und Ausgaben aus dem Substanzwert (Rechnungskreis II) zu führen seien und die Erträge aus der jeweiligen Nutzung somit in entsprechenden Rechnungskreisen abzubilden seien. Beim Überling, worunter die Summe der Ertragsüberschüsse zu verstehen sei, die von den nutzungsberechtigten Agrargemeinschaftsmitgliedern über die Deckung ihres Bedarfes hinaus erwirtschaftet würden, handle es sich nach den – mit Zitaten belegten – Ausführungen des OAS um Einnahmen bzw. Ertragsüberschüsse aus einer land- und forstwirtschaftlichen Tätigkeit, die sich schon begrifflich, aber auch inhaltlich nicht den Erträgen aus den – an das vormalige Eigentum der Gemeinde und damit an Eigentümerbefugnisse anknüpfenden – Substanznutzungen gemäß § 33 Abs 5 leg.cit. zuordnen ließen, weswegen der Überling als Ertrag einer land- und forstwirtschaftlichen Nutzung jedenfalls Bestandteil der im Rechnungskreis I zu verbuchenden Einnahmen sei. Dass es bei der Definition des Substanzwertes im Sinne des § 33 Abs 5 erster Satz leg.cit. im Sinne der durchgängigen Trennung der unterschiedlichen Anteilsrechte um den Aspekt des Grundstückswertes durch die darauf lastenden land- und forstwirtschaftlichen Nutzungsrechte und nicht um die Abgrenzung der Substanzerträge von den Erträgen aus land- und forstwirtschaftlicher Nutzung gehe, habe der OAS ebenfalls in einem der zitierten Erkenntnisse zum Ausdruck gebracht.
5.3. Aus diesen rechtlichen Darlegungen ergebe sich für den vorliegenden Fall Folgendes: Aus dem Titel ihrer Substanzansprüche am Gemeindegut vermöge die politische Gemeinde Gaimberg den von ihr begehrten Erlös aus dem Überling der Holzbewirtschaftung aus dem Gemeindegutswald, sohin den beantragten Holzertrag, der über die Deckung des Haus- und Gutsbedarfes der Nutzungsberechtigten hinausgehe, in Wirklichkeit nicht anzusprechen. Im Übrigen bestehe nach den rechtskräftig festgelegten Verteilungsregelungen in den Regulierungsbestimmungen in Form prozentmäßiger Anteilsrechte an den Holznutzungen des Gemeinschaftsgebietes gar kein Überling, weil der gesamte Hiebsatz an die Anteilsberechtigten entsprechend ihren Anteilsrechten zur Verteilung gelange.
5.4. Einer Rückkehr zu der von der politischen Gemeinde Gaimberg gewünschten Verteilung der Holzerträgnisse nach dem Haus- und Gutsbedarf würden im Übrigen auch nicht unbeachtliche Zweckmäßigkeitsüberlegungen (Streitanfälligkeit dieser Verteilung, enormer Verwaltungsaufwand durch die erforderliche Prüfung des jeweiligen Bedarfes) und die Rechtskraft des Regulierungsplanes entgegenstehen.
5.5. In Übereinstimmung mit dem OAS gehe der LAS davon aus, dass es sich bei dem der Gemeinde Gaimberg unbestreitbar zukommenden Substanzwertanteilsrecht am Gemeindegut im Eigentum der Agrargemeinschaft Gaimberg sowie bei ihrem seit der Regulierung gegebenen walzenden Anteilsrecht mit Anspruch auf Teilhabe an den Holzerträgnissen des Gemeinschaftsgebietes um zwei gesonderte Arten von Anteilsrechten handle. Aus der Negativabgrenzung des Substanzwertanspruches gemäß § 33 Abs 5 TFLG 1996, aus den getrennt zu führenden Rechnungskreisen gemäß § 36 Abs 2 leg.cit. und aus der gesonderten Berücksichtigung der Substanzwertberechtigung der Gemeinde in den Entscheidungsstrukturen der Agrargemeinschaft (§§35 Abs 7 und 8, 36 Abs 2, 37 Abs 6 bis 8 sowie 40 Abs 2 und 3 leg.cit.) ergebe sich, dass der Substanzwertanspruch der Gemeinde und ihr land- und forstwirtschaftliches Bezugsrecht einander in Bestand und Ausmaß wechselseitig nicht bedingen oder beeinflussen würden.
