VfGH vom 30.11.2009, a12/09
Sammlungsnummer
18911
Leitsatz
Abweisung einer Staatshaftungsklage auf Feststellung der Haftung des Bundes für dem Kläger entstandene Schäden durch Entscheidungen des OGH in einem Scheidungsverfahren mangels (Darlegung) eines qualifizierten Verstoßes gegen Gemeinschaftsrecht; mündliche Verhandlung vor dem Verfassungsgerichtshof nicht geboten
Spruch
I.1. Das Klagebegehren, der Verfassungsgerichthof möge im Rechtsverhältnis zwischen der klagenden Partei und der beklagten Partei "feststellen, dass die beklagte Partei dem Kläger aufgrund der Fehlentscheidungen des Obersten Gerichtshofes vom , Zahl 9 Ob 46/09v, in Verbindung mit der Entscheidung vom , Zahl 9 Ob 324/98g, für alle dem Kläger entstandenen Rechtsnachteile und Schäden haftet", wird abgewiesen.
2. Die klagende Partei ist schuldig, dem Bund die mit € 1.475,20 bestimmten Kosten des Verfahrens binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.
II. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. In seiner Klage gemäß Art 137 B-VG wendet sich der Kläger
gegen die Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes vom , 9 Ob 46/09v, und vom , 9 Ob 324/98g, und begehrt aus dem Titel der Staatshaftung die im Spruch genannte Feststellung.
2. Der Klage liegt folgender (unbestrittener) Sachverhalt zu Grunde:
Die Ehe des Klägers wurde infolge einer von diesem eingebrachten Ehescheidungsklage mit Urteil des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien (im Folgenden: BG Innere Stadt Wien) vom zu Z 5 C42/96h aus Verschulden beider Streitteile geschieden, wobei das überwiegende Verschulden des Klägers ausgesprochen wurde.
Infolge Berufung des Klägers änderte das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien (im Folgenden: LG ZRS Wien) mit Urteil vom , Z 44 R 606/98p, das Urteil hinsichtlich des Verschuldensausspruches dahingehend ab, dass beide Streitteile gleichteiliges Verschulden treffe.
Der Oberste Gerichtshof (im Folgenden: OGH) hob das Berufungsurteil aufgrund eines Rechtsmittels mit Entscheidung vom , Z 9 Ob 324/98g, auf und stellte das Urteil des Erstgerichtes wieder her.
Bereits in den Jahren 2001 und 2005 sowie Anfang des Jahres 2007 brachte der Kläger beim BG Innere Stadt Wien Wiederaufnahmsklagen hinsichtlich des Scheidungsverfahrens ein, welche jeweils mit Beschluss rechtskräftig zurückgewiesen wurden.
Am brachte der Kläger neuerlich eine Wiederaufnahmsklage zu Z 5 C71/07t ein, welche vom BG Innere Stadt Wien mit Beschluss vom wegen Versäumung der 4-Wochen-Frist des § 534 Abs 2 Z 4 ZPO zurückgewiesen wurde.
Dem dagegen erhobenen Rekurs gab das LG ZRS Wien keine Folge und bestätigte den angefochtenen "Beschluss" als Urteil mit der Maßgabe, dass die Wiederaufnahmsklage nicht zurück-, sondern abgewiesen werde.
Mit Beschluss vom , Z 9 Ob 46/09v, wies der OGH die dagegen erhobene außerordentliche Revision mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurück.
3. Zur Begründung der Klage trifft der Kläger zunächst allgemeine Ausführungen zur Staatshaftung, gibt den Sachverhalt wieder und führt zur Klagslegitimation aus wie folgt:
"Die Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes ist nach Art 137 B-VG gegeben, weil weder die ordentlichen Gerichte zuständig sind, noch der Verwaltungsweg vorgesehen ist.
Nach den Bestimmungen des Amtshaftungsgesetzes (AHG) kann auch kein Amtshaftungsprozess nach den Bestimmungen des allgemeinen Zivilrechtes geführt werden.
Es verbleibt somit nach herrschender Judikatur und Lehre die Klage nach Art 137 B-VG."
