VfGH vom 30.06.2015, B745/2013
Leitsatz
Verletzung der beschwerdeführenden Gemeinde im Eigentumsrecht durch Abweisung des Einspruchs gegen einen Beschluss der Agrargemeinschaft betreffend den Verkauf von Holz; ausschließliches Verfügungsrecht der substanzberechtigten Gemeinde über die aus der Ausübung der land- und forstwirtschaftlichen Nutzungsrechte hinausgehenden Überschüsse (Überling)
Spruch
I. Die Beschwerdeführerin ist durch den angefochtenen Bescheid in ihrem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums verletzt worden.
Der Bescheid wird aufgehoben.
II. Das Land Tirol ist schuldig, der Beschwerdeführerin zuhanden ihres Rechtsvertreters die mit € 2.616,– bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Entscheidungsgründe
I. Sachverhalt, Beschwerde und Vorverfahren
1. Mit Bescheid vom , Z AgrB-R735/427-2012, wies das Amt der Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde erster Instanz den Einspruch der beschwerdeführenden Gemeinde gegen den anlässlich der Ausschusssitzung der Agrargemeinschaft Münster-Hochwald am unter Tagesordnungspunkt 3. gefassten Beschluss (Holzverkauf) ab.
2. Ihre gegen diesen Bescheid erhobene Berufung begründete die Gemeinde Münster zusammengefasst damit, dass die nutzungsberechtigten Agrargemeinschaftsmitglieder nur Anspruch auf die (land- und forstwirtschaftlichen) Naturalbezüge an Holz und Weide zur Deckung des Haus- und Gutsbedarfes hätten, ein Verkauf von Holz unzulässig sei und mithin die beschlossene Nutzung eine Tätigkeit sei, die den Substanzwert der Gemeinde betreffe. Durch das vom Ausschuss beschlossene Vorgehen, gegen welches sich die Gemeinde Münster anlässlich der Ausschusssitzungen durch ihren entsandten Gemeindevertreter ausgesprochen habe, würden daher wesentliche Interessen der Gemeinde verletzt. Alle über die konkrete Bedarfsdeckung hinausgehenden land- und forstwirtschaftlichen Nutzungen des Gemeindegutes, darunter auch etwaige Verkaufserlöse aus Wald und Alpe, wie sie in den Jahresrechnungen und in den Voranschlägen der Agrargemeinschaft gebucht worden seien und aktuell immer noch würden, stünden der substanzberechtigten Gemeinde Münster zu (§70 Tiroler Gemeindeordnung 2001 [in der Folge: TGO 2001]).
3. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung der Gemeinde Münster als unbegründet abgewiesen.
3.1. Aus mehreren guten Gründen sei bei vielen Regulierungen – auch im Fall der Agrargemeinschaft Münster-Hochwald – vom Prinzip der Verteilung der Holzerträgnisse nach dem Prinzip des Haus- und Gutsbedarfes abgegangen worden. Die Verteilungsregelung der Holzerträgnisse nach prozentuellen Anteilsrechten sei bei dieser Agrargemeinschaft mit einem Bescheid der Agrarbehörde rechtskräftig verfügt worden, womit den einzelnen Anteilsberechtigten ein freies Verfügungsrecht über ihre Holzbezüge ohne Einschränkung auf einen nachzuweisenden Bedarf vermittelt worden sei (der Regulierungsplan der Agrargemeinschaft Münster-Hochwald enthalte im Abschnitt VI. [Nutzungsrichtlinien] unter Punkt 3.b ausdrücklich eine solche Bestimmung), wobei diese aber auch das Risiko zu übernehmen gehabt hätten, dass sie mit den ihnen zugeteilten Holzbezügen eine zu einem bestimmten Zeitpunkt eintretende Bedarfslage gegebenenfalls auch nicht abdecken hätten können.
3.2. Nach Auffassung des Landesagrarsenates beim Amt der Tiroler Landesregierung (in der Folge: LAS) habe der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis VfSlg 18.446/2008 nur solche Fälle und die dort ergangenen Bescheide verfassungskonform interpretieren wollen, in denen Gemeindegut vorgelegen sei, das an die Agrargemeinschaft unter Aufrechterhaltung der Qualifikation als Gemeindegut übertragen worden sei. Für derartige Fälle habe es der Gerichtshof als verfassungsrechtlich geboten erachtet, nunmehr den Substanzwert zu berücksichtigen und bei Änderung der Verhältnisse in Bezug auf die Substanznutzungen die Anteilsrechte anzupassen, andernfalls die verfassungswidrige Behandlung von Gemeindegut weiter fortgesetzt würde. Im zitierten Erkenntnis habe der Verfassungsgerichtshof weiters den Standpunkt vertreten, dass die Gemeinde wie jeder andere Nutzungsberechtigte behandelt werden habe dürfen, soweit der Gemeinde selbst land- und forstwirtschaftliche Nutzungsrechte am Gemeindegut verblieben seien. Zum Substanzwert habe das Höchstgericht im genannten Erkenntnis ausgeführt, dass dieser keine feste Größe sei, sondern nach den jeweiligen wirtschaftlichen Verhältnissen während des Bestandes der Agrargemeinschaft stark wechseln könne und dieser unter der (zeitbedingt verständlichen) Annahme, dass für die laufende Bewirtschaftung des Gemeindegutes nur land- und forstwirtschaftliche Nutzungen in Betracht kämen, überhaupt nicht in Erscheinung trete.
