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VfGH vom 29.09.1997, B745/97

VfGH vom 29.09.1997, B745/97

Sammlungsnummer

14909

Leitsatz

Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch Zurückweisung des Antrags eines Arztes auf Entscheidung der Landesberufungskommission über - nach Beendigung eines Kassenvertrages entstandene - Schadenersatzansprüche; keine Bedenken gegen die Zusammensetzung der belangten Behörde

Spruch

Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

1. Der Beschwerdeführer ist Facharzt für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde. Mit Schriftsatz vom stellte er bei der Paritätischen Schiedskommission für das Land Niederösterreich den Antrag, der Niederösterreichischen Gebietskrankenkasse aufzutragen, ihm den Betrag von

S 17,880.000,-- samt 4 % Zinsen aus S 16,200.000,-- seit zu bezahlen.

Mit Schriftsatz vom wurde dem Beschwerdeführer von der Paritätischen Schiedskommission für das Land Niederösterreich mitgeteilt, daß "in der Verhandlung vom wegen unterschiedlicher Auffassung keine Entscheidung zustande gekommen ist."

Daraufhin stellte der Beschwerdeführer am einen auf § 344 Abs 3 ASVG gestützten Antrag auf Entscheidung seines Antrages durch die Landesberufungskommission für Niederösterreich. Diese wies den Antrag mit Bescheid vom zurück. Ebenfalls zurückgewiesen wurden die in der mündlichen Verhandlung am gestellten Ablehnungsanträge des Beschwerdeführers gegen die von der Niederösterreichischen Ärztekammer und dem Hauptverband der Österreichischen Sozialversicherungsträger entsendeten Beisitzer.

Die Entscheidung wurde im wesentlichen wie folgt begründet:

"Der Antragsteller begehrte am bei der Paritätischen Schiedskommission für Niederösterreich die Verpflichtung der Antragsgegnerin, ihm den Betrag von S 17,880.000,-- s.A. zu bezahlen. Der von ihm mit der Antragsgegnerin per geschlossene Kassenarztvertrag sei zu Unrecht befristet worden. Seine gegen den zu seinen Ungunsten ergangenen Bescheid der Landesberufungskommission für Niederösterreich vom erhobene Beschwerde sei zwar mit Erkenntnis des GZ 1590/94, verworfen worden, sein bei der Europäischen Menschenrechtskommission zu 17271/90 gegen die Republik Österreich wegen Untauglichkeit des Schlichtungsverfahrens eingeleitetes Verfahren sei noch offen. Über seinen Anspruch aus dem gesetzwidrig befristeten Kassenvertrag sei daher noch nicht endgültig entschieden.

Durch den Wegfall des Kassenvertrages ergäben sich für die Zeit vom bis ein jährlicher Gewinnentgang von zumindest S 1,5 Mio, für den gesamten Zeitraum daher ein Schaden von S 16,000.000,-. Die stufenweise jährlich berechneten Zinsen ergäben einen Schaden von S 1,680.000,-, sodaß insgesamt S 17,880.000,- zu fordern seien.

Darüber hinaus sei durch die durch den fehlenden Kassenvertrag vereitelte Verkaufsmöglichkeit seiner Ordination ein Schaden von zumindest S 4,200.000,- entstanden, da ein möglicher Käufer seiner Ordination in Mödling ohne dazugehörigen Kassenvertrag entgegen dem tatsächlichen Wert von S 6,000.000,-

nur höchstens S 1,800.000,- bezahlt hätte.

...

In der Verhandlung der Landesberufungskommission für Niederösterreich am lehnte der Antragsteller individuell die vier Laienbeisitzer mit der Begründung ab, daß sich der gegenständliche Rechtsstreit auf eine Rechtswidrigkeit gründe, die der Ärztekammer für Nö gemeinsam mit der NÖGKK gründe. Es handle sich daher um ein Gericht, welches sich aus Repräsentanten zusammensetze, die von der Ärztekammer für Nö ernannt worden seien bzw. der NÖGKK nahestünden.

...

