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VfGH vom 16.03.1994, a15/93

VfGH vom 16.03.1994, a15/93

Sammlungsnummer

13737

Leitsatz

Stattgabe von Klagen des Landes Oberösterreich gegen den Bund für im Rahmen der Auftragsverwaltung erfüllte Aufgaben im Zusammenhang mit Schulbauten im Bundeshochbau; kein Ausschluß der grundsätzlichen Leistungspflicht des Bundes zur Pauschalabgeltung durch die Vorfinanzierung der Baukosten durch die ASFINAG; verfassungskonforme Auslegung des FAG geboten; Zinsenzuspruch

Spruch

I. 1. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei (für das Bauvorhaben "Kunsthochschule Linz, Sonnensteinstraße") binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution den Betrag von

S 10,796.988,47 samt 4 % Zinsen

aus dem Betrag von: seit:

S 936.000,--

S 120.617,75

S 111.809,68

S 102.008,52

S 55.277,28

S 106.814,62

S 158.400,--

S 190.620,--

S 91.200,--

S 188.776,80

S 154.080,--

S 166.125,72

S 82.966,18

S 151.174,41

S 82.364,17

S 167.520,--

S 165.662,40

S 548.502,87

S 327.120,--

S 232.962,76

S 239.724,67

S 403.454,40

S 290.362,94

S 429.501,--

S 176.147,72

S 303.825,--

S 290.520,--

S 585.756,87

S 401.040,--

S 395.197,98

S 450.111,60

S 391.183,66

S 124.781,35

S 106.041,45

S 388.950,11

S 598.070,82

S 332.123,32

S 470.752,70

S 200.537,88

S 16.396,67

S 30.137,75

S 32.367,42

zu zahlen.

2. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei (für das Bauvorhaben "HTBLA Steyr, Schlüsselhofgasse") binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution den Betrag von

S 14,512.512,49 samt 4 % Zinsen

aus dem Betrag von: seit:

S 11.399,90

S 96.995,81

S 369.600,--

S 184.800,--

S 234.000,--

S 393.505,95

S 189.600,--

S 383.495,33

S 249.360,--

S 149.933,38

S 43.800,--

S 506.228,85

S 400.080,--

S 373.653,46

S 382.401,60

S 709.000,05

S 260.005,47

S 46.960,91

S 1,316.263,85

S 534.402,60

S 384.585,93

S 190.218,93

S 161.106,17

S 210.813,77

S 103.200,--

S 959.060,16

S 389.695,68

S 1,071.894,28

S 347.178,98

S 823.004,40

S 930.948,90

S 309.122,84

S 576.921,30

S 188.495,06

S 97.491,20

S 54.555,86

S 11.880,--

S 107.745,16

S 303.948,58

S 438.619,54

S 15.938,59

S 600,--

zu zahlen.

3. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei (für das Bauvorhaben "Pädagogische Akademie Linz, Lederergasse") binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution den Betrag von

S 1,446.833,27 samt 4 % Zinsen

aus dem Betrag von: seit:

S 10.200,--

S 92.400,--

S 145.162,--

S 206.405,65

S 41.818,80

S 73.618,22

S 46.785,84

S 70.317,78

S 7.175,13

S 3.538,38

S 21.346,14

S 35.675,52

S 118.388,16

S 212.531,90

S 109.958,25

S 11.678,40

S 25.975,18

S 76.917,48

S 72.605,97

S 5.888,95

S 48.477,86

S 9.967,66

zu zahlen.

4. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei (für das Bauvorhaben "Pädagogische Akademie Linz, Kaplanhofstraße") binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution den Betrag von S 2,875.319,83 samt 4 % Zinsen

aus dem Betrag von: seit:

S 379,23

S 287,04

S 40.905,60

S 226.841,73

S 9.559,99

S 370.825,53

S 37.920,--

S 25,27

S 152.059,63

S 186.641,64

S 66.600,--

S 74.725,62

S 136.173,84

S 62.581,63

S 141.172,53

S 65.200,70

S 349.997,18

S 2.836,80

S 173.584,54

S 110.916,39

S 259.623,24

S 109.253,74

S 78.311,96

S 88.469,50

S 30.775,05

S 534,38

S 92.583,14

S 156,68

S 6.053,25

S 324,--

zu zahlen.

II. Kosten werden nicht zugesprochen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1.a) Mit den am (A5/93), am (A7/93) und am (A14/93, A15/93) beim Verfassungsgerichtshof eingebrachten, auf Art 137 B-VG gestützten (in kollegialen Sitzungen der Landesregierung beschlossenen) vier - im wesentlichen gleichartig begründeten - Klagen begehrt das Land Oberösterreich, den Bund schuldig zu erkennen, der klagenden Partei bestimmte Beträge als Pauschalabgeltung gemäß § 1 Abs 2 Z 2 lita FAG 1985 und FAG 1989 zu bezahlen:

Zu A5/93: Pauschalabgeltung in der Höhe von

S 10,796.988,47 s.A.

für das Bauvorhaben "Kunsthochschule Linz,

Sonnensteinstraße";

zu A7/93: Pauschalabgeltung in der Höhe von

S 14,512.512,49 s.A.

für das Bauvorhaben "HTBLA Steyr, Schlüsselhofgasse";

zu A14/93: Pauschalabgeltung in der Höhe von

S 1,446.833,27 s.A.

für das Bauvorhaben "Pädagogische Akademie Linz, Lederergasse";

zu A15/93: Pauschalabgeltung in der Höhe von

S 2,875.319,83 s.A.

für das Bauvorhaben "Pädagogische Akademie Linz, Kaplanhofstraße".

Die in den Klagebegehren genannten Beträge stimmen mit jenen überein, die im Spruch dieses Urteils angeführt sind. Die klagende Partei begehrt in jeder Klage außerdem den Ersatz der "allenfalls entstehenden Verfahrenskosten, die mit gesondertem Schriftsatz geltend gemacht würden".

b) Der Sachverhalt wird in allen vorliegenden Klagen im wesentlichen gleichlautend geschildert:

Über Weisungen des zuständigen Bundesministers (nämlich des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten) habe der Landeshauptmann von Oberösterreich in den Jahren 1988 bis 1991 im Zusammenhang mit den erwähnten vier Bauvorhaben des Bundes Projektierungs-, Bauaufsichts-, Bauoberleitungs-, Bauführungs- und Verwaltungsaufgaben iS des § 1 Abs 2 Z 2 FAG 1985 und FAG 1989 mit Geldern und Personal des Landes Oberösterreich erfüllt.