6. Die beteiligte Partei hat eine Äußerung erstattet, in der – neben Ergänzungen bzw. Richtigstellungen zum Sachverhalt und Ausführungen zur Unschlüssigkeit der vorliegenden Beschwerde der Ortsgemeinde – dem Beschwerdevorbringen im Hinblick auf die Zuordnung des Überlings Folgendes entgegengehalten wird:
Atypische Scheingemeindegutsagrargemeinschaften kraft Qualifizierungsentscheidung der historischen Agrarbehörde würden weder die Voraussetzungen für die (permanente) Anpassung des Regulierungsplanes an geänderte Verhältnisse noch für die Zuordnung des Substanzwertes an die Ortsgemeinde gemäß § 33 Abs 5 TFLG 1996 erfüllen, weil es an der Grundvoraussetzung gebreche, dass Eigentum der Ortsgemeinde verfassungswidrig auf eine Agrargemeinschaft übertragen worden sei. Im Fall eines atypischen Scheingemeindegutes kraft Qualifizierungsentscheidung – wie dies bei der beteiligten Agrargemeinschaft der Fall sei, bei der auf die Prüfung der wahren Eigentumsverhältnisse bewusst verzichtet worden sei – stehe der Ortsgemeinde weder ein Substanzwert noch ein Überling zu. Es liege ein Sachverhalt vor, der nicht unter § 33 Abs 5 leg.cit. subsumiert werden könne. Weder seien die Rechtssätze des Erkenntnisses VfSlg 18.446/2008 anwendbar, noch die Bestimmung des § 33 Abs 5 TFLG 1996. Die von der beschwerdeführenden Gemeinde aufgeworfene Frage, ob der Überling Teil des Substanzwertes sei oder nicht, sei bei diesem Sachverhalt nicht einschlägig.
II. Rechtslage
Die im vorliegenden Fall maßgebliche Rechtslage stellt sich wie folgt dar:
§33, § 36 Abs 1 und 2 sowie § 37 Abs 7 TFLG 1996, LGBl 74 idF LGBl 7/2010, lauteten:
"§33
Agrargemeinschaftliche Grundstücke
(1) Agrargemeinschaftliche Grundstücke im Sinne dieses Gesetzes sind Grundstücke, die von allen oder mehreren Mitgliedern einer Gemeinde oder von den Mitgliedern einer Nachbarschaft, einer Interessentschaft, einer Fraktion oder einer ähnlichen Mehrheit von Berechtigten kraft einer mit einer Liegenschaft (Stammsitzliegenschaft) verbundenen oder einer persönlichen (walzenden) Mitgliedschaft gemeinschaftlich und unmittelbar für land- und forstwirtschaftliche Zwecke auf Grund alter Übung genutzt werden. Als gemeinschaftliche Nutzung gilt auch eine wechselweise sowie eine nach Raum, Zeit und Art verschiedene Nutzung.
(2) Agrargemeinschaftliche Grundstücke sind, unbeschadet der Rechte aus einer bereits vollendeten Ersitzung, insbesondere:
a) Grundstücke, die im Zuge von Verfahren nach der Kaiserlichen Entschließung vom 6. Februar 1847, Provinzialgesetzsammlung von Tirol und Vorarlberg für das Jahr 1847, S. 253, einer Mehrheit von Berechtigten ins Eigentum übertragen wurden;
b) Grundstücke, die im Zuge von Verfahren nach dem Kaiserlichen Patent vom 5. Juli 1853, RGBl. Nr 130, einer Mehrheit von Berechtigten ins Eigentum übertragen wurden;
c) Grundstücke, die
1. im Eigentum einer Gemeinde stehen und zur Deckung des Haus- und Gutsbedarfes von Stammsitzliegenschaften dienen oder
2. vormals im Eigentum einer Gemeinde gestanden sind, durch Regulierungsplan ins Eigentum einer Agrargemeinschaft übertragen wurden, vor dieser Übertragung der Deckung des Haus- und Gutsbedarfes von Stammsitzliegenschaften gedient haben und nicht Gegenstand einer Hauptteilung waren (Gemeindegut);
d) Waldgrundstücke, die im Eigentum einer Gemeinde oder einer Mehrheit von Berechtigten (Agrargemeinschaft) stehen und auf denen Teilwaldrechte (Abs3) bestehen (Teilwälder).
(3) Teilwaldrechte sind Holz- und Streunutzungsrechte, die auf Grund öffentlicher Urkunden oder auf Grund örtlicher Übung zugunsten bestimmter Liegenschaften oder bestimmter Personen auf nach Größe, Form und Lage bestimmten oder bestimmbaren Teilflächen von Waldgrundstücken bestehen. Teilwaldrechte gelten als Anteilsrechte im Sinne dieses Gesetzes.
