VfGH vom 19.09.2011, B742/11
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Leitsatz
Verletzung im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter durch einen Bescheid der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend die Wiedereröffnung des Umweltverträglichkeitsprüfungsverfahrens für den Brenner Basistunnel wegen Unterlassung der Anrufung des Umweltsenates vor Erhebung einer Verwaltungsgerichtshofbeschwerde; unrechtmäßige Annahme eines offenkundigen Widerspruchs zwischen innerstaatlichen Zuständigkeitsvorschriften und Unionsrecht und daraus resultierend deren Nichtanwendung
Spruch
I. Die beschwerdeführende Partei ist durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden.
Der Bescheid wird aufgehoben.
II. Der Bund (Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie) ist schuldig, der beschwerdeführenden Partei zuhanden ihres Rechtsvertreters die mit € 2.620,-- bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I.
1. Der vorliegenden Beschwerde liegt folgendes Verwaltungsverfahren zugrunde:
1.1. Mit Bescheid der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie vom wurde der beschwerdeführenden Partei auf deren Antrag die Genehmigung nach den Bestimmungen des UVP-G 2000, des Hochleistungsstreckengesetzes, des Eisenbahngesetzes und des Forstgesetzes für das Vorhaben "ÖBB-Strecke Schwarzach/St. Veit - Villach Hbf., Steinbach - Angertal, Abschnitt Schlossbachgraben - Angertal" erteilt.
1.2. Die dagegen erhobenen Beschwerden an den Verwaltungsgerichtshof, u.a. jene der mitbeteiligten Partei, wurden von diesem mit Beschluss vom , 2010/03/0051, 2010/03/0055, mit der Begründung zurückgewiesen, dass gegen den bekämpften Bescheid das Rechtsmittel der Berufung an den Unabhängigen Umweltsenat zulässig sei. In seinem Erkenntnis wird insbesondere Folgendes ausgeführt:
"4. Vor diesem Hintergrund ist es weder mit dem Wortlaut und der Systematik noch mit der Zielsetzung des Art 10a UVP-RL, der betroffenen Öffentlichkeit einen effektiven Rechtsschutz gegen umweltbezogene Entscheidungen zu gewähren, vereinbar, wenn die Kognitionsbefugnis des überprüfenden Gerichtes insbesondere einer Beschränkung dahin unterworfen ist, dass die von der Verwaltungsbehörde angenommenen Tatsachen, die der angefochtenen Entscheidung zu Grunde liegen, keiner oder nur einer beschränkten Kontrolle unterliegen. Die unionsrechtlich geforderte effektive Überprüfung der materiellrechtlichen und verfahrensrechtlichen Rechtmäßigkeit der Entscheidung setzt vielmehr voraus, dass dem nachprüfenden Gericht auch volle Tatsachenkognition zukommt (vgl in diesem Zusammenhang auch das Urteil des Gerichtshofes vom , C-506/04, Wilson, Rz 61, wonach ein Gericht, dessen Zuständigkeit auf Rechtsfragen beschränkt ist, nicht über die 'volle gerichtliche Zuständigkeit' verfügt).
Der Verwaltungsgerichtshof hat - im Zusammenhang mit einer Angelegenheit des Telekommunikationsrechtes - bereits erkannt, dass im Anwendungsbereich des Gemeinschaftsrechts (nun: des Unionsrechts) für die Entscheidung über
'civil rights' iSd Art 6 EMRK ein Tribunal mit voller Kognition eingerichtet sein muss, bevor der Verwaltungsgerichtshof angerufen wird, um den Anforderungen eines effektiven Rechtsschutzes Genüge zu tun. Die Entscheidung durch eine nicht als Tribunal eingerichtete Verwaltungsbehörde verbunden mit der nachprüfenden Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof ist demnach nicht ausreichend, um die Anforderungen des als Gemeinschaftsgrundrecht anzuwendenden Art 6 EMRK zu erfüllen. Sieht das nationale Recht eine derartige - Art 6 EMRK nicht entsprechende - Behördenzuständigkeit vor, muss der Verwaltungsgerichtshof gegebenenfalls durch Nichtanwendung entgegenstehender Bestimmungen sicherstellen, dass - vor Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes - ein Tribunal mit voller Kognition entscheidet, um dem unionsrechtlichen Grundsatz des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes, zur Geltung zu verhelfen (vgl das hg Erkenntnis vom , 99/03/0423, unter Hinweis auf das Urteil des Gerichtshofes vom , C-462/99, Connect Austria Gesellschaft für Telekommunikation GmbH).
Im Beschwerdefall kann dahingestellt bleiben, ob es sich bei den hier in Frage stehenden Rechtsansprüchen der beschwerdeführenden Parteien um 'civil rights' im Sinne des Art 6 EMRK handelt: Der Grundsatz des Rechts auf ein Gerichtsverfahren im Unionsrecht gilt nämlich nicht nur für Streitigkeiten im Zusammenhang mit zivilrechtlichen Ansprüchen und Verpflichtungen (vgl nunmehr auch die Erläuterungen zur Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl C 303 vom , S 30)."
