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VfGH vom 13.12.1993, a10/93

VfGH vom 13.12.1993, a10/93

Sammlungsnummer

13640

Leitsatz

Abweisung der Klage des - aktiv klagslegitimierten - Parlamentarischen Klubs der FPÖ der Abgeordneten zum Nationalrat und Mitglieder des Bundesrates gegen den Bund auf Auszahlung von nach dem KlubfinanzierungsG 1985 zustehenden Beiträgen infolge richtiger Berücksichtigung des Austritts von fünf Abgeordneten zum Nationalrat aus dem FPÖ-Klub als betragsmindernd

Spruch

Das Klagebegehren wird abgewiesen.

Kosten werden nicht zugesprochen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. a) Mit Schreiben vom 4. Feber 1993 teilte Dr. Jörg HAIDER als "Obmann der Freiheitlichen Parlamentsfraktion" dem Präsidenten des Nationalrates unter anderem mit, daß an diesem Tag fünf namentlich genannte Abgeordnete aus dem "freiheitlichen Parlamentsklub" ausgetreten seien. Am 8. Feber 1993 teilten diese fünf aus dem "Klub der Freiheitlichen Partei Österreichs" ausgetretenen Abgeordneten dem Präsidenten des Nationalrates mit, daß sie sich zu einem parlamentarischen Klub im Sinne des § 7 GOG (s. unten, Pkt. II.2.) mit dem Namen "Liberales Forum" zusammengeschlossen hätten. (Näheres zu dieser Vorgeschichte siehe den Beschluß vom heutigen Tag, B563/93.)

b) Der Parlamentsdirektor gab mit Schreiben vom 26. Feber 1993 dem "Clubdirektor der Freiheitlichen Partei Österreichs" über dessen Ersuchen vom 25. Feber 1993 bekannt, daß dem "Klub der Freiheitlichen Partei Österreichs" aufgrund der Bestimmungen des Klubfinanzierungsgesetzes 1985 ab eine vierteljährliche Zuwendung in der Höhe von insgesamt

S 6,134.389,80 angewiesen werde.

Dieses Schreiben hat folgenden Wortlaut:

"Sehr geehrter Herr Clubdirektor!

In Erledigung Ihres Schreibens vom 25.d.M. darf mitgeteilt werden, daß dem Klub der Freiheitlichen Partei Österreichs aufgrund der Bestimmungen des Klubfinanzierungsgesetzes 1985, BGBl. Nr. 156, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 742/1990, ab eine vierteljährliche Zuwendung in folgender Höhe angewiesen wird:

gem. §§2 bis 3 S 2.667.126,--

gem. § 4 S 2.400.413,40

gem. § 4a (1) S 666.781,50

gem. § 4a (2) S 400.068,90

zusammen hiemit S 6.134.389,80

Die Anweisung des Betrages wird zeitgerecht veranlaßt werden.

Ergänzend darf hinzugefügt werden, daß bei der Berechnung dieses Betrages der von Klubobmann Dr. Haider mitgeteilte Austritt von fünf Abgeordneten zum Nationalrat aus dem Klub der FPÖ zu berücksichtigen war, daß hingegen die Tatsache, daß sich die fünf aus der FPÖ ausgetretenen Abgeordneten gemäß § 7 GOG zu einem eigenen Klub zusammengeschlossen haben, für die Höhe der Klubdotierung der FPÖ ohne jede Auswirkung ist. Darüber hinaus ist zu bemerken, daß sich durch den Austritt von Bundesrat Mag. Lakner aus dem FPÖ-Klub keine rechnerische Veränderung ergeben hat.

Mit vorzüglicher Hochachtung

.....(eh. Unterschrift)".

c) Die gegen dieses Schreiben gerichtete, auf Art 144 Abs 1 B-VG gestützte Beschwerde wurde mangels Bescheidqualität dieser Erledigung mit Beschluß vom heutigen Tag, B629/93, zurückgewiesen.

