VfGH vom 10.06.2003, a143/02
Sammlungsnummer
16857
Leitsatz
Stattgabe eines Zinsbegehrens infolge Verzuges der beklagten Partei bei der Rückzahlung nach dem Bankwesengesetz vorgeschriebener Pönalezinsen nach Aufhebung des zugrundeliegenden Bescheides durch den Verwaltungsgerichtshof
Spruch
Der Bund (Bundesminister für Finanzen) ist schuldig, der klagenden Partei zu Handen ihres Rechtsvertreters 4 % Zinsen aus € 165.775,46 vom bis sowie die mit € 3.147,51 bestimmten Verfahrenskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Mit der am eingebrachten, auf Art 137 B-VG gestützten Klage begehrt die klagende Partei vom beklagten Bund die Zahlung von € 165.775,46 samt 4 % Zinsen seit sowie den Ersatz der Verfahrenskosten.
Begründend führt die klagende Partei aus, daß ihrer Rechtsvorgängerin mit Bescheid des Bundesministers für Finanzen vom die Zahlung von Pönalezinsen gemäß § 97 Abs 1 Z 6 Bankwesengesetz iHv S 2,281.120,-- (€ 165.775,46) vorgeschrieben worden sei. Dieser Betrag sei am auf das Konto des Bundesministeriums für Finanzen einbezahlt worden.
Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 99/17/0136, zugestellt am , sei der oben bezeichnete Bescheid aufgehoben worden, womit der Rechtsgrund für die Vermögensverschiebung weggefallen sei.
Der Rechtsvertreter der klagenden Partei habe mit Schreiben vom den Bund (Bundesminister für Finanzen) aufgefordert, den bezahlten Betrag innerhalb einer Frist von 14 Tagen rückzuüberweisen. Auf Empfehlung des Bundesministers für Finanzen sei diese Aufforderung auch (am ) an die Finanzmarktaufsichtsbehörde übermittelt worden.
2. Mit am beim Verfassungsgerichtshof eingelangten Schriftsatz schränkte die klagende Partei ihr Klagebegehren auf die Zahlung der Zinsen von 4 % aus € 165.775,46 vom 13. November bis sowie auf Ersatz der Verfahrenskosten ein, weil sie von der beklagten Partei mit einen Betrag von € 165.775,46 im Überweisungsweg erhalten habe.
3. Die beklagte Partei - vertreten durch den Bundesminister für Finanzen - erstattete eine Gegenschrift, in der der Antrag gestellt wird, die Klage zur Gänze als unbegründet abzuweisen. Begründend führt sie im wesentlichen aus, daß das Rückzahlungsbegehren - im Hinblick auf die Komplexität des Sachverhaltes und die Höhe des Betrages - innerhalb eines angemessenen Zeitraumes erledigt worden sei. Die klagende Partei habe idente Rückzahlungsbegehren sowohl an den Bundesminister für Finanzen als auch an die Finanzmarktaufsichtsbehörde gestellt, was die Durchführung einer Zuständigkeitsprüfung impliziert habe. Überdies sei die Anspruchsberechtigung der klagenden Partei zu prüfen gewesen, wozu die Mitwirkung der Finanzmarktaufsichtsbehörde notwendig gewesen sei, was nicht innerhalb der von der klagenden Partei gesetzten Zahlungsfrist von 14 Tagen möglich gewesen sei. Unmittelbar nach Vorliegen des Prüfungsergebnisses sei jedoch die Rückzahlung veranlaßt worden.
4. Die klagende Partei erstattete mit Schreiben vom eine Äußerung, in der sie das Vorbringen der beklagten Partei - im wesentlichen - bestreitet. Schon aus dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 99/17/0136, ergebe sich die Anspruchsberechtigung der klagenden Partei sowie die Tatsache, daß der Bundesminister für Finanzen zur Rückzahlung zuständig gewesen sei. Überdies habe die beklagte Partei selbst veranlaßt, daß sich die klagende Partei an die Finanzmarktaufsichtsbehörde gewandt habe. Die Zahlungsfrist von 14 Tagen sei angemessen gewesen; die beklagte Partei habe es auch verabsäumt, um eine Verlängerung der Zahlungsfrist zu ersuchen.
II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die Klage erwogen:
1. Die Klage ist zulässig.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ist seine Zuständigkeit gemäß Art 137 B-VG zur Entscheidung über den Anspruch auf Rückerstattung eines bezahlten Strafbetrages (bzw. Verfahrenskosten) gegeben, wenn das zugrundeliegende Straferkenntnis - als Rechtstitel der Zahlung - durch Aufhebung weggefallen ist, etwa durch Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das hg. Erkenntnis vom , A7/02 mwN).