(4) Keine agrargemeinschaftlichen Grundstücke sind insbesondere die nach den Vorschriften des Gemeinderechtes zum Gemeindevermögen zählenden Grundstücke, insbesondere solche, die nicht im Sinne des Abs 1 genutzt, sondern durch Verpachtung oder auf ähnliche Art zugunsten des Gemeindevermögens verwertet werden.
(5) Der Substanzwert eines agrargemeinschaftlichen Grundstückes ist jener Wert, der nach Abzug der Belastung durch die land- und forstwirtschaftlichen Nutzungsrechte verbleibt. Der Substanzwert steht der Gemeinde zu. Die Substanz eines agrargemeinschaftlichen Grundstückes wird insbesondere auch dann genutzt, wenn dieses veräußert, wenn dieses als Schottergrube, Steinbruch und dergleichen verwendet, wenn es verpachtet oder wenn darauf eine Dienstbarkeit oder ein Baurecht begründet wird. Die Agrarbehörde hat auf Antrag der betroffenen Gemeinde oder Agrargemeinschaft nach Abs 2 litc Z 2 festzustellen, ob eine bestimmte Tätigkeit die Nutzung der Substanz oder die land- und forstwirtschaftliche Nutzung eines agrargemeinschaftlichen Grundstückes betrifft oder in welchem Verhältnis die beiden Nutzungsarten von dieser Tätigkeit betroffen sind.
(6) Ob ein Grundstück ein agrargemeinschaftliches Grundstück ist, hat im Zweifel die Agrarbehörde zu entscheiden. Die gemeinderechtlichen Bestimmungen bleiben unberührt.
(7) Ein Grundstück kann auf Antrag des bücherlichen Eigentümers von der Agrarbehörde neu als agrargemeinschaftliches Grundstück gewidmet werden. Teilwaldrechte können nicht neu begründet werden.
§36
Satzungen
(1) Die Satzungen der Agrargemeinschaften (§34 Abs 2) haben insbesondere Bestimmungen zu enthalten über:
a) Name, Sitz und Zweck der Agrargemeinschaft, bei Agrargemeinschaften, die im Sinn des § 33 Abs 2 litc Z 2 auf Gemeindegut bestehen, einschließlich der Bezeichnung 'Gemeindegutsagrargemeinschaft';
b) Rechte und Pflichten der Mitglieder;
c) den Aufgabenbereich der Organe;
d) die Art und Form der Einladung und die Führung des Protokollbuches;
e) Angelegenheiten, deren Beschlußfassung einer agrarbehördlichen Genehmigung bedarf (§37 Abs 4);
f) die Verwendung allfälliger Ertragsüberschüsse;
g) die Abwicklung des Geldverkehrs, die Verrechnung, die Führung von Aufzeichnungen, aus denen die Gebarung ersichtlich ist, die Bildung eines Betriebsfonds zur Bestreitung laufender Ausgaben, die Erstellung des Jahresvoranschlages und des Rechnungsabschlusses, die Prüfung der Gebarung und des Rechnungsabschlusses durch die Rechnungsprüfer.
(2) Agrargemeinschaften, die im Sinn des § 33 Abs 2 litc Z 2 auf Gemeindegut bestehen, haben zwei voneinander getrennte Rechnungskreise für die Einnahmen und Ausgaben aus der land- und forstwirtschaftlichen Tätigkeit der Agrargemeinschaft (Rechnungskreis I) und die Einnahmen und Ausgaben aus dem Substanzwert der agrargemeinschaftlichen Grundstücke (Rechnungskreis II) zu führen. In die die Rechnungskreise I und II betreffenden Aufzeichnungen und Belege ist den Organen der Gemeinde auf Verlangen jederzeit Einsicht zu gewähren. Die aus dem Rechnungskreis II erfließenden Erträge stehen der substanzberechtigten Gemeinde zu und können von dieser jederzeit entnommen werden.