3.3. Aus diesen Ausführungen des Verfassungsgerichtshofes schließe der LAS, dass das Höchstgericht nicht eine Neuordnung der Verteilungsregelungen in Bezug auf die land- und forstwirtschaftlichen Nutzungen des Gemeindegutes gefordert habe, sondern vielmehr als Aufgabe der Agrarbehörde eine Berücksichtigung des Substanzwertes im Sinne der nicht land- und forstwirtschaftlichen Nutzungsmöglichkeiten des Gemeindegutes zugunsten der politischen Gemeinde als vormalige Eigentümerin des Gemeindegutes vor Augen gehabt habe. Nach dem Dafürhalten des LAS sei somit der vom Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis VfSlg 18.446/2008 verwendete Begriff Substanzwert dahingehend zu verstehen, dass damit nicht land- und forstwirtschaftliche Nutzungen gemeint gewesen seien.
3.4. Der erstinstanzlichen Behörde sei in ihrer Meinung beizupflichten, dass land- und forstwirtschaftliche Nutzungen keine Substanznutzungen im Sinne der Novelle LGBl 7/2010 seien, diese sohin nicht unter die Begriffsdefinition des Substanzwertes gemäß § 33 Abs 5 Tiroler Flurverfassungslandesgesetz 1996 (in der Folge: TFLG 1996) subsumiert werden könnten. Diese Ansicht harmoniere mit dem Umstand, dass der Landesgesetzgeber mit der TFLG 1996-Novelle 2010 (LGBl 7/2010) samt der zitierten Gesetzesbestimmung des § 33 Abs 5 TFLG 1996 der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zum Gemeindegut habe Rechnung tragen wollen. Dass der Gesetzgeber dabei den Begriff des Substanzwertes im Sinne der Erkenntnisses VfSlg 18.446/2008 verwendet habe, sei vom Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis VfSlg 19.262/2010 bereits bestätigt worden.
3.5. Mit diesen Überlegungen des LAS in Übereinstimmung habe der Oberste Agrarsenat beim Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (in der Folge: OAS) in mehreren Erkenntnissen zum atypischen Tiroler Gemeindegut zum Ausdruck gebracht, dass der im Falle des Vorliegens einer Gemeindegutsagrargemeinschaft bestehende Substanzwertanspruch der Gemeinde mit der TFLG 1996-Novelle 2010 in diesem Gesetz entsprechend dem Erkenntnis VfSlg 18.446/2008 abgebildet worden sei, wobei das Gesetz einer durchgehend klaren Trennung zwischen den beiden Anteilsrechten Substanzwertanspruch einerseits und land- und forstwirtschaftliche Nutzungsrechte andererseits folge. Diese Zweiteilung finde – so der OAS weiter – ihre buchhalterische Entsprechung in § 36 Abs 2 TFLG 1996, nach dem zwei voneinander getrennte Rechnungskreise einerseits für die Einnahmen und Ausgaben aus der land- und forstwirtschaftlichen Tätigkeit der Agrargemeinschaft (Rechnungskreis I) und andererseits für die Einnahmen und Ausgaben aus dem Substanzwert (Rechnungskreis II) zu führen seien sowie die Erträge aus der jeweiligen Nutzung somit in entsprechenden Rechnungskreisen abzubilden seien. Beim Überling, worunter die Summe der Ertragsüberschüsse zu verstehen sei, die von den nutzungsberechtigten Agrargemeinschaftsmitgliedern über die Deckung ihres Bedarfes hinaus erwirtschaftet würden, handle es sich nach den Ausführungen des OAS um Einnahmen bzw. Ertragsüberschüsse aus einer land- und forstwirtschaftlichen Tätigkeit, die sich schon begrifflich, aber auch inhaltlich nicht den Erträgen aus den – an das vormalige Eigentum der Gemeinde und damit an Eigentümerbefugnisse anknüpfenden – Substanznutzungen gemäß § 33 Abs 5 leg.cit. zuordnen ließen, weswegen der Überling als Ertrag einer land- und forstwirtschaftlichen Nutzung jedenfalls Bestandteil der im Rechnungskreis I zu verbuchenden Einnahmen sei.
3.6. Aus diesen rechtlichen Darlegungen ergebe sich für den vorliegenden Fall Folgendes: Aus dem Titel ihrer Substanzansprüche am Gemeindegut vermöge die politische Gemeinde Münster den von ihr begehrten Erlös aus dem Überling der Holzbewirtschaftung aus Gemeindegutswäldern, sohin den beantragten Holzertrag, der über die Deckung des Haus- und Gutsbedarfes der Nutzungsberechtigten hinausgehe, in Wirklichkeit nicht anzusprechen. Im Übrigen sei gegenwärtig nach den rechtskräftig festgelegten Verteilungsregelungen in den Regulierungsbestimmungen in Form prozentmäßiger Anteilsrechte an den Holznutzungen des Gemeinschaftsgebietes gar kein Überling zu verzeichnen, weil zum einen der gesamte Hiebsatz an die Anteilsberechtigten entsprechend ihren Anteilsrechten zur Verteilung gelange und zum anderen der heutige Hiebsatz von ca. 120 efm bei weitem unter jenem zum Zeitpunkt der Regulierung von ca. 208 efm liege, womit der gegenwärtige Holzbezugsanspruch der Anteilsberechtigten entsprechend ihren Anteilsrechten im Verhältnis zum Regulierungszeitpunkt deutlich verringert worden sei.