Dem OGH seien in seiner Entscheidung vom schwere Fehler unterlaufen. Der OGH habe sich auf Formalismen zurückgezogen, ohne sich mit den Fakten sowie mit der Sach- und Rechtslage inhaltlich auseinanderzusetzen. Es würden schwere Verfahrensfehler vorliegen, wobei sowohl der OGH als auch bereits die Unterinstanzen das Gemeinschaftsrecht in mehreren Punkten empfindlich verletzt hätten.
Zur behaupteten Verletzung des Gemeinschaftsrechts führt der Kläger wörtlich aus:
"Der OGH hat in seiner Entscheidung vom (9 Ob 46/09v) das Gemeinschaftsrecht in folgenden Punkten verletzt:
1.) Alle österreichischen Gerichte einschließlich des Verwaltungs- und Verfassungsgerichtshofes sind für Fragen der Geltung und Auslegung des Gemeinschaftsrechtes an die Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes gebunden (Vergleiche insbesondere Art 177 EGV, nachdem alle österreichischen Gerichte berechtigt sind, dem EuGH in einem bei ihnen anhängigen Verfahren eine europarechtliche Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen; Höchstgerichte sind zur Vorlage verpflichtet!)
Bekanntlich gibt es die Charta der Grundrechte der Europäischen Union. (3000/C364/01, veröffentlich in Abl 2000 C 364,1).
Unter Kapitel VI. werden Justizielle Rechte normiert.
So ordnet Art 47 an: Das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf und ein unparteiisches Gericht.
Jede Person, deren durch das Recht der Union garantierte Rechte oder Freiheiten verletzt worden sind, hat das Recht, nach Maßgabe der in diesem Artikel vorgesehenen Bedingungen bei einem Gericht einen wirksamen Rechtsbehelf einzulegen.
Jede Person hat ein Recht darauf, dass ihre Sache von einem unabhängigen, unparteiischen und zuvor durch Gesetz errichteten Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist, verhandelt wird.
Durch die angeführte OGH-Entscheidung wurde Art 47 der EU-Grundrechte verletzt.
In dem Verfahren 5 C71/07t, BG Innere Stadt Wien wurden in allen drei Instanzen die Grundsätze des Art 47 Grundrechte verletzt.
2.) Sämtliche Beweisanträge des Klägers wurden in diesem Verfahren missachtet. Sämtliche vom Kläger begehrten Zeugen wurden vor dem Gericht nicht gehört.
Insbesondere wurde auch die Beklagte E. K. nicht gehört. Frau E. K. ist im gesamten Wiederaufnahmsverfahren nicht vor Gericht erschienen. Frau E. K. wurde nie zu dem Vorbringen und zu den Anschuldigungen des Klägers Dipl. Ing. Dr. R. K. vernommen und damit unmittelbar konfrontiert.
Dem Kläger wurde die Möglichkeit genommen, sein Vorbringen unter Beweis zu stellen.
Der Kläger wurde in seinen Rechten, dass seine Rechtssache von einem unabhängigen Gericht in einem fairen Verfahren abgehandelt wird, massiv verletzt.
3.) Auch aus der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten, EMRK, Art 6, Recht auf ein faires Verfahren, ergibt sich zwingend,
dass jedermann darauf Anspruch hat, dass seine Sache in billiger Weise öffentlich und innerhalb einer angemessenen Frist von einem unabhängigen und unparteiischen Gericht gehört wird.
Dies wurde dem Kläger in dem angeführten Verfahren seiner Wiederaufnahmsklage verweigert.
4.) Da die nationalen Gerichte der Mitgliedstaaten die Verpflichtung haben, die volle Wirksamkeit des Gemeinschaftsrechtes zu sichern und einen effektiven Schutz der Rechte des Einzelnen zu gewährleisten, ist es daher weitere Aufgabe der nationalen Gerichte - unter Beachtung der dargestellten Rechtssätze des EuGH - über Schadenersatzbegehren aus dem Titel der Staatshaftung zu entscheiden.
(; Vergleiche VRBA, Amtshaftung-Staatshaftung, Kapitel 1.4.8)
Für solche Klagen, mit denen gemeinschaftsrechtliche Staatshaftungsansprüche aus behaupteten gemeinschaftsrechtswidrigen Entscheidungen der in § 2 Abs 3 AHG aufgezählte Höchstgerichte (also des OGH, des VwGH und des VfGH selbst) geltend gemacht werden, besteht die Zuständigkeit des VfGH nach Art 137 B-VG. ().