Der Bund habe sich zur Finanzierung der verfahrensgegenständlichen Bauvorhaben der Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft (ASFINAG) bedient. Er habe sich bisher trotz Mahnung geweigert, die dem Land Oberösterreich nach den zitierten finanzausgleichsrechtlichen Bestimmungen jeweils zustehende 12%-ige Pauschalabgeltung zu leisten. Diese Abgeltungsbeträge würden nunmehr - schon um Verjährung zu vermeiden - eingeklagt.

Zur Begründung der Klagen in rechtlicher Hinsicht s.u. II.2.

2. Der (durch den Bundesminister für Finanzen vertretene) Bund als beklagte Partei erstattete Gegenschriften, in denen er - unter Vorlage der bezughabenden Akten - zwar den in den Klagen geschilderten Sachverhalt ausdrücklich als richtig anerkennt, aber die Rechtslage konträr zur klagenden Partei beurteilt (s.u. II.3.). Er beantragt, die Klagen abzuweisen und der klagenden Partei den Ersatz der Prozeßkosten des Bundes aufzuerlegen.

II. 1. Die wichtigsten der hier maßgebenden Rechtsgrundlagen lauten:

a) Finanzausgleichsgesetz 1985 - FAG 1985, BGBl. 544/1984 (regelt den Finanzausgleich für die Jahre 1985 bis 1988):

"§1.(1) ...

(2) Bei den nach Art 104 Abs 2 B-VG den Ländern in der Bundesstraßenverwaltung sowie im Bundeshochbau und bei der Verwaltung bundeseigener Liegenschaften übertragenen Aufgaben wird der damit verbundene Aufwand wie folgt getragen:

1. ...

2. Der Bund ersetzt den Ländern den mit der Besorgung dieser Geschäfte entstehenden Aufwand für die Erfüllung der übertragenen Projektierungs-, Bauaufsichts-, Bauoberleitungs-, Bauführungs- und Verwaltungsaufgaben wie folgt:

a) durch eine Pauschalabgeltung von 10 vH im Bundesstraßenbau und 12 vH im Bundeshochbau und bei der Verwaltung bundeseigener Liegenschaften. Die Pauschalabgeltung umfaßt auch den mit der Heranziehung Dritter zur Besorgung dieser Geschäfte verbundenen Aufwand, soweit die Besorgung nicht durch Personal des Landes vorgenommen wird. Die Pauschalabgeltung ist bezogen auf die gesamten innerhalb eines Finanzjahres angefallenen voranschlagswirksamen Ausgaben, die in der Auftragsverwaltung des Bundes von den dem Landeshauptmann unterstellten Behörden im jeweiligen Land getätigt werden, nach Abzug des Pauschalabgeltungsbetrages und des Personal- und Sachaufwandes nach Z 1. Auf die Pauschalabgeltung leistet der Bund monatlich Abschlagszahlungen gleichzeitig mit der Überweisung der Baukredite in der Höhe des auf die gesamten voranschlagswirksamen Ausgaben des Vormonates bezogenen Pauschales. Mit Vorliegen des Bundesrechnungsabschlusses erfolgt die Endabrechnung;

b) .... (Abgeltung des Aufwandes für "verlorene Projekte";

hier nicht maßgeblich).

3. Der Bund trägt den sonstigen Aufwand bei der Bundesstraßenverwaltung, beim Bundeshochbau und bei der Verwaltung bundeseigener Liegenschaften unmittelbar."

b) Finanzausgleichsgesetz 1989 - FAG 1989, BGBl. 687/1988 (regelt den Finanzausgleich für die Jahre 1989 bis 1992):

§ 1 Abs 2 Z 2 lita und Z 3 stimmen grundsätzlich wörtlich mit den soeben wiedergegebenen Bestimmungen des FAG 1985 überein. Lediglich der drittletzte Satz des § 1 Abs 2 Z 2 lita FAG 1989 lautet anders:

" ... Die Pauschalabgeltung ist bezogen auf die gesamten innerhalb eines Finanzjahres angefallenen voranschlagswirksamen Ausgaben, die vom Landeshauptmann als anweisendem Organ gemäß § 5 Abs 2 Z 2 Bundeshaushaltsgesetz, BGBl. Nr. 213/1986, im Rahmen der 'Auftragsverwaltung' des Bundes im jeweiligen Land geleistet wurden, nach Abzug des Pauschalabgeltungsbetrages und des Personal- und Sachaufwandes nach Z 1. ... "

c) Bundeshaushaltsgesetz, BGBl. 213/1986 - BHG:

Dem in der soeben wiedergegebenen Bestimmung des FAG 1989 zitierten § 5 Abs 2 Z 2 BundeshaushaltsG zufolge sind "anweisende Organe im Sinne dieses Bundesgesetzes (nämlich des BundeshaushaltsG) die Landeshauptmänner, soweit sie als Organe des Bundes tätig werden".

d) "ASFINAG-Gesetz", BGBl. 591/1982 idF der Novelle BGBl. 510/1987:

"Artikel II

Errichtung einer Autobahnen- und

Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft

§ 1. Der Bund hat eine Gesellschaft mit dem Firmenwortlaut 'Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft' mit dem Sitz in Wien und mit einem Grundkapital von mindestens 100 Millionen Schilling, deren gesamte Anteile dem Bund vorbehalten bleiben, zu errichten.

§2. (1) Der Zweck dieser Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft ist die Übernahme finanzieller Verpflichtungen von den in Abs 3 angeführten Gesellschaften, die Entgegennahme von Geldern oder die Durchführung von Kreditoperationen im In- und Ausland für die Erfüllung der Aufgaben dieser Gesellschaften und die Zuweisung der Gelder an diese Gesellschaften.

(2) ....

§5. (1) Die Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft ist berechtigt, nicht rückzahlbare Zuschüsse, die für Zwecke des Baues und der Erhaltung der durch dieses Bundesgesetz betroffenen Bundesstraßen von wem immer gewährt werden, entgegenzunehmen.

(2) bis (5) ... (weitere Ermächtigungen zur Geldaufbringung)

§6. (1) Der Bundesminister für Finanzen wird ermächtigt, für die von der Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft gemäß § 5 durchzuführenden Kreditoperationen namens des Bundes Haftungen als Bürge und Zahler gemäß § 1357 des Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches oder in der Form von Garantien zu übernehmen.