2. Am brachte der "Klub der Freiheitlichen Partei Österreichs der Abgeordneten zum Österreichischen Nationalrat, vertreten durch den Klubobmann Dr. Jörg Haider" beim Verfassungsgerichtshof eine gegen die "Republik Österreich" (richtig: gegen den Bund) gerichtete, auf Art 137 B-VG gestützte Klage ein.

Die klagende Partei beantragt nachstehendes Urteil:

"Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei den Betrag von S 556.255,-- samt 4 % Zinsen seit dem Tage der Klagebehändigung sowie die Kosten des Verfahrens zu bezahlen. All dies binnen 14 Tagen bei Exekution."

Die klagende Partei meint, daß die (Liquidierungs-)Klage jedenfalls dann zulässig sei, wenn nicht die zu B629/93 angefochtene Erledigung (s.o. I.1.b) als Feststellungsbescheid gewertet werde.

In der Sache wird - zusammengefaßt - vorgebracht: Mit einem Schreiben der Parlamentsdirektion vom sei dem "Klub der FPÖ" mitgeteilt worden, daß ihm ab vierteljährlich aufgrund des KlubfinanzierungsG 1985

insgesamt S 6,690.644,80

angewiesen würden. Im Schreiben des

Parlamentsdirektors vom 26. Feber 1993

(s.o. I.1.b) sei festgestellt worden,

daß ab vierteljährlich

Mittelzuweisungen von (bloß) S 6,134.389,80

erfolgen würden. Die Minderleistung betrage

sohin vierteljährlich S 556.255,--.

Die Verringerung der Leistungen nach dem KlubfinanzierungsG 1985 sei ungesetzlich, weil nach Konstituierung des Klubs niemand aus diesem austreten könne; dessen Mitgliederzahl sei für die gesamte Legislaturperiode garantiert. (Näheres s.u. III.3.)

3. Der Bund, vertreten durch den Präsidenten des Nationalrates, erstattete unter Vorlage der bezughabenden Akten eine mit datierte Gegenschrift, in der beantragt wird, das Klagebegehren kostenpflichtig abzuweisen.

4. Über Aufforderung des Verfassungsgerichtshofes vom gaben beide Parteien Stellungnahmen (die klagende Partei am , die beklagte Partei am ) ab:

Darin wird der Sache nach die Berechnung der "Beiträge" und "Zuwendungen" nach dem KlubfinanzierungsG 1985 (s.u. II.1.) außer Streit gestellt. Strittig ist nach wie vor, von welcher Zahl der Abgeordneten hiebei auszugehen ist (s.u. III.3.).

Außerdem erörtern diese Schriftsätze die Frage der Aktivlegitimation (s.u. III.2.). Der Beklagte bestreitet die Aktivlegitimation der klagenden Partei.

II. Die in der vorliegenden Klagssache in erster Linie in Betracht zu ziehenden Rechtsvorschriften lauten:

1. Das Bundesgesetz, mit dem die Tätigkeit der Klubs der wahlwerbenden Parteien im Nationalrat und im Bundesrat erleichtert wird (Klubfinanzierungsgesetz 1985), BGBl. 156/1985 idF BGBl. 742/1990:

"§1. Zur Erfüllung ihrer parlamentarischen Aufgaben haben die parlamentarischen Klubs der Abgeordneten zum Nationalrat und Mitglieder des Bundesrates Anspruch auf einen Beitrag zur Deckung der ihnen daraus erwachsenden Kosten.

§2. (1) Dieser Beitrag hat dem Jahresbruttobezug von vier Vertragsbediensteten des Bundes der Entlohnungsgruppe a, Entlohnungsstufe 20, einschließlich der Sonderzahlungen und von vier Vertragsbediensteten des Bundes der Entlohnungsgruppe d, Entlohnungsstufe 21, einschließlich der Sonderzahlungen zu entsprechen.

(2) Außerdem gebührt jedem Klub im Sinne des § 7 des Geschäftsordnungsgesetzes 1975 für je angefangene zehn Abgeordnete ein Beitrag in der Höhe des Jahresbruttobezuges von zwei Vertragsbediensteten des Bundes der Entlohnungsgruppe a, Entlohnungsstufe 20.