Auch dann wenn der die Haftung auslösende Akt unmittelbar dem Gesetzgeber zuzuordnen ist, jedoch der behauptete Schaden an ein gerichtliches Handeln anknüpft, bleibt es bei der Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte, auch für eine gemeinschaftsrechtliche Staatshaftung. ().
Staatshaftungansprüche beinhalten insbesondere die Haftung eines Mitgliedstaates für den beim Einzelnen entstandenen Schaden bei Verstössen von staatlichen Organen gegen unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht.
Dieser Ersatzanspruch hat seine Grundlage darin, dass unmittelbar anwendbare Normen des Gemeinschaftsrechtes Vorrang vor den nationalen Normen der Mitgliedstaaten haben. ( El Corte Ingles SA).
Nach ständiger Rechtssprechung des OGH schaffen die Entscheidungen des EuGH objektives Recht. ().
Es folgt, dass insbesondere auch die nationalen Organe der Vollziehung (insbesondere auch die Gerichtsbarkeit) in Form von Gesetzen, Verordnungen und individuellen Vollzugsakten Verstösse gegen unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht setzen können, und somit zur Staatshaftung führen. (Rebhahn, Staatshaftung nach dem Recht der Europäischen Gemeinschaft JBl 1996/750 ff; Brasserie du Pecheur).
Hengstschläger hat in JBl 2000, 414, Zum Grundrechtsschutz kraft EU-Rechtes geschrieben.
Die nationalen Gerichte haben die volle Wirkung bei Bestimmungen des Gemeinschaftsrechtes zu gewährleisten und jene Rechte zu schützen, die das Gemeinschaftsrecht dem Einzelnen verleiht. ( Courage/Crehan).
Der EuGH hat in seiner Entscheidung vom , Fall Köbler, ausgesprochen, dass der Grundsatz, dass die Mitgliedstaaten zum Ersatz von Schäden verpflichtet sind, die einem Einzelnen durch ihnen zuzurechnende Verstöße gegen das Gemeinschaftsrecht entstehen, auch dann anwendbar ist, wenn der fragliche Verstoss in einer Entscheidung eines letztinstanzlichen Gerichtes besteht.
Nach VRBA, Amtshaftung-Staatshaftung, sind die Grundsätze der österreichischen Rechtssprechung bezogen auf das Verjährungsrecht ohne weiteres auch auf Staatshaftungsansprüche anwendbar. Danach ist eine Feststellungsklage zulässig, um alle gleichzeitig vorhersehbaren künftigen Schäden zu erfassen. (Vergleiche JBl 1998/456 und JBl 1999/605).
Der Großteil der öffentlichrechtlichen Literatur vertritt die Auffassung, dass für die Durchsetzung von Staatshaftungsansprüchen die Zuständigkeit des VfGH gemäß Art 137 B-VG gegeben ist. (Vergleiche Mayer, Das Österreichische Bundes-Verfassungsrecht, Kurzkommentar, 378f, Adamovic/Funk/Holzinger, Österreichisches Staatsrecht, Band I, Grundlagen, Springer 1997, Seite 260 ff).
Der VfGH hat in seinem Erkenntnis vom , A36/00, ausgesprochen, dass für Klagen, mit denen gemeinschaftsrechtliche Staatshaftungsansprüche aus behaupteten gemeinschaftrechtswidrigen Entscheidungen der in § 2 Abs 3 AHG aufgezählten Höchstgerichte geltend gemacht werden, die Zuständigkeit des VfGH nach Art 137 B-VG besteht.
Nach der Entscheidung des verbundene Rechtssachen T 213/95 und T 18/96 (SCK und FNK) sind die Grundrechte, wie sie in der EMRK gewährleistet sind, und wie sie sich aus den gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten ergeben, allgemeine Grundsätze des Gemeinschaftsrechtes.
In der Entscheidung des RSC-302/97, Klaus Konle gegen Republik Österreich wurde ausgesprochen:
Jeder Mitgliedstaat muss sicherstellen, dass dem Einzelnen der Schaden ersetzt wird, der ihm durch einen Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht entstanden ist.
