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VfGH vom 14.06.2004, a17/03

VfGH vom 14.06.2004, a17/03

Sammlungsnummer

17214

Leitsatz

Abweisung einer Staatshaftungsklage auf Ersatz der Verfahrenskosten im Zusammenhang mit mietrechtlichen Kündigungsverfahren wegen Nichtvorlage einer Frage der Auslegung des Gemeinschaftsrechtes an den EuGH durch die Gerichte; Zuständigkeit des VfGH angesichts der Zurechnung einer allfälligen Vorlagepflicht an den OGH auch in Fällen einer - im Übrigen unzulässigen - außerordentlichen Revision; kein qualifizierter Verstoß gegen Gemeinschaftsrecht, etwa die Arbeitnehmerfreizügigkeit, durch Entscheidungen betreffend die Kündigung eines Nutzungsvertrags mangels eines dringenden Wohnbedürfnisses des im Ausland tätigen Klägers an einer Zweitwohnung

Spruch

Das Klagebegehren wird abgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei zu Handen ihres Rechtsvertreters die Prozesskosten in Höhe von 572,40 Euro binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Die gemeinnützige Bau-, Wohnungs- und

Siedlungsgenossenschaft Bregenz reg. GenmbH (im Folgenden kurz:

Genossenschaft) ist zu 89/2177 Anteilen Miteigentümer der

Liegenschaften in EZ 1622, Grundbuch 91119 Rieden, mit dem das

Wohnungseigentum an der Wohnung ... im Hause ... in 6900 Bregenz

untrennbar verbunden ist. Mit Nutzungsvertrag vom wurde die vorgenannte Wohnung der klagenden Partei zur Nutzung nach den Bestimmungen des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes (WGG) überlassen.

2. Mit dem an das Bezirksgericht Bregenz gerichteten Schriftsatz vom kündigte die Genossenschaft diesen Nutzungsvertrag gerichtlich auf und stellte den Antrag, der gekündigten Partei (dem Kläger im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof) aufzutragen, die Wohnung binnen 14 Tagen ab Rechtskraft zu räumen und der Genossenschaft zu übergeben oder binnen vier Wochen Einwendungen gegen die Kündigung zu erheben. In der Kündigung wurde ausgeführt, dass die Kündigungsbestimmungen des Mietrechtsgesetzes (MRG) auch auf Nutzungsverträge anzuwenden wären (§20 Abs 1 WGG) und als wichtige Kündigungsgründe jene des § 30 Abs 2 Z 3 MRG (erheblich nachteiliger Gebrauch) sowie des § 30 Abs 2 Z 6 MRG (Mangel eines dringenden Wohnbedürfnisses) geltend gemacht würden.

Die gekündigte Partei erhob Einwendungen. In der Folge erkannte das Bezirksgericht Bregenz mit Urteil vom , 5 C709/97z, die Kündigung als wirksam an und trug der gekündigten Partei die Räumung der Wohnung auf. Das Bezirksgericht Bregenz ging davon aus, dass die gekündigte Partei die Wohnung in arger Weise vernachlässigt habe und sprach ihr auch das dringende Wohnbedürfnis ab, da ihr nach eigenen Angaben auch in Frankfurt eine Wohnung zur Verfügung stünde.

3. Im Berufungsverfahren lehnte die gekündigte Partei zunächst sämtliche drei Richter als befangen ab. Das Oberlandesgericht Innsbruck wies den Ablehnungsantrag zurück. Dem Rekurs wurde vom Obersten Gerichtshof mit Beschluss vom , 5 Ob 335/98w, keine Folge gegeben.

Das Landesgericht Feldkirch gab schließlich als Berufungsgericht der gegen das Urteil des Bezirksgerichts Bregenz erhobenen Berufung mit Beschluss vom , 2 R 350/98f, Folge, verwies die Rechtssache zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück und sprach ua. aus, dass ein Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. Die Zulässigkeit des Rekurses begründete das Landesgericht Feldkirch damit, "dass zur Frage, ob ein einmal erfolgter Kündigungsverzicht (hinsichtlich § 30 Abs 2 Z 6 MRG) bei nachträglicher Änderung der Verhältnisse hinfällig wird und der Kündigungsgrund (auf den ursprünglich verzichtet wurde) geltend gemacht werden kann", keine oberstgerichtliche Rechtsprechung vorliege. Der Oberste Gerichtshof wies die gegen die Berufungsentscheidung eingebrachten Rekurse der Genossenschaft und der gekündigten Partei mit Beschluss vom , 5 Ob 175/99t, zurück, da in den Rekursen keine Rechtsfragen von erheblicher Bedeutung aufgezeigt worden seien.

4. Im zweiten Rechtsgang erklärte das Bezirksgericht Bregenz mit Urteil vom die Aufkündigung neuerlich für rechtswirksam und trug der gekündigten Partei die Räumung der obgenannten Wohnung auf. Das Bezirksgericht Bregenz war auch nach Ergänzung des Beweisverfahrens zu dem Schluss gekommen, dass der Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 6 MRG vorliege und nicht von einem Kündigungsverzicht ausgegangen werden könne. Hingegen gelangte es zum Ergebnis, dass die für die Annahme des Kündigungsgrundes nach § 30 Abs 2 Z 3 erster Fall MRG erforderliche erhebliche Substanzverletzung nicht angenommen werden konnte.

5. Der dagegen von der gekündigten Partei erhobenen Berufung gab das Landesgericht Feldkirch mit Urteil vom , 4 R 123/00v, keine Folge. Die Genossenschaft habe den Mangel eines dringenden Wohnbedürfnisses der gekündigten Partei nachgewiesen, wogegen die gekündigte Partei den Nachweis eines schutzwürdigen Interesses trotz fehlender Benützung nicht erbracht habe.

