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OGH vom 15.12.1999, 9ObA248/99g

OGH vom 15.12.1999, 9ObA248/99g

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer und Dr. Hradil sowie die fachkundigen Laienrichter Senatsrat Dr. Kurt Scherzer und Erwin Macho als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Mag. Peter R*****, Betriebswirt, *****, vertreten durch Dr. Gerhard Hiebler, Rechtsanwalt in Leoben, wider die beklagten Parteien 1. Wirtschaftskammer Österreich, Wiedner Hauptstraße 63, 1045 Wien, 2. Dkfm. Günther R*****, Handelsdelegierter, ebendort, beide vertreten durch Dr. Manfred Dimmy, Rechtsanwalt in Stockerau, wegen S 749.492 brutto sA, über die Revision (Revisionsinteresse S 449.300) der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 8 Ra 25/99d-35, womit infolge Berufungen der klagenden Partei und der beklagten Parteien das Urteil des Landesgerichtes Leoben als Arbeits- und Sozialgericht vom , GZ 23 Cga 205/96f-28, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit S 21.829,50 (darin S 3.638,25 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Wesentlicher Verfahrensgegenstand ist die Frage, ob das zwischen dem Zweitbeklagten, welcher als Handelsdelegierter selbst Angestellter der Erstbeklagten ist, als Arbeitgeber und dem Kläger als Arbeitnehmer begründete Dienstverhältnis in Wirklichkeit als mit der Erstbeklagten abgeschlossen gilt, sodass das vorangegangene, ein Jahr währende Dienstverhältnis des Klägers zur Erstbeklagten zwecks Ermittlung des Abfertigungsanspruchs in die Dauer des Dienstverhältnisses, welches durch Kündigung seitens des Dienstgebers endete, einzubeziehen ist. Darüberhinaus bestehen Auffassungsdifferenzen über die Vereinbarung diverser Zulagen.

Das Berufungsgericht hat die Hauptfrage zutreffend dahin beantwortet, dass zuletzt ein Arbeitsverhältnis lediglich zwischen dem Kläger als Arbeitnehmer einerseits und dem Zweitbeklagten als Arbeitgeber andererseits bestanden hat. Es reicht daher insofern aus, auf die Richtigkeit der eingehenden Begründung der angefochtenen Entscheidung hinzuweisen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Ergänzend ist den Ausführungen des Revisionswerbers entgegenzuhalten:

Nach ständiger Rechtsprechung (zuletzt DRdA 1997/15; infas 1998 A 103, 117 uva) kann der Begriff des Arbeitgebers im Bereich des Arbeitsrechtes nicht einheitlich beurteilt werden, sondern hängt von unterschiedlichen Kriterien ab, insbesondere auch davon, wer nach vertragsrechtlicher Beurteilung des gesamten Sachverhaltes als Arbeitgeber anzusehen ist. Es kommt bei der Beurteilung des Verhaltens der Vertragspartner im Sinne der Vertrauenstheorie darauf an, ob der Arbeitnehmer aus der Sicht eines redlichen Erklärungsempfängers im maßgeblichen Zeitpunkt des Vertragsabschlusses objektiv gesehen darauf vertrauen durfte, dass der Erklärende im eigenen Namen als Arbeitgeber oder als Vertreter für einen bestimmten Arbeitgeber aufgetreten ist (DRdA 1997/15 mwN; DRdA 1997/51; infas 1998 A 103, 117).

Nach den für den Obersten Gerichtshof bindenden Feststellungen der Vorinstanzen hat der Kläger zunächst sein zur Erstbeklagten bestehendes Dienstverhältnis durch schriftliche Erklärung einvernehmlich aufgelöst. Der für die Auslandstätigkeit des Klägers maßgebliche Dienstvertrag wurde ebenfalls in schriftlicher Form errichtet, als Arbeitgeber scheint der Zweitbeklagte, als Arbeitnehmer der Kläger auf; ausdrücklich wurde weiters festgehalten, dass damit "kein Dienstverhältnis" zur Erstbeklagten begründet würde. Nehmen mehrere Personen Arbeitgeberfunktionen wahr, ist aus der Wahrnehmung von Einzelpflichten nach den Grundsätzen eines beweglichen Systems auf die mögliche Arbeitgeberstellung im Sinne des Arbeitsvertragsrechtes zu schließen. Darauf, ob dem Arbeitgeber auch der Betrieb bzw das Unternehmen gehört, in dem der Arbeitnehmer beschäftigt ist, kommt es ebensowenig an, wie darauf, wer letztlich das Arbeitsentgelt entrichtet (DRdA 1994, 402 [Kürner] = Arb 11.124 mwN). Wenngleich der Zweitbeklagte im vorliegenden Fall auf Grund interner Bindungen an die Zustimmung der Erstbeklagten gebunden war und sich in der inhaltlichen Ausgestaltung von ihm abgeschlossener Dienstverträge an Richtlinien der Erstbeklagten zu halten hatte, ändert dies nichts an seiner im Außenverhältnis unbeschränkten Möglichkeit, als Arbeitgeber Verträge im eigenen Namen abzuschließen, wenngleich die wirtschaftlichen Vorteile daraus der Erstbeklagten zu Gute kommen.

Ein Scheingeschäft liegt schon deshalb nicht vor, weil aus den Feststellungen nicht der Schluss gezogen werden kann, dass das zwischen den Parteien, nämlich dem Kläger als Arbeitnehmer einerseits und dem Zweitbeklagten als Arbeitgeber andererseits, abgeschlossene Geschäft nicht gewollt gewesen ist (JBl 1991, 381 uva).

Umgehungsgeschäfte wiederum sind nicht an sich unzulässig und daher (teil-)nichtig, sondern unterliegen vielmehr in Bezug auf Gesetz- und Sittenwidrigkeit der Inhaltskontrolle des § 879 ABGB (Binder in Schwimann ABGB2 Rz 20 zu § 916 ABGB). Die Verwirklichung eines Umgehungsgeschäftes erfolgt nicht um des zu Tage tretenden Geschäftes willen, sondern zwecks Sicherstellung des wirtschaftlichen Erfolges eines anderen, aus Verbotsgründen oder Zweckmäßigkeitsüberlegungen nicht abschließbaren Geschäfts (Binder aaO). Im vorliegenden Fall ist nicht hervorgekommen, dass mit dem zwischen Zweitbeklagtem und Kläger abgeschlossenen Arbeitsvertrag (arbeitsrechtliche) Normen umgangen werden sollten, die bei einem Arbeitsverhältnis zur Erstbeklagten Anwendung finden würden. Was die für die Ermittlung des Abfertigungsanspruches wesentliche Beschäftigungsdauer anlangt, geben die Feststellungen keinen Anlass zur Annahme, dass ein in Wahrheit als einheitlich zu beurteilendes Arbeitsverhältnis "geteilt" worden wäre, um Ansprüche des Klägers zu schmälern.

Somit fehlt es an einer Rechtsgrundlage sowohl für eine Inanspruchnahme der erstbeklagten Partei als auch für das Begehren eines weiteren Monatsentgelts an Abfertigung gegen den Zweitbeklagten.

Das Berufungsgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass es sowohl für den Ersatz für 17 Reisetage als auch für die Zuerkennung einer Übersiedlungspauschale keine Rechtsgrundlage gibt, weil das vom Kläger ins Treffen geführte "Handbuch" nicht zum Gegenstand des Arbeitsvertrages geworden ist.

Die Kostenentscheidung ist in den §§ 41, 50 Abs 1 ZPO begründet.