In der Folge begründet der Verwaltungsgerichtshof
näher, inwiefern die Möglichkeit der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof dem unionsrechtlich geforderten effektiven Rechtsschutz nicht entspreche. Er zieht daraus den Schluss, dass die die Zuständigkeit des Unabhängigen Umweltsenates auf Angelegenheiten des ersten und zweiten Abschnittes des UVP-G 2000 beschränkenden Rechtsvorschriften unangewendet zu lassen seien, sodass der Unabhängige Umweltsenat - soweit unionsrechtlich geboten - auch im Bereich des dritten Abschnitts des UVP-G 2000 zur Entscheidung über Berufungen zuständig sei:
"Die Möglichkeit der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof gewährleistet eine Überprüfung der Rechtmäßigkeit der verwaltungsbehördlichen Entscheidung, die jedenfalls in Bezug auf die Auslegung und die richtige Anwendung der maßgebenden Rechtsvorschriften den Anforderungen des Art 10a UVP-RL entspricht.
Damit könnte es dem Verwaltungsgerichtshof im Einzelfall möglich sein, den unionsrechtlich geforderten effektiven Rechtsschutz zu bieten (vgl auch das die Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof unter dem Blickwinkel des Art 6 EMRK - vor dem Hintergrund einer im Einzelfall vorgenommenen Prüfung Punkt für Punkt - als ausreichend erachtende Urteil des EGMR vom , Beschwerde 28/1992/373/447, Nr. 32, Zumtobel, sowie das auf dieses Urteil Bezug nehmende Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , VfSlg 18.446).
Gerade im Bereich der Umweltverträglichkeitsprüfung sind regelmäßig Tatsachen, insbesondere Art und Ausmaß von Umweltauswirkungen eines Vorhabens, im besonderen Maße entscheidend für die Genehmigungsfähigkeit des Projekts.
Ein Fall wie der vorliegende, in dem die Richtigkeit des von der belangten Behörde angenommenen Sachverhalts unter Bezugnahme auf eigene Sachverständigengutachten in Zweifel gezogen wird, zeigt deutlich, dass eine gerichtliche Kontrollinstanz, die mit voller Tatsachenkognition ausgestattet ist, im Anwendungsbereich der UVP-RL, in dem das Unionsrecht - unbeschadet des Art 47 der Grundrechtecharta bzw des Gebotes des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes - jedenfalls ein spezifisches Rechtsschutzgebot vorsieht, vom Verwaltungsgerichtshof in seiner Funktion als Höchstgericht und auf der Grundlage der von ihm anzuwendenden Rechtsvorschriften nicht ersetzt werden kann:
Gemäß § 41 Abs 1 VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof den angefochtenen Bescheid auf Grund des von der belangten Behörde angenommenen Sachverhalts zu überprüfen. Im Bereich der Tatsachenkontrolle kann der Verwaltungsgerichtshof damit - im Rahmen des Beschwerdevorbringens - lediglich prüfen, ob bei der Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts Verfahrensvorschriften verletzt wurden, ob der Sachverhalt ausreichend ermittelt wurde und ob die bei der Beweiswürdigung von der belangten Behörde angestellten Erwägungen schlüssig sind. Dem Verwaltungsgerichtshof kommt es nicht zu, die vorgenommene Beweiswürdigung der belangten Behörde darüber hinaus auf ihre Richtigkeit hin zu prüfen. Auch im Falle der Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof ist die Kontrollbefugnis und damit der Verhandlungsgegenstand auf Rechtsfragen beschränkt.
...
Es sind daher die genannten, die Zuständigkeit des Umweltsenates auf Angelegenheiten des ersten und zweiten Abschnittes des UVP-G 2000 beschränkenden Rechtsvorschriften unangewendet zu lassen, sodass der Umweltsenat auch zur Entscheidung über Berufungen gegen Bescheide der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie in Angelegenheiten der Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem dritten Abschnitt des UVP-G 2000 - soweit diese unionsrechtlich geboten ist - zuständig ist. Dem steht auch nicht entgegen, dass es nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ausgeschlossen ist, dass die Entscheidung eines obersten Organes einem Instanzenzug unterliegt (vgl VfSlg 8917/1980 ua), da dem Unionsrecht auch Vorrang gegenüber dem innerstaatlichen Verfassungsrecht zukommt (vgl das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , B1625/98, VfSlg 15427/1999)."
1.3. Der daraufhin von der mitbeteiligten Partei gestellte, mit der Einbringung der Berufung gegen den Genehmigungsbescheid vom verbundene Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsfrist wurde mit dem durch die vorliegende Beschwerde angefochtenen Bescheid der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie vom bewilligt.
In der Begründung verweist die belangte Behörde auf den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2010/03/0051, 2010/03/0055, und stellt in der Folge fest, dass gleichzeitig mit dem rechtzeitig gestellten Wiedereinsetzungsantrag die Berufung gegen den Genehmigungsbescheid vom eingebracht und damit die versäumte Handlung gemäß § 71 Abs 3 AVG nachgeholt wurde. Durch die Bewilligung der Wiedereinsetzung trete das Verfahren gemäß § 72 Abs 1 AVG in die Lage zurück, in der es sich vor Eintritt der Versäumung befunden habe. Somit sei die Berufung rechtzeitig eingebracht worden und habe gemäß § 64 Abs 1 AVG aufschiebende Wirkung. Da die sofortige Umsetzung des angefochtenen Bescheides nicht zwingend erforderlich sei, habe die belangte Behörde nicht von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, die aufschiebende Wirkung nach § 64 Abs 1 AVG auszuschließen.