[…]
§37
Aufsicht über die Agrargemeinschaften; Streitigkeiten
[…]
(7) Über Streitigkeiten zwischen der Agrargemeinschaft und ihren Mitgliedern oder zwischen den Mitgliedern untereinander aus dem Mitgliedschaftsverhältnis sowie über Streitigkeiten zwischen einer Gemeinde und einer Agrargemeinschaft nach § 33 Abs 2 litc in Angelegenheiten, die den Substanzwert der agrargemeinschaftlichen Grundstücke betreffen, hat auf Antrag die Agrarbehörde unter Ausschluss des Rechtsweges zu entscheiden. Solche Anträge sind schriftlich bei der Agrarbehörde einzubringen und zu begründen. Richten sich solche Anträge gegen Beschlüsse der Vollversammlung, so sind sie innerhalb von zwei Wochen nach der Beschlußfassung, richten sie sich gegen Beschlüsse oder Verfügungen anderer Organe der Agrargemeinschaft, so sind sie innerhalb von zwei Wochen nach der satzungsgemäßen Bekanntmachung einzubringen. Anträge von Mitgliedern, die einem Beschluß zugestimmt haben oder die trotz ordnungsgemäßer Einladung an der Beschlußfassung nicht teilgenommen haben, sind nicht zulässig. Die Agrarbehörde hat Beschlüsse (Verfügungen) von Organen der Agrargemeinschaft aufzuheben, wenn sie gegen dieses Gesetz oder gegen den Regulierungsplan einschließlich eines Wirtschaftsplanes oder einer Satzung verstoßen, und dabei wesentliche Interessen des Antragstellers verletzen.
[…]"
III. Erwägungen
Die Beschwerde ist zulässig.
A. Soweit sie sich gegen die Abweisung des Antrages der Gemeinde Gaimberg auf Aufhebung der in der Ausschusssitzung der Agrargemeinschaft Gaimberg vom zu den Tagesordnungspunkten 4 (Schlägerung und Seillieferung von Fichtenholz) und 5 (Verkauf von Fichtenholz) gefassten Beschlüsse richtet, ist sie auch begründet.
1. Die Gemeinde Gaimberg wendet sich gegen die vom Ausschuss der Agrargemeinschaft Gaimberg am gefassten Beschlüsse hinsichtlich der Schlägerung und Seillieferung sowie des Verkaufes von ca. 250 fm Fichtenholz mit dem Argument, der daraus erzielte Erlös würde nicht der Deckung des den nutzungsberechtigten Agrargemeinschaftsmitgliedern zustehenden land- und forstwirtschaftlichen Haus- und Gutsbedarfes dienen, sodass dieser als Überling der substanzberechtigten Gemeinde zustehe.
2. Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis VfSlg 19.802/2013 ausgesprochen, dass das Nutzungsrecht am Gemeindegut nur im Umfang des Haus- und Gutsbedarfes der berechtigten Liegenschaft besteht sowie der Gemeinde der Substanzwert und die Überschüsse aus der land- und forstwirtschaftlichen Tätigkeit aus dem Titel des Eigentumsrechtes zustehen. Demzufolge ist § 36 Abs 1 litf TFLG 1996, wonach die Satzung der Agrargemeinschaft insbesondere Bestimmungen über die Verwendung allfälliger Ertragsüberschüsse enthalten muss, auf atypisches, in Form einer Agrargemeinschaft organisiertes Gemeindegut iSd § 33 Abs 2 litc Z 2 leg.cit. nicht anzuwenden. Der gesetzliche Begriff des Substanzwertes in § 33 Abs 5 erster Satz leg.cit. ist nach dem zitierten Erkenntnis als der nach Abzug der Belastung durch die land- und forstwirtschaftlichen Nutzungsrechte verbleibende Wert zu verstehen, wobei die Nutzungsrechte auf den Haus- und Gutsbedarf der berechtigten Liegenschaften beschränkt sind. Die Überschüsse aus der land- und forstwirtschaftlichen Tätigkeit (Überling) sind unter den Substanzwert iSd § 33 Abs 5 leg.cit. zu subsumieren und stehen der Gemeinde zu. Dem steht auch die Aufzählung von Nutzungen des Substanzwertes in § 33 Abs 5 dritter Satz leg.cit. nicht entgegen, weil diese demonstrativ ist ("Die Substanz […] wird insbesondere auch dann genutzt, wenn […]"). Der Überling ist als Bestandteil des Substanzwertes dem Rechnungskreis II iSd § 36 Abs 2 TFLG 1996 zuzuordnen. Die Einnahmen und Ausgaben aus der "land- und forstwirtschaftlichen Tätigkeit der Agrargemeinschaft" sind nur im Ausmaß der bestehenden Nutzungsrechte – also des Haus- und Gutsbedarfes – im Rechnungskreis I zu verbuchen.
3. Bei der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der Rechtsgrundlagen des angefochtenen Bescheides würde dieser das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Unversehrtheit des Eigentums nur verletzen, wenn die Behörde das Gesetz in denkunmöglicher Weise angewendet hätte, ein Fall, der nur dann vorläge, wenn die Behörde einen so schweren Fehler begangen hätte, dass dieser mit Gesetzlosigkeit auf eine Stufe zu stellen wäre (vgl. zB VfSlg 15.001/1997, 16.113/2001, 16.701/2002).
