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OGH vom 11.05.2010, 9ObA72/09t

OGH vom 11.05.2010, 9ObA72/09t

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hradil und Dr. Hopf sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Eva Pernt und Mag. KR Michaela Haydter als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei R***** H*****, vertreten durch Mag. Wilfried Huber, Rechtsanwalt in Fügen, gegen die beklagte Partei T***** GmbH, *****, vertreten durch die Hopmeier Wagner Rechtsanwälte OG in Wien, wegen 39.299,35 EUR sA und Rechnungslegung (Streitwert 2.500 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei (Revisionsinteresse 15.383,38 EUR) gegen das Teilurteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 15 Ra 30/08m-112, womit das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht vom , GZ 16 Cga 161/04p-76, zum Teil bestätigt, zum Teil aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Zum Konkurrenzverbot von Angestellten liegt Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs vor, auf deren Grundlage der vorliegende Fall gelöst werden kann. Dass bisher noch nicht der Verstoß eines angestellten Pharmareferenten gegen das Konkurrenzverbot zu beurteilen war, unterstreicht den Einzelfallcharakter des vorliegenden Falls, begründet jedoch für sich allein keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO.

Die Beklagte ist ein Unternehmen, das sowohl als Arzneimittelhersteller als auch als Pharmavertrieb tätig ist. Dass der Kläger für die Beklagte in der Zeit vom bis zu seiner Entlassung vom als Pharmareferent als ein „im § 1 AngG bezeichneter Angestellter“ tätig war und damit gemäß § 7 Abs 1 AngG dem Geltungsbereich des gesetzlichen Konkurrenzverbots nach dieser Bestimmung unterlag, ist nicht weiter strittig. Richtig weist der Revisionswerber darauf hin, dass § 7 Abs 1 AngG in seinem ersten Regelungsfall auf den Betrieb eines selbständigen kaufmännischen Unternehmens abstellt. Nach den Feststellungen ist davon auszugehen, dass der Kläger im Zeitraum vom bis zum - neben seiner Angestelltentätigkeit für die Beklagte - als selbständiger Pharmareferent für ein anderes Pharmavertriebsunternehmen tätig war. Der Revisionswerber rügt nun, dass vom Berufungsgericht nicht geprüft worden sei, inwieweit es sich dabei um eine kaufmännische Tätigkeit des Klägers gehandelt habe. Darin manifestiere sich eine erhebliche Rechtsfrage.

Dem kann nicht beigetreten werden. Der Revisionswerber lässt unbeachtet, dass sich die Beklagte nicht nur auf das gesetzliche Konkurrenzverbot nach § 7 Abs 1 AngG, sondern auch auf das im Pkt 13. des Angestelltendienstvertrags des Klägers enthaltene vertragliche Konkurrenzverbot gestützt hat. Letzteres verbot dem Kläger nicht nur den Betrieb eines selbständigen kaufmännischen Unternehmens iSd § 7 Abs 1 AngG, sondern ging darüber hinaus und erstreckte das Konkurrenzverbot ganz allgemein auf andere Erwerbstätigkeiten. Dass es - vorbehaltlich einer sittenwidrigen Einschränkung der Erwerbsfreiheit - grundsätzlich zulässig ist, das gesetzliche Konkurrenzverbot durch Vereinbarung zu erweitern ( Burgstaller/Preyer in Marhold/Burgstaller/Preyer , AngG § 7 Rz 53 mwN ua), stellt der Revisionswerber nicht in Frage. Eine sittenwidrige Einschränkung der Erwerbsfreiheit wurde hier nicht geltend gemacht.

Weder der erste Fall des gesetzlichen Konkurrenzverbots nach § 7 Abs 1 AngG noch der erste Fall des vorliegenden vertraglichen Konkurrenzverbots stellen auf den Aspekt der Konkurrenzierung im engeren Sinn ab. Bei einem derartigen Konkurrenzverbot geht es daher vor allem um das Interesse des Arbeitgebers an der vollen Arbeitskraft des Angestellten und der uneingeschränkten Vertretung der Interessen des Arbeitgebers durch den Arbeitnehmer (RIS Justiz RS0027875 ua). Dass die Beklagte als Arzneimittelhersteller und -vertrieb ein verständliches Interesse daran hat, dass ihr Arbeitnehmer neben seiner Angestelltentätigkeit als Pharmareferent nicht auch noch - ohne Wissen und Zustimmung der Beklagten - als selbständiger Pharmareferent für einen anderen Pharmavertrieb tätig wird, ist nicht weiter zweifelhaft. Ob es bei der festgestellten „Nebentätigkeit“ des Klägers aufgrund der für einen Dritten beworbenen Produkte auch zu einer echten Konkurrenzierung der Beklagten im engeren Sinn gekommen ist, ist nach dem Regelungsinhalt des vertraglichen Konkurrenzverbots, das in seinem ersten Fall - wie § 7 Abs 1 AngG - nicht auf eine Konkurrenzierung im engeren Sinn abstellt, nicht entscheidend. Die diesbezüglichen Erörterungen des Revisionswerbers gehen daher am Problem vorbei.

Die Beurteilung der Berechtigung der Entlassung eines Angestellten wegen Verletzung des vertraglichen Konkurrenzverbots - übrigens einer im Pkt 13. des Angestelltendienstvertrags des Klägers für den Fall des Verstoßes gegen das vertragliche Konkurrenzverbot ausdrücklich angedrohten Rechtsfolge - hängt von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab und begründet keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO. Im Resümee, dass ein rund sechs Wochen andauernder Verstoß gegen das vertragliche Konkurrenzverbot, der immerhin rund 180 Arztbesuche des Klägers als selbständiger Pharmareferent umfasste, ausreichendes Gewicht habe, um von der Beklagten als empfindliche, unzumutbare, entlassungswürdige Beeinträchtigung ihrer Interessen beurteilt werden zu können, kann keine unvertretbare Beurteilung erblickt werden. Die gegenteilige, abschwächende Auffassung des Revisionswerbers überzeugt nach der Lage des Falls nicht. Aus der Entscheidung des Einigungsamts Wien zu Arb 10.385 (Sprachschule) ist für den Standpunkt des Klägers nichts Entscheidendes zu gewinnen. Dort ging es nur um die (verneinte) Frage der Konkurrenzierung im engeren Sinn aufgrund des gesetzlichen Konkurrenzverbots, auf die es hier aber, wie schon erwähnt, gar nicht ankommt.

Mangels erheblicher Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO ist die außerordentliche Revision des Klägers zurückzuweisen. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Zurückweisungsbeschluss gemäß § 510 Abs 3 Satz 3 ZPO nicht.