In den Entscheidungsgründen stellte das Landesgericht Feldkirch jenen Sachverhalt fest, von dem in der Folge auch der Oberste Gerichtshof - soweit keine aktenwidrigen Feststellungen getroffen wurden - auszugehen hatte (vgl. die Revisionsgründe des § 503 ZPO). Dabei übernahm das Landesgericht Feldkirch im Wesentlichen die Sachverhaltsdarstellung des Erstgerichtes, die es ua. wie folgt zusammenfasste:

Die gekündigte Partei habe das Wohnobjekt in Bregenz, ..., nach Abschluss des Nutzungsvertrages nur selten benützt. Der Gekündigte sei auf verschiedenen Posten des auswärtigen Amtes im Ausland tätig gewesen. Im Jahr 1989 sei er an das Österreichische Generalkonsulat in Frankfurt gekommen und seit dem Jahr 1989 bis heute Mieter einer Wohnung in Frankfurt, ..., gewesen. Seine Ehefrau habe sich seit diesem Zeitpunkt ständig in Frankfurt aufgehalten und sei dort berufstätig. Der Gekündigte habe sich über sein Ansuchen seit dem in Karenz befunden; der Karenzurlaub sei zuletzt mit Bescheid des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten bis verlängert worden. Bereits während seiner Berufstätigkeit am Generalkonsulat in Frankfurt sei er als Hörer in der Johann-Wolfgang-Goethe Universität in Frankfurt eingeschrieben gewesen. Im Wintersemester 1999/2000 sei der Gekündigte im 11. Semester inskribiert gewesen und hätte während der Studienzeit keine einzige Prüfung abgelegt. Ferner sei er Mieter einer Wohnung in Wien, ..., die ausschließlich von seinem Schwager bewohnt werde. In diese Wohnung würde der Gekündigte auch einziehen, wenn er im Falle einer Einberufung von seinem Dienstgeber in der Zentrale in Wien den Dienst versehen müsste. Es habe nicht festgestellt werden können, dass der Gekündigte die verfahrensgegenständliche Wohnung wenigstens einen beachtlichen Zeitraum während eines Jahres als wirtschaftlichen und familiären Mittelpunkt ausnütze. Er halte sich dort nur sporadisch auf. Anlässlich eines Ortsaugenscheins habe sich die Wohnung in einem leicht vernachlässigten Bauzustand befunden.

6. Gegen das Urteil des Landesgerichts Feldkirch vom erhob die gekündigte Partei mit Schriftsatz vom außerordentliche Revision an den Obersten Gerichtshof und führte zunächst auf Seite 2 der Revisionsschrift aus, dass der Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung geltend gemacht werde, behauptete aber in der Folge auch Aktenwidrigkeit und fehlende Tatsachenfeststellungen.

Rechtlich führte der Gekündigte ua. aus, dass das angefochtene Urteil die Bedeutung des Art 8 EMRK verkannt habe. Hierbei wies er auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) vom , 9063/80 - Gillow gegen Vereinigtes Königreich, hin. In umfangreichen Ausführungen wird dann dargelegt, warum nach Ansicht der gekündigten Partei der Tatbestand des § 30 Abs 2 Z 6 MRG vom Landesgericht Feldkirch zu eng ausgelegt worden sei und auch langjährige berufliche Abwesenheit der aufgekündigten Wohnung nicht den Charakter eines "home" nehme. Ausführungen dazu, warum das Landesgericht Feldkirch auch gegen das Gemeinschaftsrecht verstoßen habe, sind in der Revisionsschrift nicht enthalten.

7. Der Oberste Gerichtshof wies mit Beschluss vom , 5 Ob 264/00k, die außerordentliche Revision gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurück. Der Beschluss enthielt keine Begründung, wozu der Oberste Gerichtshof allerdings auch nicht verpflichtet war (§510 Abs 3 ZPO).

8. Mit Schriftsatz vom brachte die gekündigte Partei eine Wiederaufnahmsklage verbunden mit einer Oppositionsklage beim Bezirksgericht Bregenz ein. Mit Beschluss vom , 5 C1698/01z, wies das Bezirksgericht Bregenz die Wiederaufnahmsklage zurück, da der vorgebrachte Umstand, dass der dem Kläger bis gewährte Karenzurlaub von seinem Dienstgeber nicht verlängert wurde, keinen tauglichen Wiederaufnahmegrund iSd § 530 Abs 1 Z 7 ZPO darstelle. Das Landesgericht Feldkirch gab dem dagegen erhobenen Rekurs mit Beschluss vom , 2 R 69/02s, keine Folge. Der Oberste Gerichtshof wies den außerordentlichen Revisionsrekurs mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO mit Beschluss vom , 5 Ob 112/02k, zurück.

Mit Endurteil vom wies das Bezirksgericht Bregenz ferner die Oppositionsklage der gekündigten Partei ab, weil eine Oppositionsklage gegen eine Räumungsexekution unberechtigt sei, wenn - wie im vorliegenden Fall - "im Zeitpunkt des Schlusses der Verhandlung 1. Instanz infolge Vollzugs keine Räumungsexekution mehr 'im Zuge war' (MietSlg. 39.853)".

Das Landesgericht Feldkirch gab der dagegen von der gekündigten Partei erhobenen Berufung mit Urteil vom , 2 R 363/02a, keine Folge. Im Hinblick auf die in der Berufungsschrift zitierte Judikatur des Obersten Gerichtshofes meinte das Landesgericht Feldkirch, dass es sich bei der Oppositionsklage nach § 35 EO zweifellos um eine Exekutionsklage handle, die nur "im Zuge dieses Exekutionsverfahrens" geführt werden könne. Dabei komme es nicht darauf an, ob im Zeitpunkt der Einbringung der Oppositionsklage die Exekution noch anhängig war, sondern ausschließlich darauf, ob dies im Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung der Fall war.

