OGH vom 28.09.2010, 11Os87/10v
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Zehetner als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Kirchbacher, Dr. Schwab, Mag. Lendl und Dr. Bachner Foregger als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Prammer als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Friedrich B***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des Missbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Friedrich B*****, Jochen R***** und Norbert Br***** gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom , GZ 24 Hv 10/10d 63a, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Den Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen, auch unbekämpft in Rechtskraft erwachsene Freisprüche des Erich S***** und der Michaela C***** sowie Teilfreisprüche des Friedrich B***** und des Norbert Br***** enthaltenden Urteil wurden Friedrich B***** und Jochen R***** jeweils des Verbrechens des Missbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 StGB (I./) und Norbert Br***** des Vergehens der Beleidigung nach § 115 Abs 1 (§ 313) StGB (II./) schuldig erkannt.
Danach haben in Wien
I./ Jochen R***** und Friedrich B***** zwischen 19. und im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter in ihrer Funktion als bei der Polizeiinspektion S*****gasse dienstzugeteilte und die Amtshandlung führende Polizeibeamte mit dem Vorsatz, dadurch den Staat in seinem Recht auf Aufklärung und Verfolgung strafbarer Handlungen sowie auf Erforschung der materiellen Wahrheit sowie Tuncay Ca***** in seinem Anzeigerecht zu schädigen, ihre Befugnis, im Namen des Bundes als dessen Organ in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen, dadurch wissentlich missbraucht, dass sie eine Anzeige des Tuncay Ca***** gegen Johann St***** wegen gefährlicher Drohung nach § 107 Abs 1 StGB nicht aufnahmen und eine solche nicht an die Staatsanwaltschaft weiterleiteten sowie einen sichergestellten [mutmaßlich zur Drohung eingesetzten] Baseballschläger des Johann St***** der Staatsanwaltschaft bzw dem Gericht nicht vorlegten;
II./ Norbert Br***** am unter Ausnutzung der ihm durch seine Amtstätigkeit gebotenen Gelegenheit Tuncay Ca***** vor mehreren Leuten in einer die Menschenwürde verletzenden Weise durch die Äußerung „Du kannst nie Österreicher werden, du bist ein Scheiß-Tschusch“ und „Du bist ein Scheiß-Türke“ beschimpft, wobei sich die Tat gegen den Verletzten wegen seiner Zugehörigkeit zu einer der in § 283 Abs 1 StGB bezeichneten Gruppen richtete.
Gegen diesen Schuldspruch wenden sich die Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten B***** und R*****, die diese auf § 281 Abs 1 Z 5 und 9 lit a StPO, B***** darüber hinaus auch auf Z 5a leg cit stützen, sowie die aus § 281 Abs 1 Z 5a, 10 und 11 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Norbert Br*****.
Rechtliche Beurteilung
Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Friedrich B*****:
Entgegen der die Führung der Amtshandlung und den wissentlichen Befugnismissbrauch bestreitenden Mängelrüge (Z 5 dritter Fall) schließt die durch Ärger über den Anzeiger motivierte Weigerung des Beschwerdeführers, an einzelnen Erhebungsschritten, nämlich der persönlichen Befragung der polizeiliche Hilfe begehrenden Ehegatten Ca***** mitzuwirken, die durch das Einschreiten in seiner Funktion als diensthabender Polizeibeamter einschließlich der Abnahme des mutmaßlich zur Drohung eingesetzten Baseballschlägers begründete Betrauung mit der Amtshandlung auch wegen des Vorwurfs nach § 107 StGB ebenso wenig aus wie das Dienstende am um 07:00 Uhr und das Verfassen einer Anzeige gegen Johann St***** (bloß) wegen alkoholisierten Lenkens eines Kraftfahrzeugs durch Jochen R*****. Aus welchem Grund die Information durch den Letztgenannten über das mit dem Wachkommandanten Erich S***** geführte Gespräch und die von diesem (bei unvollständiger Beurteilungsbasis hinsichtlich des „Einsatzes“ des Baseballschlägers s US 16, 32) geäußerte, von einer Anzeigeerstattung nicht entbindende Einschätzung des Vorfalls als strafrechtlich nicht relevant sowie die Aufforderung zur Meldungslegung und die daraufhin erfolgte (auch vom Nichtigkeitswerber unterfertigte, indes im entscheidenden Punkt [Drohung mit Baseballschläger] unvollständige vgl US 23) Meldung vom , dass Tuncay Ca***** das Gefühl einer Bedrohung durch St***** von Anfang an erwähnt hat, es jedoch zu keinem persönlichen Kontakt oder Gespräch gekommen sei, zu den bekämpften Feststellungen im Widerspruch stünden, vermag der Beschwerdeführer nicht einsichtig zu machen.
