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VfGH vom 21.06.1989, a2/88

VfGH vom 21.06.1989, a2/88

Sammlungsnummer

12085

Leitsatz

Abweisung einer Klage auf Rückerstattung einer bezahlten Geldstrafe

Spruch

Die Klage wird abgewiesen.

Kosten werden nicht zugesprochen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Die Bezirkshauptmannschaft (BH) Feldkirch erließ gegen den Kläger eine mit datierte Strafverfügung, in der ihm zur Last gelegt wurde, 1. am abends und 2. am um 15,00 Uhr in Höchst Übertretungen des § 2 Abs 1 Grenzkontrollgesetz in der Schuldform der Beihilfe (§7 VStG 1950) begangen zu haben. In beiden Fällen wurden gemäß § 15 Abs 1 Grenzkontrollgesetz je S 2.000,-- (Ersatzarreststrafe je 72 Stunden) Geldstrafe verhängt. In beiden Fällen wurde die als erwiesen angenommene Tat wie folgt umschrieben:

"Sie haben den türkischen Staatsangehörigen I.D., I.Ö. und O.Ö. den illegalen Grenzübertritt in die Schweiz ermöglicht und dadurch Beihilfe zu einer Verwaltungsübertretung geleistet."

Die Strafverfügung enthält außerdem eine Rechtsmittelbelehrung und eine Zahlungsfrist für die Geldstrafe; sie ist ferner mit der unter leserlicher Beifügung des Namens abgegebenen Unterschrift dessen versehen, der die Erledigung genehmigte. Die Strafverfügung wurde dem Beschwerdeführer zu eigenen Handen am zugestellt.

Der Kläger erhob gegen die Strafverfügung mit einem mit datierten und am bei der Behörde erster Instanz eingelangten Schriftsatz Einspruch. Dieser wurde mit Bescheid der BH Feldkirch vom gemäß § 49 Abs 4 VStG 1950 als verspätet zurückgewiesen.

Die dagegen vom Kläger erhobene Berufung wurde mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg vom gemäß § 66 Abs 4 AVG 1950 abgewiesen.

Der Kläger bezahlte wohl den Strafbetrag von 4.000 S, forderte ihn jedoch von der BH Feldkirch zurück, weil es sich bei der Strafverfügung um einen behördlichen Nichtakt gehandelt habe. Dem Rückforderungsantrag wurde nicht entsprochen.

2. In der vorliegenden, auf Art 137 B-VG gestützten, gegen den Bund gerichteten Klage wird vorgebracht, die Strafverfügung sei formal derart fehlerhaft, daß von einem behördlichen Nichtakt gesprochen werden müsse. Der Kläger habe den Betrag von 4.000 S daher ohne Rechtsgrundlage geleistet; er habe demnach Anspruch auf Refundierung. Mangels Zahlung begehre er, den beklagten Bund urteilsmäßig zur Zahlung von 4.000S samt Kosten zu verhalten.

3. Der beklagte Bund, vertreten durch den Bundesminister für Inneres, begehrt, die Klage kostenpflichtig abzuweisen.

II. Der Kläger hat gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg vom (s.o. I.1.) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben, der sie mit Erkenntnis vom 1. Feber 1989, Zl. 88/01/0294, aufgrund folgender Erwägungen als unbegründet abwies:

"Gemäß § 48 Abs 1 VStG 1950 müssen in der Strafverfügung angegeben sein: 1. Die Behörde, die die Strafverfügung erläßt;


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2.
Vor- und Zuname, Beschäftigung und Wohnort des Beschuldigten;
3.
die Tat, die als erwiesen angenommen ist, ferner die Zeit und der Ort der Begehung; 4. die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist; 5. die verhängte Strafe und die angewendete Gesetzesbestimmung; 6. allenfalls der Ausspruch über die vom Beschuldigten zu ersetzenden Kosten (§64 Abs 3); 7. die Belehrung über den Einspruch (§49). Nach Abs 2 dieser Gesetzesstelle sind Strafverfügungen zu eigenen Handen zuzustellen.

Unbestritten ist, daß der Einspruch verspätet eingebracht worden ist. Strittig ist allein, ob es sich bei der Strafverfügung vom um einen 'Nichtakt' handelt, wie der Beschwerdeführer meint. Diese Ansicht ist unrichtig, weil, wie die belangte Behörde zutreffend erkannt hat, die Strafverfügung von einer Behörde der staatlichen Verwaltung erlassen ist, einen Spruch enthält, nämlich daß der Beschwerdeführer das Grenzkontrollgesetz übertreten hat, und zwar in der Schuldform der Beihilfe, und deshalb über ihn eine Geldstrafe verhängt worden ist. Weil die Strafverfügung auch gehörig unterfertigt ist, sind somit alle für das Vorliegen eines Bescheides wesentlichen Erfordernisse gegeben. Sonstige Verstöße nach § 48 VStG 1950 - ob solche im gegebenen Fall vorliegen, kann hier dahingestellt bleiben - haben nicht zur Folge, daß ein Nichtakt vorliegt und würden auch keinen Grund nach § 68 Abs 4 AVG 1950 darstellen."

III. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige (vgl. zB ) - Klage erwogen:

1. Der Verfassungsgerichtshof schließt sich der vom Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 1. Feber 1989 (s.o. II.) vertretenen Rechtsansicht an, aus der sich ergibt, daß die Strafverfügung vom ein rechtswirksamer Behördenakt ist. Der Bezahlung der Geldstrafe liegt somit eine Strafverfügung zugrunde, der Bescheidcharakter zukommt. Dieser Rechtstitel steht dem Rückforderungsbegehren nach wie vor aufrecht entgegen. Die Klage war daher abzuweisen (vgl. ).

2. Das vom beklagten Bund geltend gemachte Kostenbegehren war abzuweisen, weil die beklagte Partei weder durch einen Rechtsanwalt noch durch die Finanzprokuratur vertreten war (vgl. auch hiezu das soeben zitierte Erkenntnis).

3. Dies konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VerfGG ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung beschlossen werden.