Der Antragsteller schloß mit der Antragsgegnerin einen befristeten Kassenarztvertrag per , der nicht verlängert wurde. Mit rechtskräftigem Bescheid der Landesberufungskommission für Nö vom wurde ua. der Antrag des Antragstellers, diesen Vertrag als über den hinaus bestehend zu erkennen, abgewiesen. ...

...

Zur Schlichtung und Entscheidung von Streitigkeiten, die in rechtlichem oder tatsächlichem Zusammenhang mit dem Einzelvertrag (§338 ASVG) stehen, sind nach § 344 Abs 1 ASVG Paritätische Schiedskommissionen zuständig.

Die ... Landesberufungskommission ist nach § 345 Abs 2 ASVG für Devolutionsanträge nach § 344 Abs 3 ASVG zuständig. Nach § 347 Abs 4 ASVG haben die Landesberufungskommissionen auf das Verfahren - abgesehen von hier nicht zutreffenden Ausnahmen - das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1950 anzuwenden.

Nach § 7 AVG haben sich Verwaltungsorgane unter den dort genannten Voraussetzungen der Ausübung ihres Amtes zu enthalten und ihre Vertretung zu veranlassen. Abgesehen davon, daß die Befangenheit eines Verwaltungsorganes nicht die Unzuständigkeit der Behörde bewirkt, steht der Partei eines Verwaltungsverfahrens kein subjektives Recht zu, Verwaltungsorgane wegen Befangenheit abzulehnen (VfSlg 5054, 7429). Der Ablehnungsantrag war daher zurückzuweisen.

Nach § 345 Abs 3, § 346 Abs 7 ASVG unterliegen Entscheidungen der Landesberufungskommission weder der Aufhebung noch der Abänderung im Verwaltungsweg. Der Beschwerde des Antragstellers gegen den Bescheid der Landesberufungskommission für Nö vom wurde mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom nicht Folge gegeben. Nach innerstaatlichem Recht ist daher davon auszugehen, daß das seinerzeit befristete Kassenvertragsverhältnis zwischen den Parteien mit beendet ist und das seinerzeitige Feststellungsbegehren auf Haftung für Folgeschäden rechtskräftig abgewiesen ist. Das vom Antragsteller eingeleitete Verfahren bei der Europäischen Menschenrechtskommission hat einen anderen Verfahrensgegenstand (nämlich überlange Verfahrensdauer und Untauglichkeit einer Schlichtungsstelle) und ist überdies nicht gegen die hier belangte Partei NÖGKK sondern gegen die Republik Österreich gerichtet.

Da der seinerzeitige Vertrag zwischen dem Antragsteller und der Antragsgegnerin mit beendet und eine Haftung der Antragsgegnerin für Folgeansprüche nicht gegeben ist, ist ... die Landesberufungskommission für Ansprüche, deren Entstehen erst nach der Beendigung des Kassenarztvertrages behauptet werden, nicht zuständig."

2. Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende, auf Art 144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter, auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz sowie auf Entscheidung über zivilrechtliche Ansprüche durch ein unabhängiges und unparteiisches Tribunal und auf Durchführung einer öffentlichen Verhandlung vor diesem geltend gemacht und die kostenpflichtige Aufhebung des bekämpften Bescheides begehrt wird.

Die Beschwerde wird im wesentlichen wie folgt begründet:

"Wenn in einem Streit zwischen Vertragsarzt und Krankenkasse eine Vertragsbestimmung als rechtswidrig kritisiert wird, die zwischen Ärztekammer und Krankenkasse paktiert war, und zur Entscheidung darüber eine fünfköpfige Instanz berufen wird, von denen vier seitens eben jener Institutionen entsandt werden, gegen die unmittelbar und mittelbar der Vorwurf der rechtswidrigen Handlung erhoben wird, so kann wahrlich nicht erwartet werden, daß der Beschwerdeführer hier ein faires und unbefangenes Tribunal im Sinne des Art 6 MRK vorfindet. Befangen war mit Ausnahme des Berufsrichters naturgemäß die gesamte Landesberufungskommission, weil ihr vier Richter als Vertreter jener beiden Organisationen angehören, deren gemeinsames rechtswidriges Verhalten Prozeßgegenstand ist.