Im Übrigen sei das bei der Bezirkshauptmannschaft
St. Johann im Pongau anhängige naturschutzrechtliche Verfahren noch nicht abgeschlossen. Für eine Fertigstellung des verfahrensgegenständlichen Vorhabens bzw. dessen Inbetriebnahme durch die Projektwerberin lägen infolgedessen nicht die erforderlichen Genehmigungen vor.
2. In der auf Art 144 B-VG gestützten Beschwerde behauptet die beschwerdeführende Partei, in ihren verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit vor dem Gesetz sowie auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt zu sein.
2.1. Allgemein führt die beschwerdeführende Partei hinsichtlich des Willkürvorwurfs aus, dass sich der angefochtene Bescheid auf die vom Verwaltungsgerichtshof in dessen Beschluss dargelegte Rechtsauffassung stütze; an diese sei der Verfassungsgerichtshof nicht gebunden, soweit verfassungsrechtliche Bedenken gegen die vom Verwaltungsgerichtshof angewendete Norm bestünden oder soweit der Verwaltungsgerichtshof die angewendete Norm entgegen verfassungskonformer Auslegung interpretiert habe. Während die belangte Behörde iSd § 63 Abs 1 AVG an die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes gebunden sei, habe der Verfassungsgerichtshof die "Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofes an den Bestimmungen des Verfassungsrechtes zu überprüfen".
Die im zitierten Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes begründete Rechtsansicht über die Eröffnung des Instanzenzugs bei Vorhaben des dritten Abschnitts des UVP-G 2000 widerspreche der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes; dieser habe noch in keinem Fall betreffend Vorhaben des dritten Abschnitts des UVP-G 2000 die seit der Novelle 2004 bestehende Rechtslage beanstandet (vgl. etwa , 2009/06/0197).
2.2. Konkret vertritt die beschwerdeführende Partei in der Beschwerde den Standpunkt, dass die Tatsachenkognition des Verwaltungsgerichtshofes den europarechtlichen Rechtsschutzvorgaben genüge:
Art 10a UVP-RL erfordere kein Gericht mit voller Kognitionsbefugnis; nach dem Wortlaut sei auch eine andere auf gesetzlicher Grundlage geschaffene unabhängige und unparteiische Stelle zur Nachprüfung geeignet. Es sei der Verfahrensautonomie der Mitgliedstaaten überlassen, welche nationalen Gerichte oder Behörden im Einzelfall zur Entscheidung berufen sein sollten. Diesbezüglich sei der Hinweis des Verwaltungsgerichtshofes auf Art 6 EMRK bzw. Art 47 Grundrechtecharta missverständlich, da nicht nur Gerichte, sondern auch sonstige Überprüfungsstellen als Einrichtungen iSd Art 10a UVP-RL in Frage kämen. Der EuGH habe eine auf Rechtsfragen beschränkte gerichtliche Nachprüfung als ausreichend effektiven Rechtsschutz anerkannt (, Upjohn). Diese Grundsatzentscheidung müsse auch für den Verwaltungsgerichtshof gelten, "der ja über den Beschwerdegrund der Aktenwidrigkeit sowie der Überprüfung der Schlüssigkeit der Beweiswürdigung" zu einer Überprüfung auf Tatsachenebene befugt sei. Im Übrigen würden die den Parteien nach dem UVP-G 2000 bereits im erstinstanzlichen Verfahren zustehenden Rechte und Möglichkeiten weit über den in der UVP-RL geforderten Standard hinausgehen.
Die belangte Behörde habe sich mit den erstatteten Privatgutachten in jeder Richtung auseinandergesetzt und dazu Stellungnahmen eingeholt. In der Berufung der mitbeteiligten Partei seien keine Mängel des Ermittlungsverfahrens aufgezeigt, sondern sei letztlich die Beweiswürdigung der belangten Behörde bekämpft worden. Die Einschaltung einer zweiten Tatsacheninstanz sei nicht erforderlich. Die mitbeteiligte Partei habe weder in ihrer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof noch in dem zur Wiedereinsetzung führenden Antrag Argumente vorgebracht, die nicht bereits von jenem im Rahmen der ihm jedenfalls zukommenden Kognitionsbefugnis wahrgenommen werden hätten können.