Auch in der Entscheidung des RSC-112/00, Brenner-Blockade, wurde festgehalten, dass die Grundrechte nach ständiger Rechtssprechung zu den allgemeinen Rechtsgrundsätzen gehören, deren Wahrung der Gerichtshof zu sichern hat. Insbesondere kommt der EMRK besondere Bedeutung zu.
In dem Fall Köbler, Entscheidung des RSC-224/01, wurde der Schutz des Einzelnen thematisiert, wenn seine Rechte durch einen Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht verletzt werden, wenn der Verstoß einer Entscheidung eines letztinstanzlichen Gerichts eines Mitgliedstaates zuzurechnen ist.
Die Anerkennung des Grundsatzes der Staatshaftung für Entscheidungen letztinstanzlicher Gerichte führt - bei einer Haftungsklage gegen den Staat - zu einer Verurteilung des Staates und zum Ersatz des entstandenen Schadens. Die Rechtskraft der Gerichtsentscheidung wird nicht zwangsläufig aufgehoben. Der Grundsatz der Rechtskraft steht demnach der Anerkennung der Haftung des Staates für letztinstanzliche Gerichtsentscheidungen nicht entgegen.
5.) Durch die Verweigerung der Wiederaufnahme des Ehescheidungsverfahrens erleidet der Beschwerdeführer und Kläger einen gravierenden Vermögensschaden.
Dieser Schaden besteht in folgenden Punkten:
a) Laufende monatliche Unterhaltszahlungen in Höhe von € 512,-- an Frau E. K.. - Dies sind jäh[r]lich € 6.144,--. Der Schaden ist entstanden seit Vorliegen des ersten Fehlurteiles des Zahl 9 Ob 324/98g. Diese Entscheidung des OGH wurde per zugestellt.
b) In weiterer Folge war der von Frau E. K. eingeleitete Unterhaltsprozess zur Zahl 5 C126/99s, BG Innere Stadt Wien anhängig. Frau E. K. begehrte vom Kläger Unterhaltszahlungen zurückreichend bis September 1996. Die Unterhaltsklage, eingebracht am zur Zahl 5 C126/99s hat den rückständigen Unterhalt von ATS 217.200,--, das sind € 15.784,54, sowie laufenden Unterhalt ab in Höhe von ATS 5.000,--, das sind € 363,36 monatlich, 12 mal jährlich erfasst.
c) Dazu kommen die im Ehescheidungsverfahren 5 C71/07t, BG Innere Stadt Wien angelaufenen Kosten der Vertretung des Klägers, sowie weiters der gerichtlich bestimmte Kostenersatz in diesem Verfahren an Frau E. K.
d) Weiters kommen dazu die Kosten des Verfahrens 5 C42/96h, BG Innere Stadt Wien, und zwar einerseits die vom hier Kläger hier aufgewendeten Kosten der rechtsfreundlichen Vertretung sowie der gerichtlich bestimmten Kostenersatz an Frau E. K.
e) Frau E. K. hat vor kurzem (August 2009) eine weitere, neue Unterhaltsklage in Aussicht gestellt.
6.) Diese Ausführungen dokumentieren ausführlich, dass in das verfassungsgesetzliche gewährleistete Recht des Eigentums des Klägers DI Dr. R. K. nachhaltig eingegriffen wird. Der Kläger ist in seinem Eigentumsrecht nachhaltig verletzt.
Bekanntlich ist das Recht auf Unverletzlichkeit des Eigentums nach Art 5 Staatsgrundgesetz StGG ein verfassungsgesetzlich gewährleistetes Recht.
Auch Art 1 des ersten Zusatzprotokolls zur Europäischen Menschrechtskonvention ergänzt, dass jede natürliche oder juristische Person ein Recht auf Achtung ihres Eigentums hat. Niemandem darf sein Eigentum entzogen werden.
Durch die inkriminierten Entscheidungen des ) und der früheren Fehlentscheidung des ) wurde massiv in die Eigentumsrechte des Klägers eingegriffen.
Der OGH hat mit seinen Fehlentscheidungen das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht des Eigentums des Klägers verletzt. Durch das Fehlurteil des OGHs, mit dem die Wiederaufnahme des Ehescheidungsverfahrens 5 C71/07t, BG Innere Stadt Wien, verweigert worden ist, wurde es dem Kläger unmöglich gemacht, die Gerichte davon zu überzeugen, dass das Scheitern der Ehe und das alleinige Verschulden an diesem Scheitern der Ehe Frau E. K. trifft.