(2) bis (7) ... (Nähere Bestimmungen für die Gebrauchnahme von dieser Ermächtigung)

§10. (1) Der Bund hat der Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft die mit der Durchführung der in diesem Bundesgesetz bezeichneten Aufgaben zusammenhängenden und in Abs 2 angeführten Kosten aus den für den Bau und die Erhaltung der Bundesstraßen zweckgebundenen Mitteln zu ersetzen.

(2) ...

§ 11. Die Forderung der Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft gegen den Bund auf Kostenersatz gemäß § 10 ist höchstens mit jenem Betrag in die Jahresabschlüsse der Gesellschaft einzusetzen, den sie für die Finanzierung der in § 2 genannten Vorhaben und zur Deckung ihrer Kosten aufgewendet hat.

Artikel VI

(eingefügt durch die Novelle BGBl. 510/1987)

Finanzierung von Bundeshochbauten

§ 1. Die Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft hat weiters die Finanzierung von Hochbauten des Bundes für die Bereiche der Schulen der Unterrichtsverwaltung, der Schulen der Wissenschaftsverwaltung, der Bauten für die Landesverteidigung und der sonstigen Bundesgebäude bis zu einem Kostenbetrag von 5 000 Millionen Schilling zu übernehmen.

§ 2. Für die zur Erfüllung der Aufgabe gemäß § 1

erforderlichen Kreditoperationen der Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft und Haftungsübernahmen des Bundes gelten die Bestimmungen des Artikels II § 5 und § 6 sinngemäß.

Der jeweils ausstehende Gesamtbetrag (Gegenwert) der Haftung darf 5 000 Millionen Schilling an Kapital und 5 000 Millionen Schilling an Zinsen und Kosten nicht übersteigen.

§ 3. Für den Kostenersatz des Bundes an die Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft und deren Forderung gegen den Bund auf Kostenersatz gelten die Bestimmungen des Artikels II § 10 und § 11 sinngemäß."

2. Die klagende Partei (das Land Oberösterreich) begründet in allen vier vorliegenden Klagen - nach einer Schilderung des Sachverhaltes und der maßgebenden Gesetzesbestimmungen (Pkt. 1 bis 7) - die Begehren im wesentlichen wie folgt:

"8. Voraussetzung für das Entstehen eines Anspruches auf Pauschalabgeltung ist demnach jedenfalls, daß innerhalb eines Finanzjahres voranschlagswirksame Ausgaben getätigt wurden. Darüber hinaus müssen diese Aufgaben in der Auftragsverwaltung des Bundes von den dem Landeshauptmann unterstellten Behörden im jeweiligen Land getätigt werden (FAG 1985) bzw. vom Landeshauptmann als anweisendem Organ im Sinne des Bundeshaushaltsgesetzes im Rahmen der Auftragsverwaltung des Bundes im jeweiligen Land geleistet worden sein (FAG 1989).

8.1. Es handelt sich um voranschlagswirksame Ausgaben, wie aus den jeweiligen Bundesfinanzgesetzen ersichtlich ist. Der Bund ist gemäß § 10 des ASFINAG-Gesetzes verpflichtet, der ASFINAG die mit der Durchführung ihrer Aufgaben zusammenhängenden Kosten zu ersetzen. Demgemäß sehen die Bundesvoranschläge regelmäßig Mittel für Kostenersätze an die ASFINAG vor. Auch in den Jahren 1988 bis 1991 waren im Bundesvoranschlag, entweder im Teilheft zur Gruppe 6 (Wirtschaft) oder zur Gruppe 5 (Finanzen) Zahlungen an die ASFINAG veranschlagt. Der Bund bedient sich also lediglich der ASFINAG als Finanzierungsinstrument, hat ihr aber die Kosten aus Budgetmitteln zu ersetzen. Mithin handelt es sich bei den (vorläufig) von der ASFINAG geleisteten Zahlungen sehr wohl um voranschlagswirksame Ausgaben im Sinne der Finanzausgleichsgesetze 1985 und 1989.

8.2. Weiters ist Voraussetzung für das Entstehen des Anspruches auf Pauschalabgeltung, daß die voranschlagswirksamen Ausgaben 'in der Auftragsverwaltung' (FAG 1985) bzw. 'im Rahmen der Auftragsverwaltung' (FAG 1989) getätigt wurden. Für die Beantwortung der Frage, ob der Landeshauptmann im Rahmen der Auftragsverwaltung gemäß Art 104 Abs 2 B-VG tätig geworden ist, spielt es keine Rolle, ob die von ihm verausgabten Mittel direkt aus dem Bundesbudget oder (vorläufig) von der ASFINAG stammen. Der Landeshauptmann muß schon allein deshalb im Rahmen der Auftragsverwaltung tätig gewesen sein, weil außerhalb des Art 104 Abs 2 B-VG und der darauf gestützten 'Übertragungsverordnung' keine Rechtsgrundlage existiert, auf der der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten den Landeshauptmann mittels Weisung zum Tätigwerden in dieser Angelegenheit hätte verhalten können. Überdies steht auch ein von der ASFINAG finanziertes Bauwerk im Eigentum des Bundes, sodaß auch hier ganz eindeutig Verwaltung von Bundesvermögen vorliegt.