Die Konstatierung, dass weder Friedrich B***** noch Jochen R***** nach der inhaltlich unrichtigen, die Sicherstellung des Baseballschlägers verschweigenden Meldung vom (ON 2 S 27 bis 33) eine Anzeige gelegt haben und dem Beschwerdeführer nach dieser Meldung auch klar war, dass Jochen R*****, mit dem er die Amtshandlung geführt hat, bisher noch keine Anzeige erstattet hat, steht den bekämpften Urteilsannahmen ebenfalls nicht entgegen.
Soweit der Beschwerdeführer aus dem isoliert hervorgehobenen Dienstende und dem damit verbundenen Verlassen der Polizeistation vor Beendigung der von Jochen R***** fortgeführten Amtshandlung sowie aus der Erzählung des Letztgenannten über sein Gespräch mit dem Wachkommandanten und dessen Einschätzung der Situation sowie unter völligem Negieren seines Wissensstands ab der gemeinsamen Meldung vom für sich günstigere Feststellungen abzuleiten trachtet, bekämpft er unzulässig weil nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht normierten Berufung wegen Schuld die tatrichterliche Beweiswürdigung.
Der Umstand, dass der den Verdacht der gefährlichen Drohung, allenfalls der versuchten Nötigung begründende Sachverhalt den von Tuncay Ca***** anzuzeigen versuchte, durch die E-Mail einer Journalistin (ON 2 S 21 f) bereits am 20 . November 2006 ab 12:29 Uhr höheren Polizeidienststellen bekannt war und die Aufforderung zur Meldungslegung nach sich zog, steht der Annahme des wissentlichen Befugnismissbrauchs nicht entgegen. Aus welchem Grund die nachträgliche Kenntnisnahme der Vorfälle in den frühen Morgenstunden des 19 . November 2006 (US 11) durch „Spitzenfunktionsträger des Landespolizeikommandos Wien“ und die Einschaltung des Büros für Besondere Ermittlungen der Bundespolizeidirektion Wien die Verpflichtung zur (vollständigen) Anzeigeerstattung für die von Tuncay Ca***** zum Einschreiten aufgeforderten Beamten aufgehoben hätten, ist den Beschwerdeausführungen nicht zu entnehmen.
Der Einwand unterbliebener Berücksichtigung (Z 5 zweiter Fall) der leitenden Polizeibeamten zugegangenen, den Hergang der Amtshandlung in den Morgenstunden des beschreibenden E Mail versagt, kommt doch weder der Kenntnis von den Vorfällen noch der (späteren) Übernahme der Amtshandlung durch das Büro für Besondere Ermittlungen der Bundespolizeidirektion Wien eine für die Subsumtion oder die Auswahl des Strafrahmens entscheidungswesentliche Bedeutung zu. Im Übrigen wird dem Beschwerdeführer das Unterlassen der Anzeigeerstattung sowie der Meldung der Sicherstellung des Baseballschlägers und deren nicht erfolgte Weiterleitung an die Staatsanwaltschaft bzw das Gericht, nicht aber das weisungsgemäße Unterbleiben der vom Büro für Besondere Ermittlungen übernommenen Weiterführung des Verfahrens angelastet.
Die problematisierte Frage, ob Jochen R***** den Beschwerdeführer über die bloß wegen Lenkens eines Kraftfahrzeugs in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand erfolgte Anzeige gegen Johann St***** informiert hat, ist nicht entscheidungswesentlich.