Gegen dieses Urteil brachte die gekündigte Partei außerordentliche Revision ein, in der sie ausführte, dass im Zeitpunkt der Klagseinbringung die Exekution noch anhängig gewesen sei. Die Auffassung des Berufungsgerichts würde "eine (menschen)rechtswidrige Verweigerung einer Gerichtsentscheidung und damit eine Verletzung des Rechts auf den gesetzlichen Richter" bedeuten. Dieses Ergebnis "widerspräche dem gesunden Rechtsempfinden und Art 6 EMRK". Es liege hiezu keine einheitliche Judikatur des Obersten Gerichtshofes vor. Es könne daher in einem derartigen Fall nur auf den Zeitpunkt der Klagseinbringung ankommen. Andernfalls bedeute dies Rechtsverweigerung durch das Gericht. Das Erstgericht und auch das Berufungsgericht hätten elementarste Verfahrensgrundsätze verkannt. Ein Verstoß der Untergerichte gegen Gemeinschaftsrecht wird in der Revisionsschrift nicht behauptet.

9. Der Oberste Gerichtshof wies die außerordentliche Revision mit Beschluss vom , 3 Ob 57/03h, mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 zurück und begründete die Zurückweisung kurz wie folgt:

"Die Oppositionsklage bekämpft den Anspruch nur im Zusammenhang mit einer diesem Anspruch verfolgenden Exekution, sie setzt die Anhängigkeit der Exekution nicht nur im Zeitpunkt der Klagseinbringung voraus. Insoweit die Anlassexekution - wie hier der Vollzug der Räumung - beendet ist, muss der Kläger die Oppositionsklage einschränken oder zurückziehen, widrigenfalls die Klage abzuweisen ist. Maßgebender Zeitpunkt ist der Schluss der Verhandlung in erster Instanz (RIS-Justiz RS 001465; RS 001454; RS 001501).

Diesen Grundsätzen der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes ist das Berufungsgericht bei seiner Entscheidung gefolgt, weshalb die außerordentliche Revision des Klägers mangels Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung zurückzuweisen ist."

II. 1. Mit der nach Art 137 B-VG beim Verfassungsgerichtshof erhobenen Klage macht die gekündigte Partei Schadenersatzansprüche hinsichtlich aufgewendeter Verfahrenskosten aus dem Titel der Staatshaftung geltend.

Nach Darstellung des Ablaufes des Kündigungsverfahrens und Wiedergabe der außerordentlichen Revision vom bringt der Kläger vor, er sei "wandernder Unionsbürger", der aufgrund seiner Tätigkeit als Beamter im auswärtigen Amt und der Erwerbstätigkeit seiner Ehefrau in Frankfurt "seinen Aufenthaltsort berufsbedingt ständig wechseln muss, also dauerwandernder Unionsbürger" sei. Dann führt er aus:

"Im Kündigungsverfahren hat sich somit die Grundsatzfrage gestellt, ob eine Kündigung unter Berufung auf § 30 Abs 2 Z 6 MRG nicht eine wanderungsfeindliche Diskriminierung darstellt.

Hätte der OGH pflichtgemäß diese unklare Rechtsfrage dem Europäischen Gerichtshof zur Vorabentscheidung vorgelegt, wäre der Kläger im Räumungsprozess nicht unterlegen. Dadurch wären dem Kläger im Kündigungsverfahren seine Prozesskosten von der Gegenseite zu ersetzen gewesen und wären alle in der beiliegenden Kostennote genau bezeichneten, vom Wiederaufnahms- und Oppositionsklageprozess verursachten Vertretungskosten nicht entstanden."

Nach Darstellung des weiteren Verfahrensverlaufs bringt der Kläger Sachverhaltsbehauptungen betreffend seinen Lebensmittelpunkt und den im Kündigungsverfahren gegenständlichen Kündigungsverzicht vor und meint dann:

"Der Beruf des Klägers und die Tätigkeit seiner Ehegattin in Deutschland haben es mit sich gebracht, dass er in vielen verschiedenen Ländern tätig war. Eine Regelung, wie die des § 30 Abs 2 Z 6 MRG, die den Verlust einer Wohnung vorsieht, wenn ein Mieter sein Recht auf Freizügigkeit als wandernder Arbeitnehmer wahrnimmt, diskriminiert jedenfalls wandernde Arbeitnehmer."

Anschließend weist der Kläger auf Entscheidungen des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften hin, die sich mit der Freizügigkeit und dem Verlust von Vergünstigungen im sozialen Bereich befassen. Dann heißt es:

"§30 Abs 2 Z 6 MRG diskriminiert Arbeitnehmer, die ihr Recht auf Freizügigkeit wahrnehmen und sich dadurch nicht regelmäßig am selben Ort aufhalten. Der OGH hätte daher die maßgebliche Frage, zu der es weder eine Entscheidung des OGH noch des EuGH zu geben scheint, zur Vorabentscheidung vorlegen müssen.

Alternativ wird als staatshaftungsbegründend die Untätigkeit des Gesetzgebers geltend gemacht, weil er den § 30 Abs 2 Z 6 MRG als gemeinschaftswidrig aufheben hätte müssen."

Ferner wird in der Klage ausgeführt, dass Art 8 EMRK ein besonderer Stellenwert zukomme. Es wird auf das Urteil des EGMR vom , 9063/80 im Fall Gillow hingewiesen, in dem zum Ausdruck komme, dass ein "home" auch nach 19-jähriger Trennung von einem bestimmten Ort noch vorliegen könne. Art 8 EMRK komme auch Drittwirkung zu. Es fehle an einer legistischen Umsetzung des Art 8 EMRK für das Kündigungsverfahren. Bei richtiger Entscheidung des Obersten Gerichtshofes nach gemeinschaftsrechtskonformer Rechtslage hätte der Kläger schon im Räumungsprozess obsiegen müssen, sodass alle Vertretungskosten beider Seiten in allen dargestellten Verfahren den Schadensbetrag ausmachten.