2.3. Des Weiteren bringt die beschwerdeführende
Partei vor, dass selbst unter Zugrundelegung der Annahme, dass der Verwaltungsgerichtshof mangels voller Tatsachenkognition dem Erfordernis des effektiven Rechtsschutzes nicht gerecht werde, die im angefochtenen Bescheid vertretene Rechtsauffassung eine klare Verkennung der Rechtslage darstelle:
Das Gebot der Verhältnismäßigkeit verlange,
Widersprüche zwischen nationalem und Europarecht zunächst mittels europarechtskonformer Auslegung zu lösen; nur wenn das nicht möglich sei, dürfe das entscheidende Organ entgegenstehendes nationales Recht nicht anwenden. Unklar sei, welche konkrete Bestimmung an die Stelle der verdrängten Verfahrensnorm treten solle. Es gehe zu weit, aus dem Anwendungsvorrang generell eine Befugnis zur freien Ergänzung des nationalen Rechts abzuleiten. Bei mehreren "Verdrängungslösungen" sei, wie auch der Verwaltungsgerichtshof bereits ausgesprochen habe (zB ), jener der Vorzug zu geben, die die Entscheidung und Wertungen des nationalen Gesetzgebers soweit wie möglich berücksichtige. Der Verwaltungsgerichtshof hätte daher nicht den Rechtszug an den Unabhängigen Umweltsenat eröffnen dürfen, sondern stattdessen die Wortfolge "aufgrund des von der belangten Behörde angenommenen Sachverhaltes" in § 41 Abs 1 VwGG unangewendet lassen müssen. Hingegen sei auf Grund des Wortlauts des § 40 Abs 1 UVP-G 2000 die Begründung der Zuständigkeit des Unabhängigen Umweltsenats für Vorhaben nach dem dritten Abschnitt des UVP-G 2000 durch Verdrängung gar nicht möglich; eine Ergänzung sei durch den europarechtlichen Anwendungsvorrang jedoch nicht gedeckt.
Darüber hinaus sieht die beschwerdeführende Partei im angefochtenen Bescheid einen Verstoß gegen den Grundsatz der doppelten Bindung: Während die Erweiterung der Kognitionsbefugnis des Verwaltungsgerichtshofes durch teilweise Nichtanwendung des § 41 Abs 1 VwGG lediglich die Verdrängung einer einfachgesetzlichen Bestimmung erfordere, sei die Begründung der Zuständigkeit des Unabhängigen Umweltsenates für Vorhaben nach dem dritten Abschnitt des UVP-G 2000 verfassungswidrig, da die Bundesministerin oberstes Organ der Verwaltung iSd Art 19 B-VG sei (s. VfSlg. 15.578/1999, 16.002/2000). Außerdem fehle eine entsprechende kompetenzrechtliche Grundlage, da die Vollziehung des dritten Abschnitts des UVP-G 2000 nach Art 10 Abs 1 Z 9 B-VG eine Bundesangelegenheit sei, für die der Rechtszug an den Unabhängigen Umweltsenat nicht in Betracht komme. Zu bedenken sei außerdem, dass in der Folge uneinheitliche Instanzenzüge erhebliche praktische Probleme und Rechtsunsicherheiten mit sich bringen würden: Bei bloßen Rechtsfragen oder bei Tatsachenfragen, die der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen seiner beschränkten Tatsachenkognition erledigen könne, bliebe es bei der gesetzlich vorgesehenen Zuständigkeitsordnung, während in anderen Fällen erst "außergesetzlich" ein Tribunal gefunden werden müsste.
2.4. Weiters rügt die beschwerdeführende Partei unter dem Gesichtspunkt der Gleichheitswidrigkeit des angefochtenen Bescheides die "unterlassene Berücksichtigung des Grundrechts auf Vertrauensschutz":
Die beschwerdeführende Partei habe als
Antragstellerin darauf vertrauen dürfen, dass ihr Antrag im Falle einer Genehmigung durch die Bundesministerin nur mehr der nachprüfenden Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof unterliege. Die - überraschend eröffnete - Möglichkeit einer Berufung an den Unabhängigen Umweltsenat führe zu einer erheblichen Verfahrensverzögerung mit beträchtlichen Mehrkosten.
2.5. Schließlich wird in der Beschwerde auch die Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter behauptet: Da im vorliegenden Fall bei verfassungskonformer Auslegung die Berufung an den Unabhängigen Umweltsenat ausgeschlossen sei, bestehe auch keine Zuständigkeit der Bundesministerin, über den Wiedereinsetzungsantrag zu entscheiden; dieser wäre daher zurückzuweisen gewesen. Durch die Bewilligung der Wiedereinsetzung nehme die Bundesministerin daher eine ihr nach dem Gesetz nicht zukommende Zuständigkeit in Anspruch.
3. Die belangte Behörde hat den Verwaltungsakt vorgelegt, von der Erstattung einer Gegenschrift jedoch unter Verweis auf den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2010/03/0051, 2010/03/0055, sowie auf die Begründung des angefochtenen Bescheides und unter Hinweis auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , B254/11, abgesehen.
4. Die mitbeteiligten Parteien beantragen in ihrer Äußerung die Zurück- bzw. Abweisung der Beschwerde.
4.1. Hinsichtlich der Zulässigkeit der Beschwerde
wenden die mitbeteiligten Parteien ein, dass das Rechtsschutzinteresse der beschwerdeführenden Partei durch den angefochtenen Bescheid keineswegs beeinträchtigt sei; diese werde durch die Wiedereinsetzung nicht schlechter gestellt, als wenn der Verwaltungsgerichtshof in der Sache selbst entschieden hätte. Da die Frage, ob der Verwaltungsgerichtshof oder der Unabhängige Umweltsenat zur Entscheidung über das von den mitbeteiligten Parteien erhobene Rechtsmittel zuständig sei, das objektive Recht betreffe, sei die beschwerdeführende Partei nicht beschwerdelegitimiert.
4.2. Weiters weisen die mitbeteiligten Parteien
darauf hin, dass der dem Verfahren B254/11 bzw. dem Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof zu 2009/03/0067, 2009/03/0072, zugrundeliegende Sachverhalt mit dem hier zugrundeliegenden Sachverhalt schon auf Grund des in diesem Beschwerdefall wesentlich komplexeren Vorbringens der mitbeteiligten Parteien nicht vergleichbar sei.
