OGH vom 19.09.2002, 8Ob81/02y

OGH vom 19.09.2002, 8Ob81/02y

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Langer, Dr. Rohrer, Dr. Kuras und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Schuldenregulierungssache der Schuldnerin Brigitta B*****, vertreten durch “Bevorrechtete Schuldnerberatung Steiermark”, Verein “Rettet das Kind”, Geidorfgürtel 26/I, 8010 Graz, wegen Zurückweisung eines Zahlungsplans, infolge Revisionsrekurses des Masseverwalters Mag. Christian Pfandl, Rechtsanwalt in Graz, gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom , GZ 4 R 14/02m-16, mit dem infolge Rekurses der Schuldnerin der Beschluss des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom , GZ 50 S 104/01x-7, abgeändert wurde, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Die Schuldnerin stellte mit Schriftsatz vom den Antrag, über ihr Vermögen das Schuldenregulierungsverfahren zu eröffnen. Sie betreibe kein Unternehmen. Ihr Vermögen reiche zur Deckung der Kosten des Verfahrens aus. Unter einem beantragte sie die Annahme eines Zahlungsplanes und in eventu die Durchführung des Abschöpfungsverfahrens mit Restschuldbefreiung.

Laut Zahlungsplanvorschlag sollten die Gläubiger 15 % ihrer Forderungen innerhalb von einem Monat ab Rechtskraft der Aufhebung des Konkurses erhalten. Ein allfälliger Erlös aus dem Massekonto werde auf die Quote angerechnet. Der Vorschlag entspreche der Einkommenslage der Schuldnerin in den folgenden fünf Jahren, weil aus dem durchschnittlichen monatlichen Einkommen von S 5.726,-- keine Beträge pfändbar und zahlbar seien. Die Summe ihrer Verbindlichkeiten (ohne Masseforderungen) betrage S 663.514,--. Unter Annahme geschätzter Verfahrenskosten von S 5.000,-- und einer Barquote von S 100.000,-- (beides erkennbar zu finanzieren aus dem vorhandenen, auf einem Sparbuch erliegenden Vermögen der Schuldnerin von S 105.620,--) ergebe dies eine Quote von voraussichtlich 15 %.

Mit Beschluss vom eröffnete das Erstgericht das Schuldenregulierungsverfahren, entzog der Schuldnerin die Eigenverwaltung und bestellte Rechtsanwalt Mag. Pfandl zum Masseverwalter. Weiters beraumte es für den die allgemeine Prüfungstagsatzung an und gab bekannt, bei dieser Tagsatzung werde über alle der Beschlussfassung der Gläubigerversammlung unterliegenden Fragen, insbesondere über die von der Schuldnerin gestellten Anträge auf Annahme des Zahlungsplans sowie Einleitung des Abschöpfungsverfahrens entschieden. Die Konkursvoraussetzungen lägen vor; die Schuldnerin habe unter anderem einen zulässigen Zahlungsplan vorgelegt und aus den vorgelegten Urkunden ergebe sich, dass sie diesen erfüllen werde. Dieser Beschluss blieb unangefochten.

Der Masseverwalter erstattete am einen Erstbericht (ON 6) und teilte bei dieser Gelegenheit auch mit, dass nach dem vorliegenden Antrag die Zahlungsplanquote offensichtlich ausschließlich aus dem Verwertungserlös (des Sparbuchs der Schuldnerin) finanziert werden solle. Der Antrag verstoße gegen die zwingenden gesetzlichen Vorschriften, weil die Schuldnerin verlange, das Vermögen der Masse in den Zahlungsplan einzubeziehen. Das Erstgericht wies hierauf noch vor der Tagsatzung den oben dargestellten Zahlungsplanantrag der Schuldnerin als unzulässig zurück. Gemäß § 194 KO müsse der Schuldner den Konkursgläubigern eine Quote anbieten, die seiner Einkommenslage in den folgenden fünf Jahren entspreche. Dies sei so zu verstehen, dass der Schuldner einen Betrag in Höhe seines in den nächsten fünf Jahren zu erwartenden Einkommens anbieten müsse. Da die Schuldnerin hier aber verlange, das Vermögen der Masse in den Zahlungsplan einzubeziehen, verstoße sie gegen die zwingenden Vorschriften der Inhaltserfordernisse eines Zahlungsplanantrages. Die Schuldnerin werde daher aufgefordert, binnen 14 Tagen einen dem § 194 KO entsprechenden Zahlungsplanantrag vorzulegen.

Über Rekurs der Schuldnerin behob das Rekursgericht den angefochtenen Beschluss, trug dem Erstgericht die gesetzmäßige Fortsetzung des Schuldenregulierungsverfahrens auf, sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes EUR 4.000,--, nicht aber EUR 20.000,-- übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage fehle, bis zu welchem Zeitpunkt die Unzulässigkeit eines vorgeschlagenen Zahlungsplanes im Rahmen des Vorprüfungsverfahrens von Amts wegen wahrgenommen werden könne und zur Zurückweisung des Zahlungsplanantrages zu führen habe.