2. Dem Bund wurde die Klage sowohl zu Handen des Bundeskanzlers als auch des Bundesministers für Justiz mit der Aufforderung zur Äußerung übermittelt. Der Bundeskanzler nahm unter Hinweis auf die Gegenäußerung des Bundesministers für Justiz von einer inhaltlichen Stellungnahme Abstand.

Der Bundesminister für Justiz bestritt in seiner Gegenschrift zunächst die Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes und führte hierzu aus:

"Der Verfassungsgerichtshof erachtet sich [...] im Verfahren nach Art 137 B-VG auch zur Entscheidung über gemeinschaftsrechtliche Staatshaftungsansprüche aus behaupteterweise gemeinschaftsrechtswidrigen Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs für zuständig, für die ein Amtshaftungsanspruch wegen § 2 Abs 3 AHG nicht besteht ( A2/01 ua; vgl. auch ). Dies gelte nach der Amtshaftungsjudikatur des Obersten Gerichtshofs nicht nur dann, wenn der Oberste Gerichtshof selbst in der Sache entschieden habe, sondern auch dann, wenn der Oberste Gerichtshof einem Revisionsrekurs mit der Begründung keine Folge gegeben habe, dass die behauptete Verletzung des Gemeinschaftsrechts nicht stattgefunden habe. Damit decke der Oberste Gerichtshof nämlich die gleichlautenden Entscheidungen der Vorinstanzen, sodass die geltend gemachten Ersatzansprüche - wären sie berechtigt - einer Entscheidung eines Höchstgerichts, nämlich des OGH, zuzurechnen wären ( A2/01 ua.).

Der vorliegende Fall unterscheidet sich jedoch von den der zitierten Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs zugrunde liegenden Fällen dadurch, dass hier der Oberste Gerichtshof im Beschluss, mit dem er die außerordentliche Revision zurückgewiesen hat, in keiner Weise auf die Frage der Gemeinschaftsrechtskonformität eingegangen ist; der (nunmehrige) Kläger hat ja auch im gesamten Kündigungsverfahren einschließlich seiner außerordentlichen Revision nie vorgebracht, dass es gegen Gemeinschaftsrecht verstoßen könnte, die Aufkündigung für rechtswirksam zu erachten. (Die erste kurze Erwähnung dieses Aspekts findet sich erst in der 'Wiederaufnahmsklage verbunden mit Oppositionsklage', die nach rechtskräftiger Beendigung des Kündigungsverfahrens eingebracht wurde.) Indem der Oberste Gerichtshof die außerordentliche Revision gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§510 Abs 3 ZPO) hat, ohne dies in irgendeiner - über das Anführen der genannten Paragraphen der Zivilprozessordnung hinausgehenden - Weise näher zu begründen, hat er keine Aussage über die nun mit der Staatshaftungsklage relevierte Frage des europäischen Gemeinschaftsrechts getroffen. Daher ist das Bundesministerium für Justiz der Auffassung, dass der Verfassungsgerichtshof zur Entscheidung über die eingebrachte Klage nicht zuständig ist.

Die gegenteilige Auffassung würde nach Meinung des Bundesministeriums für Justiz darauf hinauslaufen, dass es in verfassungsrechtlich bedenklicher Weise in die Willkür des späteren Staatshaftungsklägers gestellt würde, die Gerichtszuständigkeit in einem späteren Staatshaftungsverfahren dadurch zu verändern, dass er ein unzulässiges Rechtsmittel einbringt und dadurch einen Zurückweisungsbeschluss des Obersten Gerichtshofs provoziert. Dies wäre wohl kaum mit dem in Art 83 Abs 2 B-VG verankerten Recht auf den 'gesetzlichen Richter' zu vereinbaren, das auch dem Bund als Beklagten in einer Staatshaftungssache zusteht."

Ferner wendet sich der Bundesminister für Justiz gegen die Zulässigkeit der Klage, weil der Kläger mit seiner Beschwerde an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte den Ersatz derselben Schäden begehrt habe, die er mit der (späteren) Staatshaftungsklage geltend mache. Die Klage sei daher als unzulässig zurückzuweisen.

Zum Grund des Anspruches führt der Bundesminister für Justiz im Detail aus, welche Funktion dem Kündigungsschutz des MRG, insbesondere dem Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 6 MRG zukomme. Er schließt daraus, dass das MRG an sich weit in die Privatautonomie der Parteien zugunsten des in der Regel schutzwürdigen Mieters eingreife und schließlich die Wohnversorgung der Bevölkerung sicherstelle, aber nicht der Hortung von Wohnungen durch Mieter dienen solle, die diese Wohnung für ihre Wohnversorgung letztlich nicht brauchen. Ohne den besonderen Schutz durch das MRG könne der Vermieter nach den Bestimmungen des ABGB ein unbefristetes Mietverhältnis jederzeit ohne Angabe von Gründen bloß unter Einhaltung von Kündigungsfristen beenden. Wird eine Wohnung nicht regelmäßig benützt, so falle die Schutzwürdigkeit des Mieters weg, und durch § 30 Abs 2 Z 6 MRG werde der Mieter lediglich so wie ein Mieter gestellt, dem der Schutz des MRG nicht zukomme. Auch überlasse es der Mietrechtsgesetzgeber dem Mieter, sich im Wege der Vertragsgestaltung besser zu stellen, also etwa den Schutz durch das MRG zu Gunsten des Mieters zu erweitern. Es heißt dann in der Gegenschrift:

"Das nun Gesagte lässt sich dahin zusammenfassen, dass es nach geltender Rechtslage für eine Person, die an einem bestimmten Ort eine Wohnung mietweise zur Verfügung haben will, obwohl sie diese Wohnung nicht regelmäßig benötigt und daher auch nicht regelmäßig verwendet, ohne weiteres und trotz der Regelung des § 30 Abs 2 Z 6 MRG möglich wäre, mit dem Vermieter dieser Wohnung eine Vereinbarung zu treffen, auf Grund derer sie ungeachtet der fehlenden regelmäßigen Benützung dauerhaft im Genuss der Verfügungsmöglichkeit über diese Wohnung bleibt. Auf diese Weise kann daher auch eine Person, die im Zeitverlauf innerhalb verschiedener Mitgliedstaaten der Europäischen Union Arbeitsstellen annehmen möchte, dauerhaft und unbeeinträchtigt Mieter einer Wohnung etwa in ihrem Heimatort sein oder bleiben (und so ihrer 'Verwurzelung' in diesem Heimatort Rechnung tragen). Gleiches gilt selbstverständlich auch für eine Person, die etwa innerhalb der österreichischen Grenzen an verschiedenen Orten Arbeitsstellen annimmt oder Arbeitstätigkeiten ausübt und in ihrer Heimatgemeinde dennoch eine Wohnung als zumindest zeitweiliges Refugium zur Verfügung haben möchte. Nach der bestehenden Rechtslage bietet also die vertragliche Gestaltung für den Mieter jede nur erdenkliche Möglichkeit. Es wäre daher auch dem Kläger anheimgestanden, mit seinem Vermieter eine entsprechende vertragliche Vereinbarung zu treffen. Daraus wird deutlich, dass die geschilderte Rechtslage auch nicht ansatzweise in Konflikt mit dem Bedürfnis etwa von Arbeitnehmern nach 'Freizügigkeit' steht.

Im Fall des Klägers haben die Gerichte ja sogar einen konkludenten Verzicht des Vermieters auf die Kündigung der Wohnung wegen beruflich bedingter Abwesenheit angenommen; sie gingen lediglich davon aus, dass dieser Verzicht nicht auch die Nichtbenützung der Wohnung wegen rein privat bedingter Abwesenheit erfasse. Für den Kläger hätte freilich die Möglichkeit bestanden, beim Abschluss des Mietvertrags eine Kündigung nach § 30 Abs 2 Z 6 MRG auch für diesen Fall (privat bedingte Abwesenheit von Bregenz) durch ausdrückliche Vereinbarung gänzlich auszuschließen. Dass er einen Mietvertrag abgeschlossen hat, ohne eine solche Vereinbarung zu treffen, beruht allein auf seiner eigenen privatautonomen Willensentscheidung. Für die Folge dieser von ihm getroffenen Entscheidung, nämlich das Bestehen eines Kündigungsrechts des Vermieters wegen Nichtbenützung der Wohnung, ist daher auch allein er selbst und nicht etwa die Republik Österreich verantwortlich."

Entgegen den Ausführungen des Klägers käme dem Kündigungsgrund auch keine grenzüberschreitende Funktion zu, weil der Fall nicht anders zu beurteilen wäre, wenn er seinen Wohnsitz statt in Frankfurt an einem anderen Ort in Österreich genommen hätte. Auch läge keine (diskriminierende) Beschränkung der Arbeitnehmerfreizügigkeit vor, weil der Verlust der Wohnung nicht wegen grenzüberschreitender Arbeitstätigkeit, sondern wegen Ausübung eines privatautonomen Gestaltungsrechts des Vermieters als Vertragspartner infolge privat bedingter Abwesenheit des Klägers vom Ort der Wohnung eingetreten sei. Auch stünde es ihm frei, sich bei Arbeitsaufnahme in Österreich eine Wohnung anzumieten oder eine Eigentumswohnung oder ein Eigenheim zu erwerben.

Er habe auch im gesamten Kündigungsverfahren nie vorgebracht, dass die gemeinschaftsrechtliche Arbeitnehmerfreizügigkeit einer Kündigung entgegenstehe, weshalb er seiner Rettungspflicht iSd § 2 Abs 2 AHG nicht nachgekommen sei. Von einem "qualifizierten Verstoß" gegen Gemeinschaftsrecht könne keinesfalls ausgegangen werden.

Ferner bestritt der Bundesminister für Justiz auch die Höhe des Anspruches.

3. Der Kläger replizierte auf die Ausführungen des Bundesministers für Justiz sowohl hinsichtlich der Zulässigkeit der Klage als auch im Hinblick auf die materielle Berechtigung des Klagsanspruches. In der mündlichen Verhandlung wiederholten die Parteien im Wesentlichen ihre bereits in den Schriftsätzen vorgetragenen Argumente.

III. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

1. Zur Zuständigkeit

1.1 Die klagende Partei macht - alternativ zur behaupteten Fehlleistung des Obersten Gerichtshofes - auch eine staatshaftungsbegründende Untätigkeit des Gesetzgebers mit der Begründung geltend, dass dieser den § 30 Abs 2 Z 6 MRG als gemeinschaftswidrig hätte aufheben müssen. Selbst wenn diese Behauptung zuträfe, wäre nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes die Gemeinschaftsrechtswidrigkeit nicht unmittelbar dem Gesetzgeber zuzurechnen, da die Gerichte - und in letzter Instanz der Oberste Gerichtshof - diese Vorschrift im Falle ihrer Gemeinschaftsrechtswidrigkeit nicht hätten anwenden dürfen (vgl. VfSlg. 16.107/2001 sowie ). Der Kläger macht also auch in diesem Punkt in Wahrheit sogenanntes Vollzugsunrecht geltend, das - wie noch auszuführen sein wird - im konkreten Fall dem Obersten Gerichtshof zuzurechnen wäre. Soweit der Kläger seine Ansprüche aus dem Vorwurf einer staatshaftungsbegründenden Fehlleistung des Obersten Gerichtshofes ableitet, ist der Verfassungsgerichtshof zur Entscheidung zuständig ( sowie , A2/01 ua.).

