TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
OGH vom 20.01.2012, 8ObA93/11a

OGH vom 20.01.2012, 8ObA93/11a

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Spenling als Vorsitzenden und den Hofrat Hon. Prof. Dr. Kuras sowie die Hofrätin Dr. Tarmann Prentner sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Andreas Mörk und Mag. Herbert Böhm als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Fadime J*****, gegen die beklagte Partei S*****, vertreten durch Dr. Johann Gelbmann, Rechtsanwalt in Wien, wegen 15.271,58 EUR brutto zuzüglich 2.000 EUR netto sA und Feststellung, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen vom , GZ 9 Ra 129/11y 17, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Der Oberste Gerichtshof hat bereits ausgesprochen, dass auch ein nur mündlich gestelltes Teilzeitbeschäftigungsbegehren einer Arbeitnehmerin zum Kündigungsschutz im Sinne des Mutterschutzgesetzes führen kann, wenn sich der Arbeitgeber auf Verhandlungen über dieses Begehren einlässt, es letztlich zu einer Vereinbarung über die Teilzeit kommt und am objektiven Erklärungswillen, eine Teilzeitbeschäftigung nach den Bestimmungen des Mutterschutzgesetzes zu vereinbaren, kein ernster Zweifel bestehen kann (RIS Justiz RS0123841). Davon abzugehen besteht kein Anlass.

Ob nun angesichts der nach dem jeweiligen Empfängerhorizont zu messenden Erklärungen bei objektiver Beurteilung ein redlicher und verständiger Erklärungsempfänger unter Berücksichtigung der konkreten Umstände (vgl dazu RIS Justiz RS0113932) davon ausgehen konnte, dass eine Teilzeitbeschäftigung nach den Bestimmungen des Mutterschutzgesetzes vereinbart werden sollte, kann naturgemäß nur anhand des jeweiligen konkreten Einzelfalls beurteilt werden. Dies stellt regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO dar (vgl etwa Kodek in Rechberger ZPO 3 § 502 Rz 26 mwN).

Eine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung des Berufungsgerichts vermag die Beklagte nicht darzustellen. Die Klägerin hatte bereits nach der Geburt des ersten Kindes im Zusammenhang mit der Kinderbetreuung über ihren Wunsch Teilzeit vereinbart. Auch nach der Geburt des zweiten Kindes vereinbarte die Klägerin unmittelbar im Anschluss an die Karenz wieder Teilzeit und es war nach den Feststellungen auch der Geschäftsführerin der Beklagten klar, dass dieser Wunsch mit der Kinderbetreuung zusammenhängt. Ausgehend davon kann in der Beurteilung des Berufungsgerichts, dass eine Teilzeitbeschäftigung nach den Bestimmungen des Mutterschutzgesetzes vereinbart werden sollte, keine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung gesehen werden.

Soweit die Beklagte releviert, dass es bei den Bestimmungen der §§ 15j und 15k MSchG und dem darin vorgesehenen Schriftlichkeitsgebot auch darum gehe, den Arbeitgeber vor überzogenen Forderungen einer Arbeitnehmerin zu schützen, ist darauf zu verweisen, dass der Oberste Gerichtshof seine Ausführungen ja auf Fälle beschränkt hat, in denen es zu einem Einvernehmen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmerin gekommen ist und damit eine Durchsetzung iSd §§ 15k und 15l MSchG gar nicht schlagend wurde.

Konkrete andere Motive für die Vereinbarung der Teilzeitbeschäftigung wurden nicht festgestellt, sodass sich auch die von der Beklagten relevierte Frage, ob der Kinderbetreuungswunsch „überwiegendes Motiv“ für die Teilzeitbeschäftigung gewesen sei, gar nicht stellt.

Die Frage, welches Vorbringen konkret erstattet wurde, kann naturgemäß ebenfalls nur anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls beurteilt werden. Hier ist bereits das Erstgericht davon ausgegangen, dass die in der mündlichen Verhandlung erörterte Aufstellung zur Aufgliederung der Ansprüche, zu deren Richtigkeit sich die Beklagte auch erklärt hat, als ausreichende Erstattung eines Vorbringens zu werten ist. Wie die Beklagte selbst erkennt, handelt es sich bei dieser Frage um eine allfällige Mangelhaftigkeit des erstgerichtlichen Verfahrens, die vom Berufungsgericht verneint wurde, sodass eine neuerliche Geltendmachung in der Revision nicht mehr zulässig ist (RIS Justiz RS0043111).

Auch im Zusammenhang mit der Wertung des Berufungsgerichts, dass die Beklagte kein ausreichendes Vorbringen dazu erstattet hat, dass die Klägerin „absichtlich“ einen anderen konkreten Erwerb versäumt hätte, vermag die Beklagte keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO darzustellen.

Eine neuerliche Überprüfung der Beweiswürdigung des Erstgerichts kommt ebenfalls nicht in Betracht (RIS Justiz RS0007236 mwN).