VfGH vom 19.06.2006, a17/05
Sammlungsnummer
17865
Leitsatz
Abweisung einer Staatshaftungsklage gegen den Bund wegen Ablehnung einer Verwaltungsgerichtshofbeschwerde gegen die Verhängung der Schubhaft infolge eines Aufenthaltsverbotes; vertretbare Annahme der Maßgeblichkeit des rechtskräftig verhängten und vollstreckbaren Aufenthaltsverbotes bzw der Nichtanwendung einer Bestimmung der EU-Richtlinie zur Koordinierung der Sondervorschriften für die Einreise und den Aufenthalt von Ausländern
Spruch
Das Klagebegehren des Inhalts, der Bund sei schuldig, dem Kläger den Betrag von € 2.259,76 zuzüglich 10,75 % Zinsen seit dem Klagstage zu bezahlen und die Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstigem Zwang zu ersetzen, wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. Der Kläger, ein niederländischer Staatsangehöriger, begehrt vom Bund die Zahlung von € 2.259,76 zuzüglich Zinsen und Kosten aus dem Titel der Staatshaftung. Hiezu bringt er auf das Wesentliche zusammengefasst vor:
1. Mit Bescheid vom , GZ III-1454-1095/2000, habe die Bezirkshauptmannschaft Dornbirn (im Folgenden: BH Dornbirn) über den Kläger wegen einer einzigen Verurteilung zu einer Geldstrafe ein auf 10 Jahre befristetes Aufenthaltsverbot verhängt. Die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg habe das Aufenthaltsverbot auf fünf Jahre reduziert. Die dagegen eingebrachte Beschwerde sei noch beim Verwaltungsgerichtshof zur Zahl 2001/21/0019 anhängig. Der Verwaltungsgerichtshof habe der Beschwerde keine aufschiebende Wirkung gewährt.
Ferner sei die Schubhaft über den Kläger verhängt worden. Die dagegen erhobene Berufung habe der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Vorarlberg (im Folgenden: UVS Vorarlberg) mit Erkenntnis vom , GZ 3-50-06/01/E2, abgewiesen. Der Verwaltungsgerichtshof habe mit Beschluss vom , Zl. 2001/02/0272, zugestellt am , die Behandlung der Beschwerde gegen das genannte Erkenntnis des UVS Vorarlberg gemäß § 33a VwGG abgelehnt. Diese Ablehnung sei erfolgt, obwohl das Verfahren Orfanopoulos und Oliveri, Rs. C-482/01, C-493/01, zu diesem Zeitpunkt bereits beim Europäischen Gerichtshof (im Folgenden: EuGH) anhängig gewesen sei.
2. Auf den Kläger sei die Richtlinie 64/221/EWG anwendbar. Mit dem Urteil vom , Rs. C-136/03 (Ünal und Dörr), habe der EuGH entschieden, dass in Österreich keine unabhängige Stelle im Sinne des Art 9 der Richtlinie bestehe und es daher auch an den Mindestgarantien dieser Richtlinie mangle. Nach Art 9 der Richtlinie sei jedes Aufenthaltsverbot gegen einen Unionsbürger nur dann rechtmäßig und durchsetzbar, wenn dem Unionsbürger zuvor die in der Richtlinie garantierte Rechtsschutzmöglichkeit eingeräumt worden sei.
Artikel 9 der genannten Richtlinie lautet:
"(1) Sofern keine Rechtsmittel gegeben sind oder die Rechtsmittel nur die Gesetzmässigkeit der Entscheidung betreffen oder keine aufschiebende Wirkung haben, trifft die Verwaltungsbehörde die Entscheidung über die Verweigerung der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis oder über die Entfernung eines Inhabers einer Aufenthaltserlaubnis aus dem Hoheitsgebiet ausser in dringenden Fällen erst nach Erhalt der Stellungnahme einer zuständigen Stelle des Aufnahmelandes, vor der sich der Betroffene entsprechend den innerstaatlichen Rechtsvorschriften verteidigen, unterstützen oder vertreten lassen kann.