Welche „ungeklärt gebliebenen Umstände zum Nachteil“ des Beschwerdeführers anlässlich der mit dem Hinweis auf den Inhalt der Meldung vom begründeten Feststellungen zur subjektiven Tatseite ausgelegt worden wären, wird im Rechtmittel nicht konkretisiert (§§ 285 Abs 1 zweiter Satz, 285a Z 2 StPO).
Die Tatsachenrüge (Z 5a) vermag in Ansehung der übereinstimmenden Depositionen des Johann St***** und des Angeklagten Jochen R***** zu dessen gemeinsamen Einschreiten mit dem Beschwerdeführer anlässlich des von Tuncay Ca***** durch Hupen vor der Polizeiinspektion zum Ausdruck gebrachten Ersuchens um polizeiliche Hilfe sowie in Anbetracht des Inhalts der Meldung vom in Verbindung mit der noch nach Einlangen der Aufforderung zur Übersendung einer Meldung an das Büro für Besondere Ermittlungen der Bundespolizeidirektion Wien (ON 2 S 25) unterlassenen Anzeigeerstattung wegen des Verdachts einer gefährlichen Drohung und der ebenfalls nicht dokumentierten Sicherstellung des in der Folge formlos wieder ausgefolgten Baseballschlägers sowie der Angaben des Erich S***** zur rechtlichen Versiertheit sämtlicher involvierten Beamten (ON 62 S 113) keine sich aus den Akten ergebenden erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der den Schuldspruch tragenden entscheidenden Tatsachen zu erwecken.
Der formelle Nichtigkeitsgrund nach Z 5a greift seinem Wesen nach nämlich erst dann, wenn Beweismittel, die in der Hauptverhandlung vorkamen oder vorkommen hätten können und dürfen, nach allgemein menschlicher Erfahrung gravierende Bedenken gegen die Richtigkeit der bekämpften Urteilsannahmen aufkommen lassen, maW intersubjektiv gemessen an Erfahrungs- und Vernunftsätzen eine unerträgliche Fehlentscheidung qualifiziert nahelegen. Eine über die Prüfung erheblicher Bedenken hinausgehende Auseinandersetzung mit der Überzeugungskraft von Beweisergebnissen - wie sie die Berufung wegen Schuld des Einzelrichterverfahrens einräumt - wird dadurch nicht ermöglicht. Die Tatsachenermittlung im kollegialgerichtlichen Verfahren bleibt den Richtern erster Instanz vorbehalten, die unter dem Eindruck der unmittelbaren, mündlichen und kontradiktorischen Beweiserhebung entscheiden. Beweiswürdigende Detailerwägungen diesseits der Schwelle erheblicher Bedenklichkeit - wie in Erledigung einer Berufung wegen Schuld - sind dem Obersten Gerichtshof somit verwehrt und auch in einer Tatsachenrüge nicht statthaft (RIS-Justiz RS0118780, RS0119583).
Soweit die Tatsachenrüge unter Wiederholung der Argumente der Mängelrüge zum Dienstende am 20. (richtig hingegen [US 21] am 19.) November 2006 und zum nächsten Dienstantritt in der Polizeiinspektion S*****gasse sowie unter Hinweis auf die theoretische Möglichkeit ordnungsgemäßer Finalisierung der Amtshandlung durch Jochen R***** für den Beschwerdeführer günstigere Feststellungen anstrebt, übergeht sie den teilweise wahrheitswidrigen Inhalt der (aufgetragenen US 22 f) Meldung vom .
Gestützt auf § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO bestreitet der Beschwerdeführer die Erfüllung des „äußeren und inneren Tatbestands“ und behauptet im Besonderen das Fehlen der Wissentlichkeit. Damit negiert er die diesbezüglichen Konstatierungen auf US 23 f und bringt den materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrund nicht prozessförmig zur Darstellung. Neuerlich wiederholte Erwägungen zum Wissensstand des Beschwerdeführers infolge seines Dienstschlusses am , zur Fortsetzung der Amtshandlung durch RI Jochen R***** sowie zur Information leitender Polizeibeamter über die Vorfälle bereits ab , 12:29 Uhr, sohin noch vor dem erst um 17:00 Uhr erfolgten neuerlichen Dienstantritt des Beschwerdeführers in der Polizeiinspektion S*****gasse, bekämpfen einmal mehr auch unter diesem Nichtigkeitsgrund unzulässig die tatrichterliche Beweiswürdigung.
