OGH vom 17.05.2017, 13Os30/17m
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden sowie den Hofrat und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig, Dr. Bachner-Foregger, Mag. Michel und Dr. Brenner in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Adamowitsch als Schriftführerin in der Finanzstrafsache gegen Dejan T***** wegen Finanzvergehen des gewerbsmäßigen Schmuggels nach §§ 35 Abs 1 lit a, 38 Abs 1 FinStrG sowie weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom , GZ 12 Hv 73/15p-49, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Dejan T***** (richtig) jeweils mehrerer Finanzvergehen des gewerbsmäßigen Schmuggels nach §§ 35 Abs 1 lit a, 38 Abs 1 FinStrG (I) und der vorsätzlichen Eingriffe in Monopolrechte nach § 44 Abs 1 und § 13 FinStrG (II) schuldig erkannt.
Danach hat er im Zuständigkeitsbereich des Zollamts W***** vom Februar 2012 bis zum und im Juli 2015 in wiederholten Tathandlungen vorsätzlich
(I) gewerbsmäßig eingangsabgabepflichtige Waren vorschriftswidrig in das Zollgebiet der Union verbracht, indem er 1.207.040 Zigaretten, auf die Zoll, Einfuhrumsatzsteuer und Tabaksteuer von insgesamt 213.617,37 Euro entfielen, von Serbien über Ungarn nach Wien transportierte, und
(II) zu seinem oder eines anderen Vorteil (US 7) die in den Vorschriften über das Tabakmonopol enthaltenen Gebote oder Verbote hinsichtlich des Handels mit Monopolgegenständen verletzt und dies versucht (§ 13 FinStrG), indem er die vom Schuldspruch I umfassten Zigaretten, auf die ein Kleinverkaufspreis von 236.987,70 Euro entfiel, teils verkaufte, teils zum Verkauf bereithielt.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen aus Z 4 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten geht fehl.
Entgegen der Verfahrensrüge folgte das Erstgericht dem Antrag auf „Einvernahme des heute nicht erschienenen Zeugen M***** Sladan mittels Videokonferenz und Ladung über die entsprechenden serbischen Behörden“ (ON 48 S 3 iVm ON 40 S 2) schon deswegen zu Recht nicht, weil der Beweisantrag das Beweisthema nicht bezeichnete (§ 55 Abs 1 zweiter Satz StPO).
Hinzugefügt sei, dass das Erstgericht nach den in der Hauptverhandlung vorgekommenen (§ 258 Abs 1 StPO) Verfahrensergebnissen (ON 48 S 3 und 5) ein diesem Antrag entsprechendes Rechtshilfeersuchen an die serbischen Behörden richtete (ON 44), jedoch die Antwort erhielt, dass diese nicht über die Ausstattung zur Durchführung einer Videokonferenz verfügen (ON 46).
Da diesen Verfahrensergebnissen zufolge dem Genannten die Ladung zur Hauptverhandlung von den serbischen Behörden zugestellt wurde (ON 46), er dieser Ladung aber nicht folgte, war überdies – wie das Erstgericht zutreffend erkannte (ON 48 S 3) – mangels Zwangsgewalt gegenüber einem im Ausland wohnhaften Zeugen der Verlesungstatbestand des § 252 Abs 1 Z 1 StPO erfüllt (11 Os 28/90, JBl 1991, 197; RISJustiz RS0075230, zuletzt 15 Os 177/15s).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen.
Mit Blick auf § 290 Abs 1 zweiter Satz StPO sei festgehalten, dass der Beschwerdeführer nach den Urteilskonstatierungen die Tatbestandselemente des § 38 FinStrG sowohl nach alter als auch nach neuer Rechtslage erfüllte (US 7). Hievon ausgehend ist – da der Günstigkeitsvergleich nicht abstrakt, sondern streng fallbezogen vorzunehmen ist (RISJustiz RS0119085 [T1], Lässig in WK² FinStrG § 4 Rz 5) – das zur Zeit der Entscheidung des Gerichts erster Instanz geltende Recht in seiner Gesamtauswirkung für den Angeklagten nicht günstiger als das Tatzeitrecht, aus welchem Grund gemäß § 4 Abs 2 FinStrG eben Letzteres anzuwenden ist (vgl 13 Os 47/16k). Der Umstand, dass das Erstgericht demzuwider ersichtlich Urteilszeitrecht anwendete (siehe insbesondere US 11), wirkt aber nicht zum Nachteil des Angeklagten, aus welchem Grund der aufgezeigte Rechtsfehler unter dem Aspekt amtswegigen Vorgehens auf sich zu beruhen hat.
Die Entscheidung über die Berufungen kommt dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO).
Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
ECLI: | ECLI:AT:OGH0002:2017:0130OS00030.17M.0517.000 |
Schlagworte: | Strafrecht |
Dieses Dokument entstammt dem Rechtsinformationssystem des Bundes.