Diese Judikatur ist - sinngemäß - auch auf den vorliegenden Fall anzuwenden. Der klagenden Partei wurden gemäß § 97 Abs 1 Z 6 Bankwesengesetz Zinsen bescheidmäßig vorgeschrieben, die sie bezahlt hat. Der zugrundeliegende Bescheid wurde in der Folge vom Verwaltungsgerichtshof aufgehoben, womit der Rechtstitel der Zahlung weggefallen ist. Der Anspruch auf Rückerstattung des gezahlten Betrages ist weder im ordentlichen Rechtsweg auszutragen noch durch Bescheid einer Verwaltungsbehörde zu erledigen, weil keine gesetzliche Bestimmung besteht, die in einem solchen Fall eine Verwaltungsbehörde zur Entscheidung beruft.
Dies trifft auch für das hier gestellte Begehren auf Verzugszinsen zu, weil diese Annex eines mit Klage nach Art 137 B-VG geltend gemachten vermögensrechtlichen Anspruches sind (vgl. das oben erwähnte Erkenntnis A7/02 mwN).
2. Das - eingeschränkte - Klagebegehren ist auch berechtigt.
2.1. Wenn das Gesetz - wie hier - nichts Gegenteiliges bestimmt, sind auch bei öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen Verzugszinsen zu entrichten, und zwar ab dem Zeitpunkt des Verzuges (vgl. VfSlg. 12.197/1989 mwN, sowie das hg. Erkenntnis vom , A7/02). Nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes tritt der Verzug nicht bereits mit der Zustellung des aufhebenden Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes, sondern erst ab dem Begehren des im verwaltungsgerichtlichen Verfahren obsiegenden Beschwerdeführers auf Refundierung ein (vgl. VfSlg. 10.496/1985 mwN).
Unbestritten ist, daß die klagende Partei den - für die Rückzahlung zuständigen - Bundesminister für Finanzen mit (per Fax übermitteltem) Schreiben vom aufgefordert hat, den Betrag von € 165.775,46 innerhalb einer Frist von 14 Tagen rückzuüberweisen. Diese Frist ist auch - entgegen dem Vorbringen der beklagten Partei - angemessen.
2.2. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem - die klagende Partei betreffenden - Erkenntnis ausdrücklich festgestellt, daß die klagende Partei Rechtsnachfolgerin jener Bank sei, der die Zahlung der Zinsen mit Bescheid vorgeschrieben worden sei. Der Verfassungsgerichtshof vermag daher nicht zu erkennen, weshalb die Prüfung der Anspruchsberechtigung der klagenden Partei nicht innerhalb der 14-tägigen Frist abgeschlossen werden konnte.
Die beklagte Partei bringt auch vor, daß durch das Vorliegen zweier identer Rückzahlungsbegehren - adressiert an den Bundesminister für Finanzen sowie die Finanzmarktaufsichtsbehörde - eine Zuständigkeitsprüfung dieser Behörden notwendig geworden sei. Das Vorbringen der klagenden Partei, wonach der Bundesminister für Finanzen selbst die klagende Partei angewiesen habe, die Aufforderung auch an die Finanzmarktaufsichtsbehörde zu senden - dieser Vermerk ist auf der von der klagenden Partei vorgelegten Kopie zu sehen -, blieb unbestritten. Die beklagte Partei kann sich nicht auf durch sie selbst verursachte, die Prüfung der Rückzahlung möglicherweise erschwerende Umstände berufen, zumal die zugrundeliegende Zuständigkeitsfrage in der Zeit seit der Zustellung des aufhebenden Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes hätte geklärt werden können.
Ein Verzug lag daher nach Ablauf der für die Rückzahlung gesetzten Frist, somit ab vor.
3. Das Zinsbegehren ist daher im Umfang von 4 % aus € 165.775,46 vom bis berechtigt.
4. Die der klagenden Partei zustehenden Verfahrenskosten waren gemäß § 41 iVm § 35 VfGG und § 41 Abs 2 ZPO anhand des Rechtsanwaltstarifes auszumessen. Für die Abfassung der Klage steht der klagenden Partei bei einem Streitwert von € 165.775,46 der einfache Betrag der TP3 C iHv € 1.169,05 zu. Die Klagseinschränkung ist als kurzer Schriftsatz im Sinn der TP1 zu qualifizieren, wofür der klagenden Partei der Betrag von € 84,84 zusteht. Die Replik der klagenden Partei war zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung ebenfalls notwendig und ist nach TP2 zu bewerten; der klagenden Partei steht dafür ein Betrag von € 394,72 zu. In den zugesprochenen Kosten sind weiters 50 % Einheitssatz, die Eingabegebühr iHv € 180,-- und Umsatzsteuer iHv € 494,59 enthalten.
Die von der klagenden Partei zusätzlich verzeichneten Kosten iHv insgesamt € 718,51 waren nicht zuzusprechen, da der Einheitssatz für die Klage 50 % gemäß § 23 Abs 3 RATG beträgt und die Klagseinschränkung bzw. die Äußerung bei einer Bemessungsgrundlage von € 165.775,46 nach TP1 bzw. TP2 auszumessen ist. Überdies ist die - offensichtlich im geltend gemachten Pauschalsatz von € 181,-- enthaltene - Erlagscheingebühr von € 1,-- bereits mit dem Pauschalsatz abgegolten.
5. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 Z 2 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
Fundstelle(n):
VAAAE-07755