3.7. Der von der politischen Gemeinde Münster offensichtlich angestrebten Rückkehr zum Prinzip des Haus- und Gutsbedarfes bei der Verteilung der Holzerträgnisse würden die Rechtskraft der Regulierungsbestimmungen und nicht unbeachtliche Zweckmäßigkeitsüberlegungen (Streitanfälligkeit dieser Verteilung, enormer Verwaltungsaufwand durch die erforderliche Prüfung des jeweiligen Bedarfes) entgegenstehen.
3.8. Die Erstbehörde habe damit zutreffend erkannt, dass es den Agrargemeinschaftsmitgliedern grundsätzlich frei stehe, wie sie die ihnen zustehenden Holzbezüge nutzen würden. Sie könnten ihre Holzbezüge selbst für unmittelbare Eigenbedarfszwecke nutzen (zB für Zaunanlagen, Brennholzzwecke, zur Instandhaltung von Wirtschaftsgebäuden etc.), aber auch eine gemeinschaftliche Holzverwertung (Gemeinschaftsholzverkauf) – so wie im Regulierungsplan für die Agrargemeinschaft Münster-Hochwald ausdrücklich vorgesehen – durchführen lassen und die daraus erzielten Geldeinnahmen unter sich verteilen. Die geltenden Regulierungsbestimmungen würden dadurch nicht verletzt. Unter Beachtung des weiteren Aspektes, dass durch den von der Gemeinde Münster bekämpften Ausschussbeschluss der Agrargemeinschaft Münster-Hochwald Substanznutzungen der Gemeinde Münster nicht beeinträchtigt würden, bewege sich dieser Beschluss nach Ansicht des LAS im Rahmen der körperschaftlichen Autonomie, die der Agrargemeinschaft Münster-Hochwald als Körperschaft öffentlichen Rechtes die Freiheit einräume, Beschlüsse dahingehend zu fassen, an wen das Holz verkauft werde. Argumente, dass es sich bei einer bestimmten Firma nicht um den Bestbieter für den Holzverkauf handle, seien von der Gemeinde Münster nicht vorgebracht worden. Es könne nicht Aufgabe der Agrarbehörde sein, alle möglichen denkbaren rechtlichen und wirtschaftlichen Folgen eines Beschlusses der Agrargemeinschaft bzw. eines ihrer Organe in Erwägung zu ziehen und bei einem Einspruchsverfahren ihrer Entscheidung zugrunde zu legen. In der Regel werde eine Grobprüfung dahingehend ausreichen, ob die naheliegenden (rechtlichen, faktischen und wirtschaftlichen) Folgen eines Beschlusses den Vorgaben des § 2 der Satzung entsprechen würden oder nicht.
4. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art 144 B VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten, insbesondere in den Rechten auf Unversehrtheit des Eigentums und auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz, behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides, in eventu die Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, beantragt wird. Begründend wird dazu – auf das Wesentliche zusammengefasst – Folgendes ausgeführt:
4.1. Die nutzungsberechtigten Agrargemeinschaftsmitglieder hätten nur Anspruch auf die (land- und forstwirtschaftlichen) Naturalbezüge an Holz und Weide zur Deckung des Haus- und Gutsbedarfes.
4.2. Ein (gemeinschaftlicher) Holzeinschlag zum Zweck des Verkaufes in der Absicht, den Erlös entweder zur Deckung der (eigentlich über Umlagen von den Nutzungsberechtigten zu tragenden) Bewirtschaftungskosten der Agrargemeinschaft (Aufwendungen im Rechnungskreis I) zu verwenden und/oder diesen Erlös zur Gänze oder auch nur teilweise an die Mitglieder der Agrargemeinschaft auszukehren, diene ganz offensichtlich nicht dieser Bedarfsdeckung und stelle somit einen unzulässigen Eingriff in das verfassungsgesetzlich geschützte Eigentumsrecht der Gemeinde an dem (nach Abzug der Nutzungsrechte) verbleibenden Substanzwert (§33 Abs 5 TFLG 1996) und damit eine dem Gleichheitsgrundsatz zuwider laufende Benachteiligung der nicht am Gemeindegut bezugsberechtigten Gemeindebürger in Münster dar (VfSlg 9336/1982).
4.3. Entgegen der Rechtsansicht des LAS sei die beschlossene Nutzung sehr wohl eine Tätigkeit, die den Substanzwert der Gemeinde betreffe, sodass im Sinne der höchstgerichtlichen Judikatur die übrigen nutzungsberechtigten Mitglieder der Agrargemeinschaft insofern über keinerlei Rechte verfügen würden. Durch das vom Ausschuss beschlossene Vorgehen würden daher wesentliche Interessen der Gemeinde verletzt werden.
