OGH vom 28.02.2011, 9ObA74/10p
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden, den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hradil und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf, sowie die fachkundigen Laienrichter Prof. Mag. Dr. Thomas Keppert und Mag. Manuela Majeranowski als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Walter S*****, vertreten durch o. Univ. Prof. Dr. Bruno Binder ua, Rechtsanwälte in Linz, gegen die beklagten Parteien 1.) Andreas G*****, vertreten durch Pitzl Huber, Anwaltspartnerschaft in Linz, 2.) Sandor L*****, und 3.) Verband der Versicherungsunternehmen Österreichs, Schwarzenbergplatz 7, 1030 Wien, vertreten durch Dr. Gerhard Gfrerer, Rechtsanwalt in Linz und die Nebenintervenientinnen auf Seiten der beklagten Parteien 1.) S***** GmbH Co KG, ***** und 2.) S***** Aktiengesellschaft Österreich, *****, beide vertreten durch Mag. Sebastian Lesigang, Rechtsanwalt in Wien, wegen 26.798,80 EUR sA und Feststellung (Gesamtstreitwert 32.798,80 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 12 Ra 34/10x 20, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Der Antrag der zweit- und drittbeklagten Parteien auf Zuspruch der Kosten der Revisionsbeantwortung wird gemäß § 508a Abs 2 Satz 2 ZPO abgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Der Begriff „beim Betrieb“ gemäß § 1 EKHG ist dahin zu bestimmen, dass entweder ein innerer Zusammenhang mit einer dem Kraftfahrzeugbetrieb eigentümlichen Gefahr, oder, wenn dies nicht der Fall ist, ein adäquat ursächlicher Zusammenhang mit einem bestimmten Betriebsvorgang oder einer bestimmten Betriebseinrichtung des Kraftfahrzeugs bestehen muss (2 Ob 71/08t; RIS Justiz RS0022592). Ob diese Voraussetzungen gegeben sind, kann nur anhand der Umstände des Einzelfalls entschieden werden und geht über die Bedeutung des Anlassfalls regelmäßig nicht hinaus (RIS Justiz RS0111365).
Nach ständiger Rechtsprechung setzt das Abstellen eines Kraftfahrzeugs zum Zwecke seines Be- und Entladens dieses noch nicht außer Betrieb; das Be- und Entladen kann einen Betriebsvorgang darstellen. Daraus darf aber noch nicht der Schluss gezogen werden, jeder Unfall bei einem dieser Vorgänge wäre ein Unfall beim Betrieb des Kraftfahrzeugs. Vielmehr ist in jedem konkreten Einzelfall sorgfältig zu prüfen, ob auch tatsächlich ein Gefahrenzusammenhang in dem Sinn besteht, dass der Unfall aus einer spezifischen Gefährlichkeit des Kraftfahrzeugs resultiert (2 Ob 71/08t).
Unter diesen Prämissen ist die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts, dass der Schaden hier nicht beim Betrieb eines Kraftfahrzeugs verursacht wurde, jedenfalls vertretbar. Der vom Kläger zitierten Entscheidung (2 Ob 71/08t) lag insofern ein nicht vergleichbarer Sachverhalt zu Grunde, als dort ein Teil der Ladung, nämlich ein auf der Schaufel des bereits zum Abtransport verladenen Baggers, herabgefallen war. Der notwendige Zusammenhang eines Ladevorgangs mit dem Betrieb des Kraftfahrzeugs wurde beispielsweise auch dann erkannt, wenn Ladegut infolge Kontakts mit dem Aufbauteil des zu entladenden Lkws abgestreift wurde und so unkontrolliert herabfallen konnte (RIS Justiz RS0124207 [T2]).
Hingegen wurde bei einem vergleichbaren Sachverhalt, wo sich auf einen Lkw zu verladendes Ladegut nur in der Nähe des Kraftfahrzeugs vom als Stapler eingesetzten Radlader gelöst hatte, der Zusammenhang mit dem Betrieb des Lkws verneint (RIS Justiz RS0058421 [T1]).
Auch aus dem Umstand, dass der Lkw vom Zweitbeklagten zuvor in eine bestimmte, dem Ladevorgang dienliche Position gebracht worden war, wurde vom Berufungsgericht ebenfalls mit jedenfalls vertretbarer Auffassung der notwendige Zusammenhang zwischen Betrieb und Unfall nicht abgeleitet.
Weiters bleibt unerfindlich, weshalb den Zweitbeklagten eine Warnpflicht hätte treffen sollen, zumal dieser ja weder mit dem Anheben des Schranks beschäftigt war, noch über eingehendere Kenntnisse als der Staplerfahrer verfügen musste. Das Berufungsgericht hat daher mit nachvollziehbarer Begründung auch eine Verschuldenshaftung des Lkw-Lenkers verneint.
Letztlich ist auch aus der Annahme des Berufungsgerichts, dass dem ergänzenden Vorbringen des Klägers zur Höhe des Laderaums des Lkws das Neuerungsverbot entgegenstehe, keine Mangelhaftigkeit ableitbar. Bloße Beweisergebnisse (hier: ein Sachverständigen-Gutachten) können nämlich notwendiges Parteivorbringen nicht ersetzen (RIS Justiz RS0038037).
Ein Kostenzuspruch für die Revisionsbeantwortung hatte gemäß §§ 40, 50 ZPO nicht zu erfolgen, weil die Beantwortung der Revision nicht freigestellt worden war und der Schriftsatz der Beklagten daher nicht der zweckentsprechenden Rechtsverteidigung diente.