Diese Stelle muß eine andere sein als diejenige, welche für die Entscheidung über die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis oder über die Entfernung aus dem Hoheitsgebiet zuständig ist.
(2) Die Entscheidungen über die Verweigerung der ersten Aufenthaltserlaubnis sowie die Entscheidungen über die Entfernung aus dem Hoheitsgebiet vor Erteilung einer solchen Erlaubnis werden der Stelle, deren vorherige Stellungnahme in Absatz 1) vorgesehen ist, auf Antrag des Betroffenen zur Prüfung vorgelegt. Dieser ist dann berechtigt, persönlich seine Verteidigung wahrzunehmen, ausser wenn Gründe der Sicherheit des Staates dem entgegenstehen."
Die qualifizierte Fehlleistung des Verwaltungsgerichtshofes bestehe in der "unfassbaren Entscheidung", die Beschwerde nicht einmal zu behandeln. Hätte der Verwaltungsgerichtshof die Beschwerde behandelt, hätte ihm auch nicht entgehen können, dass das Aufenthaltverbot weder rechtskräftig noch gemeinschaftsrechtskonform durchsetzbar war.
Der Kläger macht den Ersatz der Kosten für das Verfahren 3-50-06/01/E2 zuzüglich des vom UVS Vorarlberg der Gegenseite zugesprochenen Kostenersatzes, somit insgesamt € 2.259,76 geltend.
II. 1. Der Bund erstattete eine Gegenschrift, in der er zunächst die Zulässigkeit der Klage bestreitet. Für die Zulässigkeit einer Staatshaftungsklage könne nach Auffassung des Bundes nicht schon die bloß abstrakte Behauptung der Gemeinschaftswidrigkeit einer Entscheidung genügen. Vielmehr müsse die behauptete qualifizierte Gemeinschaftswidrigkeit in der Klage selbst hinreichend substantiiert sein. Weiters führt die Bundesregierung aus:
"Der Kläger stützt seinen Anspruch auf eine 'denkunmögliche Nichtvorlage' durch den Verwaltungsgerichtshof. Aus seiner Klage geht dazu nur hervor, dass er das über ihn verhängte Aufenthaltsverbot als 'weder gemeinschaftsrechtskonform rechtskräftig noch gemeinschaftsrechtskonform durchsetzbar' (und somit eine Festnahme und Anhaltung in Schubhaft als rechtswidrig) erachtet. Er beschränkt sich dabei jedoch auf die bloße Behauptung. Woraus sich die mangelnde Rechtskraft und Durchsetzbarkeit des Aufenthaltsverbots ergebe und welche Zweifel hinsichtlich der Auslegung von Gemeinschaftsrecht beim Verwaltungsgerichtshof hätten entstehen müssen, ist aus der Klage nicht erschließbar."
Daher sei die Klage als unzulässig zurückzuweisen.
2. Ferner bestreitet der Bund das Vorliegen eines hinreichend qualifizierten Verstoßes des Verwaltungsgerichtshofes gegen Gemeinschaftsrecht.
Der Verwaltungsgerichtshof habe zunächst dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung mit Beschluss vom keine Folge gegeben, weil "im Blick auf den wiederholten Suchtgiftverkauf auch an Minderjährige der beantragten Bewilligung das aus dem öffentlichen Interesse an der Unterbindung strafbarer Handlungen und am Schutz der körperlichen Integrität anderer erfließende zwingende öffentliche Interesse am Vollzug der bekämpften Maßnahme entgegensteht."
Zur Sicherung der Ausreise sei sodann über den Kläger am die Schubhaft verhängt worden. Eine dagegen erhobene Beschwerde sei vom UVS Vorarlberg mit Beschluss vom abgewiesen worden. Mit Beschluss vom sei auch die Behandlung der an den Verwaltungsgerichtshof erhobenen Beschwerde abgelehnt worden.
