VfGH vom 02.10.2013, A2/2012
Leitsatz
Abweisung einer Klage auf Rückzahlung einer angeblich trotz Vollstreckungsverjährung eingetriebenen Geldstrafe; Verwendung von Zahlungen im Zweifel zunächst zur Tilgung der älteren Schuld
Spruch
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger ist schuldig, dem Bund zuhanden der Finanzprokuratur die mit € 297,92 bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exe kution zu ersetzen.
Begründung
Entscheidungsgründe
I. Sachverhalt und Klagebegehren
1. In der auf Art 137 B-VG gestützten, gegen den Bund gerichteten Klage begehrt der Kläger die Zahlung von € 1.675,– samt 4% Zinsen seit sowie den Ersatz der Kosten des verfassungsgerichtlichen Verfahrens.
2. Zum Sachverhalt bringt der Kläger Folgendes vor: Die Bezirkshauptmannschaft Oberpullendorf war mit der Vollstreckung der gegen ihn mit rechtskräftigem Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Baden vom (GZ390-69-2011, BNS2-S-08 24841 A) bzw. mit rechtskräftiger Strafverfügung vom (GZ390-70-2011, BNS2-S-0833705) verhängten Geldstrafen beauftragt. Der Kläger habe mit Überweisung vom zur GZ390-70-2011 eine Teilzahlung in Höhe von € 1.500,– auf die Strafe von € 3.175,– geleistet. Am habe er zur GZ390-69-2011 eine Teilzahlung in Höhe von € 2.000,– auf die Strafe von € 3.400,– geleistet. Am habe der Kläger eine weitere Teilzahlung in Höhe von € 1.400,– zur GZ390-69-2011 geleistet.
2.1. Am sei er von der zuständigen Sachbearbeiterin telefonisch aufgefordert worden, den ausstehenden Restbetrag in Höhe von € 1.675,– zu bezahlen. Der Kläger habe angegeben, die Geldstrafe zur GZ390-69-2011 seiner Ansicht nach durch die Zahlungen vom und vom getilgt zu haben. Im Hinblick auf die Geldstrafe zur GZ390-70-2011 sei am Vollstreckungsverjährung eingetreten. Das Gespräch sei beendet worden, nachdem die Sachbearbeiterin der Bezirkshauptmannschaft Oberpullendorf erklärt hatte, sie könne Widmungen von Zahlungen abändern.
2.2. Ebenfalls am seien Exekutivbeamte beim Kläger erschienen, um ihn zum Antritt der Ersatzfreiheitsstrafe aufzufordern. Um dem Vollzug der Ersatzfreiheitsstrafe zu entgehen, habe der Kläger letztlich eine Zahlung in Höhe von € 2.000,– geleistet.
2.3. Mit Schreiben vom habe der Kläger die Bezirkshauptmannschaft Oberpullendorf aufgefordert, diesen Betrag an ihn zurückzuzahlen. Dies sei aber nicht geschehen.
2.4. Die Zahlung des Klägers in Höhe von € 2.000,– vom zur Tilgung der Geldstrafe zur GZ390-69-2011 sei von der zuständigen Sachbearbeiterin nicht widmungsgemäß verbucht worden. Im Verfahren zur GZ390-70-2011 sei am Vollstreckungsverjährung eingetreten. Der Rechtstitel für die Zahlung vom sei damit "weggefallen/außer Kraft getreten". Die beklagte Partei sei daher zu Unrecht bereichert und zur Rückzahlung verpflichtet.
2.5. Mit Schriftsatz vom schränkte der Kläger sein Klagebegehren von zunächst € 2.000,– s.A. auf den Betrag von € 1.675,– s.A. ein.
3. Die beklagte Partei erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung des Klagebegehrens beantragt. Das Klagebegehren werde dem Grunde und der Höhe nach bestritten.
3.1. Zum Sachverhalt führt die beklagte Partei insbesondere aus, in einem Telefongespräch am habe der Kläger mit der zuständigen Sachbearbeiterin vereinbart, vor Ablauf der Verjährungsfrist sämtliche Beträge einzubezahlen. Er habe zugesagt, bis November monatlich € 1.500,– zu bezahlen und im Dezember den Restbetrag von € 2.075,–. Die Überweisung vom habe den Verwendungszweck "390-69-2011 und tel. Fr. Hofer" gehabt. Da sich der Kläger damit auf das vorangegangene Telefonat bezogen habe, sei die zuständige Sachbearbeiterin davon ausgegangen, dass der Betrag zunächst auf jene Geldstrafe gebucht werden sollte, bei der die Vollstreckungsverjährung früher eintritt.