4. Ein solcher Fehler ist dem LAS unterlaufen, weil er entgegen § 33 Abs 5 erster Satz TFLG 1996 und der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes den Überschuss aus der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung des Gemeindegutes (Überling) nicht dem Rechnungskreis II iSd § 36 Abs 2 leg.cit. zugeordnet hat, der beschwerdeführenden Gemeinde das Recht abspricht, aus dem Titel der Substanzansprüche am Gemeindegut den von ihr begehrten Erlös aus dem Überling der Holzbewirtschaftung aus Gemeindegutswäldern, sohin den Holzertrag, der über die Deckung des Haus- und Gutsbedarfes der Nutzungsberechtigten hinausgeht, geltend zu machen, und er daraus schließt, die von der Gemeinde Gaimberg bekämpften Ausschussbeschlüsse der Agrargemeinschaft Gaimberg vom zu den Tagesordnungspunkten 4 und 5 würden die Substanznutzungen der beschwerdeführenden Gemeinde nicht beeinträchtigen, was Art 5 StGG und Art 1 1. ZPEMRK widerspricht. Der substanzberechtigten Gemeinde kommt das ausschließliche Verfügungsrecht über die aus der Ausübung der land- und forstwirtschaftlichen Nutzungsrechte hinausgehenden Überschüsse (Überling) zu: Der nach Abzug der Belastungen durch die Bewirtschaftung der bestehenden öffentlich-rechtlichen Nutzungsrechte sowie einer angemessenen Abgeltung für die Bewirtschaftung der agrargemeinschaftlichen Flächen verbleibende Überling ist der Gemeinde zuzuordnen. Entgegenstehende Beschlüsse von Organen einer Agrargemeinschaft beeinträchtigen die Substanznutzung der dazu berechtigten Gemeinde und können von dieser aus dem Titel der Substanzansprüche am Gemeindegut geltend gemacht werden.
B. Im Übrigen (also hinsichtlich der Zurückweisung des Antrages der beschwerdeführenden Gemeinde, den Organen der Agrargemeinschaft Gaimberg sofort zu verbieten, ohne Zustimmung der Gemeinde Gaimberg irgendwelche Ausschüttungen an die Gemeinschaftsmitglieder zu beschließen oder tatsächlich vorzunehmen) wird die Behandlung der Beschwerde abgelehnt:
1. Der Verfassungsgerichtshof kann die Behandlung einer Beschwerde ablehnen, wenn sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat oder von der Entscheidung die Klärung einer verfassungsrechtlichen Frage nicht zu erwarten ist (Art144 Abs 2 B VG). Eine solche Klärung ist dann nicht zu erwarten, wenn zur Beantwortung der maßgebenden Fragen spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen nicht erforderlich sind.
2. Die vorliegende Beschwerde rügt die Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter (Art83 Abs 2 B VG). Nach den Beschwerdebehauptungen wäre diese Rechtsverletzung aber zum erheblichen Teil nur die Folge einer – allenfalls grob – unrichtigen Anwendung des einfachen Gesetzes. Spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen sind zur Beurteilung der aufgeworfenen Fragen, insbesondere der Frage, ob der LAS zu Unrecht eine Sachentscheidung hinsichtlich des in der Berufung gegen den Spruchpunkt III. des erstinstanzlichen Bescheides neu formulierten Antrages verweigert hat, insoweit nicht anzustellen.
IV. Ergebnis
1. Die Beschwerdeführerin ist somit durch die Abweisung ihres Antrages auf Aufhebung der in der Ausschusssitzung der Agrargemeinschaft Gaimberg vom zu den Tagesordnungspunkten 4 (Schlägerung und Seillieferung von Fichtenholz) und 5 (Verkauf von Fichtenholz) gefassten Beschlüsse im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums verletzt worden.
2. Der angefochtene Bescheid ist daher in diesem Umfang aufzuheben.
3. Im Übrigen wird von der Behandlung der Beschwerde abgesehen und diese insoweit gemäß Art 144 Abs 3 B VG dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten.
4. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 bzw. § 19 Abs 3 Z 1 iVm § 31 letzter Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
5.1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in Höhe von € 436,– enthalten.
5.2. Der beteiligten Partei sind für den von ihr eingebrachten, vom Verfassungsgerichtshof aber nicht abverlangten Schriftsatz Kosten nicht zuzusprechen (zB VfSlg 13.847/1994, 15.300/1998, 15.818/2000, 16.037/2000).
European Case Law Identifier
ECLI:AT:VFGH:2015:B754.2013
Fundstelle(n):
OAAAE-08417