Zur behaupteten Verletzung des Art 9 der Richtlinie 64/221/EWG führt der Bund aus:
"Der vom Kläger mehrfach zitierte Art 9 der Richtlinie 64/221/EWG bezieht sich auf die 'Entscheidung über die Entfernung eines Inhabers einer Aufenthaltserlaubnis aus dem Hoheitsgebiet' und somit auf die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung. Der im vorliegenden Fall maßgebliche Ablehnungsbeschluss des Verwaltungsgerichtshofes betraf jedoch eine Schubhaftbeschwerde. Der Verhängung der Schubhaft lag ein (nach Maßgabe des innerstaatlichen Rechts) rechtskräftiges und - mangels Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung - vollstreckbares Aufenthaltsverbot zugrunde. Welche gemeinschaftsrechtlichen Regelungen nun der Durchsetzbarkeit des Aufenthaltsverbots entgegengestanden wären bzw. inwiefern beim Verwaltungsgerichtshof Zweifel hinsichtlich der Auslegung (welcher?) gemeinschaftsrechtlicher Bestimmungen hätten entstehen müssen und weshalb er die ihn aufgrund dessen treffende Vorlageverpflichtung qualifiziert verletzt habe, ist für den Bund nicht ersichtlich und wird in der Klage auch nicht näher dargelegt.
Es ist aber nicht Aufgabe des Verfassungsgerichtshofes, in einem Staatshaftungsverfahren - ähnlich einem Rechtsmittelgericht - die Richtigkeit der als staatshaftungsbegründend gerügten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes zu überprüfen. Der Verfassungsgerichtshof hat nur zu beurteilen, ob ein hinreichend qualifizierter Verstoß gegen Gemeinschaftsrecht vorliegt (). Von einem solchen kann nach Auffassung des Bundes im vorliegenden Fall nicht die Rede sein.
Nur zur Vollständigkeit ist darauf hinzuweisen, dass das die Frage der Auslegung von Art 9 der Richtlinie 64/221/EWG betreffende österreichische Vorabentscheidungsverfahren in der Rs C-136/03, Dörr und Ünal, zum Zeitpunkt des hier maßgeblichen Ablehnungsbeschlusses noch nicht einmal anhängig war. Auch in dem vom Kläger weiters genannten Verfahren Orfanopoulos und Oliveri (verb. Rs C-482/01 und C-493/01) ergingen die Schlussanträge und das Urteil erst nach dem Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes.
Nach Ansicht des Bundes erweist sich die Klage somit insgesamt als unbegründet."
III. Der Verfassungsgerichtshof geht bei seiner rechtlichen Beurteilung von folgendem im Wesentlichen unbestrittenen Sachverhalt aus:
1. Mit Bescheid vom , GZ III-1454-1095/2000, hat die BH Dornbirn über den Kläger ein auf 10 Jahre befristetes Aufenthaltsverbot verhängt. In der Begründung verweist die BH Dornbirn auf die Verurteilung des Klägers wegen des Verbrechens nach § 28 Abs 2 Suchtmittelgesetz und des Vergehens nach § 27 Abs 1 Suchtmittelgesetz. Auch sei aus dem Urteil des Landesgerichts Feldkirch ersichtlich, dass der nunmehrige Kläger bereits in Holland wegen des Verstoßes gegen das holländische Opium-Gesetz rechtskräftig verurteilt wurde. Die Erlassung des Aufenthaltsverbotes sei wegen des Verhaltens des nunmehrigen Klägers dringend notwendig.
Die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg hat das Aufenthaltsverbot auf fünf Jahre reduziert. Gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion brachte der Kläger Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof ein. Dieser wurde mit Beschluss vom , Zl. 2001/21/0013-3, mit der oben bereits erwähnten Begründung keine aufschiebende Wirkung gewährt.