Welche rechtliche Bedeutung den vermissten Feststellungen zu den Fragen zukäme, „ob der Erstangeklagte seinen Dienst erst nach Meldungsaufforderung angetreten hat“ und ob die „Polizeispitze“ zu diesem Zeitpunkt bereits in Kenntnis des Sachverhalts war, legt der Beschwerdeführer nicht dar.
Hinsichtlich der Äußerung des Erstangeklagten zur Stellungnahme der Generalprokuratur (§ 24 StPO) ist daran zu erinnern, dass eine solche nicht die Ergänzung des Vorbringens in der Nichtigkeitsbeschwerde ermöglicht (vgl Ratz , WK StPO § 285 Rz 8 mit Judikaturnachweisen).
Mit Blick auf § 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO sei allerdings zum auf Bestimmungen des BDG gestützten Vorbringen, wonach dem Beschwerdeführer aufgrund seiner Dienststellung eine direkte Anzeige an die Staatsanwaltschaft verwehrt gewesen wäre, bemerkt: Selbst für ein nicht zum unmittelbaren Verkehr mit Staatsanwaltschaft und Gericht berufenes Exekutivorgan genügt zur Strafbarkeit nach § 302 Abs 1 StGB bereits die vom Schädigungsvorsatz umfasste Beeinträchtigung des Rechts auf Strafverfolgung etwa durch doloses Unterlassen weiterer Sachverhaltsermittlung oder der vollständigen wenngleich behördeninternen Darstellung der bisher bekannten Erhebungsergebnisse. Denn dadurch wird die Erstattung einer Anzeige (im technischen Sinn der §§ 24 letzter Satz, 84 Abs 1, Abs 3 StPO idF vor dem StPRefG BGBl I 2004/19, also zum fallaktuellen Tatzeitpunkt) oder eines Berichts iSv §§ 100 f StPO (idgF) und somit eine strafrechtliche Beurteilung durch Staatsanwaltschaft und Gericht ja gerade unmöglich gemacht. Hat ein Beamter die ihm obliegenden Maßnahmen zur Wahrung des staatlichen Verfolgungs und Bestrafungsinteresses unterlassen, haftet er bereits für den solcherart vollendeten Missbrauch seiner Amtsgewalt; dass es unabhängig davon in concreto doch (noch) zu einer Strafverfolgung kommt, ändert daran nichts (15 Os 71/99; 13 Os 38/00, SSt 63/99; 11 Os 43/02, SSt 2003/5; Fuchs/Jerabek , Korruption und Amtsmissbrauch³ § 302 StGB Rz 14 und 35 f).
Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Jochen R*****:
Entgegen dem Vorbringen der Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) stützten die Tatrichter das festgestellte Wissen des Beschwerdeführers, durch die Unterlassung der Anzeigeerstattung sein Amt als Polizeibeamter zu missbrauchen (US 22), mit logisch und empirisch einwandfreier Begründung auf den vom Angeklagten R***** vor Gericht gewonnenen Eindruck eines rechtlich versierten Polizeibeamten, auf die damit übereinstimmenden Depositionen der Angeklagten Erich S***** und Robert Br***** sowie auf die eigene Verantwortung des Beschwerdeführers (US 41).
Verfehlt ist auch die Behauptung einer unvollständigen Begründung (Z 5 zweiter Fall), gingen die Tatrichter doch ausdrücklich auf die Besprechung zwischen dem Beschwerdeführer und seinem Vorgesetzten Erich S***** ein (US 31 ff, 38 f, 40 ff). Im Übrigen wurde mit mängelfreier Begründung (US 32) festgestellt, dass Letzterer dabei nicht umfassend (also auch hinsichtlich der Verwendung des Baseballschlägers) über den Sachverhalt in Kenntnis gesetzt wurde (US 16), sodass dessen Einschätzung schon deshalb keine entscheidende Bedeutung zukommt.
Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) behauptet einen Rechtsfehler mangels Feststellungen zur subjektiven Tatseite. Dem Vorbringen („Wissentlichkeit setzt mehr als bloßes Wissen voraus“) ist jedoch nicht zu entnehmen, welche über die zum Wissen um den Befugnismissbrauch und zur vorsätzlichen Schädigung des Staates im Recht auf Aufklärung und Verfolgung sowie des Tuncay Ca***** auf Anzeigeerstattung getroffenen (US 22) Konstatierungen hinausgehenden konkreten Feststellungen der Beschwerdeführer vermisst.
Die Ansicht, die Unterdrückung eines Beweismittels sei kein Hoheitsakt, lässt die faktische Sicherstellung des Baseballschlägers (US 13, 21 f, 39) und dessen formlose Wiederausfolgung an Johann St***** (US 40), wozu der Beschwerdeführer als Polizeibeamter an sich befugt war ( E. Fuchs/Jerabek , Korruption und Amtsmissbrauch³, § 302 Rz 14, 62), außer Betracht. Überdies legt der Beschwerdeführer nicht dar, aus welchem Grund selbst ein nach der angeführten, von der Rechtsprechung abweichenden Kommentarmeinung ( Bertel in WK² § 302 Rz 73) dem Erstgericht in Ansehung der Wegnahme und Wiederausfolgung des Baseballschlägers unterlaufener Rechtsfehler mit Blick auf die weiteren Urteilsannahmen zum wissentlich missbräuchlichen Unterlassen der Anzeigeerstattung und zur damit verbundenen vorsätzlichen Schädigung des Staats und des Anzeigers für die Subsumtion entscheidend sei.
Der Einwand, die Tatrichter hätten es unterlassen, eine Rechtsvorschrift zu benennen, aus der sich die Garantenstellung des Beschwerdeführers (als Täter durch Unterlassung) ergäbe, ist angesichts der Feststellung, wonach dieser in seiner Funktion als Polizeibeamter einer der ureigensten Aufgaben der Sicherheitsbehörde nicht nachgekommen sei, indem er die Legung einer Anzeige wegen des Verdachts einer gerichtlich strafbaren Handlung verweigerte und deren Weiterleitung sowie die Weitergabe des sichergestellten Baseballschlägers an die Staatsanwaltschaft bzw das Gericht unterließ (US 22), ohne methodische Grundlage und somit nicht erwiderungsfähig.
Das Vorbringen, den Beschwerdeführer habe keine Anzeigepflicht getroffen, „da nach dem durch Ca***** mitgeteilten Sachverhalt eine gefährliche Drohung nicht vorlag“, entfernt sich von den getroffenen Konstatierungen. Nach diesen lag aufgrund der von Tuncay Ca***** gegenüber den Angeklagten B***** und R***** geäußerten Anschuldigungen, Johann St***** sei ihm seit längerem bei der Parkplatzsuche gefolgt (US 12), aus seinem PKW auch ausgestiegen und mit einem Baseballschläger auf das von Tuncay Ca***** gelenkte Fahrzeug zugegangen (US 13) und habe bedrohliche Gesten gemacht (US 15), wodurch sich der Anzeiger und seine Frau bedroht fühlten (US 13, 22) und zur Polizeiinspektion fuhren, der zu einer Anzeige verpflichtende (US 22) Verdacht einer gefährlichen Drohung bzw versuchten Nötigung vor.
Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Norbert Br***** :
Ausgehend vom in der Hauptverhandlung durch den Zeugen Tuncay Ca***** als richtig bezeichneten (ON 63 S 71) Gedächtnisprotokoll (ON 2 S 27) und den jeweils bei der Untersuchungsrichterin aufrecht erhaltenen Depositionen der Zeugen Tuncay Ca***** (ON 2 S 91 iVm ON 13) sowie Seyham Ca***** (ON 2 S 113 iVm ON 14) vor der Polizei, bei Berücksichtigung des mehrfachen Hinweises auf das im Zeitpunkt der Hauptverhandlung mehrere Jahre zurückliegende Tatgeschehen und die demgemäß verblasste Erinnerung (etwa ON 63 S 37, 39, 51 bis 57, 71, 103) sowie unter Bedachtnahme auf die Behauptung des erstgenannten Zeugen, Friedrich B***** und Norbert Br***** hätten viel geschimpft (ON 63 S 85), vermag der Beschwerdeführer mit seiner ausschließlich auf selektive Passagen der Aussage des Tuncay Ca***** in der Hauptverhandlung gestützten Tatsachenrüge (Z 5a) keine erheblichen Bedenken an der Richtigkeit der den Schuldspruch tragenden Feststellungen zu erwecken.
