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OGH vom 09.05.2018, 13Os30/18p

OGH vom 09.05.2018, 13Os30/18p

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig, Mag. Michel, Dr. Oberressl und Dr. Brenner in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Albu als Schriftführer in der Strafsache gegen Fabricio F***** wegen des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB sowie weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Feldkirch als Geschworenengericht vom , GZ 58 Hv 88/17g-223, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Fabricio F***** aufgrund des Wahrspruchs der Geschworenen der Verbrechen des Mordes nach § 75 StGB (1) und der Brandstiftung nach § 169 Abs 1 StGB (2) sowie der Vergehen des Schwangerschaftsabbruchs ohne Einwilligung der Schwangeren nach § 98 Abs 1 erster Fall StGB (3) und der Störung der Totenruhe nach § 190 Abs 1 StGB (4) schuldig erkannt.

Danach hat er am in F***** (im Sinn des § 7 Abs 1 StGB vorsätzlich [siehe hiezu 13 Os 78/06d, SSt 2004/64; RISJustiz RS0113270 sowie Lässig, WKStPO § 312 Rz 10])

(1) Stefanie N***** getötet, indem er– während sie im Bett lag – sich auf ihren Oberkörper kniete, sie würgte und ihre Atemöffnungen zuhielt,

(2) an einer fremden Sache ohne Einwilligung des Eigentümers eine Feuersbrunst verursacht, indem er im Anschluss an die zu 1 beschriebene Tat in dem im Erdgeschoß liegenden Schlafzimmer des Objekts L***** ein Feuer legte, das sich auf die ErdgeschoßWohneinheit ausbreitete und nur durch den Einsatz einer Vielzahl von Feuerwehrleuten gelöscht werden konnte,

(3) durch die zu 1 beschriebene Tat ohne Einwilligung der Stefanie N***** deren Schwangerschaft abgebrochen sowie

(4) durch die zu 2 beschriebene Tat den Leichnam der Stefanie N***** misshandelt, sodass dieser Verbrennungen und Verkohlungen davontrug.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus Z 5 und 10a des § 345 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten geht fehl.

Entgegen der Verfahrensrüge (Z 5) wies das Erstgericht mehrere Beweisanträge des Beschwerdeführers ohne Verletzung von Verteidigungsrechten ab:

Der Antrag auf „Einholung eines Gutachtens aus dem Bereich der Telekommunikation, IT und Kommunikationstechnologie“ zum Nachweis (zusammengefasst) dafür, dass sich das Mobiltelefon des Beschwerdeführers zur Tatzeit nicht am Tatort befunden habe (ON 222 S 22 f), enthielt kein für die Beurteilung des Tatverdachts bedeutsames Beweisthema (siehe aber § 55 Abs 2 Z 1 StPO), weil der Standort eines Mobiltelefons per se nichts über den Aufenthaltsort seines Eigentümers aussagt.

Der weitere Antrag auf Durchführung eines Lokalaugenscheins, Einholung eines „vermessungstechnischen Gutachtens“ sowie Vernehmung von Dietmar Fe*****, Doris K*****, Barbara W***** und Hans Wi***** als Zeugen (ON 222 S 25 f, 27 f) zielte auf Kontrollbeweisführung hinsichtlich der (für die Beantwortung der Schuldfrage jedenfalls nicht unerheblichen) Aussage der Zeugin Eveline Fi*****, wonach diese von einem Fenster ihrer Wohnung aus beobachtet habe, dass der Beschwerdeführer am zwischen 5:00 Uhr und 6:00 Uhr mit seinem Fahrzeug an seinen (in Liechtenstein gelegenen) Wohnort zurückgekehrt sei (ON 221 S 5ff). Damit war er aber auf eine im Erkenntnisverfahren unzulässige Erkundungsbeweisführung gerichtet, weil er nicht erkennen ließ, weshalb es möglich sein sollte, mehr als zwei Jahre nach dem angesprochenen Geschehen die exakte Position der Zeugin Fi***** und des von ihr nach ihren Angaben beobachteten Fahrzeugs sowie die damals herrschenden Sichtverhältnisse zu rekonstruieren (vgl 14 Os 100/04, SSt 2005/11; RISJustiz RS0118444). Dass die angeführten Zeugen selbst unmittelbare Wahrnehmungen zu dem relevierten Geschehen hätten, wird nicht behauptet.

Die in diesem Zusammenhang auch angesprochenen Lichtbilder wurden ohnedies als Beweismittel zugelassen (ON 222 S 28).

Die Fragen an den Zeugen Julian S***** zu seinen Wohnorten in den Jahren 2014 bis 2016 (ON 195 S 57), zur Vermietung eines Zimmers durch den Beschwerdeführer an diesen Zeugen (ON 159 S 58), zur allfälligen Fähigkeit des Zeugen, ein Fahrzeug mit Schaltgetriebe zu lenken (ON 159 S 59), dazu, wann der Zeuge „nach seiner Operation“ erstmals wieder ein Fahrzeug gelenkt habe (ON 159 S 60), und zu einer allfälligen tätlichen Auseinandersetzung zwischen dem Zeugen und Carmen G***** (ON 159 S 60 f) sowie an die Letztgenannte bezüglich allfälliger „Konflikte“ mit Julian S***** (ON 221 S 51) wurden zu Recht nicht zugelassen, weil auch diese Fragen für die Beurteilung des Tatverdachts ohne Bedeutung waren.

Die hinsichtlich der Frage zur Zimmervermietung an den Zeugen Julian S***** erhobene Beschwerdebehauptung, der Vorsitzende habe insoweit das Herbeiführen einer Senatsentscheidung verweigert, entfernt sich vom ungerügten Protokoll über die Hauptverhandlung (ON 195 S 58). Hinzugefügt sei, dass die allfällige Nichtentscheidung des Schwurgerichtshofs über einen in seine Entscheidungsbefugnis fallenden Antrag unter dem Aspekt der Z 5 des § 345 Abs 1 StPO der Abweisung des in Rede stehenden Antrags gleichkommt (vgl Ratz, WKStPO § 281 Rz 305).

Soweit die Beschwerde mehrfach die Begründung der Beschlussfassung über die Anträge des Beschwerdeführers releviert, genügt der Hinweis, dass diese nicht Gegenstand des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes ist (13 Os 104/06b, SSt 2006/86; RISJustiz RS0121628).

Das die Beweisanträge ergänzende Beschwerdevorbringen hat mit Blick auf das aus dem Wesen des Nichtigkeitsgrundes des § 345 Abs 1 Z 5 StPO resultierende Neuerungsverbot auf sich zu beruhen.

Die Tatsachenrüge (Z 10a) erschöpft sich darin, aus einzelnen in der Hauptverhandlung vorgekommenen Verfahrensergebnissen anhand eigener Beweiswerterwägungen für den Beschwerdeführer günstige Schlüsse abzuleiten und wendet sich damit nach Art einer im geschworenengerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen (§ 344 StPO iVm § 283 Abs 1 StPO) Schuldberufung in unzulässiger Weise gegen die Beweiswürdigung der Geschworenen (§ 325 Abs 1 StPO).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß §§ 285d Abs 1, 344 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Berufung kommt somit dem Oberlandesgericht zu (§§ 285i, 344 StPO).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2018:0130OS00030.18P.0509.000

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