§ 2 a. Darüber hinaus gebührt jedem Klub, der in Ausschüssen des Nationalrates vertreten ist, ein Beitrag in der Höhe des Jahresbruttobezuges von vier Vertragsbediensteten des Bundes der Entlohnungsgruppe a, Entlohnungsstufe 20. Für Klubs mit mehr als zehn Abgeordneten erhöht sich dieser Beitrag für je 20 angefangene Abgeordnete um den Jahresbruttobezug von zwei Vertragsbediensteten des Bundes der Entlohnungsgruppe a, Entlohnungsstufe 20.

§ 3. Jedem Klub gebührt weiters für je angefangene zehn Mitglieder des Bundesrates ein Beitrag in der Höhe des Jahresbruttobezuges von zwei Vertragsbediensteten des Bundes der Entlohnungsgruppe a, Entlohnungsstufe 20.

§4. (1) Für Zwecke der Öffentlichkeitsarbeit gebührt jedem Klub eine Zuwendung in Höhe von 90 vH des Beitrages nach den §§2 bis 3.

(2) Als Öffentlichkeitsarbeit der Klubs gilt insbesondere:


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1.
Briefe und Rundschreiben der Abgeordneten an die Wähler ihres Wahlkreises;


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2.
Druckwerke und Broschüren, mit denen die Abgeordneten oder die parlamentarischen Fraktionen über ihre parlamentarische Tätigkeit berichten;


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3.
Enqueten und Veranstaltungen, in denen die Öffentlichkeit über die parlamentarische Arbeit unterrichtet wird.


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§4 a. (1) Weiters gebührt jedem Klub zur Deckung der laufenden Kosten des EDV-Betriebes von EDV-Anlagen eine Zuwendung in der Höhe von 25 vH des Beitrages nach den §§2 bis 3.

(2) Für die Arbeit im internationalen Bereich gebührt darüber hinaus jedem Klub eine Zuwendung von 15 vH des Beitrages nach den §§2 bis 3.

§ 5. Die Beiträge und Zuwendungen nach den §§2 bis 4 a sind den Klubs vierteljährlich jeweils im vorhinein anzuweisen.

§ 6. Mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes ist, soweit sie nicht dem Präsidenten des Nationalrates obliegt, der Bundesminister für Finanzen betraut."

2. § 7 des Bundesgesetzes vom über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975), BGBl. 410/1975 idF BGBl. 720/1988, (im folgenden kurz: GOG NR):

"§7. Abgeordnete derselben wahlwerbenden Partei haben das Recht, sich in einem Klub zusammenzuschließen. Für die Anerkennung eines solchen Zusammenschlusses ist die Zahl von mindestens fünf Mitgliedern erforderlich. Abgeordnete, die nicht derselben wahlwerbenden Partei angehören, können sich in einem Klub nur mit Zustimmung des Nationalrates zusammenschließen. Die Ergebnisse der Konstituierung eines Klubs sowie Veränderungen derselben sind dem Präsidenten unverzüglich schriftlich mitzuteilen."

(Durch die Novelle zum GOG NR BGBl. 569/1993 hat § 7 keine Änderung erfahren.)

3. § 14 der Geschäftsordnung des Bundesrates (GO-BR), BGBl. 361/1988 idF BGBl. 191/1989:

"Fraktionen

§ 14.(1) Bundesräte, die auf Grund von Vorschlägen derselben Partei durch die Landtage gewählt werden, haben das Recht, sich zu einer Fraktion zusammenzuschließen. Für die Anerkennung als Fraktion ist der Zusammenschluß von mindestens

fünf Bundesräten erforderlich.

(2) Bundesräte, bei denen die Voraussetzungen nach Abs 1 nicht zutreffen, können sich nur mit Zustimmung des Bundesrates zu einer Fraktion zusammenschließen.

(3) Die Bildung einer Fraktion ist vom Fraktionsvorsitzenden dem Präsidenten schriftlich mitzuteilen."

