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OGH vom 14.09.2021, 11Os91/21y

OGH vom 14.09.2021, 11Os91/21y

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. BachnerForegger und Mag. Fürnkranz und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl als weitere Richter in Gegenwart der Schriftführerin Richteramtsanwärterin Mag. Vizthum in der Strafsache gegen Nader A***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB sowie weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Tomasz S***** gegen das Urteil des Landesgerichts Linz als Schöffengericht vom , GZ 23 Hv 87/20x49, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Dem Angeklagten S***** fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurden Tomasz S***** des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB (I), Nader A***** und Billo B***** (II) sowie Najla C***** (III) hingegen jeweils des Verbrechens der schweren Körperverletzung nach § 83 Abs 1, 84 Abs 5 Z 2 StGB schuldig erkannt.

[2] Danach haben am in L*****

(I) Tomasz S***** dem David L***** mit Gewalt gegen dessen Person fremde bewegliche Sachen, nämlich eine Umhängetasche des Genannten samt 1.750 Euro an Bargeld, mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz durch „gewaltsam[es]“ Entreißen im Zuge des zu II beschriebenen Geschehens weggenommen,

(II) Nader A***** und Billo B***** im einverständlichen Zusammenwirken (§ 12 erster Fall StGB) und in verabredeter Verbindung mit Tomasz S*****, somit (jeweils) mit mindestens zwei Personen, am Körper verletzt, indem sie David L***** nach vorangegangener Absprache gemeinsam auflauerten und ihn zumindest eine Minute lang mit Händen schlugen und mit Füßen traten, wodurch er eine Beule samt Hämatom auf der Stirn sowie Schürf- und Kratzwunden am Hinterkopf und im Nacken erlitt, und

(III) Najla C***** zu der vom Schuldspruch II umfassten strafbaren Handlung beigetragen (§ 12 dritter Fall StGB), indem sie David L***** bei Dunkelheit zum Tatort lockte und Nader A*****, Billo B***** und Tomasz S***** hiervon in Kenntnis setzte.

Rechtliche Beurteilung

[3] Gegen den Schuldspruch I richtet sich die aus § 281 Abs 1 Z 5 und 10 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Tomasz S*****.

[4] Nach dem Urteilssachverhalt (US 7 f) schlugen und traten A*****, B***** und der Beschwerdeführer gemeinsam den am Boden liegenden L*****. „Kurz bevor“ sie von diesem abließen, entriss der Beschwerdeführer dem L***** – mit nach § 142 Abs 1 StGB tatbestandsmäßiger Willensausrichtung – „gewaltsam“ dessen Umhängetasche samt Bargeld. Danach flüchtete er mit der Beute. Den Entschluss, L***** „mit Gewalt die Umhängetasche wegzunehmen“, hatte der Beschwerdeführer „zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt, bevor oder während“ jener „zusammengeschlagen wurde“, gefasst.

[5] Der Mängelrüge zuwider lassen diese Feststellungen an Deutlichkeit (Z 5 erster Fall) nichts vermissen.

[6] Entgegen dem Einwand, sie seien „ohne konkrete Begründung“ geblieben (Z 5 vierter Fall), hat das Erstgericht die Feststellungen zur Willensausrichtung des Beschwerdeführers aus dem „objektiven Tatgeschehen“ (US 11), dieses aber – unter Verwerfung der zur Sachwegnahme leugnenden Verantwortung des Beschwerdeführers – aus den Angaben der Mitangeklagten und des Opfers abgeleitet (US 9 f und 11).

[7] Die Subsumtionsrüge (Z 10) strebt eine rechtliche Unterstellung des vom Schuldspruch I umfassten Sachverhalts als Vergehen des Diebstahls nach § 127 StGB und als Verbrechen der schweren Körperverletzung nach § 83 Abs 1, 84 Abs 5 Z 2 StGB an.

[8] Sie vermisst (aus Beschwerdesicht für die Abgrenzung von Raub und Diebstahl relevante) Feststellungen zur Frage, „wie und mit welcher Intensität“ der Beschwerdeführer dem Opfer die Umhängetasche entriss.

[9] Dabei versäumt sie prozessordnungsgemäß (RIS-Justiz RS0116565) aus dem Gesetz abgeleitet darzulegen, weshalb nicht schon die konstatierten Schläge und Tritte des Nichtigkeitswerbers und seiner Mitangeklagten gegen das Opfer, die – nach der festgestellten Intention des Beschwerdeführers („gewaltsam“; „mit Gewalt“) – jedenfalls zuletzt („[k]urz bevor“; „bevor oder während“) auch der Sachwegnahme dienten, zur Tatbestandserfüllung nach § 142 Abs 1 StGB ausreichende Gewaltanwendung sein sollten.

[10] Soweit die Rüge im Übrigen nicht auf der Basis der (oben referierten) Feststellungen argumentiert, sondern diese beweiswürdigend um eigene Auffassungen (zum Fehlen eines „Sachbehauptungswillens“ des Opfers, das „keine Abwehrreaktion gezeigt“ habe) ergänzt, verfehlt sie den – im Urteilssachverhalt gelegenen – Bezugspunkt materieller Nichtigkeit (RIS-Justiz RS0099810).

[11] Die Nichtigkeitsbeschwerde – deren Antrag in Richtung § 288a StPO im Gegenstand unverständlich bleibt – war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Über die Berufung hat das Oberlandesgericht zu entscheiden (§ 285i StPO).

[12] Der Kostenausspruch gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2021:0110OS00091.21Y.0914.000

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