4.4. Da die Agrargemeinschaft Münster-Hochwald eine solche nach § 33 Abs 2 litc Z 2 TFLG 1996 sei, seien ihre Organe verpflichtet, die besondere Stellung der Gemeinde im Zusammenhang mit dem Substanzwert der agrargemeinschaftlichen Grundstücke und die einschlägigen gesetzlichen Vorschriften zu beachten, im Konkreten also zu berücksichtigen, dass der nicht der Bedarfsdeckung dienende Holzverkauf eine Substanznutzung darstelle und ein Erlös daraus einzig der substanzberechtigten Gemeinde Münster zustehe.
4.5. Die Rechtskraft des Regulierungsbescheides stehe dem nicht entgegen, weil dieser verfassungskonform auszulegen sei und zudem auch die Bestimmung des § 69 TFLG 1996 eine prozessuale Norm (Entschädigung) zur Durchbrechung der Rechtskraft darstelle (). Die Agrarbeteiligung als Nutzung des Gemeindegutes bestehe somit nur für den Naturalbezug zur Deckung des Haus- und Gutsbedarfes der Mitglieder. Ein Verkauf von Bedarfsholz, sei es zum Zweck, dass mit dem Verkaufserlös die laufenden Bewirtschaftungskosten gedeckt und/oder die erzielten Ertragsüberschüsse (ganz oder teilweise) gleich direkt an die Mitglieder verteilt würden, sei jedoch fernab jeder Bedarfsnutzung.
4.6. Die seinerzeitige Regulierung habe diesen historischen Bedarf nur konkretisiert und verdeutlicht, nicht jedoch zu einer Erweiterung des auf die Haus- und Gutsbedarfsdeckung beschränkten Nutzungsrechtes geführt. Es sei trotz Regulierung beim Gemeindegut und damit bei den überkommenen Nutzungsmöglichkeiten in Holz und Weide geblieben. Alle über die konkrete Bedarfsdeckung hinausgehenden land- und forstwirtschaftlichen Nutzungen des Gemeindegutes, darunter natürlich auch etwaige Verkaufserlöse aus Wald und Alpe, wie sie in der Jahresrechnung sowie in den Voranschlägen der Agrargemeinschaft gebucht worden seien und aktuell immer noch würden, stünden daher der substanzberechtigten Gemeinde Münster zu (§70 TGO 2001).
4.7. Demgegenüber vertrete der LAS (und ihm folgend die Agrarbehörde erster Instanz) in ständiger Judikatur zum Nachteil der substanzberechtigten Gemeinden die Auffassung, dass mit der im Zuge der seinerzeitigen Regulierung vorgenommenen Fixierung der Holzbezüge nach bestimmten Anteilen sämtlicher Agrargemeinschaftsmitglieder in Form der bescheidmäßigen Festlegung prozentueller Nutzungsanteile das Prinzip der Verteilung der Holzbezüge nach dem Haus- und Gutsbedarf beseitigt worden sei. Den einzelnen Anteilsberechtigten sei damit ein freies Verfügungsrecht über ihre Holzbezüge ohne Einschränkung auf den nachzuweisenden Bedarf vermittelt worden, mit anderen Worten also ein Blankoscheck ausgestellt worden.
4.8. Der Begriff des Substanzwertes sei nach dem Verständnis des Verfassungsgerichtshofes in seinem Erkenntnis VfSlg 18.446/2008 und auch nach der in Umsetzung dieses Erkenntnisses geschaffenen Bestimmung des § 33 Abs 5 TFLG 1996 idF LGBl 7/2010 nur dahingehend zu verstehen, dass die land- und forstwirtschaftlichen Nutzungen davon jedenfalls nicht umfasst seien. Die Gemeinde könne daher aus dem Titel ihrer Substanzansprüche am Gemeindegut den Ertragsüberschuss (Überling) aus der Holzbewirtschaftung auch nicht für sich beanspruchen. Der gesamte Hiebsatz stünde den Mitgliedern der Agrargemeinschaft entsprechend den seinerzeit fixierten Anteilen zu. Einen Überling an den forstwirtschaftlichen Nutzungen des Gemeinschaftsgebietes gebe es also in Wahrheit gar nicht. Einer Rückkehr zum Prinzip des Haus- und Gutsbedarfes bei der Verteilung der Holzerträgnisse stehe die Rechtskraft des seinerzeitigen Regulierungsplanes entgegen. Die Beschlüsse der Agrargemeinschaftsorgane auf Holzverkauf seien daher gesetzes- und satzungskonform und würden, weil keinerlei Bezug zu Substanznutzungen der agrargemeinschaftlichen Grundstücke aufweisend, somit auch nicht die Zustimmung der jeweiligen Gemeinde erfordern. Dieselbe Auffassung werde – ergänzt um Ausführungen zum Substanzwert mit einer Differenzierung zwischen Nutzungsrechten und Nutzungserträgen – von beiden Unterinstanzen auch im vorliegenden Fall unter Berufung auf ein bestimmtes Erkenntnis des OAS vertreten.
4.9. Mit dieser Begründung würden sich die Agrarbehörde erster Instanz und der LAS jedoch in einer aus rechtsstaatlicher Sicht höchst bedenklichen Weise über die Kernaussagen des Verfassungsgerichtshofes in seinen Grundsatzerkenntnissen VfSlg 9336/1982 und 18.446/2008 sowie über die maßgeblichen Bestimmungen des TFLG 1996 und der TGO 2001 hinwegsetzen, würden diese geradezu ins Gegenteil verkehren und damit die verfassungswidrige Behandlung des Gemeindegutes in bewährter Form fortsetzen.