4.3. Die Stellungnahme des Bundeskanzleramts-Verfassungsdienst zu B254/11, wonach in jenem Fall die beschränkte Tatsachenkognition des Verwaltungsgerichtshofes nicht gegen Art 6 EMRK verstoße, gelte nicht zwangsläufig für jeden Fall einer UVP-Genehmigung. Fraglich sei auch, wozu der Unabhängige Umweltsenat eingerichtet worden sei, wenn die gegebenen Kognitionsbefugnisse des Verwaltungsgerichtshofes ohnehin iSd Art 6 EMRK ausreichend seien. Auch in den Fällen des ersten Abschnitts, in denen der Unabhängige Umweltsenat als Berufungsbehörde zuständig sei, läge eine erstinstanzliche Entscheidung eines obersten Organs vor.
4.4. In der Folge wird angeregt, eine Vorabentscheidung des EuGH, insbesondere zur Frage der Reichweite der unmittelbaren Anwendbarkeit des Art 10a UVP-Richtlinie sowie zum Umfang der Kontrollbefugnis, einzuholen, zumal dazu nach wie vor keine ausdrücklichen Festlegungen des EuGH vorlägen und aus dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes zu B254/11, Rz 70, Zweifel herausgelesen werden könnten.
4.5. Für den Fall, dass der Verfassungsgerichtshof die gleiche Entscheidung wie zu B254/11 treffe, bedürfe es - nach Zurückweisung der Berufung durch den Unabhängigen Umweltsenat - einer Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes nach Art 138 Abs 1 B-VG. Zu diesem Zeitpunkt hätten die mitbeteiligten Parteien mangels Vorliegens von zwei die Zuständigkeit verneinenden Entscheidungen nicht die Möglichkeit, einen solchen Antrag zu stellen. Zur Vermeidung einer - möglicherweise kurzen, für die beschwerdeführende Partei aber zur Fertigstellung des gegenständlichen Projektes ausreichenden - Rechtsschutzlücke zulasten der mitbeteiligten Parteien durch Wegfall der aufschiebenden Wirkung mit schwerwiegenden, irreparablen Schäden für die Kur- und Tourismuswirtschaft des Gasteinertales werde angeregt, festzustellen, dass der Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung über die zu 2010/03/0051 protokollierte Beschwerde zuständig sei, und den dem entgegenstehenden Beschluss zu beheben. Unter dem Gesichtspunkt des auch den mitbeteiligten Parteien zustehenden Rechtsschutzes durch ein Gericht seien die allenfalls entgegenstehenden Bestimmungen des VfGG in diesem Fall nicht anzuwenden.
II.
Die maßgebliche Rechtslage stellt sich dar wie folgt:
1. Die entscheidungsrelevanten Bestimmungen des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes 2000, BGBl. 697/1993 idF BGBl. I 87/2009 (in der Folge: UVP-G 2000), lauten:
"3. ABSCHNITT
UMWELTVERTRÄGLICHKEITSPRÜFUNG FÜR BUNDESSTRASSEN UND
HOCHLEISTUNGSSTRECKEN
...
Anwendungsbereich für Hochleistungsstrecken
§23b. (1) Für folgende Vorhaben von Hochleistungsstrecken, die nicht bloß in Ausbaumaßnahmen auf bestehenden Eisenbahnen bestehen, ist eine Umweltverträglichkeitsprüfung (§1) nach diesem Abschnitt durchzuführen:
1. Neubau von Eisenbahn-Fernverkehrsstrecken oder
ihrer Teilabschnitte, Neubau von sonstigen Eisenbahnstrecken oder ihrer Teilabschnitte auf einer durchgehenden Länge von mindestens 10 km,
2. Änderung von Eisenbahnstrecken oder ihrer Teilabschnitte auf einer durchgehenden Länge von mindestens 10 km, sofern die Mitte des äußersten Gleises der geänderten Trassen von der Mitte des äußersten Gleises der bestehenden Trasse mehr als 100 m entfernt ist.
(2) - (4) ...
Verfahren, Behörde
§24. (1) Wenn ein Vorhaben gemäß § 23a oder § 23b einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen ist, hat der Bundesminister/die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie die Umweltverträglichkeitsprüfung und ein teilkonzentriertes Genehmigungsverfahren durchzuführen. In diesem Genehmigungsverfahren hat er/sie alle jene nach den bundesrechtlichen Verwaltungsvorschriften für die Ausführung des Vorhabens erforderlichen materiellen Genehmigungsbestimmungen anzuwenden, die ansonsten von ihm/ihr oder einem/einer anderen Bundesminister/in in erster Instanz zu vollziehen sind. Der Landeshauptmann kann mit der Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung und des teilkonzentrierten Genehmigungsverfahrens ganz oder teilweise betraut werden, wenn dies im Interesse der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis gelegen ist.
(2) - (11) ...
...
6. ABSCHNITT
GEMEINSAME BESTIMMUNG
Behörden und Zuständigkeit
...
