TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
VfGH vom 07.06.2010, A14/09

VfGH vom 07.06.2010, A14/09

19051

Leitsatz

Abweisung einer Klage gegen das Land Steiermark auf Rückerstattung eines im Rahmen der mittelbaren Bundesverwaltung als Sicherheitsleistung eingehobenen Betrages mangels Passivlegitimation

Spruch

Die Klage wird abgewiesen.

Kosten werden nicht zugesprochen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Mit der auf Art 137 B-VG gestützten, gegen das Land

Steiermark gerichteten Klage begehrte die klagende Partei zunächst, der Verfassungsgerichtshof möge die beklagte Partei schuldig erkennen,

"der klagenden Partei den Betrag von € 1.450,-- samt 4 % Zinsen ab sowie die Kosten des Rechtsstreites binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu Handen der Klagsvertreter zu bezahlen."

Die klagende Partei brachte vor, von der Bezirkshauptmannschaft Judenburg sei von einem ihrer Kraftfahrer eine vorläufige Sicherheit gemäß § 37a Abs 2 Z 2 VStG in der Höhe von € 1.450,-- gegen Bestätigung eingehoben worden. Von der klagenden Partei sei die Rückerstattung des als Sicherheitsleistung eingehobenen Betrages beantragt und urgiert worden. Eine Rückzahlung sei trotz gesetzter Frist nicht erfolgt. Der Rechtstitel, auf den sich die beklagte Partei bei der Einhebung stützte, sei schon von Anfang an nicht gegeben gewesen, da gegenüber Zypern das EU-VStVG gelte und damit Entscheidungen auch in Zypern vollstreckt werden könnten. Darüber hinaus sei die Einhebung mit der Namhaftmachung eines Zustellbevollmächtigten in Österreich unzulässig geworden und auch nicht der Verfall gemäß § 37a Abs 5 iVm § 37 Abs 5 VStG ausgesprochen worden. Die beklagte Partei sei daher zu Unrecht bereichert und zur Rückzahlung verpflichtet.

2. Das Land Steiermark erstattete eine Gegenschrift, in der es die Abweisung der Klage wegen mangelnder Passivlegitimation des Landes Steiermark bei den gesetzlichen Kostenfolgen beantragt.

Die vorläufige Sicherheit sei wegen der Übertretung einer Bestimmung des Güterbeförderungsgesetzes eingehoben worden. Das Güterbeförderungsgesetz sei in Gesetzgebung und Vollziehung Bundesangelegenheit. Da die der Bezirkshauptmannschaft Judenburg zuzurechnende Einhebung der vorläufigen Sicherheit somit als Einhebung zur Sicherung eines Verwaltungsstrafverfahrens im Bundesvollziehungsbereich anzusehen sei, wäre die Klage gegen den Bund zu richten gewesen.

Weiters wies das Land Steiermark darauf hin, dass die Bezirkshauptmannschaft Judenburg mittlerweile, nämlich am , die vorläufige Sicherheit rückerstattet habe.

3. Die klagende Partei erstattete eine Replik, in der sie folgende Klagseinschränkung vornahm:

"Nach Klagseinbringung, konkret am , hat die beklagte Partei der klagenden Partei und zu Handen des Klagsvertreters die eingehobene Sicherheitsleistung rückerstattet.

...

Aus diesem Grunde schränkt die klagende Partei ihr Begehren auf Zinsen und Kosten ein und beantragt die Fällung nachstehenden

URTEILS:

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei 4 % Zinsen aus € 1.450,-- vom bis sowie die Kosten des Rechtsstreites binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu Handen des Klagsvertreters zu zahlen."

II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die Klage ist zulässig.

Es ist nicht zweifelhaft, dass der gegen die beklagte Gebietskörperschaft geltend gemachte vermögensrechtliche Anspruch seine Rechtsgrundlage im öffentlichen Recht hat und dass keine gesetzliche Regelung besteht, der zufolge eine Streitigkeit über einen derartigen Anspruch durch Bescheid einer Verwaltungsbehörde zu erledigen wäre (vgl. auch VfSlg. 10.533/1985, 10.967/1986). Die Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes gemäß Art 137 B-VG ist daher gegeben. Da auch die übrigen Prozessvoraussetzungen vorliegen, ist die Klage zulässig.

2. Das - nach Rückzahlung der Sicherheitsleistung auf Zinsen und Kostenersatz eingeschränkte - Klagebegehren ist aber nicht gerechtfertigt.

Die Festsetzung und Einhebung einer vorläufigen Sicherheitsleistung nach § 37a VStG dient der Sicherung der Durchführung eines Strafverfahrens bzw. des Vollzugs einer verhängten Strafe (vgl. auch ). Die Verpflichtung zur Rückerstattung einer vorläufigen Sicherheitsleistung trifft daher wie die Rückerstattung eines geleisteten Verwaltungsstrafbetrags (vgl. die einschlägige ständige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs: VfSlg. 5079/1965, 10.006/1984, 10.497/1985, 12.198/1989) jene Gebietskörperschaft, in deren Vollziehungsbereich die Behörde tätig wird.

Die vorläufige Sicherheit wurde wegen eines Verstoßes gegen Bestimmungen nach dem Güterbeförderungsgesetz eingehoben, dessen Ahndung dem Kompetenzbereich "Angelegenheiten des Gewerbes" zuzuordnen ist, der in die Vollziehung des Bundes fällt (Art10 Abs 1 Z 8 B-VG). Die Bezirkshauptmannschaft Judenburg ist daher in mittelbarer Bundesverwaltung tätig geworden. Da folglich der Rückzahlungsanspruch gegenüber dem Bund entstand, kommt der Einrede der mangelnden Passivlegitimation des beklagten Landes Berechtigung zu. Die Klage war daher abzuweisen.

3. Das von der beklagten Partei geltend gemachte Kostenbegehren war abzuweisen, weil die beklagte Partei nicht durch einen Rechtsanwalt vertreten war; eine sinngemäße Anwendung des Rechtsanwaltstarifes für eine unvertretene Partei sieht das Gesetz nicht vor (vgl. VfSlg. 11.589/1987, 11.613/1988).

4. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 Z 2 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.