III. Der Verfassungsgerichtshof

hat über die Klage erwogen:

1. Nach Art 137 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über vermögensrechtliche Ansprüche an den Bund, die Länder, die Bezirke, die Gemeinden und Gemeindeverbände, die weder im ordentlichen Rechtsweg auszutragen noch durch Bescheid einer Verwaltungsbehörde zu erledigen sind.

Die klagende Partei macht einen vermögensrechtlichen Anspruch gegen den Bund geltend. Sie behauptet, daß ihr dieser aufgrund des Klubfinanzierungsgesetzes 1985 zustehe. Ein solcher Anspruch wurzelt ausschließlich im öffentlichen Recht. Über ihn ist nicht im ordentlichen Rechtsweg zu entscheiden; es existiert auch keine Norm, nach der dieser Anspruch durch Bescheid einer Verwaltungsbehörde zu erledigen wäre (s. den Beschluß vom heutigen Tag, B629/93, Abschn. II.1.b.bb).

Da auch die übrigen Prozeßvoraussetzungen vorliegen, ist die Klage zulässig.

2.a) Die Legitimation der Prozeßparteien ist im gegebenen Zusammenhang eine meritorische Frage und keine solche der Zulässigkeit der Klage (vgl. zB VfSlg. 7001/1973, S 140;

9281/1981, S 338 f. (mit Literaturhinweisen); 10654/1985, S 543;

, S 4).

b) Der Bund ist passiv klagslegitimiert; dies bedarf keiner weiteren Erörterung.

c) Hingegen ist die Aktivlegitimation der als Kläger unter der Bezeichnung "Klub der Freiheitlichen Partei Österreichs der Abgeordneten zum Österreichischen Nationalrat" einschreitenden Partei strittig.

aa) Der beklagte Bund meint in seiner Stellungnahme vom , Anspruch auf die im KlubfinanzierungsG 1985 vorgesehenen Beiträge und Zuwendungen habe nicht der jeweilige Klub der Abgeordneten zum Nationalrat iS des § 7 GOG NR, sondern der jeweilige "parlamentarische Klub" im Sinne eines "Gesamtklubs" der Abgeordneten zum Nationalrat und Mitglieder des Bundesrates.

Die klagende Partei hingegen vertritt in der Stellungnahme vom zu dieser Frage die Ansicht, die Beiträge und Zuwendungen nach dem KlubfinanzierungsG 1985 - auch die für die Mitglieder des Bundesrates (so insbesondere nach § 3 KlubfinanzierungsG 1985) gebührenden Beträge - stünden dem jeweiligen Klub gemäß § 7 GOG NR als dem einzigen gesetzlich vorgesehenen Klub zu. Diesem seien "sie" (offenbar die Mitglieder des Bundesrates) "kooptiert".

bb) Im Ergebnis kommen beide Parteien zum richtigen Ergebnis, daß nämlich alle nach dem KlubfinanzierungsG 1985 gebührenden finanziellen Leistungen nur einem einzigen Gremium zustehen, also nicht etwa zum einen Teil dem Nationalratsklub (§7 GOG NR) und zum anderen Teil der Bundesratsfraktion (§14 GO-BR). Dies ergibt sich schon daraus, daß andernfalls völlig unklar wäre, wie der im § 2 Abs 1 KlubfinanzierungsG 1985 vorgesehene "Sockelbetrag" und die daran anknüpfenden weiteren Beiträge und Zuwendungen auf den jeweiligen Nationalratsklub und die jeweilige Bundesratsfraktion aufgeteilt werden sollten.

Anspruchsberechtigt ist nun nicht der jeweilige Nationalratsklub iS des § 7 GOG NR, sondern der jeweilige Parlamentsklub:

Wenngleich der Wortlaut des § 2 Abs 2 und des § 2a KlubfinanzierungsG 1985 - isoliert betrachtet - darauf schließen lassen könnte, die in diesen Bestimmungen vorgesehenen Beiträge gebührten dem Nationalratsklub, so spricht dagegen doch wieder der Wortlaut des § 3 leg.cit., wonach "jedem Klub ... für je angefangene zehn Mitglieder des Bundesrates" ein bestimmter (weiterer) Beitrag gebührt: Die Annahme, es werde damit angeordnet, dieser auf der Stärke der Bundesratsfraktion beruhende Beitrag stünde dem Nationalratsklub zu, wäre schon im Hinblick darauf, daß Nationalrat und Bundesrat gleichberechtigte Teilorgane der Gesetzgebung sind, offenkundig verfehlt.