Das behauptete Fehlverhalten liegt nach dem Vorbringen des Klägers in der Nichtvorlage einer Frage der Auslegung des Gemeinschaftsrechts an den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH). Ein solches Fehlverhalten wäre also jenem Organ zuzurechnen, das die Vorlagepflicht trifft. Unter der Annahme, dass das behauptete Fehlverhalten zuträfe, wäre im vorliegenden Fall der Oberste Gerichtshof, der über einen außerordentlichen Revisionsrekurs zu entscheiden hatte, aus folgenden Gründen vorlagepflichtig gewesen:

In seinem Urteil vom , C-99/00 - Lyckeskog, vertrat der EuGH den Standpunkt, dass die Vorlagepflicht selbst dann das (schwedische) oberste Gericht trifft, wenn es ein Rechtsmittel nur nach vorheriger Zulassungserklärung in der Sache prüft. Nach der Verfahrensordnung dieses Gerichtes konnte es die Zulassungserklärung nur abgeben,

"wenn es für die einheitliche Rechtsanwendung wichtig ist, dass das Rechtsmittel vom Hoegsta domstol geprüft wird, oder [...] besondere Gründe für die Prüfung des Rechtsmittels vorliegen, wie etwa Revisionsgründe, ein Formfehler oder wenn die Entscheidung des Hovraett [Untergericht, Anmerkung] offensichtlich auf einer schwerwiegenden Unterlassung oder einem groben Irrtum beruht."

Die Gründe für die Zulassungsentscheidung bezogen sich nicht auf Gemeinschaftsrecht. Dennoch meinte der EuGH, dass das Höchstgericht dann, wenn sich eine Frage nach der Auslegung der Gültigkeit einer gemeinschaftsrechtlichen Norm stellt, verpflichtet sei, "entweder im Stadium der Zulassungsprüfung oder einem späteren Stadium eine Vorabentscheidungsfrage vorzulegen".

Entscheidend sind also nicht die Kriterien für die Zulassung des Rechtsmittels, sondern ob das Höchstgericht überhaupt in der Lage ist, auf Grund des Rechtsmittels die gemeinschaftsrechtliche Frage nach einer Vorlage an den EuGH zur Vorabentscheidung zu lösen. Gemäß § 502 Abs 1 ZPO ist eine Revision gegen das Urteil des Berufungsgerichtes nur zulässig,

"wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechtes oder des Verfahrensrechts abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt, etwa weil das Berufungsgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abweicht oder eine solche Rechtsprechung fehlt oder uneinheitlich ist."

Erklärt das Landesgericht Feldkirch als Berufungsgericht - wie in seinen Urteilen vom bzw. vom -, dass die ordentliche Revision nicht zulässig ist, so hat der Oberste Gerichtshof dennoch die Möglichkeit, die allenfalls erhobene (außerordentliche) Revision ungeachtet des Ausspruches des Berufungsgerichts zuzulassen (§508a Abs 2 ZPO). Es besteht also auch für den Obersten Gerichtshof (wie für das schwedische Höchstgericht im Fall Lyckeskog) die Möglichkeit, einen Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht durch Zulassung der außerordentlichen Revision zu vermeiden, sodass iSd Rechtsprechung des EuGH eine allfällige Verletzung des Gemeinschaftsrechts dem Obersten Gerichtshof zuzurechnen wäre. Gibt er selbst (anders als in jenen Verfahren, die dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes zu A2/01 ua. zugrunde liegen) keine Begründung ab, warum er Gemeinschaftsrecht nicht für vorrangig anwendbar hält, und weist er eine außerordentliche Revision ohne Begründung zurück (§510 Abs 3 ZPO), so schließt er sich implizit den Begründungen des Berufungsgerichtes an. Freilich könnte ihm nicht zum Vorwurf gemacht werden, dass er die Sache nur im Rahmen der zulässigen Revisionsgründe beurteilt: Ein allfälliger Fehler des Berufungsgerichtes, der keinen Revisionsgrund bildet, könnte dem Obersten Gerichtshof nicht zugerechnet werden. Das Verhalten des Obersten Gerichtshofes ist daher auch im Rahmen der sogenannten Staatshaftung nur aufgrund der vom Berufungsgericht getroffenen (und unanfechtbar gewordenen) Sachverhaltsfeststellungen zu beurteilen. Daher kann auch ein Gericht, das den behaupteten Staatshaftungsanspruch beurteilt, nur von jenen Feststellungen ausgehen, die das Berufungsgericht getroffen hat.

Die Zurechnung der Vorlagepflicht an den Obersten Gerichtshof auch in Fällen einer an ihn herangetragenen außerordentlichen Revision steht im Übrigen auch im Einklang mit der Auffassung des Obersten Gerichtshofes, die er in seiner Entscheidung vom , 1 Ob 247/97y, folgendermaßen ausführt:

"Trat keine der Vorinstanzen [...] an den Europäischen Gerichtshof heran, obwohl nach der Verfahrenslage ein solcher Verfahrensschritt geboten war, so kann dieser Umstand ohnehin als erhebliche Rechtsfrage des Verfahrens iSd § 502 Abs 1 ZPO [...] zum Gegenstand eines insoweit zulässigen außerordentlichen Rechtsmittels gemacht werden."

