OGH vom 30.01.2018, 9ObA73/17a

OGH vom 30.01.2018, 9ObA73/17a

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Dehn, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Hargassner sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Johannes Pflug und Herbert Bauer in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Dr. I***** S*****, vertreten durch Dr. Anke Reisch, Rechtsanwältin in Kitzbühel, gegen die beklagte Partei Land Niederösterreich, *****, vertreten durch Mag. Thomas Reisch, Rechtsanwalt in Wien, wegen zuletzt 13.377,92 EUR sA (Revisionsinteresse: 11.086,53 EUR sA), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Teilurteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 7 Ra 31/17f-45, in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom , in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Das Berufungsgericht hat mit Beschluss vom das von der Klägerin bekämpfte Teilurteil dahin berichtigt, dass es zu Spruchpunkt 1. (Bestätigung der Abweisung des Klagebegehrens von 11.086,53 EUR samt gestaffelter Zinsen von 9,2 % Zinsen über dem Basiszinssatz abzüglich geleisteter Zinszahlungen von 993,73 EUR) die Unzulässigkeit der ordentlichen Revision aussprach. Das Rechtsmittel der Klägerin ist danach als außerordentliche Revision (§ 505 Abs 4 ZPO) anzusehen. Darin erstattete sie auch bereits zur Zulässigkeit des Rechtsmittels Ausführungen (Pkt II.) Mit diesen zeigt sie jedoch keine Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO auf.

2. Die Klägerin, Ärztin eines Landesklinikums der Beklagten, sieht einen Verfahrensmangel des Berufungsverfahrens darin, dass das Berufungsgericht ihre Mängelrüge zur Unterlassung der Einholung eines Sachverständigengutachtens über die Höhe ihrer Klagsforderung und der (ergänzenden) Parteieneinvernahme zu den von ihr geleisteten Überstunden als nicht gesetzmäßig ausgeführt erachtet habe.

Nach ständiger Rechtsprechung kann fehlendes Vorbringen weder durch Verweis auf eine Urkunde noch durch eigene Berechnungen des Gerichts noch durch die Einholung eines Sachverständigengutachtens ersetzt werden (RIS-Justiz RS0037780 [T13]). Ob das erstattete Vorbringen so weit spezifiziert ist, dass es als Anspruchsgrundlage hinreicht beziehungsweise wie weit ein bestimmtes Vorbringen einer Konkretisierung zugänglich ist, ist eine Frage des Einzelfalls und begründet keine Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO (RIS-Justiz RS0042828). Das ist auch hier nicht der Fall:

Das Berufungsgericht hat darauf hingewiesen, dass die Klägerin kein konkretes Vorbringen zur Anzahl der abzugeltenden Überstunden und Ersatzruhetage erstattet habe, das einem Sachverständigen überhaupt die Überprüfung der Richtigkeit der klägerischen Berechnung ermöglicht hätte. Dazu führt die Klägerin in ihrer außerordentlichen Revision aus, dass das Erstgericht ihre Forderungsaufstellung unbeachtet gelassen habe und die Höhe des Anspruchs von der Anzahl der Überstunden und dem jeweiligen Stundensatz abhänge („komplizierte Angelegenheit“). Damit wird aber die Beurteilung des Berufungsgerichts noch nicht widerlegt, zumal auch die von der Klägerin zur Beil ./NN vorgelegte letzte Seite nur die Summe der ihr pro Jahr geleisteten Nachtstunden und Ersatzruhetage, nicht aber konkreten Arbeitszeiten der Klägerin enthält und Nachtstunden oder Ersatzruhetage hier auch nicht mit Hilfe der von ihr vorgelegten Dienstpläne (Beil ./P, ./Qu, ./R, ./S) als solche qualifizierbar sind. Eine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung des Berufungsgerichts wird hier nicht aufgezeigt.

3. Die Klägerin richtet sich auch dagegen, dass das Berufungsurteil keine Begründung zur in der Berufung bekämpften Abweisung des (ursprünglich kapitalisierten) Zinsenbegehrens enthalte. Dem kann ebenfalls nicht gefolgt werden: Es ist nicht ersichtlich, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang das letzte Hauptbegehren, das auf den Zuspruch von 13.377,92 EUR „samt gestaffelter Zinsen von 9,2 % über dem Basiszinssatz abzgl. geleisteter Zinszahlungen von 993,73 EUR“ gerichtet war (ON 36 S 3 = AS 361), neben den Lohnforderungen auch kapitalisierte Zinsen umfasst hätte. Insbesondere lässt auch Beil ./U keine entsprechenden Rückschlüsse zu. Der Anspruch auf Zinsen hätte ohnedies auch eine schlüssige Darstellung des Hauptanspruchs vorausgesetzt, die hier verneint wurde.

4. Zum Zinsenbegehren für den restlichen Klagsbetrag (2.291,39 EUR) ist festzuhalten, dass das erstgerichtliche Urteil insoweit vom Berufungsgericht zur Verfahrensergänzung aufgehoben wurde. Zur Frage, ob sich die Beklagte für die Vorenthaltung dieses – von ihr bereits zugestandenen – Teils der Lohnforderung selbst nach Rechtskraft des gegen sie gemäß § 54 Abs 1 ASGG ergangenen Feststellungsurteils (LG St. Pölten, AZ 22 Cga 21/14p) auf einen vertretbaren Rechtsstandpunkt stützen konnte, ist daher nicht Stellung zu nehmen.

5. Mangels einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO ist die außerordentliche Revision der Klägerin daher zurückzuweisen.

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2018:009OBA00073.17A.0130.000
Schlagworte:
;Arbeitsrecht;

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