1. Mitwirkung befangener Organe

Durch die spezifische Zusammensetzung des Senates in der paritätischen Schlichtungskommission in erster Instanz (zwei Repräsentanten der Ärztekammer und zwei Repräsentanten des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger) und der Landesberufungskommission als zweite Instanz (zwei Repräsentanten der Ärztekammer, zwei Repräsentanten des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger und ein unabhängiger Richter) kann in Fällen, in denen sich eine Anspruchsverfolgung auf die Kritik eines rechtswidrigen Aktes bezieht, welcher zwischen der Ärztekammer einerseits und dem Sozialversicherungsträger andererseits zustandgekommen ist, keine Unbefangenheit der Repräsentanten dieser Institutionen gegeben sein.

Im konkreten Fall sind vier von fünf Richtern des Beschwerdeführers seine Prozeßgegner!

Die rechtswidrige Praxis der Ärztekammer einerseits und der Sozialversicherungsträger andererseits, also der unzulässige Abschluß befristeter Kassenverträge, ist der entscheidend strittige Prozeßpunkt.

Es kann daher auch nicht ernsthaft erwartet werden, daß der Beschwerdeführer bei derartigen Richtern Recht bekommt; wäre es nämlich so, daß die Ärztekammer und die Krankenkasse sich dazu entschließen würden, rechtmäßig vorzugehen, wäre die vorliegende Auseinandersetzung nicht notwendig; wird sie aber geführt, kann sie nicht gewonnen werden ... .

2. Behördliche Willkür:

Der - in diesem Punkt gesetzwidrige - Gesamtvertrag erlaubt es den Krankenkassen, in besonderen Fällen und nach Zustimmung der Ärztekammer befristete Einzelverträge abzuschließen.

Die Frage der Gesetzwidrigkeit des Gesamtvertrages in diesem Punkt ist aber nicht einmal streitentscheidend, weil hier auch kein 'besonderer Fall' im Sinne des Gesamtvertrages vorliegt und die Niederösterreichische Gebietskrankenkasse auch gar nicht erst versucht hat, im vorliegenden Fall zur Begründung der Vertragsbefristung eine Besonderheit zu konstruieren. ...

Auch der angefochtene Bescheid gibt keine wirkliche Begründung für die Besonderheiten, die im vorliegenden Fall möglicherweise eine ausnahmsweise Befristung des Vertrages rechtfertigen würden.

3. Kein Tribunal im Sinne des Art 6 MRK, kein 'fair trial':

Die Landesberufungskommission ist als weisungsfreie Kollegialbehörde mit 'richterlichem Einschlag' konstituiert. Ihre Mitglieder sind formell weisungsfrei und für eine bestimmte Funktionsdauer bestellt, sie wird dem Tribunalbegriff des Art 6 MRK aber dennoch nicht gerecht, wenn es darum geht, in einem Konflikt zu entscheiden, in welchem Ärztekammer und Sozialversicherungsträger gemeinsam gegen einen Kassenvertragsarzt agieren.

Um die Qualität eines Tribunals zu besitzen, bedarf es nicht nur der Weisungsfreiheit der Richter und einer bestimmten Amtszeit, sondern einer Reihe weiterer Kriterien; dazu gehört auch die Möglichkeit eines Rechtsmittels und die Möglichkeit, sich gegen Befangenheit der Richter zur Wehr setzen zu können.

Die Unparteilichkeit der Landesberufungskommission ist dann nicht mehr gegeben, wenn jene Interessenvertreter/Richter, aus denen sie sich zusammensetzt und von denen grundsätzlich je 2 Personen naturgemäß konträre Zielsetzungen verfolgen, auch über Agenden zu urteilen haben, in denen sie zufolge eines zuvor zwischen ihren Interessenvertretungen hergestellten Einvernehmens gleichen Interessen verpflichtet sind.