Den Einwand des Bundesministers für Justiz, der Kläger könne durch Einbringung eines Rechtsmittels, das sich als unzulässig herausstellt, willkürlich die Zuständigkeit für die Staatshaftungsklage verändern, was Art 83 Abs 2 B-VG widerspreche, kann der Verfassungsgerichtshof nicht teilen. Aus Art 83 Abs 2 B-VG ergibt sich ua. eine Verpflichtung des Gesetzgebers zu einer präzisen Regelung der Zuständigkeit zum Zwecke des Schutzes der Verfahrensparteien. Dass die Einflussnahme der Parteien auf die Gerichts- oder Behördenzuständigkeit etwa durch bestimmtes Vorbringen, die Auswahl des Rechtstitels für den behaupteten Anspruch, Vereinbarungen (zB. Gerichtsstandsvereinbarungen oder Schiedsgerichtsvereinbarungen, Wahl des Erfüllungsortes), die Festlegung des Streitwertes, die Auswahl unter mehreren möglichen Gerichtsständen oder faktisches Verhalten, das sich auf den Zuständigkeitstatbestand auswirkt, nicht Art 83 Abs 2 widerspricht, ergibt sich schon aus dem Umstand, dass diese Bestimmung ein gesetzlich gewährleistetes Recht der Verfahrensparteien enthält, aber keine Verpflichtung der Parteien, alles zu unterlassen, was die Zuständigkeit "beeinflussen" könnte.

Auch bewirkt das Verfahren vor dem EGMR keine Streitanhängigkeit, da der im dortigen Verfahren geltend gemachte Anspruch auf einem anderen (engeren) Rechtsgrund beruht als der Staatshaftungsanspruch. Würde der Beschwerde des Klägers an den EGMR keine Folge gegeben, weil kein Grundrecht verletzt ist, so könnte der Kläger mit seinem auf Staatshaftung gegründeten Anspruch etwa wegen Verstoßes gegen die Arbeitnehmerfreizügigkeit noch immer durchdringen. Freilich könnte er dieselbe Forderung nicht zweimal befriedigt erhalten. Dies ist aber keine Frage der Zulässigkeit des Verfahrens, sondern der materiellen Berechtigung.

Da ansonsten sämtliche Prozessvoraussetzungen gegeben sind, ist die Klage zulässig.

2. In der Sache:

2.1 Wie sich aus der Sachverhaltsdarstellung ergibt, war der Oberste Gerichtshof - in den die Kündigung der klagenden Partei betreffenden Verfahren - insgesamt fünfmal mit der Angelegenheit befasst, nämlich anlässlich des Beschlusses vom , 5 Ob 335/98, betreffend den Antrag auf Ablehnung der Richter des Berufungsgerichtes, des Beschlusses vom , 5 Ob 175/99t, mit dem er die Rekurse beider Verfahrensparteien gegen den Beschluss des Landesgerichts Feldkirch vom , 2 R 350/98f, zurückwies, des Beschlusses vom , 5 Ob 264/00k, mit dem er die außerordentliche Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom , 4 R 123/00v zurückwies, des Beschlusses vom , 5 Ob 112/02k, mit dem er die Zurückweisung der Wiederaufnahmeklage im Instanzenzug bestätigte, und des Beschlusses vom , 3 Ob 57/03h, mit dem er die außerordentliche Revision gegen das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Berufungsgericht vom , 2 R 363/02a, zurückwies.

Aus den Darstellungen in der Klage ist nicht mit entsprechender Deutlichkeit dargetan, welche der fünf genannten Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes nun haftungsbegründend sein soll. Auch waren der Klage mit Ausnahme einer Kostennote keine Beilagen angeschlossen, sondern als Beweisanbot "Aktenunterlagen zur mündlichen Verhandlung, Kostennote" angegeben. Daraufhin wurde der Kläger im Vorverfahren auf § 226 Abs 1 ZPO iVm § 35 VfGG hingewiesen. Nach dieser Bestimmung hat die Klage "die Beweismittel im Einzelnen genau zu bezeichnen, welche sich der Kläger zum Nachweis seiner tatsächlichen Behauptung bei der Verhandlung zu bedienen beabsichtigt." Die Klage wurde zur Verbesserung zurückgestellt. Der Kläger legte in der Folge eine Reihe von Beilagen vor, auf die sich sein Anspruch stütze. Unter anderem legte er die Beschlüsse des Obersten Gerichtshofes vom , 5 Ob 264/00k, sowie vom , 3 Ob 57/03h vor, nicht aber die drei anderen Beschlüsse, woraus der Verfassungsgerichtshof schließt, dass sich das behauptete Fehlverhalten auf die beiden vorgelegten Beschlüsse bezieht. Auf die drei anderen Beschlüsse ist somit nicht einzugehen.

2.2 Es ist nicht Aufgabe des Verfassungsgerichtshofes, in einem Staatshaftungsverfahren wie dem hier vorliegenden - ähnlich einem Rechtsmittelgericht - die Richtigkeit der Entscheidungen anderer Höchstgerichte zu prüfen. Der Verfassungsgerichtshof ist nur zur Beurteilung berufen, ob ein qualifizierter Verstoß gegen Gemeinschaftsrecht iSd Rechtsprechung des EuGH (vgl. - Köbler ua.) vorliegt.

Gemäß den Feststellungen des Landesgerichts Feldkirch im Urteil vom haben der Kläger und seine Frau seit vielen Jahren ihren wirtschaftlichen und familiären Mittelpunkt in Frankfurt, wo die Ehefrau des Klägers berufstätig ist. Es ist daher völlig unerfindlich, wie das Privat- und Familienleben des Klägers (Art8 EMRK) verletzt sein könnte, bloß weil er eine Zweitwohnung in Bregenz aufgeben muss.