Gemäß § 193 Abs 1 KO würden für den Antrag auf Annahme eines Zahlungsplans - soweit nichts anderes angeordnet sei - die Bestimmungen über den Zwangsausgleich, also die §§ 140 ff KO gelten. Demnach sei die Zulässigkeit des Antrages zunächst im Wege einer Vorprüfung zu beurteilen (§§ 141, 142 KO). Dieses amtswegige Vorprüfungsverfahren nach den §§ 141 und 142 KO werde entweder durch einen Beschluss auf Zurückweisung des Antrages oder durch Anberaumung einer Zwangsausgleichstagsatzung abgeschlossen. Wenn also - wie hier - bereits eine Tagsatzung anberaumt worden sei, bei welcher (unter anderem) über den Antrag auf Annahme des Zahlungsplanes abgestimmt werden solle, sei damit jedenfalls das Vorprüfungsverfahren als beendet zu betrachten und eine amtswegige Zurückweisung des Zahlungsplans im Rahmen des Vorprüfungsverfahrens nicht mehr zulässig.

Es könne hier also dahingestellt bleiben, ob ein Zahlungsplanvorschlag des Inhaltes, dass die Zahlungen aus dem vorhandenen Vermögen in die angebotene Barquote einzubeziehen seien, sofort zurückzuweisen wäre, weil sein Inhalt gegen zwingende gesetzliche Vorschriften verstoße, ein Verbesserungsverfahren einzuleiten wäre oder ein solcher Zahlungsplaninhalt mit Zustimmung der Gläubiger sogar zulässig sein könnte. Da nämlich - wie dargestellt - das Vorprüfungsverfahren zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Beschlusses durch das Erstgericht bereits abgeschlossen gewesen sei, hätte eine Zurückweisung des Antrages nach den §§ 141, 142 KO iVm § 193 Abs 1 KO nicht mehr stattfinden dürfen. Der angefochtene Beschluss sei deshalb ersatzlos zu beheben. Das Erstgericht werde das Verfahren über den Zahlungsplanantrag gesetzmäßig fortzusetzen haben.

Darauf, ob - im Fall der Annahme des Zahlungsplanes durch die Gläubiger - allenfalls ein Grund für die Versagung der Bestätigung des Zahlungsplanes nach § 195 KO vorliegen könnte, sei hier noch nicht einzugehen.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der Revisionsrekurs des Masseverwalters mit dem Antrag auf Abänderung des angefochtenen Beschlusses im Sinne der Wiederherstellung des erstgerichtlichen Beschlusses.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist zwar aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig, aber nicht berechtigt.

Vorauszuschicken ist, dass die Rekurslegitimation des Masseverwalters zu bejahen ist: Dieser hat nicht nur die gemeinsamen Interessen der Konkursgläubiger gegenüber Einzelinteressen zu vertreten (§ 81 Abs 2 KO), sondern auch die Pflicht, die Interessen aller Gläubiger und der Konkursmasse zu wahren (5 Ob 315/86 = EvBl 1987/196), soweit dies nicht ausschließlich in die Hände der Gläubiger selbst gelegt ist. Durch die Abhaltung einer Tagsatzung zwecks Beschlussfassung über einen allfällig unzulässigen Zahlungsplanantrag können die Interessen der Gläubiger beeinträchtigt sein, weil überflüssige, diese belastende Kosten auflaufen können.

Das Rekursgericht hat ausführlich dargelegt, dass im Zeitpunkt der erstgerichtlichen Beschlussfassung auf Zurückweisung des Zahlungsplanantrages keine amtswegige Überprüfungsmöglichkeit mehr bestand, weil das - auch im Schuldenregulierungsverfahrens vorgesehene - amtswegige Vorprüfungsverfahren bereits abgeschlossen war. Es genügt daher auf die zutreffende rechtliche Beurteilung des Erstgerichtes zu verweisen (§ 510 Abs 3 ZPO iVm § 171 KO). Der erstgerichtliche Beschluss wurde daher vom Rekursgericht zu Recht ersatzlos behoben und dem Erstgericht die Fortsetzung des Schuldenregulierungsverfahrens aufgetragen.