Zu beachten ist weiters die Formulierung des § 1 KlubfinanzierungsG 1985, der in programmatischer (und daher auch für die Auslegung aller übrigen Gesetzesbestimmungen bedeutsamer) Weise festlegt, daß die "parlamentarischen Klubs der Abgeordneten zum Nationalrat und Mitglieder des Bundesrates" einen Anspruch auf einen Beitrag zur Deckung der ihnen aus der Erfüllung ihrer parlamentarischen Aufgaben erwachsenden Kosten haben: Mit der eben zitierten Wendung sind offenkundig nicht die gemäß § 7 GOG NR gebildeten Klubs (Nationalratsklubs) und ebensowenig die aufgrund des § 14 GO-BR bestehenden Bundesratsfraktionen gemeint, sondern vielmehr ein (drittes) Gremium, das sich aus den Mitgliedern beider eben genannter Institutionen zusammensetzt (arg.: "... Klubs der Abgeordneten zum Nationalrat und Mitglieder des Bundesrates").

In der Zusammenschau aller Vorschriften des KlubfinanzierungsG 1985 können diese folglich nur dahin verstanden werden, daß die Geldbeträge dem jeweiligen Parlamentsklub gebühren, und zwar teilweise für eine bestimmte Zahl von Abgeordneten zum Nationalrat bzw. von Mitgliedern des Bundesrates; das bedeutet, daß also unter dem "Klub" (s. insbes. §§3, 4, 4a und 5 KlubfinanzierungsG 1985) stets der Parlamentsklub als anspruchsberechtigtes Gremium gemeint ist.

Auch die Entstehungsgeschichte des KlubfinanzierungsG 1985 bestätigt dieses Ergebnis: Dieses Gesetz ist die Wiederverlautbarung eines Gesetzes vom , BGBl. 286. Darin war in der Stammfassung des § 1 (nur) von den "Abgeordnetenklubs des Nationalrates" die Rede. Seinen nunmehrigen Wortlaut erhielt § 1 durch die Novelle BGBl. 356/1982. Initiativantrag (183/A, 15. GP) und Ausschußbericht (1164 BlgNR 15.GP) zu dieser Novelle sprechen davon, daß "nunmehr auch die Mandatsverteilung im Bundesrat für die Berechnung der Klubdotierungen herangezogen werden soll". Mit derselben Novelle wurde im Titel des Gesetzes das Wort "Bundesrat" eingefügt ("Bundesgesetz ..., mit dem die Tätigkeit der Klubs der wahlwerbenden Parteien im National- und Bundesrat erleichtert wird").

Das KlubfinanzierungsG hat also seit jeher an die tatsächliche Gegebenheit angeknüpft, daß jede im Parlament vertretene politische Gruppierung über einen Parlamentsklub verfügte, dem die Abgeordneten zum Nationalrat und die Mitglieder des Bundesrates angehörten und dem finanzielle Mittel zur Verfügung standen. Diese politische Realität besteht auch weiterhin; die parlamentarische Praxis ging und geht als geradezu selbstverständlich von ihr aus.

So ist bezeichnend, daß sich der Abg. Dr. Josef MOSER in seinem an den Parlamentsdirektor gerichteten Schreiben vom 25. Feber 1993 (s.o. I.1.b) selbst "Clubdirektor der FPÖ" nennt und um bescheidmäßige Absprache der Auswirkungen der Klubbildung des Liberalen Forums auf den Freiheitlichen Parlamentsklub ersucht. In seiner Antwort vom 26. Feber 1993 teilt der Parlamentsdirektor mit, daß dem "Klub der Freiheitlichen Partei Österreichs" ab aufgrund des KlubfinanzierungsG 1985 eine vierteljährliche "Zuwendung" in folgender Höhe angewiesen werde:

"Gem. §§2 bis 3 S 2.667.126,--

gem. § 4 S 2.400.413,40

gem. § 4a (1) S 666.781,50

gem. § 4a (2) S 400.068,90

zusammen hiemit S 6.134.389,80"

Abschließend wird in diesem Schreiben bemerkt, "daß sich durch den Austritt von Bundesrat Mag. Lakner aus dem FPÖ-Klub keine rechnerische Veränderung ergeben hat".