§40. (1) In den Angelegenheiten des ersten und
zweiten Abschnittes ist der Umweltsenat, auch im Fall einer Delegation gemäß § 39 Abs 1 vierter Satz, nicht jedoch in Verfahren gemäß § 45, Berufungsbehörde und sachlich in Betracht kommende Oberbehörde im Sinne der §§5, 68 und 73 AVG. Er entscheidet auch über Wiederaufnahmsanträge nach § 69 AVG.
(2) - (3) ..."
2. § 5 des Bundesgesetzes über den Umweltsenat, BGBl. I 114/2000 (in der Folge: USG), lautet:
"Kompetenzen des Umweltsenates
§5. Der Umweltsenat entscheidet über Berufungen in Angelegenheiten des ersten und zweiten Abschnittes des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes, BGBl. Nr. 697/1993. Er ist in diesen Angelegenheiten sachlich in Betracht kommende Oberbehörde im Sinn der §§5, 68 und 73 AVG und entscheidet über Anträge auf Wiederaufnahme nach § 69 AVG."
3. Die entscheidungsrelevanten Bestimmungen des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 - VwGG, BGBl. 10/1985 idF BGBl. I 111/2010, lauten:
"Prüfung des angefochtenen Bescheides
§41. (1) Der Verwaltungsgerichtshof hat, soweit er nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde oder wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften gegeben findet (§42 Abs 2 Z 2 und 3) und nicht § 38 Abs 2 anwendbar ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund des von der belangten Behörde angenommenen Sachverhaltes im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte (§28 Abs 1 Z 4) oder im Rahmen der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§28 Abs 2) zu überprüfen. Ist er der Ansicht, daß für die Entscheidung über die Rechtswidrigkeit des Bescheides in einem der Beschwerdepunkte oder im Rahmen der Erklärung über den Umfang der Anfechtung Gründe maßgebend sein könnten, die einer Partei bisher nicht bekanntgegeben wurden, so hat er die Parteien darüber zu hören und, wenn nötig, eine Vertagung zu verfügen.
(2) In den Fällen des Art 132 B-VG hat der Gerichtshof den Sachverhalt unter Bedachtnahme auf § 36 Abs 9 festzustellen.
Erkenntnisse
§42. (1) Der Verwaltungsgerichtshof hat alle Rechtssachen, soweit dieses Bundesgesetz nicht anderes bestimmt, mit Erkenntnis zu erledigen. Das Erkenntnis hat, abgesehen von den Fällen der Säumnisbeschwerden (Art132 B-VG), entweder die Beschwerde als unbegründet abzuweisen oder den angefochtenen Bescheid aufzuheben.
(2) Der angefochtene Bescheid ist aufzuheben
1. wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes,
2. wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde,
3. wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, und zwar weil
Tabelle in neuem Fenster öffnen
a) | der Sachverhalt von der belangten Behörde in einem |
wesentlichen Punkt aktenwidrig angenommen wurde | |
oder |
Tabelle in neuem Fenster öffnen
b) | der Sachverhalt in einem wesentlichen Punkt einer |
Ergänzung bedarf oder |
Tabelle in neuem Fenster öffnen
c) | Verfahrensvorschriften außer acht gelassen wurden, |
bei deren Einhaltung die belangte Behörde zu einem | |
anderen Bescheid hätte kommen können. |
(3) Durch die Aufhebung des angefochtenen Bescheides nach Abs 2 tritt die Rechtssache in die Lage zurück, in der sie sich vor Erlassung des angefochtenen Bescheides befunden hatte.
(4) ...
...
Vollstreckung
§63. (1) Wenn der Verwaltungsgerichtshof einer Beschwerde gemäß Art 131 B-VG stattgegeben hat, sind die Verwaltungsbehörden verpflichtet, in dem betreffenden Fall mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes entsprechenden Rechtszustand herzustellen.
(2) ..."
4. Art 10a der Richtlinie 85/337/EWG des Rates vom über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten, ABl. 1985
L 175, idF der Richtlinie 2003/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom über die Beteiligung der Öffentlichkeit bei der Ausarbeitung bestimmter umweltbezogener Pläne und Programme und zur Änderung der Richtlinien 85/337/EWG und 96/61/EG des Rates in Bezug auf die Öffentlichkeitsbeteiligung und den Zugang zu Gerichten, ABl. 2003 L 156/17 (in der Folge: UVP-RL), lautet:
"Artikel 10a
Die Mitgliedstaaten stellen im Rahmen ihrer innerstaatlichen Rechtsvorschriften sicher, dass Mitglieder der betroffenen Öffentlichkeit, die
a) ein ausreichendes Interesse haben oder alternativ
b) eine Rechtsverletzung geltend machen, sofern das Verwaltungsverfahrensrecht bzw. Verwaltungsprozessrecht eines Mitgliedstaats dies als Voraussetzung erfordert,
Zugang zu einem Überprüfungsverfahren vor einem Gericht oder einer anderen auf gesetzlicher Grundlage geschaffenen unabhängigen und unparteiischen Stelle haben, um die materiellrechtliche und verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeit von Entscheidungen, Handlungen oder Unterlassungen anzufechten, für die die Bestimmungen dieser Richtlinie über die Öffentlichkeitsbeteiligung gelten.
Die Mitgliedstaaten legen fest, in welchem Verfahrensstadium die Entscheidungen, Handlungen oder Unterlassungen angefochten werden können.