Richtigerweise hätte bereits im Scheidungsverfahren 5 C71/07t, BG Innere Stadt Wien, bzw. letztlich in der Entscheidung 9 Ob 46/09v der OGH feststellen müssen, dass das Verschulden an dem Scheitern der Ehe Frau E. K. trifft.
7.) Es wird betont, dass Frau E. K. am vollkommen grundlos und ohne auch nur ein Wort zu sprechen die gemeinsame Ehewohnung verlassen hat. E. K. hat dem Kläger auch nicht mitgeteilt, wo sie ihren Aufenthalt nimmt.
Frau E. K. hat den Kläger beginnend mit Herbst 1994 und in den Sommermonaten 1995 alleine gelassen und jeden Kontakt mit dem Kläger kategorisch abgelehnt.
Bei dem Kläger war eine Leukämie diagnostiziert worden. Es wurde eine Knochenmarktransplantation erforderlich. Der Kläger litt an einer lebensbedrohlichen schweren Erkrankung.
Unmittelbar nachdem der Kläger aus der stationären Behandlung im Krankenhaus entlassen wurde und in die eheliche Wohnung zurückgekehrt ist (am ), hat Frau E. K. völlig unerwartet am eine Beschäftigung angenommen. Dies nachdem Frau E. K. 20 Ja [re] zuvor den Haushalt und die Familie betreut hat.
Frau E. K. hat dadurch die in § 90 ABGB normierte Beistandspflicht massiv verletzt. Gerade im Zeitraum nach der Entlassung aus dem Spital () war der Kläger pflegebedürftig und rekonvaleszent. In diesem Zeitraum hätte der Kläger dringend des ehelichen Beistandes und der Pflege durch Frau E. K. bedurft.
Es ist zu betonen, dass der Kläger DI Dr. R. K. diese Krankheit (Leukämie mit anschließender Knochenmarktransplantation) nicht verschuldet hat.
Dennoch wurde die Ehe - vollkommen überraschend - durch die Fehlentscheidung des aus dem überwiegenden Verschulden des DI Dr. R. K. geschieden.
8.) Hier liegt ein ethisches Problem vor:
Dem Kläger werden - lebenslänglich - hohe Unterhaltszahlungen an Frau E. K. auferlegt, obzwar Frau E. K. eine Eigenpension bezieht und - das ist das gravierende Argument - die Gerichte hätten feststellen müssen, dass die Ehe aus dem alleinigen Verschulden von Frau E. K. zu scheiden ist.
Die Verschuldensfrage ist in dem ursprünglichen Ehescheidungsverfahren vollkommen uneinheitlich von den Gerichten erster, zweiter und dritter Instanz beurteilt worden.
So hat das Landesgericht für ZRS Wien der Berufung des Klägers DI Dr. R. K. Folge gegeben und den Verschuldensausspruch dahingehend abgeändert:
Das Verschulden trifft beide Streitteile zu gleichen Teilen. Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens und des Berufungsverfahrens werden gegenseitig aufgehoben.
9.) Das Landesgericht für ZRS Wien hat in der Entscheidung .44 R 606/98p, ergangen in dem Verfahren 5 C42/96h, BG
Innere Stadt Wien, Folgendes ausgesprochen:
Zitat Seite 9 Mitte:
Dem Berufungswerber (DI Dr. R. K.) ist aber beizupflichten, dass die Vorwerfbarkeit dieses Verhaltens (Nörgeln und Kritisieren) dadurch zumindest abgeschwächt wird, dass dieses Verhalten in Folge seiner lebensbedrohenden Erkrankung (Leukämie) aufgetreten ist.
Jedenfalls muss auch einem Ehepartner zugestanden werden, die ärztlichen Untersuchungen alleine wahrnehmen zu wollen. Bei dem
Kläger angelasteten Nörgeln und Kritisieren ... ist sicherlich das
durch die Krankheit und Behandlung bedingte körperliche Unbehagen des Klägers in Rechnung zu stellen. Es ist nicht zu übersehen, dass wesentlich für die Zerrüttung der Ehe der Streitteile auch ihre unterschiedliche Bewältigung der Erkrankung des Klägers war. Während der Kläger sich wissenschaftlich mit seiner Erkrankung
auseinandersetzte... hätte sich die Beklagte eine gesprächsweise
Aufarbeitung der mit der Erkrankung verbundenen Ängste gewünscht...