Zur weiteren Vorgangsweise ist folgendes klarzustellen:

Wie der erkennende Senat bereits in den Entscheidungen 8 Ob 127/98d =

SZ 71/167 = ZIK 1999, 68 und 8 Ob 342/98x = SZ 72/113 = ZIK 1999, 206

ausgesprochen hat, ist auch dann, wenn der Antrag auf Annahme des Zahlungsplans und Einleitung des Abschöpfungsverfahrens nicht erst im Laufe eines Konkursverfahrens gestellt wurde, sondern von vorneherein die Einleitung des Schuldenregulierungsverfahrens beantragt und daraufhin die Voraussetzung der Erwartung der Restschuldbefreiung einer amtswegigen Vorprüfung aufgrund der vom Antragsteller vorgelegten Bescheinigungen unterzogen wurde, diese Voraussetzung nach Anhörung der Beteiligten in einer anzuberaumenden Tagsatzung neuerlich zu prüfen, da es in diesem Verfahrensstadium den Beteiligten freistehen müsse, nicht nur die in § 201 KO genannten Einleitungshindernisse geltend zu machen, sondern auch substantiiert vorzubringen, die Erwartung der Restschuldbefreiung sei durch den Schuldner nicht ausreichend bescheinigt worden.

Gleiches muss auch für die Frage der Zulässigkeit des angebotenen Zahlungsplans gelten. In der anzuberaumenden Tagsatzung, in der über den Antrag auf Annahme des Zahlungsplans zu entscheiden sein wird, haben die Gläubiger die Möglichkeit, ihre Einwendungen zu erheben. Erst diese Anhörung wahrt das rechtliche Gehör der Beteiligten. In diesem Verfahrensstadium muss es den Beteiligten auch freistehen, substantiiert vorzubringen, dass der angebotene Zahlungsplan gegen § 193 Abs 2 KO verstößt, der vorsieht, dass vor Beschlussfassung über den Zahlungsplan bereits das gesamte Vermögen des Schuldners verwertet sein muss. Der Gläubigern steht nämlich neben den im Zahlungsplan angebotenen Leistungen der Erlös aus dem Massevermögen als separate Sonderzahlung zu (8 Ob 238/99d = ZIK 1999, 208). Voraussetzung der Wahrnehmbarkeit dieses Verstoßes ist allerdings, dass ein Beteiligter dies beantragt; eine amtswegige Wahrnehmung ist in diesem Stadium nicht mehr möglich (vgl § 43 Abs 2 JN, der bestimmt, dass, sobald über die Klage die Tagsatzung zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, die Beantwortung der Klage aufgetragen oder ein bedingter Zahlungsbefehl erlassen worden ist, sich das Gericht nur dann für unzuständig erklären kann, wenn der Beklagte rechtzeitig die Einrede des Fehlens der sachlichen oder örtlichen Zuständigkeit erhebt). Beteiligter im Sinn dieser Bestimmung kann aber nur ein Gläubiger, nicht aber der Masseverwalter sein, weil dieser nicht betroffen ist, und es in diesem Stadium des Verfahrens Sache der Gläubiger ist, darüber zu entscheiden, ob sie diesen Umstand aufgreifen wollen oder nicht. Das bedeutet, dass dieser Mangel mangels Geltendmachung saniert wird und daher in der Folge nicht mehr als Grund für die Versagung der Bestätigung des Zahlungsplans (§ 195 KO) herangezogen werden kann (vgl die Erwägungen in 8 Ob 238/99d = ZIK 2000/51 [Reinisch]). Erst nach dem hierüber entschieden ist, kann über den vorgelegten Zahlungsplan selbst entschieden werden, weil anderenfalls ein Gläubiger, der diese Frage aufgreifen will, durch die Beschlussfassung über den angebotenen Zahlungsplan majorisiert werden könnte.

Für den Fall, dass ein Gläubiger die Unzulässigkeit des vorgelegten Zahlungsplans einwendet, ist das Gericht verpflichtet, die - nicht rechtskundig vertreten gewesene - Schuldnerin zu belehren und ihr Gelegenheit zur Verbesserung ihres Zahlungsplanantrages zu geben. Die Schuldnerin müsste entweder - unter der Außerachtlassung ihres auf dem Sparbuch erliegenden, zuvor zu verwertenden Vermögens - ein Anbot über einen § 194 Abs 1 KO entsprechenden Zahlungsplan vorlegen, oder - was im Hinblick auf den bereits verbesserten Zahlungsplan (im Ergebnis 20 %ige Quote unter Einrechnung des Massevermögens), den sie allerdings zwischenzeitig bis zur Entscheidung über die Zulässigkeit des von ihr zuerst vorgelegten Zahlungsplans zurückgezogen hat, - einen Zwangsausgleich anstreben; ein solcher bedarf auch nur einer 20 %igen Mindestquote (§ 141 Z 3 KO) und erfordert bekanntlich nicht, dass zuvor das Vermögen des Schuldners verwertet wird; es genügt, wenn die Gläubiger mit der erforderlichen Stimmenmehrheit damit einverstanden sind, dass insgesamt eine Quote von 20 % bezahlt wird.