8.3. Des weiteren verlangt § 1 Abs 2 Z. 2 lita FAG 1985, daß die Ausgaben von den dem Landeshauptmann unterstellten Behörden im jeweiligen Land getätigt wurden. Auch diese Voraussetzung ist erfüllt. Der Landeshauptmann hat sich, wie bei der Abwicklung anderer Bauvorhaben im Rahmen der Auftragsverwaltung auch, der ihm unterstellten Organe der Abteilungsgruppe Landesbaudirektion, insbesondere der Abteilung Hochbau, sowie zur Abwicklung des Zahlungsverkehrs der Dienststellen der Landesbuchhaltung bedient. § 1 Abs 2 Z. 2 lita FAG 1989 verlangt hingegen, daß die Ausgaben vom Landeshauptmann als anweisendem Organ gemäß § 5 Abs 2 Z. 2 Bundeshaushaltsgesetz geleistet worden sind. Auch dies ist der Fall: Der Landeshauptmann ist gemäß § 5 Abs 2 Z. 2 Bundeshaushaltsgesetz anweisendes Organ, soweit er als Organ des Bundes tätig wird, was in Angelegenheiten der Auftragsverwaltung zweifellos der Fall ist. Unter Hinweis auf § 1 des Bundeshaushaltsgesetzes könnte der Einwand erhoben werden, die Verwaltung von Mitteln, die nicht unmittelbar dem Bundeshaushalt entstammen, falle nicht unter den Geltungsbereich des Bundeshaushaltsgesetzes, weshalb der Landeshauptmann im konkreten Fall nicht als anweisendes Organ tätig sein habe können. Dazu ist festzuhalten, daß gemäß § 1 Abs 1 des Bundeshaushaltsgesetzes dieses Bundesgesetz für alle Organe des Bundes, die an der Führung des Bundeshaushaltes beteiligt sind (Organe der Haushaltsführung) gilt. Zur Haushaltsführung zählt gemäß Abs 2 Z. 4 leg.cit. ausdrücklich auch die Bundesvermögensgebarung. Es ist nicht ersichtlich, daß die 'Bundesvermögensgebarung' andere Tätigkeiten zum Inhalt hätte, als die 'Verwaltung des Bundesvermögens' im Sinne des Art 104 Abs 2 B-VG. Da, wie dargetan wurde, die Besorgung der einschlägigen Aufgaben im Zusammenhang mit dem streitgegenständlichen Bauvorhaben eindeutig der Auftragsverwaltung im Sinne des Art 104 Abs 2 B-VG zuzurechnen ist, hat der Landeshauptmann Zahlungen im Zusammenhang mit der Gebarung des Bundesvermögens gemäß § 1 Abs 2 Bundeshaushaltsgesetz getätigt und damit als anweisendes Organ im Sinne des § 5 Abs 2 Z. 2 leg.cit. gehandelt. Überdies handelt es sich, wie bereits dargestellt wurde, auch bei den von der ASFINAG zur Verfügung gestellten Mitteln um voranschlagswirksame Ausgaben, die somit - jedenfalls mittelbar - dem Bundeshaushalt zuzurechnen sind.

9. Es zeigt sich also, daß sämtliche im § 1 Abs 2 Z. 2 lita FAG 1985 bzw. 1989 angeführten Tatbestandsmerkmale für die Entstehung eines Anspruches auf Pauschalabgeltung vorliegen und das Land Oberösterreich Anspruch auf den geltend gemachten Betrag hat. Eine Auslegung der als Anspruchgsgrundlage herangezogenen Bestimmung mit dem Ergebnis, daß der Anspruch des Landes Oberösterreich nicht zu Recht besteht, ließe sich auch nur schwer mit dem angestrebten Regelungszweck vereinbaren: Es kann dem Gesetzgeber der - zwischen allen Finanzausgleichspartnern paktierten - Finanzausgleichgesetze wohl nicht zugesonnen werden, daß er dem Bund die Möglichkeit eröffnen wollte, durch entsprechende Wahl eines Finanzierungsmodells den Ländern ihren Anspruch auf Pauschalabgeltung zu nehmen. Dies umso mehr, als die in den Ländern entstehenden Kosten und die bei der Abwicklung des Bauvorhabens anfallenden Verwaltungstätigkeiten bei einer Finanzierung des Bauvorhabens mit ASFINAG-Mitteln gleich sind wie bei einer Finanzierung direkt aus dem Bundesbudget. Hätte aber die Auslegung der bezogenen Bestimmungen der einzelnen Finanzausgleichsgesetze tatsächlich zum Ergebnis, daß für die Tätigkeiten des Landeshauptmannes im Zusammenhang mit ASFINAG-finanzierten Bauten kein Anspruch auf Pauschalabgeltung besteht, müßte wohl die Frage nach der Verfassungskonformität dieser Regelungen, die in diesem Fall ungleiche Rechtsfolgen an völlig identische Sachverhalte knüpften, gestellt werden.

10. Die Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes gemäß Art 137 B-VG ist gegeben, weil über den klagsgegenständlichen Anspruch weder im ordentlichen Rechtsweg noch durch den Bescheid einer Verwaltungsbehörde zu entscheiden ist.

11. Gemäß § 23 Abs 5 FAG 1989 verjähren auf das FAG 1985 oder das FAG 1989 gegründete Ansprüche nach Ablauf von fünf Jahren ab dem Zeitpunkt, in dem der Anspruch erstmals hätte geltend gemacht werden können. In diesem Fall könnten mehrere Zeitpunkte für den Beginn der Verjährungsfrist maßgeblich sein:

Nach der Textierung des § 1 Abs 2 Z. 2 lita FAG 1985 bzw. 1989 könnte der maßgebliche Zeitpunkt die Erstellung der auf das Vorliegen des jeweiligen Bundesrechnungsabschlusses folgenden jährlichen Endabrechnung sein; denkbar wäre auch, die Erstellung der letzten Endabrechnung nach Baufertigstellung als fristauslösendes Ereignis zu sehen. Da die Pauschalabgeltung aber in Form von monatlichen Abschlagszahlungen in dem auf die Überweisung der Baukredite folgenden Monat zu erfolgen hat, könnte die Ansicht vertreten werden, daß die Geltendmachung des Anspruches auf die monatliche Abschlagszahlung bereits mit Verstreichen der Kreditüberweisung folgenden Monates möglich wäre. Im konkreten Fall erfolgte die erste Kreditüberweisung im Februar 1988 (A5/93) bzw. März 1988 (A7/93) bzw. August 1988 (A14/934) bzw. Mai 1988 (A15/93). Die Abschlagszahlung wäre demgemäß bis längstens (, bzw. bzw. ) fällig gewesen und hätte erstmals am ( bzw. bzw. ) geltend gemacht werden können. Die Einbringung der Klage erfolgt demnach jedenfalls vor Ablauf der Verjährungsfrist."

In der zu A5/93 erhobenen Klage wird darüber hinaus noch vorgebracht:

"Zwischen dem Bund, dem Land Oberösterreich und der Stadt Linz wurde am eine Vereinbarung über die Errichtung des klagsgegenständlichen Bauvorhabens (Kunsthochschule Linz) geschlossen, die die Höhe und die Modalitäten einer Beteiligung des Landes und der Stadt Linz an den Baukosten zum Gegenstand hatte.

Darüber hinaus ist in Punkt I.2. dieser Vereinbarung festgehalten: 'Die Abwicklung dieser Baumaßnahmen erfolgt im Wege der Auftragsverwaltung gemäß Art 104 Abs 2 B-VG in Verbindung mit § 1 Abs 2 FAG 1985 durch den Herrn Landeshauptmann von Oberösterreich.'