Die Beklagt (E. K.) hat in vielen Beispielen noch klargemacht, dass sie ihrerseits die gegenseitig Kommunikation auch nicht gerade gefördert hat. Sie hat nämlich den Kläger nicht informiert, wo sie das Wochenende verbringt, und wohin sie auf Urlaub zu fahren gedenkt, was der Grund für ihren Spitalsaufenthalt sei, ob sie ausziehe...
Das LG für ZRS Wien hat in seiner Entscheidung , Seite 11 Mitte, es als eine Mißachtung der Beistandspflicht qualifiziert, wenn die Beklagte E. K., die zuletzt langjährig als Hausfrau tätig war, ausgerechnet in dieser Zeit, und zwar schon 2 Wochen nach Spitalsentlassung des Klägers, eine Ganztagsbeschäftigung angenommen hat.
Dass die Beklagte vor den Augen des Klägers ihre Sachen packt, ohne ihn jemals in irgendeiner Form über den geplanten Auszug zu informieren, bringt eine grobe Missachtung der Person des bisherigen Lebenspartners zum Ausdruck. Der Beklagten muss eine Verletzung der ehelichen Beistandspflicht durch Aufnahme ihrer Berufstätigkeit ausgerechnet in der Zeit der höchsten Betreuungsbedürftigkeit ihres Ehegatten angelastet werden.
(Ende Zitat aus Ausführungen des Landesgericht für ZRS Wien in der Entscheidung , 44 R 606/98p)
10.) In dem Wiederaufnahmsverfahren, 5 C71/07t, BG Innere Stadt Wien, hat der Kläger mit seiner am eingebrachten Klage umfangreiche neue Informationen und die Kenntnis von neuen Tatsachen und Beweismitteln thematisiert, von den er Ende Juli 2007 Kenntnis erlangt hat. So hat der Kläger im Juli 2007 davon Kenntnis erlangt, dass
a) die Beklagte E. K. die Ehescheidung bewusst organisiert hat, um dem Kläger finanziellen Schaden zuzufügen;
b) die Beklagte E. K. den Kläger in den Zeiten seiner lebensbedrohlichen Leukämieerkrankung absichtlich im Stich gelassen hat, völlig unbegründet und ohne wirtschaftliche Notwendigkeit einen Arbeitsplatz angenommen hat, und schließlich den an Leukämie erkrankten Kläger grundlos verlassen hat;
c) die Beklagte E. K. gegen den damals bettlägrigen und an Leukämie erkrankten Kläger körperlich brutal losgegangen ist, und Agressionshandlungen gegen ihn setzte;
d) die Beklagte E. K. durch Intrigen am Arbeitsplatz des Klägers (dem Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten) nachhaltig versucht hat, eine ehewidrige Beziehung des Klägers zu diversen Mitarbeiterinnen zu konstruieren, um einen Scheidungsgrund vor Gericht präsentieren zu können;
e) die Beklagte E. K. bei diesen Intrigen am Arbeitsplatz des Klägers dem Kläger nachhaltig bei seiner beruflichen Karriere geschadet hat;
f) die Beklagte E. K. bei ihren Bemühungen einen Scheidungsgrund in Form einer ehewidrigen Beziehung des Klägers zu Frauen zu konstruieren, Filmaufnahmen in Auftrag gegeben hat, die den Kläger bei einer beruflichen Zusammenkunft mit Arbeitskollegen diesen mit einer weiblichen Arbeitskollegin in bedenklichen Situationen zeigen sollten, insbesondere bei einer orthodoxen Taufe sollte der Kläger mit einer Arbeitskollegin gefilmt werden, um einen vermeintlichen Scheidungsgrund für das Gericht zu provozieren;
g) die Beklagte E. K. diese Filmaufnahmen in Auftrag gegeben hat, obzwar sie wusste, daß der Kläger kein ehewidriges Verhalten setzt, insbesondere auch nicht bei beruflichen Treffen mit Arbeitskollegen/Arbeitskolleginnen;
h) die Beklagte E. K. insbesondere mit Frau I. D., der Sekretärin eines Sektionschefs, versucht hat, in wahrheitswidriger Weise ein ehewidriges Verhalten des Klägers zu provozieren.