All diese Ausführungen sind inhaltlich und formell nur vor dem Hintergrund verständlich, daß es einen "FPÖ-Parlamentsklub" gibt, dem die der FPÖ zuzuzählenden Abgeordneten zum Nationalrat und Mitglieder des Bundesrates angehören, und daß diesem Parlamentsklub ein dem Gesetz entsprechender Gesamtbetrag anzuweisen ist.

Aus all dem folgt, daß für alle nach dem KlubfinanzierungsG 1985 gebührenden Geldbeträge die einzelnen Parlamentsklubs (hier jener der FPÖ) anspruchsberechtigt und daher aktiv klagslegitimiert sind.

cc) Die klagende Partei tritt nun unter der Bezeichnung "Klub der Freiheitlichen Partei Österreichs der Abgeordneten zum Österreichischen Nationalrat" auf. Nach dem Gesagten ist diese Bezeichnung zwar formal verfehlt. Aufgrund der geschilderten historischen Entwicklung und der tatsächlichen Gegebenheiten steht jedoch in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise fest, von wem die Klage erhoben wurde.

Die Bezeichnung der klagenden Partei ist sohin gemäß § 235 Abs 5 ZPO iVm § 35 VerfGG von Amts wegen auf "Parlamentarischer Klub der Freiheitlichen Partei Österreichs der Abgeordneten zum Nationalrat und Mitglieder des Bundesrates" richtigzustellen.

Die aktive Klagslegitimation dieses Parlamentsklubs ist - wie aus den obigen Ausführungen hervorgeht - gegeben.

3. Das Klagebegehren ist nicht berechtigt, weil der klagenden Partei die ihr nach dem Gesetz zustehenden Beträge angewiesen wurden:

a) Die einzig strittige Frage ist, welche Zahl von Abgeordneten der nach dem KlubfinanzierungsG 1985 vorzunehmenden Berechnung der den einzelnen Parlamentsklubs zustehenden Beträge zugrundezulegen ist - im gegebenen Zusammenhang die Zahl der FPÖ-Abgeordneten vor oder nach dem (am 4. Feber 1993 erklärten) Austritt von fünf Abgeordneten aus dem Klub.

b) Die klagende Partei meint, daß eine - Beiträge und Zuwendungen nach dem KlubfinanzierungsG 1985 mindernde - Loslösung vom parlamentarischen Klub nur durch Aufgabe der Mitgliedschaft zur wahlwerbenden Partei ("Wahlpartei") iS der Nationalratswahlordnung erfolgen könne; die Aufgabe der Mitgliedschaft zur Wahlpartei sei zwingend mit dem Mandatsverlust verbunden. Die fünf Abgeordneten, die ihren Austritt aus dem FPÖ-Klub erklärt hätten, hätten aber ihr Mandat nicht aufgegeben. Ein (beitragsmindernder) Austritt aus dem Klub sei - ohne Mandatsverlust - nicht möglich. Die Nichtteilnahme eines Abgeordneten an den Klubsitzungen "verändere nicht die Ausschußsitze und finanziellen Mittel".

c) Die beklagte Partei vertritt die gegenteilige Meinung. Sie verweist auf den Grundsatz des freien Mandats und auf das passive Wahlrecht. Sie ist der Ansicht, daß der von der beklagten Partei behauptete untrennbare Zusammenhang von Wahlpartei und Klub nicht bestehe. Ein Austritt aus einem parlamentarischen Klub sei - mangels anderslautender Rechtsvorschriften - durch individuelle, einseitige Willenserklärung jederzeit möglich.

d) Die beklagte Partei ist im Ergebnis im Recht:

Da sich die Stärke des Parlamentsklubs unter anderem aus der Stärke des Nationalratsklubs ergibt, würde eine Verminderung der Zahl der diesem angehörenden Abgeordneten zum Nationalrat auch eine Verkleinerung des betreffenden Parlamentsklubs mit sich bringen und könnte sich damit auf die Berechnung der dem Parlamentsklub nach dem KlubfinanzierungsG 1985 zustehenden Beträge auswirken. Zu klären ist daher, ob es zulässig ist, jederzeit aus einem Nationalratsklub auszutreten.