Wenn, wie im vorliegenden Fall, in einem Streit zwischen Vertragsarzt und Krankenkasse ein Vertragspunkt als rechtswidrig kritisiert wird, der zwischen Kasse und Ärztekammer paktiert wurde, so bietet eine Instanz, die sich aus Interessenvertretern eben dieser Institutionen zusammensetzt, nicht einmal den Anschein einer Objektivität!

Es ist evident, daß der Beschwerdeführer, der zuvor in zwei Instanzen unabhängiger Gerichte Recht bekam, vor diesem Scheintribunal unterliegen mußte. Die 'Unabhängigkeit' der seitens der Interessensvertretungen entsandten Mitglieder der Landesberufungskommission erweist sich als eine Eigenschaft, die ihnen zwar theoretisch zugestanden wird - um nämlich formell die Voraussetzungen des Tribunalbegriffes zu erfüllen - die aber im konkreten Fall mit der Verpflichtung gegenüber den eigenen Reihen in unüberwindlichem Konflikt steht."

3. Die Landesberufungskommission für das Land Niederösterreich als belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt, von der Erstattung einer Gegenschrift jedoch abgesehen.

4. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

4.1. Die Landesberufungskommission für das Land Niederösterreich gründet sich auf die §§345 sowie die Abs 3 bis 7 des § 346 ASVG. Diese Bestimmungen lauten auszugsweise wie folgt:

"§345. (1) Für jedes Land ist auf Dauer eine Landesberufungskommission zu errichten. Diese besteht aus einem Richter des Dienststandes als Vorsitzendem und aus vier Beisitzern. Der Vorsitzende ist vom Bundesminister für Justiz zu bestellen; der Vorsitzende muß ein Richter sein, der im Zeitpunkt seiner Bestellung bei einem Gerichtshof in Arbeits- und Sozialrechtssachen tätig ist. Je zwei Beisitzer werden von der zuständigen Ärztekammer und dem Hauptverband entsendet.

(2) Die Landesberufungskommission ist zuständig:

1. zur Entscheidung über Berufungen gegen Bescheide der paritätischen Schiedskommission und

2. zur Entscheidung auf Grund von Devolutionsanträgen gemäß § 344 Abs 3.

(3) § 346 Abs 3 bis 7 gilten sinngemäß auch für die Landesberufungskommission und deren Mitglieder."

"§346. ...

(3) Die Mitglieder der Bundesschiedskommission und ihre Stellvertreter werden vom Bundesminister für Justiz für eine Amtsdauer von fünf Jahren berufen. Sie haben bei Ablauf dieser Amtsdauer ihr Amt bis zu dessen Wiederbesetzung auszuüben. Neuerliche Berufungen sind zulässig.

(4) ...

(5) ...

(6) Die Mitglieder der Bundesschiedskommission sind in Ausführung ihres Amtes unabhängig und an keine Weisungen gebunden.

(7) Entscheidungen der Bundesschiedskommission unterliegen weder der Aufhebung noch der Abänderung im Verwaltungswege."

Zufolge § 344 Abs 1 ASVG ist die Paritätische Schiedskommission zur Schlichtung und Entscheidung von Streitigkeiten, die in rechtlichem oder tatsächlichem Zusammenhang mit dem Einzelvertrag stehen, zuständig. Antragsberechtigt im Verfahren vor dieser Behörde sind die Parteien des Einzelvertrages.

4.2. Der Verfassungsgerichtshof hat die Landesberufungskommission für das Land Niederösterreich bereits in seinem Erkenntnissen VfSlg. 13553/1993 und 14216/1995 als Tribunal im Sinne des Art 6 EMRK qualifiziert. Der Gerichtshof hält an dieser Rechtsprechung weiterhin fest.