5. Der LAS hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der – neben Ausführungen zum öffentlichen Interesse an einer nachhaltigen Waldbewirtschaftung im Bundesland Tirol – den Beschwerdebehauptungen wie folgt entgegengetreten wird:
5.1. Der über die Summe der Nutzungsrechte hinausgehende Substanzwert des Gemeindegutes, der je nach Art der Nutzung möglicherweise erst bei Eingriff in die Substanz oder bei Teilung zutage trete, stehe unbestrittenermaßen der Gemeinde zu (vgl. VfSlg 9336/1982). Dass sich die Befugnis der Agrarbehörden zur Regelung der rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse am Gemeindegut folglich auf die Regulierung der Ausübung der land- und forstwirtschaftlichen Nutzungsrechte beschränken (habe) müsse(n), stehe ebenso unverrückbar fest (vgl. VfSlg 18.446/2008). Anders als die Beschwerdeführerin einwende, habe die historische Agrarbehörde im Zuge der Regulierung der Agrargemeinschaft Münster-Hochwald diese Grenzen durch Festsetzung von Regelungen für die nunmehr strittige Waldbewirtschaftung nicht überschritten. Hinzu komme, dass für die laufende Bewirtschaftung des Gemeindegutes im Rahmen der land- und forstwirtschaftlichen Nutzungen der Substanzwert des Gemeindegutes im Sinne des Erkenntnisses VfSlg 18.446/2008 erst überhaupt nicht in Erscheinung trete.
5.2. Davon unbenommen könnten sich die für die im Regulierungsplan aus dem Jahr 1976 vorgenommene Anteilsfeststellung maßgeblichen Größen ändern; damit zusammenhängend sehe das TFLG 1996 auch die Abänderung von Regulierungsplänen vor (§69 Abs 1 leg.cit.). Der Verfassungsgerichtshof gehe dabei davon aus, dass eine Änderung nur dann, aber auch immer dann stattzufinden habe, wenn sich die erfolgte Regulierung für die Ausübung der land- und forstwirtschaftlichen Nutzungsrechte unzweckmäßig erweise oder die für die Nutzungsverhältnisse maßgeblich gewesenen Umstände geändert hätten (vgl. VfSlg 18.446/2008). Ob eine solche Änderung der Umstände im Fall der Agrargemeinschaft Münster-Hochwald eingetreten sei und somit eine Abänderung des Regulierungsplanes bezüglich der land- und forstwirtschaftlichen Nutzungsregelungen rechtens wäre oder nicht, sei nicht Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens gewesen und habe damit auch nicht Gegenstand des berufungsbehördlichen Verfahrens sein können.
5.3. Der LAS habe in seinem die erstinstanzliche (positive) Gemeindegutsfeststellung bestätigenden Bescheid ausgeführt, dass die 1972 ins Eigentum der Agrargemeinschaft Münster-Hochwald gelangten Grundstücke ursprünglich dem 1963 eingeleiteten Verfahren zur Regulierung der gemeinschaftlichen Benützungs- und Verwaltungsrechte für die Teilwälder der Gemeinde Münster unterworfen gewesen seien. Ein im Zuge dieses Verfahrens ergangener Bescheid aus dem Jahr 1964 habe das Regulierungsgebiet als ein agrargemeinschaftliches Grundstück iSd § 36 Abs 2 lite TFLG 1952 qualifiziert. Im Sinne dieser Norm seien agrargemeinschaftliche Grundstücke auch die der Ortsgemeinde grundbücherlich zugeschriebenen Waldgrundstücke, für die zugunsten bestimmter Liegenschaften oder Personen ausschließliche Holz- und Streunutzungsrechte einverleibt seien (Teilwälder). Eine Definition der Teilwaldrechte sei nunmehr in § 33 Abs 3 TFLG 1996 enthalten.
5.4. Mit Blick auf diese Ausführungen und der daraus erhellenden Tatsache, dass der Beschwerdeführerin schon vor der Eigentumsübertragung der ehemaligen Teilwaldgrundstücke auf die Agrargemeinschaft (einst) Münster und (später) von dieser auf die Agrargemeinschaft Münster-Hochwald der forstwirtschaftliche Nutzungsertrag angesichts der agrarbehördlichen Qualifizierung dieser Grundstücke (als mit Teilwaldrechten belastet) nicht zugestanden gewesen sei, erscheine für den LAS die rechtliche Schlussfolgerung zutreffend, dass die Beschwerdeführerin den begehrten Holzertrag der im Beschwerdefall beteiligten Agrargemeinschaft Münster-Hochwald schon angesichts dessen nicht anzusprechen vermöge.
5.5. Wäre es nicht zu der verfassungsrechtlich verpönten Eigentumsübertragung von der Gemeinde auf die Agrargemeinschaft gekommen (und anschließend auf dieser Grundlage zur Umwandlung der Teilwaldrechte in aliquote Anteilsrechte), so stünden der beschwerdeführenden Gemeinde Holzerträge auf den in Rede stehenden Waldflächen schon von vornherein nicht zu (so wie vor der verfassungswidrigen Eigentumsübertragung).