3.2. Rechtlich werde auf das Urteil des Verfassungsgerichtshofes vom , A1/88, verwiesen, wonach bezahlte Beträge bei undeutlicher Widmung zur Tilgung älterer Verpflichtungen verwendet werden dürfen.
4. Der Kläger hat eine Replik erstattet, in der er auf die Einvernahme der zuständigen Sachbearbeiterin vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat Burgenland verweist. In dieser Einvernahme habe sie angegeben, sich nicht erinnern zu können, dass darüber gesprochen worden sei, zuerst die ältesten Strafen zu tilgen.
II. Erwägungen
1. Zur Zulässigkeit der Klage
Gemäß Art 137 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über vermögensrechtliche Ansprüche gegen den Bund, ein Land, eine Gemeinde oder einen Gemeindeverband, die weder im ordentlichen Rechtsweg auszutragen noch durch Bescheid einer Verwaltungsbehörde zu erledigen sind.
Ein solcher Anspruch wird mit der vorliegenden Klage geltend gemacht. Da im Verfahren auch sonst kein Prozesshindernis hervorgekommen ist, erweist sich die Klage insgesamt als zulässig.
2. In der Sache
2.1. Die Klage ist nicht begründet.
2.2. Auf Grund des Vorbringens der Parteien und der vorgelegten Unterlagen geht der Verfassungsgerichtshof von folgendem maßgeblichen Sachverhalt aus:
2.2.1. Gegen den Kläger wurden mit rechtskräftigem Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Baden vom (GZ390-69-2011, BNS2-S-08 24841 A) bzw. mit rechtskräftiger Strafverfügung vom (GZ390-70-2011, BNS2-S-0833705) Geldstrafen verhängt. Im Verfahren zur GZ390-69-2011, BNS2-S-08 24841 A, ist am Vollstreckungsverjährung eingetreten, in jenem zur GZ390-70-2011, BNS2-S-0833705, am . Der Kläger leistete zur GZ390-69-2011 am eine Teilzahlung in Höhe von € 1.400,–. Zur GZ390-70-2011 leistete er am eine Zahlung in Höhe von € 1.500,–. Am leistete er eine Teilzahlung in Höhe von € 2.000,–, die von der Behörde zur Tilgung der zu GZ390-70-2011 bestehenden Schuld verwendet wurde. Am wurde der Kläger zum Antritt der Ersatzfreiheitsstrafe aufgefordert, woraufhin er eine weitere Zahlung in Höhe von € 2.000,– leistete. Dieser Betrag wurde zur Tilgung der noch offenen Schuld verwendet. Die Überzahlung von € 325,– wurde dem Kläger am zurücküberwiesen.
2.3. Der Kläger behauptet, in seinem Telefonat am mit der zuständigen Sachbearbeiterin sei nicht über die Widmung der Zahlungen gesprochen worden. Sie habe daher seiner Auffassung nach zu Unrecht die Zahlung vom umgewidmet, weshalb am zur GZ390-69-2011 noch ein Restbetrag offen gewesen sei. Im Verfahren zur GZ390-70-2011 sei aber bereits am Vollstreckungsverjährung eingetreten.
2.3.1. Bei der Überweisung des Betrages von € 2.000,– trug der Kläger zwar – wie sich auch aus den vorgelegten Unterlagen ergibt – im Feld "Verwendungszweck" den Vermerk "390-69-2011 und tel. Fr. Hofer" ein. Es ist ihm aber nicht gelungen, den Nachweis zu erbringen, dass es in seinem Telefonat mit der zuständigen Sachbearbeiterin ausschließlich um die von ihm bezeichnete Forderung ging. Der Kläger hat es daher mit diesen Angaben unterlassen, mit hinlänglicher Deutlichkeit zu deklarieren, für welche der noch offenen Geldstrafen die Zahlung zu verwenden ist. Wenn, wie im vorliegenden Fall, Zweifel über die Widmung einer Zahlung bestehen, hat die Behörde nach § 1416 ABGB vorzugehen, wonach im Zweifel Zahlungen zunächst zur Tilgung der älteren Schuld zu verwenden sind (vgl. VfSlg 11.877/1988). Die Geldstrafe zur GZ390-70-2011 war daher am vollständig getilgt. Offen war hingegen noch die Geldstrafe zur GZ390-69-2011, bei der erst am Vollstreckungsverjährung eingetreten ist.
III. Ergebnis
1. Die Klage ist daher abzuweisen.
2. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
3. Dem obsiegenden Bund sind die von der Finanzprokuratur verzeichneten Kosten gemäß § 41 iVm § 35 Abs 1 VfGG und § 41 Abs 2 ZPO zuzusprechen.