Das ist der Fall:

Bereits der Wortlaut des GOG NR spricht für dieses Ergebnis. So läßt § 32 Abs 1 fünfter Satz GOG NR "Veränderungen im Stärkeverhältnis des Klubs" zu. Diese Bestimmung wäre unverständlich, wenn nicht noch ein Beitritt oder ein Austritt von Abgeordneten nach erfolgter Konstituierung des Nationalratsklubs zulässig wäre.

§ 7 GOG NR legt fest: "Abgeordnete derselben wahlwerbenden Partei haben das Recht, sich in einem Klub zusammenzuschließen" - und nicht etwa: "Die Abgeordneten ... bilden einen Klub". Jeder Abgeordnete kann also dem Klub (freiwillig) beitreten, er muß es nicht; dann aber darf er aus diesem auch wieder austreten; jedes andere Verständnis dieser Bestimmung widerspräche den auf allen vergleichbaren Gebieten (etwa des Vereins- und Gesellschaftsrechtes) geltenden (expliziten oder impliziten) Regelungen.

Nach § 36 Abs 2 leg. cit. erlischt das Ausschußmandat unter anderem dann, wenn das Mitglied dem Klub, der es namhaft gemacht hat, nicht mehr angehört; auch dies impliziert die Möglichkeit eines Austritts aus einem Klub.

Die zahlreichen, mehr oder weniger ausführlichen, aus Anlaß des in Rede stehenden Geschehens erstatteten Gutachten befassen sich in erster Linie mit der Frage, ob sich der "Club Liberales Forum" rechtmäßigerweise als Klub iS des § 7 GOG NR bilden konnte. Diese Frage ist aus Anlaß dieses Klageverfahrens nicht zu erörtern. Insofern erübrigt sich eine Auseinandersetzung mit diesen Gutachten.

Mit dem Problem, ob ein Austritt aus einem Klub zulässig ist, beschäftigen sich - und zwar im Sinne der soeben gemachten Ausführungen - einige der für den Präsidenten des Nationalrates bestimmten Gutachten, so jenes von O.Univ.Prof.DDr. Heinz MAYER, vom 10. Feber 1993, S 2; jenes von O.Univ.Prof.Dr. Helmut WIDDER, vom 12. Feber 1993, S 6 f., und jenes des Bundeskanzleramtes-Verfassungsdienst vom 17. Feber 1993, S 5. Auch die Studienarbeit der Sozialwissenschaftlichen Arbeitsgemeinschaft (SWA) Nr. 104, "Das Novum der Klubbildung des Liberalen Forums", S 12, kommt zum selben Ergebnis. Selbst das von der klagenden Partei als Teil ihrer Klagsausführungen übernommene Gutachten "Rechtsfragen der Bildung eines Klubs im Nationalrat" von O.Univ.Prof.Dr. Günther WINKLER (S 53 ff. der Klageschrift) gelangt zum Schluß, daß der Abgeordnete aus dem Klub, dem er freiwillig angehört, austreten kann (S 19 des Gutachtens bzw. S 76 der Klageschrift; ebenso WINKLER, Rechtsfragen der Bildung eines Klubs im Nationalrat, JBl. 1993, S 279 ff. (287)).