6. Die beteiligte Partei hat eine Äußerung erstattet, in der – neben Ergänzungen bzw. Richtigstellungen zum Sachverhalt und Ausführungen zur Unschlüssigkeit der vorliegenden Beschwerde der Ortsgemeinde – dem Beschwerdevorbringen im Hinblick auf die Zuordnung des Überlings Folgendes entgegengehalten wird:
Atypische Scheingemeindegutsagrargemeinschaften kraft Qualifizierungsentscheidung der historischen Agrarbehörde würden weder die Voraussetzungen für die (permanente) Anpassung des Regulierungsplanes an geänderte Verhältnisse noch für die Zuordnung des Substanzwertes an die Ortsgemeinde gemäß § 33 Abs 5 TFLG 1996 erfüllen, weil es an der Grundvoraussetzung gebreche, dass Eigentum der Ortsgemeinde verfassungswidrig auf eine Agrargemeinschaft übertragen worden sei. Im Fall eines atypischen Scheingemeindegutes kraft Qualifizierungsentscheidung – wie dies bei der beteiligten Agrargemeinschaft der Fall sei, bei der auf die Prüfung der wahren Eigentumsverhältnisse bewusst verzichtet worden sei – stehe der Ortsgemeinde weder ein Substanzwert noch ein Überling zu. Es liege ein Sachverhalt vor, der nicht unter § 33 Abs 5 leg.cit. subsumiert werden könne. Weder seien die Rechtssätze des Erkenntnisses VfSlg 18.446/2008 anwendbar, noch die Bestimmung des § 33 Abs 5 TFLG 1996. Die von der beschwerdeführenden Gemeinde aufgeworfene Frage, ob der Überling Teil des Substanzwertes sei oder nicht, sei bei diesem Sachverhalt nicht einschlägig.
II. Rechtslage
Die im vorliegenden Fall maßgebliche Rechtslage stellt sich wie folgt dar:
§33, § 36 Abs 1 und 2 sowie § 37 Abs 7 TFLG 1996, LGBl 74 idF LGBl 7/2010, lauteten:
"§33
Agrargemeinschaftliche Grundstücke
(1) Agrargemeinschaftliche Grundstücke im Sinne dieses Gesetzes sind Grundstücke, die von allen oder mehreren Mitgliedern einer Gemeinde oder von den Mitgliedern einer Nachbarschaft, einer Interessentschaft, einer Fraktion oder einer ähnlichen Mehrheit von Berechtigten kraft einer mit einer Liegenschaft (Stammsitzliegenschaft) verbundenen oder einer persönlichen (walzenden) Mitgliedschaft gemeinschaftlich und unmittelbar für land- und forstwirtschaftliche Zwecke auf Grund alter Übung genutzt werden. Als gemeinschaftliche Nutzung gilt auch eine wechselweise sowie eine nach Raum, Zeit und Art verschiedene Nutzung.
(2) Agrargemeinschaftliche Grundstücke sind, unbeschadet der Rechte aus einer bereits vollendeten Ersitzung, insbesondere:
a) Grundstücke, die im Zuge von Verfahren nach der Kaiserlichen Entschließung vom 6. Februar 1847, Provinzialgesetzsammlung von Tirol und Vorarlberg für das Jahr 1847, S. 253, einer Mehrheit von Berechtigten ins Eigentum übertragen wurden;
b) Grundstücke, die im Zuge von Verfahren nach dem Kaiserlichen Patent vom 5. Juli 1853, RGBl. Nr 130, einer Mehrheit von Berechtigten ins Eigentum übertragen wurden;
c) Grundstücke, die
1. im Eigentum einer Gemeinde stehen und zur Deckung des Haus- und Gutsbedarfes von Stammsitzliegenschaften dienen oder
2. vormals im Eigentum einer Gemeinde gestanden sind, durch Regulierungsplan ins Eigentum einer Agrargemeinschaft übertragen wurden, vor dieser Übertragung der Deckung des Haus- und Gutsbedarfes von Stammsitzliegenschaften gedient haben und nicht Gegenstand einer Hauptteilung waren (Gemeindegut);
d) Waldgrundstücke, die im Eigentum einer Gemeinde oder einer Mehrheit von Berechtigten (Agrargemeinschaft) stehen und auf denen Teilwaldrechte (Abs3) bestehen (Teilwälder).
(3) Teilwaldrechte sind Holz- und Streunutzungsrechte, die auf Grund öffentlicher Urkunden oder auf Grund örtlicher Übung zugunsten bestimmter Liegenschaften oder bestimmter Personen auf nach Größe, Form und Lage bestimmten oder bestimmbaren Teilflächen von Waldgrundstücken bestehen. Teilwaldrechte gelten als Anteilsrechte im Sinne dieses Gesetzes.
(4) Keine agrargemeinschaftlichen Grundstücke sind insbesondere die nach den Vorschriften des Gemeinderechtes zum Gemeindevermögen zählenden Grundstücke, insbesondere solche, die nicht im Sinne des Abs 1 genutzt, sondern durch Verpachtung oder auf ähnliche Art zugunsten des Gemeindevermögens verwertet werden.