11.) Der Kläger hat in dem Wiederaufnahmsverfahren auch entsprechende Beweisanbote gelegt, um diese Wiederaufnahme des Ehescheidungsverfahrens zu erreichen.
Letztlich hat der OGH in seiner zweiten Fehlentscheidung vom , 9 Ob 46/09v, die Wiederaufnahme verweigert und die außerordentliche Revision zurückgewiesen.
Der Kläger ist somit massiv in seinen Rechten, die sich unmittelbar aufgrund der europarechtlichen Normen ergeben, in seinen Grundrechten, und seinen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten, verletzt worden."
4. Der Bund als beklagte Partei erstattete eine Gegenschrift, in der er Klagsabweisung und Kostenzuspruch begehrte.
Er führte dazu aus, die Klage sei unschlüssig und unverständlich. Der Kläger mache ausdrücklich die "gemeinschaftsrechtliche Staatshaftung" geltend, obwohl die zu Grunde liegenden Verfahren nicht den geringsten Gemeinschaftsrechtsbezug aufweisen würden. In der Klage werde auch keinerlei Bezug zum Gemeinschaftsrecht hergestellt. Es finde sich lediglich der Hinweis auf Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, bei welcher es sich jedoch lediglich um eine politische Willensbekundung ohne rechtsverbindlichen Charakter handle. Erst durch den Vertrag von Lissabon solle der Charta Rechtsverbindlichkeit verliehen werden, wobei die Charta selbst bei Verbindlichkeit zum Zeitpunkt der Fällung der Entscheidungen des OGH mangels vorliegenden Gemeinschaftsrechtsbezuges keine Haftungsgrundlage bilden hätte können.
Weiters verkenne der Kläger, dass der OGH keine Tatsacheninstanz darstelle, weshalb die vom Kläger beanstandete Beweiswürdigung vor dem OGH nicht bekämpfbar sei. Im Übrigen würden die inkriminierten Entscheidungen des OGH auf einer richtigen rechtlichen Beurteilung beruhen.
II. Der Verfassungsgerichtshof hat zur Staatshaftungsklage erwogen:
1. Zur Zulässigkeit:
1.1. Gemäß Art 137 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über vermögensrechtliche Ansprüche an den Bund, die Länder, die Gemeinden und Gemeindeverbände, die weder im ordentlichen Rechtsweg auszutragen, noch durch den Bescheid einer Verwaltungsbehörde zu erledigen sind.
Für Entscheidungen über Klagen über gemeinschaftsrechtliche Staatshaftungsansprüche aus behaupteten gemeinschaftsrechtswidrigen Entscheidungen von Höchstgerichten ist nach ständiger Judikatur der Verfassungsgerichtshof nach Art 137 B-VG zuständig (vgl. VfSlg. 17.019/2003).
1.2. Der Kläger führt aus, dass er seinen Staatshaftungsanspruch aus qualifiziert gemeinschaftsrechtswidrigen Urteilen des OGH ableite. Der Verfassungsgerichtshof ist daher zur Entscheidung über die Klage zuständig.
2. In der Sache:
2.1. Wie der Verfassungsgerichtshof bereits festgestellt hat (vgl. zB A2/07), ist es nicht seine Aufgabe, in einem Staatshaftungsverfahren - ähnlich einem Rechtsmittelgericht - die Richtigkeit der als staatshaftungsbegründend gerügten Entscheidung eines Höchstgerichts zu überprüfen. Er ist nur berufen zu beurteilen, ob ein hinreichend qualifizierter Verstoß gegen Gemeinschaftsrecht vorliegt. Zu den Kriterien der Staatshaftung für Gemeinschaftsrechtsverletzungen von Höchstgerichten der Mitgliedstaaten führt der , Traghetti del Mediterraneo SpA, Slg. 2006, I-05177 (Rz 32), in Fortentwicklung der mit dem Urteil vom , Rs. C-224/01, Köbler, Slg. 2003, I-10239, begonnenen Rechtsprechung aus:
"Aufgrund der Besonderheit der richterlichen Funktion sowie der berechtigten Belange der Rechtssicherheit haftet der Staat in einem solchen Fall allerdings nicht unbegrenzt. Wie der Gerichtshof entschieden hat, haftet er nur in dem Ausnahmefall, dass das letztinstanzliche nationale Gericht offenkundig gegen das geltende Recht verstoßen hat. Bei der Entscheidung darüber, ob diese Voraussetzung erfüllt ist, muss das mit einer Schadensersatzklage befasste nationale Gericht alle Gesichtspunkte des Einzelfalls berücksichtigen, insbesondere das Maß an Klarheit und Präzision der verletzten Vorschrift, die Vorsätzlichkeit des Verstoßes, die Entschuldbarkeit des Rechtsirrtums, gegebenenfalls die Stellungnahme eines Gemeinschaftsorgans sowie die Verletzung der Vorlagepflicht nach Artikel 234 Absatz 3 EG durch das in Rede stehende Gericht (Urteil Köbler, Randnrn. 53 bis 55)."