Ein weiteres Argument dafür, daß sich Abgeordnete zum Nationalrat von einem bestehenden Klub trennen dürfen, ist das Prinzip des freien Mandates, das in Art 56 B-VG verfassungsgesetzlich verankert ist (vgl. die aus Anlaß des in Rede stehenden Geschehens für den Präsidenten des Nationalrates erstatteten Gutachten von Em.O.Univ.Prof. BM aD Dr. Hans R. KLECATSKY vom 15. Feber 1993, S 10, und von O.Univ.Prof.Dr. Helmut WIDDER, aaO, S 6; s. ferner O.Univ.Prof.Dr. Theo ÖHLINGER, Der Klub des Liberalen Forums, Journal für Rechtspolitik (JRP) 1993, S 77 ff. (78)).

Für das dargelegte Ergebnis sprechen noch folgende weitere Überlegungen:

Wie oben ausgeführt, stehen die nach dem KlubfinanzierungsG 1985 gebührenden finanziellen Mittel den Parlamentsklubs zu, die sich aus den Abgeordneten zum Nationalrat und den Mitgliedern des Bundesrates zusammensetzen. Bei der Berechnung der den Parlamentsklubs zustehenden Beträge kommt es auch auf die Zahl der (dem Klub angehörenden) Mitglieder des Bundesrates an. Schon aus diesem Grund ist die von der klagenden Partei versuchte, in Zusammenhang mit dem KlubfinanzierungsG 1985 angeblich maßgebende Verknüpfung von Wahlpartei und Parlamentsklub verfehlt, ist doch die Mitgliedschaft zum Bundesrat rechtlich nicht mit einer vorangehenden Zugehörigkeit zu einer Wahlpartei verbunden.

Auch der Sinn des KlubfinanzierungsG 1985 belegt den geschilderten Gesetzesinhalt: Das Gesetz sieht einerseits einen "Sockelbetrag" vor (s. § 2 Abs 1 leg.cit.); andererseits gewährt es Zusatzbeträge, die von der Zahl der Nationalratsabgeordneten und der Mitglieder des Bundesrates abhängen, die dem Klub angehören. Diese Regelung zielt offenkundig darauf ab, die Arbeitsfähigkeit der - für die Funktionsfähigkeit des Parlaments essentiellen - Klubs zu ermöglichen. Die Höhe der hiefür erforderlichen Mittel der einzelnen Klubs hängt auch von der Zahl der ihnen angehörenden Mitglieder ab. Abgeordnete, die an der Arbeit des Klubs nicht mehr teilnehmen wollen und die daher aus diesem austreten, belasten das Klubbudget nicht mehr; es liegt daher im Sinn des Gesetzes, wenn diesfalls die Klubmittel verringert werden. Würden dem Klub trotz verringerten Aufwandes Beträge in unveränderter Höhe gewährt, wäre dies nicht sachgerecht; ein solcher verfassungswidriger Inhalt ist dem Gesetz nicht zu unterstellen.

e) Aus dem Gesagten folgt, daß der Bund bei Berechnung der der klagenden Partei nach dem KlubfinanzierungsG 1985 ab zustehenden Beträge richtig den Austritt von fünf Abgeordneten zum Nationalrat aus dem FPÖ-Klub als betragsmindernd berücksichtigt hat.

Daß die auf dieser Grundlage erfolgte Berechnung der konkreten Beträge richtig ist und die Auszahlung der so errechneten Beträge an die klagende Partei erfolgte, ist unstrittig.

Das Klagebegehren war sohin abzuweisen.

Bei diesem Ergebnis war auf weitere Fragen nicht einzugehen; insbesondere war nicht zu erörtern, ob sich das "Liberale Forum" wirksam als Nationalratsklub konstituiert hat oder nicht (s. auch die Beschlüsse vom heutigen Tag B563/93, Pkte. II.3. und III.2.b, sowie B629/93, Pkte. II.1.b.cc und III.2.b).

4. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VerfGG ohne mündliche Verhandlung getroffen werden.

5. Der beklagten Partei, die ohne Inanspruchnahme eines Rechtsanwaltes oder der Finanzprokuratur einschritt, steht der geltend gemachte Anspruch auf Ersatz der Prozeßkosten nicht zu (vgl. zB VfSlg. 10103/1984, S 8; 11589/1987, S 771; 11613/1988, S 46; 12085/1989, S 614).