Mit Beschluss vom , Zl. 2001/21/0019, hat der Verwaltungsgerichtshof das Beschwerdeverfahren bis zur Vorabentscheidung des in den Beschwerdesachen Zlen. 99/21/0018 und 2002/21/0067 angerufenen Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften ausgesetzt. Mit Beschluss vom , Zlen. 99/21/0018 und 2002/21/0067 (EU 2003/0001 und 0002), hat der VwGH dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften folgende Fragen zur Vorabentscheidung gemäß Art 234 EG vorgelegt:
"1. Sind die Art 8 und 9 der Richtlinie 64/221/EWG des Rates vom zur Koordinierung der Sondervorschriften für die Einreise und den Aufenthalt von Ausländern, soweit sie aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit gerechtfertigt sind (RL), dahin auszulegen, dass die Verwaltungsbehörden - ungeachtet des Bestehens eines innerbehördlichen Instanzenzuges - die Entscheidung über die Entfernung aus dem Hoheitsgebiet ohne Erhalt der Stellungnahme einer (in der österreichischen Rechtsordnung nicht vorgesehenen) zuständigen Stelle nach Art 9 Abs 1 der RL - außer in dringenden Fällen - dann nicht treffen dürfen, wenn gegen ihre Entscheidung bloß die Erhebung von Beschwerden an Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts mit nachgenannten Einschränkungen zulässig ist:
Diesen Beschwerden kommt nicht von vornherein eine aufschiebende Wirkung zu, den Gerichtshöfen ist eine Zweckmäßigkeitsentscheidung verwehrt und sie können den angefochtenen Bescheid nur aufheben; weiters ist der eine Gerichtshof (Verwaltungsgerichtshof) im Bereich der Tatsachenfeststellungen auf eine Schlüssigkeitsprüfung, der andere Gerichtshof (Verfassungsgerichtshof) darüber hinaus auf die Prüfung der Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte beschränkt?
2. Sind die Rechtsschutzgarantien der Art 8 und 9 der unter Pkt. 1. genannten RL auf türkische Staatsangehörige anzuwenden, denen die Rechtsstellung nach Art 6 oder Art 7 des Beschlusses des - durch das Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei errichteten - Assoziationsrates vom , Nr. 1/80, über die Entwicklung der Assoziation (ARB) zukommt?"
In der Begründung der Aussetzung führte der Verwaltungsgerichtshof an:
"Da die beschwerdeführende Partei einem Mitgliedstaat der EU angehört, bildet die erste Frage auch im gegenständlichen Fall eine Vorfrage, die zufolge des Auslegungsmonopols des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften in Angelegenheiten des (primären oder sekundären) Gemeinschaftsrechts von einem anderen Gericht zu entscheiden ist.
Da das entsprechende Verfahren zur Einholung einer Vorabentscheidung bereits anhängig gemacht wurde, liegen die Voraussetzungen des gemäß § 62 Abs 1 VwGG auch vom Verwaltungsgerichtshof anzuwendenden § 38 AVG vor (vgl. etwa den hg. Beschluss vom , Zl. 99/03/0365)."
Im Urteil vom , C-136/03 (Dörr und Ünal) wies der EuGH in RZ 42 darauf hin, dass Art 9 der Richtlinie 64/221/EWG einen verfahrensrechtlichen Mindestschutz garantiere. Sodann heißt es an dieser Stelle:
"Diese Bestimmung, die in drei Fällen Anwendung findet, nämlich dann, wenn keine gerichtlichen Rechtsbehelfe gegeben sind oder diese Rechtsbehelfe nur die Gesetzmäßigkeit der Entscheidung betreffen oder keine aufschiebende Wirkung haben, sieht das Eingreifen einer zuständigen Stelle vor, die eine andere sein muss als diejenige, die für die Entscheidung zuständig ist. Außer in dringenden Fällen darf die Verwaltungsbehörde ihre Entscheidung erst nach Erhalt der Stellungnahme dieser anderen zuständigen Stelle treffen. Der Betroffene muss sich vor der letztgenannten Stelle entsprechend den innerstaatlichen Rechtsvorschriften verteidigen und unterstützen oder vertreten lassen können ..."