Damit wurde vom Bund nicht nur bestätigt, daß die Tätigkeiten des Landeshauptmannes im Zusammenhang mit dem Bauvorhaben der Auftragsverwaltung zuzurechnen sind, vielmehr hat der Bund durch den Verweis auf § 1 Abs 2 FAG 1985 ausdrücklich den Anspruch des Landes auf Aufwandsersatz anerkannt."

3. Der geklagte Bund anerkennt in seinen Gegenschriften die Richtigkeit der vom Kläger geschilderten Sachverhalte, bestreitet aber die Ansprüche dem Grunde nach mit folgenden Argumenten:

"1. zur Rechtslage:

Die klagende Partei stützt ihr Klagebegehren auf § 1 Abs 2 Z 2 lita des Finanzausgleichsgesetzes 1985 bzw. 1989. Aus diesen Bestimmungen kann jedoch kein Anspruch der klagenden Partei auf Pauschalabgeltung für den Aufwand für die Besorgung der Projektierungs-, Bauaufsichts- und Verwaltungsaufgaben beim klagsgegenständlichen Projekt abgeleitet werden, weil diese Bestimmung als Bemessungsgrundlage für die Pauschalabgeltung jene voranschlagswirksamen Ausgaben nennt, die in der Auftragsverwaltung des Bundes von den dem Landeshauptmann unterstellten Behörden im jeweiligen Land getätigt werden (FAG 1985) bzw. die vom Landeshauptmann als anweisendem Organ gemäß § 5 Abs 2 Z 2 des Bundeshaushaltsgesetzes im Rahmen der Auftragsverwaltung des Bundes im jeweiligen Land geleistet werden (FAG 1989). Die Änderung des Wortlautes dieser Bestimmung ist eine Angleichung der Diktion des Finanzausgleichsgesetzes 1989 an diejenige des Bundeshaushaltsgesetzes, nicht jedoch eine inhaltliche Änderung (siehe die Erläuterungen zur RV, 766 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XVII. GP: 'Abs2 regelt die Belange der Kostentragung hinsichtlich der Auftragsverwaltung in gleicher Weise wie das FAG 1985.').

Da das klagsgegenständliche Projekt eines jener Bauten im Bundeshochbau ist, die von der ASFINAG gemäß Artikel VI § 1 des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 591/1982 in der Fassung der hier relevanten Novelle BGBl. Nr. 510/1987 ('ASFINAG-Gesetz') finanziert worden sind, kommen nach dem Wortlaut der zitierten Bestimmungen in den Finanzausgleichsgesetzen als Bemessungsgrundlage einer Pauschalabgeltung weder die von der ASFINAG getätigten Ausgaben noch die Leistungen des Bundes an die ASFINAG gemäß ArtII § 10 des ASFINAG-Gesetzes in Betracht:

Die Ausgaben der ASFINAG können als Bemessungsgrundlage nicht herangezogen werden, weil diese Ausgaben nicht voranschlagswirksam sind, weiters weil sie nicht vom Landeshauptmann als anweisendem Organ gemäß § 5 Abs 2 Z 2 BHG (sondern von der ASFINAG) und weil sie nicht in der Auftragsverwaltung (der die ASFINAG nicht unterliegt) getätigt werden - diese Ausgaben werden auch von der klagenden Partei nicht zur Begründung ihres Anspruches herangezogen. Für die Leistungen des Bundes an die ASFINAG gilt wiederum, daß sie nicht vom Landeshauptmann als anweisendem Organ gemäß § 5 Abs 2 Z 2 BHG (sondern von einem anweisendem Organ gemäß § 5 Abs 2 Z 1 BHG) und daß sie nicht im Rahmen der Auftragsverwaltung des Bundes geleistet werden.

Aufgrund dieser eindeutigen Rechtslage können auch die Ausführungen der klagenden Partei zum Entstehen eines Anspruches auf Pauschalabgeltung den Klagsanspruch nicht begründen: zum einen sind die Ausgaben der ASFINAG (entgegen Pkt. 8.1. der Klage) nicht budgetwirksam, zum anderen hat (entgegen den Pkten. 8.2. und 8.3. der Klage) der Landeshauptmann (bzw. die ihm unterstellten Behörden) Ausgaben nicht getätigt. Den - nicht in allen Details nachvollziehbaren - Ausführungen darüber, daß der Landeshauptmann deshalb Ausgaben gemäß § 5 Abs 2 Z 2 BHG getätigt habe, weil § 1 Abs 1 Z 4 BHG auch die Bundesvermögensgebarung als Teil der Haushaltsführung nennt (Pkt. 8.3. der Klage), ist entgegenzuhalten, daß wohl unbestreitbar ist, daß die Verwaltung des Vermögens der ASFINAG nicht an den Landeshauptmann übertragen werden kann und nicht übertragen wurde.

2. Beurteilung

Daß den Ländern für ihren Aufwand im Rahmen der Auftragsverwaltung nach den bestehenden gesetzlichen Bestimmungen kein Ersatz zusteht, war seit der Novellierung des ASFINAG-Gesetzes mit der Novelle BGBl. Nr. 510/1987 Gegenstand von Diskussionen mit den Ländern, und zwar sowohl aktenmäßig als auch in Besprechungen auf politischer Ebene. Bei der Vorbereitung des Finanzausgleichsgesetzes 1989 kamen die Finanzausgleichspartner anläßlich der abschließenden Besprechung am jedoch überein, § 1 FAG 1985 unverändert in das FAG 1989 zu übernehmen. Zur Auftragsverwaltung wurde im Pkt. II.7. des Resümeeprotokolls über die Paktierung des Finanzausgleiches ab dem Jahr 1989 lediglich festgelegt, daß beim Vollzug der Bestimmungen des § 1 Abs 2 FAG 1989 so vorgegangen werden wird, daß beide Seiten die in den Erläuterungen zum FAG 1989 und zum FAG 1985 enthaltenen näheren Ausführungen bei Interpretationsschwierigkeiten als Grundlage für Klarstellungen heranziehen werden.

Weiters wurde festgelegt (Pkt. II.3. des Paktums), daß durch das am erzielte Verhandlungsergebnis, das als Paketlösung anzusehen ist, alle bis dahin angemeldeten finanziellen Forderungen der Finanzausgleichspartner an den Finanzausgleich 1989 - 1992 abgegolten sind.