2.2. Der Kläger behauptet inhaltlich im Wesentlichen Fehler in der Beweiswürdigung sowie Verfahrens- und Begründungsmängel in den Entscheidungen des , und vom , 9 Ob 324/98g. Damit hätte der OGH gegen Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. 2000 C 364, S 1 (im Folgenden: EU Grundrechte Charta), verstoßen.
Der EU Grundrechte Charta kommt jedoch bis zum In-Kraft-Treten des Vertrages von Lissabon keine rechtsverbindliche Wirkung zu, aufgrund welcher der Kläger einzelne Rechte ableiten könnte. Auf weitere gemeinschaftsrechtliche Bestimmungen wird in der Klage nicht Bezug genommen. Der Kläger spricht zwar von einer empfindlichen Verletzung des Gemeinschaftsrechts in mehreren Punkten, letztlich wird diese Behauptung jedoch, abgesehen von dem nicht näher spezifizierten Hinweis auf die EU Grundrechte Charta, nicht weiter ausgeführt. Es ist auch sonst kein Gemeinschaftsrechtsbezug der inkriminierten Entscheidungen zu erkennen. Worin der qualifizierte Verstoß gegen Gemeinschaftsrecht liegen soll, wurde damit nicht hinreichend substantiiert dargetan.
Es ist daher schon aus diesem Grund kein qualifizierter Verstoß des OGH gegen Gemeinschaftsrecht zu erkennen, sodass sich ein Eingehen auf die weiteren Voraussetzungen einer (erfolgreichen) Staatshaftung erübrigt.
3. Die Klage war daher als unbegründet abzuweisen.
4. Die der beklagten Partei gebührenden Kosten waren gemäß § 41 iVm § 35 Abs 1 VfGG und § 41 Abs 2 ZPO nach dem RATG, BGBl. I 189/1969 idgF, auszumessen. In den zugesprochenen Kosten sind 100 vH Einheitssatz (§23 Abs 6 RATG; vgl. ) enthalten.
5. Dies konnte gemäß § 19 Abs 4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden. Auch nach Art 6 EMRK war keine öffentliche mündliche Verhandlung geboten. Die anwaltlich vertretene klagende Partei hat zwar eine solche beantragt, in der Frage der Zuständigkeit ist der Verfassungsgerichtshof jedoch im Ergebnis der klagenden Partei gefolgt. In der Sache selbst waren keine strittigen Sachverhaltsfragen zu klären, sondern lediglich eine Rechtsfrage zu lösen, die nicht komplex war (vgl. EGMR , Schuler-Zgraggen, Appl. 14518/89, ÖJZ 1994, 138, Rz 58).
III. 1. Der Kläger erhebt in eventu eine Beschwerde gemäß Art 144 B-VG, ohne diese jedoch näher auszuführen.
2. Die Beschwerde richtet sich - offenbar - gegen die oben genannten Entscheidungen des OGH und damit gegen Akte der Gerichtsbarkeit.
Weder Art 144 B-VG noch eine andere Rechtsvorschrift räumen dem Verfassungsgerichtshof die Befugnis ein, Akte der Gerichtsbarkeit zu überprüfen (zB VfSlg. 11.695/1988, 14.186/1995, 14.625/1996; ; , B930/00 ua.).
3. Die Beschwerde war daher zurückzuweisen.
4. Da die Nichtzuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes offenbar ist, wurde dieser Beschluss gemäß § 19 Abs 3 Z 2 lita VfGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gefasst.