Die Frage 1 beantwortete der EuGH in RZ 57 wie folgt:
"Angesichts der vorstehenden Erwägungen ist auf die erste Frage zu antworten, dass Artikel 9 Absatz 1 der Richtlinie 64/221 dahin auszulegen ist, dass er einer Regelung eines Mitgliedstaats entgegensteht, nach der gerichtliche Rechtsbehelfe gegen eine Entscheidung über die Entfernung aus dem Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats, die gegenüber einem Staatsangehörigen eines anderen Mitgliedstaats ergeht, keine aufschiebende Wirkung haben und die genannte Entscheidung im Rahmen dieser Rechtsbehelfe nur auf ihre Gesetzmäßigkeit hin überprüft werden kann, wenn keine zuständige Stelle im Sinne der genannten Bestimmung eingerichtet worden ist."
Mit Erkenntnis vom , Zl. 2005/21/0158, hob der Verwaltungsgerichtshof den vom nunmehrigen Kläger bekämpften Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts auf und sprach Kostenersatz zu.
2. Schon mit Bescheid vom hatte die BH Dornbirn die Schubhaft gegen den Kläger angeordnet. Der UVS Vorarlberg hatte die dagegen erhobene Berufung mit Erkenntnis vom , Zl. 3-50-06/01/F2, abgewiesen.
In der Begründung verwies der UVS Vorarlberg auf die rechtskräftige Verurteilung des Beschwerdeführers wegen Verbrechens nach dem Suchtmittelgesetz. Die Schubhaft zur Sicherung der Ausweisung sei wegen des kriminellen Verhaltens des Beschwerdeführers notwendig. Er sei der dreimaligen Aufforderung, das Bundesgebiet zu verlassen, nicht nachgekommen. Der UVS Vorarlberg sei auch an das bestehende Aufenthaltsverbot gebunden und habe dieses nicht nachzuprüfen. Dies treffe auch in Hinblick auf die Behauptung des Beschwerdeführers (und nunmehrigen Klägers) zu, wonach das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes nicht dem Art 9 der Richtlinie 64/221/EWG entspräche.
Der UVS Vorarlberg verwies auch auf § 48 Abs 1 Fremdengesetz, wonach die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger zulässig sei, wenn auf Grund des Verhaltens des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist.
Der Verwaltungsgerichtshof hatte mit Beschluss vom , Zl. 2001/02/272-7, die Behandlung der gegen den Bescheid des UVS Vorarlberg gerichteten Beschwerde abgelehnt.
IV. Der Verfassungsgerichtshof hat zur Zulässigkeit der Klage erwogen:
1. Der Bundesregierung ist zuzugestehen, dass das klägerische Vorbringen gelegentlich undeutlich ist. Immerhin ist zu erkennen, dass der Staatshaftungsanspruch sich auf ein behauptetes Fehlverhalten des Verwaltungsgerichtshofs durch Ablehnung der Behandlung der Beschwerde gegen das Erkenntnis des UVS Vorarlberg vom , Zl. 3-50-06/01/F2, mit welchem über den Beschwerdeführer die Schubhaft verhängt worden war, stützt. Die Klage ist daher nicht derart unbestimmt, dass sie zur Behandlung ungeeignet ist.
2. Fraglich könnte allenfalls sein, ob der Verfassungsgerichtshof auch zuständig ist, wenn die letzte Entscheidung, die sich inhaltlich mit der Sache beschäftigt, nicht vom Verwaltungsgerichtshof stammt, weil dieser die Behandlung abgelehnt hat.