Dessen ungeachtet war diese Frage auch zu Beginn der FAG-Periode 1989 - 1992 Gegenstand einer Besprechung am im Bundesministerium für Finanzen. Teilnehmer waren:

Bundesminister Lacina, Staatssekretär Stummvoll, SC Schmelz, Landeshauptmann Ratzenböck und Landeshauptmann-Stellvertreter Mayr. Dabei wurde von den Vertretern der Länder der Standpunkt des Bundes, daß ein Kostenersatz und eine Änderung des FAG 1989 nicht in Betracht kommen, zur Kenntnis genommen und wurde lediglich das Länderbegehren für die Beratungen zum nächsten Finanzausgleichsgesetz vorgemerkt. In den Verhandlungen zum Finanzausgleich ab dem Jahr 1993 wurde dieser Punkt jedoch weder von seiten des Bundes noch der Länder thematisiert, sodaß neben dem Grundsatz, daß alle bis dahin angemeldeten Forderungen der Finanzausgleichspartner an den Finanzausgleich 1993 bis 1995 abgegolten sind, wiederum vereinbart wurde, § 1 Abs 2 FAG 1989 in das FAG 1993 unverändert zu übernehmen.

Entgegen den Ausführungen der klagenden Partei (Pkt. 9 der Klage) war es daher sehr wohl Absicht des Gesetzgebers, für diejenigen - in ihrer Anzahl aufgrund der Haftungsbegrenzung in Artikel VI §§1 und 2 ASFINAG-Gesetz ohnehin begrenzten - Hochbauten, deren Finanzierung durch die ASFINAG-Novelle BGBl. Nr. 510/1987 ermöglicht wurde, keinen Kostenersatz an die Länder vorzusehen. Der Frage der klagenden Partei nach der Verfassungskonformität dieser Regelung ist zu entgegnen, daß der Unterschied zu anderen Bauvorhaben eben darin gelegen ist, daß 'unter Berücksichtigung der Rahmenbedingungen der Staatsfinanzen' (siehe Begründung zum Initiativantrag zur ASFINAG-Novelle, II-1772 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XVII. Gesetzgebungsperiode) eine Finanzierung dieser Bauvorhaben aus dem Bundesbudget nicht möglich gewesen wäre. Wenn der Gesetzgeber bei diesem, 'mit besonderer Dringlichkeit zu befriedigenden Baubedarf des staatlichen Hochbaues' (siehe die zitierte Begründung zum Initiativantrag) eine andere Vorgangsweise bei der Finanzierung und damit auch der Frage des Kostenersatzes wählt, bleibt er im Rahmen seines rechtspolitischen Gestaltungsspielraums. Gerade bei der Frage des Kostenersatzes darf nicht unberücksichtigt bleiben, daß der durch die zitierte ASFINAG-Novelle finanzierte Hochbau insbesondere auch regionale Aspekte betrifft (siehe wiederum die zitierte Begründung zum Initiativantrag), welche allgemein auch durch Art 15a B-VG-Vereinbarungen mit den Ländern über die Durchführung von Bauprojekten, im klagsgegenständlichen Fall speziell durch die Vereinbarung des Bundes u.a. mit dem Land Oberösterreich vom , dokumentiert sind.

Art 104 Abs 2 dritter Satz B-VG läßt die Begründung einer Verpflichtung des Bundes zur Leistung eines Kostenersatzes an die Länder (durch Bundesgesetz) nur 'in besonderen Ausnahmefällen' zu. Der Gesetzgeber hat bei der Prüfung, ob in concreto ein derartiger Ausnahmefall vorliegt, insbesondere § 4 F-VG 1948 zu beachten, wonach die in den §§2 und 3 F-VG 1948 vorgesehenen Regelungen in Übereinstimmung mit der Verteilung der Lasten der öffentlichen Verwaltung zu erfolgen haben und darauf Bedacht zu nehmen ist, daß die Grenzen der Leistungsfähigkeit der beteiligten Gebietskörperschaften nicht überschritten werden. Innerhalb dieser Grenzen liegt die Festlegung einer Kostenersatzpflicht des Bundes im finanzpolitischen Gestaltungsspielraum des Bundesgesetzgebers (siehe etwa das VfGH-Erkenntnis vom , A2088/90 (= VfSlg. 12667/1990)).

Die klagende Partei hat nichts vorgebracht, was darauf hindeuten würde, daß der Gesetzgeber bei Erlassung des FAG 1985 und des FAG 1989 dadurch, daß er Fälle der in Rede stehenden Art nicht als besondere Ausnahmefälle im Sinne des Art 104 Abs 2 dritter Satz B-VG angesehen hat, seinen finanzpolitischen Gestaltungsspielraum überschritten hätte. Daß die Gespräche der Vertreter der Gebietskörperschaften vor Erlassung dieser Finanzausgleichsgesetze zu einem 'paktierten' Einvernehmen geführt haben, spricht im Gegenteil dafür, daß eine dem § 4 F-VG 1948 entsprechende Gesamtregelung getroffen wurde (siehe VfSlg. 12505/90). Der Umstand, daß es wegen einer zusätzlichen Forderung des Landes Steiermark nicht zu einer Unterzeichnung des FAG-Paktums gekommen ist, kann daran nichts ändern, weil die dafür maßgeblichen Gründe nicht im Zusammenhang mit der Auftragsverwaltung stehen und außerdem nicht das Verhältnis der klagenden zur beklagten Partei betreffen.

Die Vertreter des Bundes sind, wie den Vertretern der anderen Finanzausgleichspartner bekannt war, in den Verhandlungen zu den Finanzausgleichsgesetzen 1989 und 1993 davon ausgegangen, daß den Ländern für die Auftragsverwaltung im Zusammenhang mit den ASFINAG-finanzierten Bauvorhaben keine Abgeltung zusteht. Sollte diese Ausgangslage - entgegen den Erwartungen der beklagten Partei - sich als unrichtig herausstellen, wäre bei der Vorbereitung dieser Gesetze von falschen Prämissen ausgegangen worden, was die Verfassungswidrigkeit der gesamten finanzausgleichsrechtlichen Regelung mit sich bringen und zwingend eine Änderung der Finanzausgleichsgesetze zugunsten des Bundes erforderlich machen würde, um deren Verfassungskonformität wiederherzustellen."