Die Bezeichnung „Kanake“ ist vom Schuldspruch nicht umfasst, es erübrigt sich demgemäß ein Eingehen auf die bezughabenden Ausführungen.
Die Subsumtionsrüge (Z 10) weicht mit den eine vorsätzliche Beleidigung durch Beschimpfungen „wegen einer bestimmten Rassenzugehörigkeit“ bestreitenden Ausführungen von den Feststellungen US 18 f (vgl auch 36 f) ab.
Die für ein strafbares Verhalten vom Beschwerdeführer postulierte Voraussetzung der Beschimpfung mit Worten, die auf eine einzige und bestimmte Rasse abstellen, leitet der Beschwerdeführer ebenso wenig aus dem Gesetz ab wie die behauptete Tatbestandsvoraussetzung eines Bestreitens des Lebensrechts (gerade gegenteilig das vom Nichtigkeitswerber unerwähnt gelassene einschlägige Erkenntnis 13 Os 154, 155/03, SSt 2004/2, in dem klargestellt wurde, dass nicht die Erwähnung der Rassenzugehörigkeit als solche, sondern die eine angebliche Minderwertigkeit anzielende Verbindung mit dem in Rede stehenden Fäkalausdruck die qualifizierte Beleidigung darstellt).
Aus welchem Grund die Staatsanwaltschaft in Ansehung der aus dem Schuldspruch ersichtlichen Beschimpfung des türkischstämmigen Tuncay Ca***** sohin wegen seiner Abstammung auf der Grundlage der vom Verletzten erteilten Ermächtigung (ON 13 S 453a) nicht zur Anklage berechtigt wäre (dSn Z 9 lit c), wird einmal mehr nicht aus dem Gesetz abgeleitet.
Die Strafzumessungsrüge (Z 11 zweiter Fall) ist nicht im Recht. Das vom Beschwerdeführer als verletzt erachtete Doppelverwertungsverbot des § 32 Abs 2 erster Satz StGB ist zwar darauf gerichtet, bei Bemessung der Strafe die Berücksichtigung solcher Umstände als erschwerend oder mildernd auszuschließen, die für die Strafdrohung bestimmend sind. Angesprochen sind dadurch wie auch die Verwendung des Wortes Strafdrohung in § 41 Abs 2 StGB zeigt allerdings nur Tatbestandsmerkmale, also für die Subsumtion bedeutsame Umstände (vgl Ratz , WK StPO § 281 Rz 711; Ebner in WK² § 32 Rz 60 f; RIS Justiz RS0091003, RS0090977; instruktiv zur Abgrenzung 13 Os 44/09h, EvBl 2009/144, 965). Selbst bei Berücksichtigung der Ausführungen der Tatrichter, wonach sie „bei einer fakultativen Strafobergrenze von bis zu viereinhalb Monaten Freiheitsstrafe oder Geldstrafe bis zu 270 Tagessätzen (§ 115 Abs 1 StGB iVm § 313 StGB) eine Geldstrafe im Ausmaß von 90 Tagessätzen“ (US 55) als angemessen erachteten, sohin die Strafe unter zutreffender Bejahung der Voraussetzungen des § 313 StGB innerhalb des durch diese Gesetzesstelle erweiterten Straf rahmens ausgemessen haben, erweist sich die nochmalige Berücksichtigung der Ausnützung der Amtsstellung anlässlich der Tatbegehung auch als Erschwerungsgrund (US 54) nicht als verfehlt, weil der genannte Umstand den Straf satz unberührt lässt.
Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher wie schon weitgehend die Generalprokuratur zutreffend ausführte bereits bei nichtöffentlicher Beratung zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus sich die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts für die Entscheidung über die Berufungen ergibt (§ 285i StPO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.