In seinem Erkenntnis VfSlg. 17.214/2004 hatte der Verfassungsgerichtshof unter Bezugnahme auf das - Lyckeskog, ausgesprochen, dass auch eine bloße Zulassungsentscheidung des OGH diesem zuzurechnen sei. Entscheidend seien nicht die Kriterien für die Zulassung des Rechtsmittels, sondern, ob das Höchstgericht überhaupt in der Lage sei, auf Grund des Rechtsmittels die gemeinschaftsrechtliche Frage nach einer Vorlage an den EuGH zur Vorabentscheidung zu lösen. Der Verfassungsgerichtshof verwies auch auf die Entscheidung des , in der dieser ausführte:
"Trat keine der Vorinstanzen [...] an den Europäischen Gerichtshof heran, obwohl nach der Verfahrenslage ein solcher Verfahrensschritt geboten war, so kann dieser Umstand ohnehin als erhebliche Rechtsfrage des Verfahrensrechts iSd § 502 Abs 1 ZPO [...] zum Gegenstand eines insoweit zulässigen außerordentlichen Rechtsmittels gemacht werden."
Bezogen auf das Ablehnungsrecht des Verwaltungsgerichtshofs bedeutet dies, dass ein allfälliger Verstoß der belangten Behörde gegen das Gemeinschaftsrecht im Falle der Ablehnung einer Beschwerde nach § 33a VwGG, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, dem Verwaltungsgerichtshof zuzurechnen wäre.
Der Verfassungsgerichtshof ist somit zur Entscheidung über die gegenständliche Klage zuständig. Da auch die übrigen Prozessvoraussetzungen vorliegen, ist die Klage zulässig.
V. Der Verfassungsgerichtshof hat in der Sache erwogen:
Zum Zeitpunkt der Fällung des Erkenntnisses des UVS Vorarlberg () lag ein gegen den Kläger rechtskräftig verhängtes und vollstreckbares Aufenthaltsverbot vor (Nichtgewährung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion vom durch Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs vom ). Selbst wenn dieses auf einer gemeinschaftswidrigen Grundlage beruhte, war es rechtswirksam. Gegenstand des geltend gemachten Staatshaftungsanspruches ist laut Klage nicht der Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs vom , sondern der Beschluss auf Nichtbehandlung der Beschwerde vom , Zl. 2001/02/0272.
Der UVS Vorarlberg, der über die Verhängung der Schubhaft zu entscheiden hatte, ging von dem über den Beschwerdeführer rechtskräftig verhängten Aufenthaltsverbot aus, dessen Rechtsmäßigkeit bzw. Gemeinschaftswidrigkeit er nicht nachprüfte. Der UVS Vorarlberg und ihm folgend der Verwaltungsgerichtshof haben keinen qualifizierten Verstoß gegen Gemeinschaftsrecht begangen. Ihre Rechtsansicht ist zumindest vertretbar, wonach sie im Schubhaftverfahren nicht auch die Frage der Rechtsmäßigkeit des Aufenthaltsverbotes neuerlich zu beurteilen (zur Bestandskraft von Entscheidungen vgl. auch ) und dabei Art 9 der Richtlinie 64/221/EWG anzuwenden hatten, zumal Art 9 nur die Stellungnahme einer zuständigen Stelle in Verfahren betreffend die Verweigerung der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis oder die Entfernung aus dem Hoheitsgebiet betrifft, also andere Verfahren als jenes über die Verhängung der Schubhaft.
Bei diesem Ergebnis war nicht mehr auf weitere Fragen einzugehen, so etwa auf jene Frage, ob zwischen dem behaupteten Fehlverhalten und dem geltend gemachten Schaden überhaupt ein Kausalzusammenhang besteht, der ja voraussetzt, dass die im obgenannten Urteil des EuGH gerügte fehlende Möglichkeit des Eingriffs einer zuständigen Stelle zu einem anderen Ergebnis geführt hätte, zumal auch Art 3 der Richtlinie - wie § 48 des Fremdengesetzes 1997 - fremdenpolizeiliche Maßnahmen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit zulässt.
Die Klage war daher abzuweisen.