Was als ausreichendes Interesse und als
Rechtsverletzung gilt, bestimmen die Mitgliedstaaten im Einklang mit dem Ziel, der betroffenen Öffentlichkeit einen weiten Zugang zu Gerichten zu gewähren. Zu diesem Zweck gilt das Interesse jeder Nichtregierungsorganisation, welche die in Artikel 1 Absatz 2 genannten Voraussetzungen erfüllt, als ausreichend im Sinne von Absatz 1 Buchstabe a) dieses Artikels. Derartige Organisationen gelten auch als Träger von Rechten, die im Sinne von Absatz 1 Buchstabe b) dieses Artikels verletzt werden können.
Dieser Artikel schließt die Möglichkeit eines vorausgehenden Überprüfungsverfahrens bei einer Verwaltungsbehörde nicht aus und lässt das Erfordernis einer Ausschöpfung der verwaltungsbehördlichen Überprüfungsverfahren vor der Einleitung gerichtlicher Überprüfungsverfahren unberührt, sofern ein derartiges Erfordernis nach innerstaatlichem Recht besteht.
Die betreffenden Verfahren werden fair, gerecht,
zügig und nicht übermäßig teuer durchgeführt.
Um die Effektivität dieses Artikels zu fördern,
stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass der Öffentlichkeit praktische Informationen über den Zugang zu verwaltungsbehördlichen und gerichtlichen Überprüfungsverfahren zugänglich gemacht werden."
III.
Der Verfassungsgerichtshof hat über die Zulässigkeit der Beschwerde erwogen:
1. Der Zulässigkeit der vorliegenden Beschwerde
könnte insoweit das Prozesshindernis der fehlenden Erschöpfung des Instanzenzuges entgegenstehen, als sich die Frage stellt, ob der Anwendungsvorrang des Unionsrechts die Möglichkeit der Berufung an den Unabhängigen Umweltsenat und insoweit die Verdrängung des § 72 Abs 4 letzter Satz AVG gebietet. Ein solcher Vorrang des Unionsrechts kommt jedoch von vornherein nicht in Betracht (; siehe auch unten IV.3. bis 5.).
2. Soweit die mitbeteiligten Parteien in ihrer
Äußerung vorbringen, dass das Rechtsschutzinteresse der beschwerdeführenden Partei durch den angefochtenen Bescheid nicht beeinträchtigt sei und die Frage, ob der Verwaltungsgerichtshof oder der Unabhängige Umweltsenat zur Entscheidung über das von den mitbeteiligten Parteien erhobene Rechtsmittel zuständig sei, nur das objektive Recht betreffe, ist ihnen entgegenzuhalten, dass die Rechtsfrage, ob ein erstinstanzlicher Bescheid nur noch mit Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder (davor) auch noch mit Berufung an eine Rechtsmittelbehörde angefochten werden kann, maßgeblich die Rechtssphäre der beschwerdeführenden Partei berührt.
3. Da auch die übrigen Prozessvoraussetzungen
vorliegen, ist die Beschwerde zulässig.
IV.
Der Verfassungsgerichtshof hat über die Beschwerde in der Sache erwogen:
1. Die beschwerdeführende Partei behauptet eine Verletzung in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit vor dem Gesetz durch Unterstellung eines gleichheitswidrigen Inhalts und gehäufte Verkennung der Rechtslage (Willkür) sowie auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter.
2. Das Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter wird durch den Bescheid einer Verwaltungsbehörde verletzt, wenn die Behörde eine ihr gesetzlich nicht zukommende Zuständigkeit in Anspruch nimmt (zB
VfSlg. 15.372/1998, 15.738/2000, 16.066/2001, 16.298/2001 und 16.717/2002) oder wenn sie in gesetzwidriger Weise ihre Zuständigkeit ablehnt, etwa indem sie zu Unrecht eine Sachentscheidung verweigert (zB VfSlg. 15.482/1999, 15.858/2000, 16.079/2001 und 16.737/2002).
3. Zunächst ist festzuhalten, dass der Zurückweisung einer Beschwerde durch Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes mangels stattgebenden Erkenntnisses keine "erweiterte" Bindungswirkung iSd § 63 Abs 1 VwGG zukommt. Soweit die Behörde eine Selbstbindung des Verwaltungsgerichtshofes und damit der belangten Behörde als Verfahrenspartei annimmt, besteht deren Bindung an den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes nur insoweit, als dieser darin seine Unzuständigkeit ausspricht. Hinsichtlich der Zuständigkeit einer (anderen) Verwaltungsbehörde zur Entscheidung über eine Berufung gegen den Bescheid der belangten Behörde vom entfaltet der Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes keine Bindungswirkung (s. ).
4. Eine Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter kann sich auch aus einer im Zusammenhang mit dem Unionsrecht stehenden Gesetzesanwendung durch die belangte Behörde ergeben. Der Verfassungsgerichtshof hat die Vereinbarkeit des Gesetzes mit dem Unionsrecht freilich nur dann selbst zu beurteilen, wenn diese Frage "derart offenkundig" ist, dass "keinerlei Raum für vernünftige Zweifel" bleibt (, CILFIT, Slg. 1982, I-3415, Rz 16). In anderen, keinen offenkundigen Widerspruch zum Unionsrecht zu Tage bringenden Fällen jedoch stellt ein Verstoß gegen Unionsrecht keine Verfassungsverletzung dar und ist dieser daher vom Verfassungsgerichtshof nicht aufzugreifen (VfSlg. 14.886/1997, 15.583/1999).