Die klagende Partei hat zu A5/93 auf eine am zwischen dem Bund, dem Land Oberösterreich und der Stadt Linz über das Bauvorhaben "Kunsthochschule Linz" abgeschlossene Vereinbarung hingewiesen (s.o. II.2., letzte Absätze).

Hiezu wird in der Gegenschrift zu A5/93 bemerkt:

"Da § 1 Abs 2 FAG 1985 (...) keinen Anspruch auf Pauschalabgeltung für die Abwicklung des klagsgegenständlichen Projekts begründet, kann auch der bloße Verweis auf diese Bestimmung im Vertrag zwischen dem Bund, dem Land Oberösterreich und der Stadt Linz über die Errichtung dieses Projekts keinen Anspruch begründen."

4. Die klagende Partei replizierte auf die vom Bund erstatteten Gegenschriften:

"1. Das Vorbringen der beklagten Partei wird, soweit es mit dem Klagsvorbringen in Widerspruch steht, bestritten. Die in den einzelnen Klagen gestellten Anträge werden aufrecht erhalten.

2. Im besonderen ist auf die unter Pkt. 2. der jeweiligen Gegenschriften aufgestellte Behauptung einzugehen, daß mit Abschluß des dem jeweiligen Finanzausgleichsgesetz zugrunde liegenden Paktums der Finanzausgleichspartner alle bis dahin angemeldeten finanziellen Forderungen der Finanzausgleichspartner an den Finanzausgleich für die folgende Periode abgegolten seien.

Die beklagte Partei verkennt dabei, daß es sich bei den klagsgegenständlichen Forderungen nicht um 'angemeldete Forderungen an den Finanzausgleich' handelt. Solche 'angemeldete Forderungen' beziehen sich nämlich auf die Abgeltung von Belastungen, die den Finanzausgleichspartnern Länder und Gemeinden während einer laufenden Finanzausgleichsperiode durch die Erlassung von Gesetzen oder Verordnungen durch den Bund entstehen, und durch die während der laufenden Finanzausgleichsperiode das Finanzausgleichsgefüge zu Lasten der Länder und Gemeinden verschoben wird. Diese Forderungen werden sodann im Zuge der Verhandlungen über die darauf folgende Finanzausgleichsperiode mit dem Ziel 'angemeldet', dafür in der nächstfolgenden Finanzausgleichsperiode einen Ausgleich zu erhalten. Beispielhaft sei auf das 'Ländermemorandum' zum Finanzausgleich ab 1993 verwiesen. Diese 'angemeldeten Forderungen' zielen somit auf eine Änderung der nach dem geltenden Finanzausgleichsgesetz bestehenden Rechtslage durch das nächstfolgende Finanzausgleichsgesetz ab.

Demgegenüber stützen sich die klagsgegenständlichen Forderungen auf die nach dem FAG 1985 bzw. dem FAG 1989 bestehende Rechtslage und sind deshalb nicht als 'angemeldete Forderungen' im Sinne der Ausführung in den Gegenschriften des Bundesministers für Finanzen zu betrachten. Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, daß im Zuge der Finanzausgleichsverhandlungen oder unabhängig von diesen zwischen dem Bund und den Ländern das Problem der mangelnden Bereitschaft des Bundes, Kostenersatz zu leisten, erörtert wurde."

III. Der Verfassungsgerichtshof

hat über die Klagen erwogen:

A. Zur Zulässigkeit:

Nach Art 137 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über vermögensrechtliche Ansprüche an den Bund, die Länder, die Bezirke, die Gemeinden und Gemeindeverbände, die weder im ordentlichen Rechtsweg auszutragen noch durch Bescheid einer Verwaltungsbehörde zu erledigen sind.

Mit den vorliegenden Klagen werden - unbestritten - derartige, ausschließlich im öffentlichen Recht wurzelnde vermögensrechtliche Ansprüche geltend gemacht (vgl. VfSlg. 11204/1987, 12461/1990, 12667/1991).

Da auch die übrigen Prozeßvoraussetzungen vorliegen, sind die Klagen zulässig.

B. In der Sache:

1.a) Gemäß Art 104 Abs 1 B-VG finden die Bestimmungen des Art 102 B-VG über die Einrichtung der mittelbaren Bundesverwaltung auf die nichthoheitliche Verwaltung des Bundes (Art17 B-VG) keine Anwendung. Die mit der Verwaltung des Bundesvermögens betrauten Bundesminister können jedoch die Besorgung solcher Geschäfte dem Landeshauptmann und den ihm unterstellten Behörden im Land übertragen (sog. "Auftragsverwaltung" - Art 104 Abs 2 erster Satz B-VG). Ein solcher genereller Auftrag zur Besorgung der Geschäfte der Verwaltung bundeseigener Liegenschaften einschließlich des staatlichen Hochbaues wurde den Landeshauptleuten und den ihnen unterstellten Behörden im Land mit Verordnung des Bundesministers für Bauten und Technik vom , BGBl. 344, abgelöst durch Verordnung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom , BGBl. 678, erteilt.

Art 104 Abs 2 dritter Satz B-VG geht davon aus, daß für die Kosten dieser "Auftragsverwaltung" grundsätzlich die Länder aufzukommen haben; durch Bundesgesetz wird bestimmt, inwieweit "in besonderen Ausnahmefällen" der Bund (den Ländern) Kostenersatz zu leisten hat (vgl. zB VfSlg. 12667/1991).

b) Das Land Oberösterreich beruft sich nun in den vorliegenden Klagen auf derartige Gesetze, nämlich auf § 1 Abs 2 Z 2 lita FAG 1985 und auf § 1 Abs 2 Z 2 lita FAG 1989 (Texte s.o. II.1. a und b).

Unstrittig ist, daß das Land Oberösterreich über Auftrag des Bundes in den Jahren 1988 bis 1991 im Zusammenhang mit (Schul-)Bauten im Bundeshochbau die Projektierungs-, Bauaufsichts-, Bauoberleitungs-, Bauführungs- und Verwaltungsaufgaben erfüllt hat.

