OGH vom 16.05.2013, 13Os29/13h

OGH vom 16.05.2013, 13Os29/13h

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Wancata als Schriftführer in der Strafsache gegen Ladislav G***** und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens des gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 129 Z 1, 130 vierter Fall, 15 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Eisenstadt als Schöffengericht vom , GZ 50 Hv 2/12w-44, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit der Vertreterin der Generalprokuratur, Generalanwältin Mag. Wachberger, des Angeklagten Ladislav G***** und seiner Verteidigerin Mag. Schwendt zu Recht erkannt:

Spruch

In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde werden das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in dem Ladislav G***** betreffenden Strafausspruch (einschließlich der Vorhaftanrechnung) sowie demzufolge der zugleich gefasste Beschluss auf Absehen vom Widerruf einer bedingten Strafnachsicht und auf Verlängerung der diesbezüglichen Probezeit auf fünf Jahre aufgehoben und es wird im Umfang der Aufhebung in der Sache selbst erkannt:

Ladislav G***** wird für das ihm zur Last liegende Verbrechen des gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 129 Z 1, 130 vierter Fall, 15 StGB unter Anwendung des § 36 StGB sowie unter Bedachtnahme gemäß § 31 Abs 1 StGB auf das Urteil des Landesgerichts Korneuburg als Schöffengericht vom , AZ 622 Hv 18/12w, nach dem zweiten Strafsatz des § 130 StGB zu einer Zusatzfreiheitsstrafe von

sechs Monaten

verurteilt.

Mit ihrer Berufung wird die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung verwiesen.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde soweit für das Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde von Relevanz Ladislav G***** wegen am (A/I), nachts zum (A/II) und am (B) verübter Taten des Verbrechens des gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 129 Z 1, 130 vierter Fall, 15 StGB schuldig erkannt und hiefür unter Anwendung des § 36 StGB sowie unter Bedachtnahme gemäß § 31 Abs 1 und Abs 2 StGB auf das Urteil des Bezirksgerichts Dunajska Streda, slowakische Republik, vom , AZ 2 T 81/12, zu einer 12 monatigen Zusatzfreiheitsstrafe verurteilt. Unter einem wurde vom Widerruf der mit Urteil des Landesgerichts Korneuburg vom , AZ 521 Hv 76/10d, gewährten bedingten Strafnachsicht abgesehen und die diesbezügliche Probezeit auf fünf Jahre verlängert (§ 494a Abs 1 Z 2 und Abs 6 StPO).

Rechtliche Beurteilung

Die gegen den Sanktionsausspruch aus Z 11 des § 281 Abs 1 StPO von der Staatsanwaltschaft ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde ist wie die Generalprokuratur zutreffend ausführt im Recht.

Die Bedachtnahme auf ein Vor-Urteil gemäß § 31 StGB kommt nur dann in Betracht, wenn sämtliche der nachträglichen Verurteilung zugrunde liegenden Taten vor dem Vor-Urteil erster Instanz verübt wurden ( Ratz in WK StGB 2 § 31 Rz 2). Dies ist in Bezug auf das am ergangene Urteil des Bezirksgerichts Dunajska Streda (vgl ON 41 AS 13) nicht der Fall, weil die Einbruchshandlungen laut den Schuldsprüchen A/II und B nach dem genannten Zeitpunkt gesetzt wurden.

Der Erfolg der Nichtigkeitsbeschwerde führt zur Aufhebung des Strafausspruchs und demzufolge auch des Beschlusses auf Absehen vom Widerruf einer bedingten Strafnachsicht und Verlängerung einer Probezeit.

Gemäß § 31 Abs 1 StGB war auf das (zwischenzeitig ergangene) Urteil des Landesgerichts Korneuburg als Schöffengericht vom , AZ 622 Hv 18/12w, Bedacht zu nehmen. Danach wurde Ladislav G***** wegen des Verbrechens des schweren gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1, 130 dritter und vierter Fall StGB nach dem zweiten Strafsatz des § 130 StGB zu einer zweijährigen Freiheitsstrafe verurteilt (ON 58). Diese war bei der Strafneubemessung zu berücksichtigten (§ 40 StGB).

Erschwerend waren das Zusammentreffen mehrerer Straftaten (§ 33 Abs 1 Z 1 StGB) sowie zwei auf der gleichen schädlichen Neigung beruhende Vorverurteilungen und der rasche Rückfall nach der Verurteilung durch das Bezirksgericht Dunajska Streda (§ 33 Abs 1 Z 2 StGB), mildernd hingegen die Tatbegehung vor dem 21. Lebensjahr (§ 34 Abs 1 Z 1 StGB), dass es teilweise beim Versuch geblieben ist (§ 34 Abs 1 Z 13 StGB) und das reumütige Geständnis (§ 34 Abs 1 Z 17 StGB).

Davon ausgehend erweist sich mit Blick auf die allgemeinen Grundsätze der Strafbemessung (§ 32 StGB) und auf die im erwähnten Vor-Urteil des Landesgerichts Korneuburg verhängte Sanktion (§ 40 StGB) eine zusätzliche Freiheitsstrafe von sechs Monaten als tat- und schuldangemessen. Aufgrund der bereits erheblichen Vordelinquenz kommt die Gewährung bedingter Strafnachsicht nicht mehr in Betracht.

Bleibt anzumerken, dass mittlerweile vom Landesgericht Korneuburg im erwähnten Vor-Urteil die auch vom Erstgericht berücksichtigte Vorhaft angerechnet (§ 38 StGB) und mit zugleich gefasstem Beschluss gemäß § 494a Abs 1 Z 4 StPO die zu AZ 521 Hv 76/10d des Landesgerichts Korneuburg gewährte bedingte Strafnachsicht widerrufen wurde (ON 58). Die bezughabenden Aussprüche im angefochtenen Urteil waren daher ersatzlos zu beheben.

Die Staatsanwaltschaft war mit ihrer angemeldeten, nur den Angeklagten G***** betreffenden Berufung (ON 47) auf die Strafneubemessung zu verweisen.

Die Kostenentscheidung gründet auf § 390a Abs 1 StPO.

Bleibt den Ausführungen des Angeklagten in der Gegenäußerung zur Nichtigkeitsbeschwerde anzumerken, dass die Staatsanwaltschaften im Verkehr mit den Gerichten nicht zur Teilnahme am Elektronischen Rechtsverkehr verpflichtet sind (§ 32 Abs 1 StAG; § 15 Abs 1 DV StAG), sodass die schriftliche Rechtsmittelanmeldung der Staatsanwaltschaft Eisenstadt (ON 47) an keinem Formmangel im Sinn des § 89c Abs 6 GOG leidet. Die vom Angeklagten hervorgekehrten Vorschriften der §§ 89a bis 89g GOG betreffen vielmehr den Rechtsverkehr der in § 89c Abs 5 GOG genannten Personen wozu die Anklagebehörde nicht zählt mit den Gerichten oder (zufolge § 34a Abs 5 StAG) den Staatsanwaltschaften.