Wie bereits in den Erkenntnissen VfSlg. 9887/1983 und 11912/1988 näher dargetan wurde, läßt sich allein aus der gesetzlich vorgeschriebenen Mitwirkung sogenannter Interessenvertreter an der Entscheidung eine - auch nur scheinbare - Abhängigkeit von den Streitparteien nicht ableiten:

Die weisungsfreien Interessenvertreter, die in einer Kollegialbehörde mit richterlichem Einschlag im Sinne des Art 133 Z 4 B-VG vertreten sind, fungieren keinesfalls als persönliches Sprachrohr der einen oder anderen Partei; sie sollen vielmehr sachliche Gesichtspunkte in den Entscheidungsvorgang einbringen, die sich aus ihrer jeweiligen Berufsstellung ergeben. Ein Verstoß gegen die geforderte Unparteilichkeit könnte, wie der Gerichtshof in seinem Erkenntnis VfSlg. 12470/1990 mit näherer Begründung ausgesprochen hat, nur in besonderen Umständen liegen, die sich aus einer dienstlichen oder organisatorischen Abhängigkeit der bestellten Kommissionsmitglieder ergeben. Daß sich derartiges schon aus den gesetzlichen Regelungen ergebe, wird vom Beschwerdeführer nicht behauptet und ist auch dem Verfassungsgerichtshof nicht ersichtlich. Der Gerichtshof hegt daher auch aus dem Blickwinkel des vorliegenden Falles keine Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit der die belangte Behörde konstituierenden Rechtsgrundlagen; der Beschwerdeführer wurde demnach nicht in Rechten wegen Anwendung verfassungswidriger Gesetzesbestimmungen verletzt.

4.3.1. Der vom Beschwerdeführer erhobene Vorwurf, er sei mangels Durchführung einer öffentlichen Verhandlung vor der neuerlichen Bescheiderlassung in seinem durch Art 6 EMRK gewährleisteten Recht, daß seine von einem Tribunal zu entscheidende Rechtssache öffentlich gehört werde, verletzt worden, ist nicht begründet: Nach ständiger Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (vgl. zB VfSlg. 7208/1973, 11569/1987, 11855/1988, 13432/1993 und 14216/1995) gilt der Vorbehalt Österreichs zu Art 6 EMRK bezüglich des in Art 90 B-VG festgelegten Grundsatzes der Öffentlichkeit auch für Verfahren vor Tribunalen im Sinne dieser Konventionsbestimmung, sodaß gesetzliche Regelungen, die für Verfahren vor diesen den Grundsatz der Nichtöffentlichkeit vorsehen, zulässig sind. Vor dem Hintergrund dieser gefestigten Rechtsprechung kann in der Unterlassung einer öffentlichen Verhandlung im vorliegenden Fall kein Verstoß gegen Art 6 EMRK erblickt werden.

4.3.2. Auch der Vorwurf des Beschwerdeführers, der bekämpfte Bescheid verstoße gegen das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter, erweist sich als unzutreffend:

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes wird das Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter durch den Bescheid einer Verwaltungsbehörde verletzt, wenn die Behörde eine ihr gesetzlich nicht zukommende Zuständigkeit in Anspruch nimmt oder in gesetzwidriger Weise ihre Zuständigkeit ablehnt (zB VfSlg. 9696/1983), etwa indem sie zu Unrecht eine Sachentscheidung verweigert (zB VfSlg. 10374/1985, 11405/1987, 13280/1992).

Der Kassenvertrag zwischen dem Beschwerdeführer und der Niederösterreichischen Gebietskrankenkasse wurde - wie sich aus dem rechtskräftigen Bescheid der Landesberufungskommission für Niederösterreich vom ergibt - mit beendet. Ausgehend von dieser Sach- und Rechtslage vermag der Verfassungsgerichtshof der belangten Behörde nicht entgegenzutreten, wenn sie die Auffassung vertritt, daß sie für behauptete Ansprüche, die unbestrittenermaßen erst nach der Beendigung des Kassenvertrages entstanden wären, nicht zuständig ist.

4.3.3. Da die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers rechtmäßig zurückgewiesen hat, ist der von ihm erhobene Vorwurf der willkürlichen Vorgangsweise offensichtlich unbegründet. Eine Verletzung des Beschwerdeführers im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz liegt daher nicht vor.

4.3.4. Die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte hat sohin nicht stattgefunden.

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

4.4. Dies konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.