(5) Der Substanzwert eines agrargemeinschaftlichen Grundstückes ist jener Wert, der nach Abzug der Belastung durch die land- und forstwirtschaftlichen Nutzungsrechte verbleibt. Der Substanzwert steht der Gemeinde zu. Die Substanz eines agrargemeinschaftlichen Grundstückes wird insbesondere auch dann genutzt, wenn dieses veräußert, wenn dieses als Schottergrube, Steinbruch und dergleichen verwendet, wenn es verpachtet oder wenn darauf eine Dienstbarkeit oder ein Baurecht begründet wird. Die Agrarbehörde hat auf Antrag der betroffenen Gemeinde oder Agrargemeinschaft nach Abs 2 litc Z 2 festzustellen, ob eine bestimmte Tätigkeit die Nutzung der Substanz oder die land- und forstwirtschaftliche Nutzung eines agrargemeinschaftlichen Grundstückes betrifft oder in welchem Verhältnis die beiden Nutzungsarten von dieser Tätigkeit betroffen sind.
(6) Ob ein Grundstück ein agrargemeinschaftliches Grundstück ist, hat im Zweifel die Agrarbehörde zu entscheiden. Die gemeinderechtlichen Bestimmungen bleiben unberührt.
(7) Ein Grundstück kann auf Antrag des bücherlichen Eigentümers von der Agrarbehörde neu als agrargemeinschaftliches Grundstück gewidmet werden. Teilwaldrechte können nicht neu begründet werden.
§36
Satzungen
(1) Die Satzungen der Agrargemeinschaften (§34 Abs 2) haben insbesondere Bestimmungen zu enthalten über:
a) Name, Sitz und Zweck der Agrargemeinschaft, bei Agrargemeinschaften, die im Sinn des § 33 Abs 2 litc Z 2 auf Gemeindegut bestehen, einschließlich der Bezeichnung 'Gemeindegutsagrargemeinschaft';
b) Rechte und Pflichten der Mitglieder;
c) den Aufgabenbereich der Organe;
d) die Art und Form der Einladung und die Führung des Protokollbuches;
e) Angelegenheiten, deren Beschlußfassung einer agrarbehördlichen Genehmigung bedarf (§37 Abs 4);
f) die Verwendung allfälliger Ertragsüberschüsse;
g) die Abwicklung des Geldverkehrs, die Verrechnung, die Führung von Aufzeichnungen, aus denen die Gebarung ersichtlich ist, die Bildung eines Betriebsfonds zur Bestreitung laufender Ausgaben, die Erstellung des Jahresvoranschlages und des Rechnungsabschlusses, die Prüfung der Gebarung und des Rechnungsabschlusses durch die Rechnungsprüfer.
(2) Agrargemeinschaften, die im Sinn des § 33 Abs 2 litc Z 2 auf Gemeindegut bestehen, haben zwei voneinander getrennte Rechnungskreise für die Einnahmen und Ausgaben aus der land- und forstwirtschaftlichen Tätigkeit der Agrargemeinschaft (Rechnungskreis I) und die Einnahmen und Ausgaben aus dem Substanzwert der agrargemeinschaftlichen Grundstücke (Rechnungskreis II) zu führen. In die die Rechnungskreise I und II betreffenden Aufzeichnungen und Belege ist den Organen der Gemeinde auf Verlangen jederzeit Einsicht zu gewähren. Die aus dem Rechnungskreis II erfließenden Erträge stehen der substanzberechtigten Gemeinde zu und können von dieser jederzeit entnommen werden.
[…]
§37
Aufsicht über die Agrargemeinschaften; Streitigkeiten
[…]
(7) Über Streitigkeiten zwischen der Agrargemeinschaft und ihren Mitgliedern oder zwischen den Mitgliedern untereinander aus dem Mitgliedschaftsverhältnis sowie über Streitigkeiten zwischen einer Gemeinde und einer Agrargemeinschaft nach § 33 Abs 2 litc in Angelegenheiten, die den Substanzwert der agrargemeinschaftlichen Grundstücke betreffen, hat auf Antrag die Agrarbehörde unter Ausschluss des Rechtsweges zu entscheiden. Solche Anträge sind schriftlich bei der Agrarbehörde einzubringen und zu begründen. Richten sich solche Anträge gegen Beschlüsse der Vollversammlung, so sind sie innerhalb von zwei Wochen nach der Beschlußfassung, richten sie sich gegen Beschlüsse oder Verfügungen anderer Organe der Agrargemeinschaft, so sind sie innerhalb von zwei Wochen nach der satzungsgemäßen Bekanntmachung einzubringen. Anträge von Mitgliedern, die einem Beschluß zugestimmt haben oder die trotz ordnungsgemäßer Einladung an der Beschlußfassung nicht teilgenommen haben, sind nicht zulässig. Die Agrarbehörde hat Beschlüsse (Verfügungen) von Organen der Agrargemeinschaft aufzuheben, wenn sie gegen dieses Gesetz oder gegen den Regulierungsplan einschließlich eines Wirtschaftsplanes oder einer Satzung verstoßen, und dabei wesentliche Interessen des Antragstellers verletzen.
[…]"
III. Erwägungen
1. Die – zulässige – Beschwerde ist begründet.
2. Die Gemeinde Münster wendet sich gegen den vom Ausschuss der Agrargemeinschaft Münster-Hochwald am gefassten Beschluss hinsichtlich des Verkaufes von Holz mit dem Argument, der daraus erzielte Erlös würde nicht der Deckung des den nutzungsberechtigten Agrargemeinschaftsmitgliedern zustehenden land- und forstwirtschaftlichen Haus- und Gutsbedarfes dienen, sodass dieser als Überling der substanzberechtigten Gemeinde zustehe.
3. Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis VfSlg 19.802/2013 ausgesprochen, dass das Nutzungsrecht am Gemeindegut nur im Umfang des Haus- und Gutsbedarfes der berechtigten Liegenschaft besteht sowie der Gemeinde der Substanzwert und die Überschüsse aus der land- und forstwirtschaftlichen Tätigkeit aus dem Titel des Eigentumsrechtes zustehen. Demzufolge ist § 36 Abs 1 litf TFLG 1996, wonach die Satzung der Agrargemeinschaft insbesondere Bestimmungen über die Verwendung allfälliger Ertragsüberschüsse enthalten muss, auf atypisches, in Form einer Agrargemeinschaft organisiertes Gemeindegut iSd § 33 Abs 2 litc Z 2 leg.cit. nicht anzuwenden. Der gesetzliche Begriff des Substanzwertes in § 33 Abs 5 erster Satz leg.cit. ist nach dem zitierten Erkenntnis als der nach Abzug der Belastung durch die land- und forstwirtschaftlichen Nutzungsrechte verbleibende Wert zu verstehen, wobei die Nutzungsrechte auf den Haus- und Gutsbedarf der berechtigten Liegenschaften beschränkt sind. Die Überschüsse aus der land- und forstwirtschaftlichen Tätigkeit (Überling) sind unter den Substanzwert iSd § 33 Abs 5 leg.cit. zu subsumieren und stehen der Gemeinde zu. Dem steht auch die Aufzählung von Nutzungen des Substanzwertes in § 33 Abs 5 dritter Satz leg.cit. nicht entgegen, weil diese demonstrativ ist ("Die Substanz […] wird insbesondere auch dann genutzt, wenn […]"). Der Überling ist als Bestandteil des Substanzwertes dem Rechnungskreis II iSd § 36 Abs 2 TFLG 1996 zuzuordnen. Die Einnahmen und Ausgaben aus der "land- und forstwirtschaftlichen Tätigkeit der Agrargemeinschaft" sind nur im Ausmaß der bestehenden Nutzungsrechte – also des Haus- und Gutsbedarfes – im Rechnungskreis I zu verbuchen.
4. Bei der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der Rechtsgrundlagen des angefochtenen Bescheides würde dieser das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Unversehrtheit des Eigentums nur verletzen, wenn die Behörde das Gesetz in denkunmöglicher Weise angewendet hätte, ein Fall, der nur dann vorläge, wenn die Behörde einen so schweren Fehler begangen hätte, dass dieser mit Gesetzlosigkeit auf eine Stufe zu stellen wäre (vgl. zB VfSlg 15.001/1997, 16.113/2001, 16.701/2002).
5. Ein solcher Fehler ist dem LAS unterlaufen, weil er entgegen § 33 Abs 5 erster Satz TFLG 1996 und der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes den Überschuss aus der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung des Gemeindegutes (Überling) nicht dem Rechnungskreis II iSd § 36 Abs 2 leg.cit. zugeordnet hat, der beschwerdeführenden Gemeinde das Recht abspricht, aus dem Titel der Substanzansprüche am Gemeindegut den von ihr begehrten Erlös aus dem Überling der Holzbewirtschaftung aus Gemeindegutswäldern, sohin den Holzertrag, der über die Deckung des Haus- und Gutsbedarfes der Nutzungsberechtigten hinausgeht, geltend zu machen, und er daraus schließt, der von der Gemeinde Münster bekämpfte Ausschussbeschluss der Agrargemeinschaft Münster-Hochwald vom zum Tagesordnungspunkt 3. würde die Substanznutzungen der beschwerdeführenden Gemeinde nicht beeinträchtigen, was Art 5 StGG und Art 1 1. ZPEMRK widerspricht. Der substanzberechtigten Gemeinde kommt das ausschließliche Verfügungsrecht über die aus der Ausübung der land- und forstwirtschaftlichen Nutzungsrechte hinausgehenden Überschüsse (Überling) zu: Der nach Abzug der Belastungen durch die Bewirtschaftung der bestehenden öffentlich-rechtlichen Nutzungsrechte sowie einer angemessenen Abgeltung für die Bewirtschaftung der agrargemeinschaftlichen Flächen verbleibende Überling ist der Gemeinde zuzuordnen. Entgegenstehende Beschlüsse von Organen einer Agrargemeinschaft beeinträchtigen die Substanznutzung der dazu berechtigten Gemeinde und können von dieser aus dem Titel der Substanzansprüche am Gemeindegut geltend gemacht werden.
IV. Ergebnis
1. Die Beschwerdeführerin ist somit durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums verletzt worden.
2. Der angefochtene Bescheid ist daher aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen ist.
3. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
4.1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in Höhe von € 436,– enthalten.
4.2. Der beteiligten Partei sind für den von ihr eingebrachten, vom Verfassungsgerichtshof aber nicht abverlangten Schriftsatz Kosten nicht zuzusprechen (zB VfSlg 13.847/1994, 15.300/1998, 15.818/2000, 16.037/2000).
European Case Law Identifier
ECLI:AT:VFGH:2015:B745.2013
Fundstelle(n):
QAAAE-08250