Der Kläger führte aus, dass seine Familie und er seit langer Zeit in Bregenz ansässig seien und die aufgekündigte Wohnung bis zu seiner Übersiedlung ins Ausland bewohnt hätten. Dadurch hätte er ein "home" in Bregenz, das ihm durch die Aufkündigung genommen würde.

Wörtlich heißt es in der Klage:

"Ein 'home' kann also auch dann noch vorliegen, wenn man einen bestimmten Ort über längere Zeit nicht mehr bewohnt hat, wenn man zu diesem Ort besondere Naheverbindungen hat, wobei bei der Abwägung ganz speziell auf diese Naheverbindung abzustellen ist."

Der Kläger hat einen Vertrag mit der Genossenschaft abgeschlossen, ohne die gesetzlichen Kündigungsbestimmungen zu seinen Gunsten zu verändern. Der Gesetzgeber hat Kündigungsschutzbestimmungen geschaffen, die aber denjenigen Mieter bzw. Genossenschafter nicht für schutzwürdig halten, bei dem ein dringendes Wohnbedürfnis weggefallen ist.

Es bleibt nach den Ausführungen der Klage unklar, weshalb jemand, der seinen Wohnsitz und Mittelpunkt seiner Lebensinteressen im Ausland hat, iSd Art 39 EG diskriminiert sein soll, wenn die den Mieter bzw. Genossenschafter begünstigenden gesetzlichen Kündigungsbestimmungen auf seinen Fall nicht zutreffen und er es auch verabsäumt hat, für ihn noch günstigere Vertragsbestimmungen zu vereinbaren.

Das Nichtaufgreifen dieser Fragen durch das Landesgericht Feldkirch - und implizit der Übernahme dessen Begründung durch den Obersten Gerichtshof - bietet jedenfalls keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Oberste Gerichtshof einen qualifizierten Verstoß gegen Gemeinschaftsrecht begangen hat. Der Kläger vermag weder eine Bestimmung des Gemeinschaftsrechts anzugeben, die ein entsprechendes "Maß an Klarheit und Präzision" aufweist, oder gar eine Entscheidung des EuGH zu nennen, aus der ein derartiger Verstoß zu schließen wäre.

Der Sachverhalt, welcher der von der klagenden Partei angeführten Entscheidung des EGMR vom , 9063/80 - Gillow gegen Vereinigtes Königreich, zugrunde lag, hatte Eigentümer einer Liegenschaft in Guernsey zum Inhalt, die nach ihrer Rückkehr nach Guernsey ihr eigenes Haus nicht bewohnen durften, weil dazu eine Lizenz der "Housing Authority" erforderlich war, die ihnen verweigert wurde. Dennoch sah der EGMR keine Verletzung des Art 8 EMRK in der gesetzlichen Regelung über die Lizenzpflicht, sondern bloß in der konkreten Verweigerung der Lizenz, zumal das Haus leer stand und die Nichterteilung der Lizenz nicht im Einklang mit den Zielen des Gesetzgebers stand. Es ist nicht erkennbar, wie aus dieser Entscheidung des EGMR abzuleiten ist, dass es gemeinschaftsrechtswidrig sei, wenn ein Nutzungsberechtigter einer Wohnung, die er als Zweitwohnung benützt, gekündigt werden kann, falls kein dringendes Wohnbedürfnis vorliegt und somit der Schutzzweck des MRG weggefallen ist, - eine Folge, die der Nutzungsberechtigte im Übrigen durch entsprechende Vertragsgestaltung hätte vermeiden können. Umso weniger ist im Übergehen dieser Frage ein qualifizierter Verstoß gegen Gemeinschaftsrecht zu erblicken.

Was den Beschluss des Obersten Gerichtshofes vom , 3 Ob 57/03h, betrifft, in dem dieser die außerordentliche Revision zurückwies, weil eine Oppositionsklage nicht mehr zulässig sei, wenn das Exekutionsverfahren vor Schluss der mündlichen Streitverhandlung abgeschlossen wurde, finden sich in der Klage keine konkreten Ausführungen dazu, warum dieser Beschluss dem Gemeinschaftsrecht widersprechen sollte.

Überdies ist festzuhalten, dass der Kläger in beiden außerordentlichen Revisionsrekursen, die mit den Beschlüssen des Obersten Gerichtshofes vom und vom zurückgewiesen wurden, keine Ausführungen darüber macht, warum die Rechtslage, von der die Untergerichte ausgingen, gegen Gemeinschaftsrecht verstoßen sollte. Wenngleich Fragen des Gemeinschaftsrechtes von Amts wegen zu beachten sind, kann sich der Kläger nicht darauf berufen, dass ein allfälliger Verstoß qualifiziert ist, wenn er selbst einen solchen Verstoß in dem der Staatshaftung zugrunde liegenden Verfahren überhaupt nicht behauptet hat und der Oberste Gerichtshof ein nicht auf der Hand liegendes gemeinschaftsrechtliches Problem nicht selbst aufwirft.

IV. Daher war spruchgemäß zu entscheiden. Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 41 VfGG (iVm § 35 VfGG und § 41 Abs 2 ZPO). Der in der Gegenschrift geltend gemachte Vorlage- und Schriftsatzaufwand war nicht zuzusprechen, weil für die Erstattung der Gegenschrift kein Rechtsbeistand hinzugezogen wurde und die Finanzprokuratur erst in der Verhandlung für die beklagte Partei eingeschritten ist (vgl. VfSlg. 10.103/1984, 13.640/1993, 16.023/2000 uvm.). Da die öffentliche mündliche Verhandlung die Dauer von einer Stunde nicht überschritten hat, war auch deren Verrichtung durch die Finanzprokuratur lediglich in diesem Ausmaß zu honorieren.