Vor diesem Hintergrund kann eine Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter auch darin liegen, dass die belangte Behörde zu Unrecht einen offenkundigen Widerspruch zwischen innerstaatlichen Zuständigkeitsvorschriften und Unionsrecht verneint oder aber umgekehrt einen solchen annimmt und in der Folge Zuständigkeitsvorschriften des innerstaatlichen Rechts unangewendet lässt, obwohl ein Widerspruch zum Unionsrecht offenkundig auszuschließen ist.
5. Ein solcher Fall liegt hier vor, weil der
belangten Behörde insofern ein verfassungsrechtlich relevanter Vollzugsfehler anzulasten ist, als diese unter Berufung auf das Recht der Europäischen Union die in § 40 Abs 1 UVP-G 2000 und § 5 USG vorgesehene Beschränkung der Zuständigkeit des Unabhängigen Umweltsenates auf Angelegenheiten des ersten und zweiten Abschnitts des UVP-G 2000 nicht anwendet, dementsprechend das Bestehen eines Instanzenzugs an den Unabhängigen Umweltsenat annimmt und infolgedessen die Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsfrist ausspricht.
5.1. Die belangte Behörde nimmt an, dass in Angelegenheiten, in denen unionsrechtlich die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung geboten sei, ein Tribunal iSd Art 6 EMRK mit voller Kognition zu entscheiden habe und der Verwaltungsgerichtshof dieses Erfordernis auf Grund seiner eingeschränkten Kognitionsbefugnis nicht erfülle. Mit dieser Annahme ist sie nicht im Recht.
5.2. Wie der Verfassungsgerichtshof bereits mit
näherer Begründung in seinem Erkenntnis vom , B254/11, ausgesprochen hat, erfüllt der Verwaltungsgerichtshof bei verfassungs- und konventionskonformer Wahrnehmung seiner gesetzlichen Befugnisse zur Sachverhaltskontrolle die Anforderungen an ein Gericht mit hinreichender Kontrollbefugnis in Tatsachenfragen iSd Art 6 Abs 1 EMRK und iSd Art 47 Abs 2 Grundrechtecharta (vgl. EGMR , Fall Zumtobel, Appl. 12.235/86, ÖJZ 1993, 782, uvam., jüngst EGMR , Fall Koottummel, Appl. 49.616/06; vgl. VfSlg. 15.427/1999, 18.309/2007, 18.446/2008, 18.927/2009; vgl. auch , Upjohn Ltd., Slg. 1999 I-00223, und , Rs. C-462/99, Connect Austria, Slg. 2003 I-05197).
Insbesondere verwehrt § 41 Abs 1 VwGG dem Verwaltungsgerichtshof in Verfahren nach Art 131 Abs 1 Z 1 B-VG die Überprüfung von Tatsachenfeststellungen und -annahmen der Behörde nicht. Die Vorschriften des § 41 Abs 1 iVm § 42 Abs 3 VwGG ermöglichen es dem Verwaltungsgerichtshof, in einer mit dem gerichtlichen Verfahren vergleichbaren und wirksamen Weise ausreichende Tatsachengrundlagen zu erarbeiten, um die maßgebliche Rechtsfrage beurteilen zu können, indem er sich nach seiner eigenen Rechtsprechung zu einer - wenngleich beschränkten - Kontrolle der Beweiswürdigung, im Regelfall aber nicht zu eigenen Beweisaufnahmen befugt sieht (vgl. zB ; , 96/21/0628; , 2003/17/0257; nähere Ausführungen in ).
5.3. Zur Erfüllung des Gebots wirksamen
Rechtsschutzes ist daher keine Vorschrift des Unionsrechts unmittelbar anzuwenden, welche die Zuständigkeit einer unabhängigen Verwaltungsbehörde herbeiführen und jene des Verwaltungsgerichtshofes zur Entscheidung über die Beschwerde gegen den Genehmigungsbescheid der belangten Behörde im Umweltverträglichkeitsprüfungsverfahren beseitigen würde.
Angesichts dessen hätte die belangte Behörde den Wiedereinsetzungsantrag der mitbeteiligten Partei zurückweisen müssen. Dadurch, dass sie die Wiedereinsetzung bewilligt und auf diese Weise eine Sachentscheidung getroffen hat, weil sie im angefochtenen Bescheid zu Unrecht die gesetzlich vorgesehene Beschränkung der Zuständigkeit des Unabhängigen Umweltsenates auf Angelegenheiten des ersten und zweiten Abschnitts des UVP-G nicht angewendet hat und infolgedessen von der Möglichkeit einer Berufung an den Unabhängigen Umweltsenat ausgegangen ist, hat sie eine ihr gesetzlich nicht zukommende Zuständigkeit in Anspruch genommen (s. ).
V.
1. Die beschwerdeführende Partei ist durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden.
Der angefochtene Bescheid ist daher aufzuheben. Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Eingehen auf das weitere Beschwerdevorbringen.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von € 400,-- sowie eine Eingabengebühr gemäß § 17a VfGG in der Höhe von € 220,-- enthalten.
3. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.