Strittig ist lediglich, ob auch die weitere Voraussetzung, die für das Entstehen des Anspruches auf die 12%-ige Pauschalabgeltung gemäß § 1 Abs 2 Z 2 lita FAG 1985 und FAG 1989 erforderlich ist, vorliegt, nämlich die jeweils im drittletzten Satz dieser Gesetzesbestimmungen umschriebene. Aus diesem ergibt sich, daß ein solcher Anspruch nur dann besteht, wenn innerhalb eines Finanzjahres voranschlagswirksame Ausgaben in der Auftragsverwaltung des Bundes von den dem Landeshauptmann unterstellten Behörden im jeweiligen Land getätigt werden (FAG 1985), bzw. wenn innerhalb eines Finanzjahres voranschlagswirksame Ausgaben vom Landeshauptmann als anweisendem Organ iS des BundeshaushaltsG im Rahmen der Auftragsverwaltung des Bundes im jeweiligen Land geleistet wurden (FAG 1989).

Das Land bejaht die Frage nach dem Vorliegen dieser Voraussetzung (es spiele keine Rolle, daß die finanziellen Mittel - vorläufig - von der ASFINAG getragen würden); der Bund verneint sie (es habe sich um keine "voranschlagswirksamen Ausgaben" gehandelt).

c) Der Inhalt der hier maßgebenden Bestimmungen des FAG 1985 und des FAG 1989 ist - ungeachtet dessen, daß der in Rede stehende Satz verschieden lautet - ident. Die Änderung des Wortlautes im FAG 1989 gegenüber dem FAG 1985 ist lediglich formaler Natur und nur darauf zurückzuführen, daß inzwischen (am ) das Bundeshaushaltsgesetz in Kraft getreten ist (vgl. die Erläuterungen zu der das FAG 1989 betreffenden Regierungsvorlage, 766 BlgNR, 17. GP; dort heißt es auf S 17 zum § 1: "Abs2 regelt die Belange der Kostentragung hinsichtlich der Auftragsverwaltung in gleicher Weise wie das FAG 1985.").

Aus dem Wortlaut der Einleitungssätze des § 1 Abs 2 und der Einleitungssätze der Z 2 dieses Absatzes beider Gesetze geht zweifelsfrei die Verpflichtung des Bundes hervor, den Ländern u. a. den Aufwand für jene Projektierungs-, Bauaufsichts-, Bauoberleitungs-, Bauführungs- und Verwaltungsaufgaben zu ersetzen, der damit verbunden ist, daß der zuständige Bundesminister den Landeshauptleuten nach Art 104 Abs 2 B-VG im Bundeshochbau Aufgaben übertragen hat, denen sich die Landeshauptleute nicht entziehen können. Damit steht die grundsätzliche Zahlungspflicht des Bundes in den eben genannten Fällen der Auftragsverwaltung fest.

Fraglich ist daher lediglich, ob im Hinblick darauf, daß die in Rede stehenden Bundeshochbauten von der ASFINAG vorfinanziert wurden, die Anwendbarkeit der vorhin erwähnten Kostenersatzregelungen des FAG 1985 und des FAG 1989 in den vorliegenden Fällen ausgeschlossen ist, weil die Ausgaben weder "voranschlagswirksam" waren, noch "vom Landeshauptmann als anweisendem Organ" (sondern von der ASFINAG) geleistet wurden und auch nicht "von den dem Landeshauptmann unterstellten Behörden getätigt" wurden (vgl. § 1 Abs 2 Z 2 lita FAG 1985 und FAG 1989).

Diese Annahme wäre aber verfehlt:

Die oben zitierten Einleitungssätze der genannten Gesetzesbestimmungen legen - wie soeben dargetan - in den in Rede stehenden Fällen der Auftragsverwaltung die Zahlungspflicht des Bundes fest. Die lita des § 1 Abs 2 Z 2 FAG 1985 und die gleichartige Bestimmung des FAG 1989 regeln lediglich die Höhe und die Berechnung der zu leistenden Pauschalabgeltung; dies abgestellt auf den Normalfall, daß die Baukosten unmittelbar aus Haushaltsmitteln des Bundes getragen werden. Aber auch bei der hier gegebenen Sonderkonstellation - daß die Baukosten vorerst nicht aus Mitteln des Bundesbudgets, sondern aus jenen der ASFINAG finanziert wurden - wird die erwähnte grundsätzliche Pflicht des Bundes zur Leistung der Pauschalabgeltung nicht ausgeschlossen. Vielmehr bestimmt sich deren Höhe nach den analog anzuwendenden Vorschriften der zitierten lita, steht doch die ASFINAG zu 100 % im Eigentum des Bundes (s. ArtII § 1 des ASFINAG-Gesetzes) und hat doch der Bund der ASFINAG die Kosten zu ersetzen (s. ArtVI § 3 iVm ArtII §§10 und 11 leg.cit.). Materiell trägt also - ebenso wie im Normalfall - auch in den vorliegenden Fällen der Vorfinanzierung durch die ASFINAG (letztlich) der Bund die Baukosten. Würden die in Rede stehenden Regelungen in ihrem Zusammenhalt den Ausschluß der grundsätzlich bestehenden Kostenersatzpflicht des Bundes bewirken, so müßte ihnen unterstellt werden, daß sie ein der Umgehung dieser Zahlungspflicht dienendes Verhalten des Bundes erlaubten. Im Zweifel kann ein solcher Gesetzesinhalt aber nicht angenommen werden (vgl. etwa VfSlg. 10933/1986, S 760).

Die auf Bezahlung der Kapitalbeträge gerichteten Klagebegehren sind daher dem Grunde nach berechtigt.

d) Auch die Zinsenbegehren bestehen dem Grunde nach zu Recht. Verzugszinsen sind nämlich auch bei öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen, wenn das Gesetz (wie hier) nichts Gegenteiliges bestimmt, zu entrichten, und zwar ab dem Zeitpunkt des Verzuges (vgl. hiezu die ständige Judikatur des Verfassungsgerichtshofes, zB VfSlg. 28/1919, 8954/1980, 11064/1986, 12887/1991).

e) Die Höhe der eingeklagten Kapitalbeträge wird von der beklagten Partei ausdrücklich außer Streit gestellt (s. jeweils S. 2/oben der vom Bund erstatteten Gegenschriften), die Höhe der begehrten Zinsen wird nicht bestritten.

Den Klagebegehren war sohin vollinhaltlich Folge zu geben.

2. Lediglich die von der klagenden Partei gestellten Kostenbegehren waren abzuweisen; dies allein schon deshalb, weil die klagende Partei nicht durch einen Rechtsanwalt vertreten war und sonstige ersatzfähige Kosten nicht angefallen sind (vgl. VfSlg. 10316/1985, 11510/1987, 12667/1991).

3. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VerfGG ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung getroffen werden.

Fundstelle(n):
XAAAE-07870