OGH vom 28.10.2013, 8Ob80/13t
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Spenling als Vorsitzenden und den Hofrat Hon. Prof. Dr. Kuras, die Hofrätin Dr. Tarmann Prenter sowie die Hofräte Mag. Ziegelbauer und Dr. Brenn als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei J***** R*****, vertreten durch Dr. Robert Kerschbaumer, Rechtsanwalt in Lienz, gegen die beklagte Partei U***** A*****, vertreten durch Seirer Weichselbraun, Rechtsanwälte in Lienz, wegen 268,32 EUR sA, über den Rekurs des Klägers gegen den Beschluss des Landesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom , GZ 4 R 185/13d 14, mit dem das Urteil und das Verfahren des Bezirksgerichts Lienz vom , GZ 5 C 576/12m 10, als nichtig aufgehoben und die Klage zurückgewiesen wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 188,02 EUR (darin enthalten 31,34 EUR an USt) bestimmten Kosten der Rekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung:
Die Streitteile sind jeweils Miteigentümer einer Wohnhausanlage.
Mit einem Schreiben des Klagebegehrens vom warf der Kläger der Beklagten vor, am eine Strauchschnitttonne an einer Stelle abgestellt zu haben, an der dies nicht gestattet sei. Sie habe dadurch die ungehinderte Benutzung des Besucherparkplatzes verhindert. Sie werde aufgefordert, derartige Handlungen in Zukunft zu unterlassen. Ferner werde sie aufgefordert, die für das Einschreiten des Klagevertreters vom Kläger aufgewendeten Kosten von 268,32 EUR zu ersetzen.
Die Beklagte entgegnete darauf in einem Schreiben vom , dass ihr Verhalten durch entsprechende Beschlüsse der Eigentümerversammlung gedeckt sei und der Kläger lediglich versuche, die anderen Miteigentümer durch Beschimpfungen und Klagsandrohungen einzuschüchtern. Sie habe nicht rechtswidrig gehandelt.
Mit seiner am eingebrachten Klage brachte der Kläger vor, dass die Beklagte durch das Abstellen der Strauchschnitttonne am vorsätzlich und rechtswidrig gehandelt habe. Der Kläger habe daher die Hilfe des Klagevertreters in Anspruch genommen, der die Beklagte mittels eines Schreibens zur Unterlassung derartiger Handlungen aufgefordert habe. Für die Leistungen seines Anwalts habe er den Klagebetrag gezahlt, den zu ersetzen die Beklagte verpflichtet sei. Erst nach dem Schreiben des Klagevertreters habe die Beklagte von ihrem Verhalten abgelassen.
Die Beklagte beantragte, das Klagebegehren abzuweisen. Die Strauchschnitttonne werde seit Jahren dort abgestellt, wo sie die Beklagte am hingestellt habe. Sie habe nicht rechtswidrig gehandelt, das Klagebegehren sei schikanös.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren als unberechtigt ab. Die Beklagte habe nicht rechtswidrig gehandelt.
Das Berufungsgericht hob mit dem angefochtenen Beschluss aus Anlass der vom Kläger gegen dieses Urteil erhobenen Berufung das Ersturteil und das ihm vorangegangene Verfahren als nichtig auf und wies die Klage wegen Unzulässigkeit des Rechtswegs zurück. Die hier eingeklagten Kosten seien im Zusammenhang mit einem Unterlassungsanspruch entstanden, den die Beklagte stets bestritten habe. Im Hinblick darauf handle es sich bei dem durch das Mahnschreiben entstandenen Klagsbetrag um vorprozessuale Kosten. Für diese sei der Rechtsweg nur dann zulässig, wenn der Hauptanspruch hier der Unterlassungsanspruch durch Erfüllung oder Verzicht erloschen oder darüber ein Vergleich geschlossen worden sei. Dahingehendes habe der Kläger nicht behauptet.
Gegen diesen Beschluss richtet sich der Rekurs des Klägers mit dem Antrag, den Beschluss im klagsstattgebenden Sinne abzuändern.
Die Beklagte beantragt, dem Rekurs nicht Folge zu geben.
Der Rekurs des Klägers ist iSd § 519 Abs 1 Z 1 ZPO jedenfalls zulässig (RIS Justiz RS0043861; RS0116348), aber nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Nach ständiger Rechtsprechung werden Kosten für Mahnschreiben wie andere Kosten der Beweissammlung und der Prozessvorbereitung als vorprozessuale Kosten iSd § 41 ZPO qualifiziert, deren abgesonderte Durchsetzung im streitigen Rechtsweg mangels eigenen Privatrechtstitels unzulässig ist (RIS Justiz RS0035770). Die öffentlich rechtliche Natur des Kostenersatzanspruchs steht der selbständigen Geltendmachung im Klageweg entgegen; vielmehr sind diese Kosten akzessorisch zum Anspruch und damit mit diesem in der Hauptsache geltend zu machen (RIS Justiz RS0035721). Erst wenn kein Hauptanspruch mehr besteht, können die Kosten selbständig eingeklagt werden. Das ist nur dann der Fall, wenn kein Prozess in der Hauptsache eingeleitet werden kann, weil der Hauptanspruch bereits durch Erfüllung, Verzicht oder Anerkenntnis erledigt wurde (RIS Justiz RS0035826; RS0111906). An dieser Rechtsprechung hat der Oberste Gerichtshof auch nach Änderung des § 1333 Abs 3 ABGB im Hinblick auf die speziellere Regelung des § 23a RatG, der diese vorprozessualen Kosten erfasst, festgehalten (RIS Justiz RS0120431).
Hier ist das Berufungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass der Wegfall des vom Kläger behaupteten Anspruchs auf Unterlassung im Sinne der oben dargestellten Rechtsprechung vom Kläger gar nicht behauptet und auch nicht festgestellt wurde.
Grundsätzlich ist dann, wenn dem behaupteten Unterlassungsanspruch bereits einmal zuwidergehandelt wurde, die Wiederholungsgefahr zu bejahen, solange nicht der Beklagte Umstände behauptet oder beweist, aus der sich gewichtige Anhaltspunkte dafür ergeben, dass der Verletzer ernstlich gewillt ist, von künftigen Störungen Abstand zu nehmen (RIS Justiz RS0037661).
Der Kläger hat insoweit nur vorgebracht, dass die Beklagte nach dem Schreiben des Rechtsanwalts des Klägers von der zu untersagenden Handlung abgelassen habe. Allein damit wird jedoch der Wegfall der Wiederholungsgefahr noch nicht schlüssig behauptet. Schließlich hat die Beklagte vorprozessual und auch im Verfahren den vom Kläger behaupteten Unterlassungsanspruch weiter bestritten (vgl RIS Justiz RS0012055).
Dass die Klägerin im Verfahren im Rahmen ihrer Parteienvernehmung aussagte, nicht vorzuhaben, die Strauchschnitttonne noch einmal am betroffenen Ort abzustellen, vermag an diesem Ergebnis nichts zu ändern. Zum einen war zu diesem Zeitpunkt die Aussage erfolgte unmittelbar vor Schluss der Verhandlung das Verfahren längst eingeleitet; zum anderen liegt dieser Aussage keinerlei Prozessvorbringen zugrunde. Mit ihrem Prozessvorbringen hat die Beklagte den Anspruch bis zuletzt bestritten.
Dem Berufungsgericht ist daher beizupflichten, dass die hier eingeklagte Kostenforderung ihre Akzessorietät zum Hauptanspruch nicht verloren hat und ihre selbständige Einklagung daher nicht zulässig war.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 50 und 41 ZPO.