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OGH vom 12.02.2003, 9ObA7/03z

OGH vom 12.02.2003, 9ObA7/03z

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und Univ. Doz. Dr. Bydlinski sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Lukas Stärker und Dr. Klaus Mayr als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Florian M*****, vertreten durch Dr. Helga Hofbauer, Rechtsanwältin in Wien, wider die beklagte Partei H***** GmbH, ***** vertreten durch Mag. Heinz Wolfbauer, Rechtsanwalt in Wien, wegen Kündigungsanfechtung, infolge ordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 10 Ra 245/02a-22, mit dem das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom , GZ 4 Cga 174/01p-17, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 199,87 (darin EUR 33,31 an USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Das Berufungsgericht hat die Frage, ob die von der beklagten Partei ausgesprochene Kündigung als unzulässige "Motivkündigung" gemäß § 105 Abs 3 Z 1 lit c ArbVG zu qualifizieren ist, zutreffend gelöst, sodass es ausreicht, auf die Richtigkeit der Begründung der Berufungsentscheidung hinzuweisen (§ 510 Abs 3 Satz 2 ZPO). Ergänzend ist den Revisionsausführungen Folgendes entgegenzuhalten:

Soweit sich die beklagte Partei gegen die Beurteilung der Vorinstanzen über die Glaubwürdigkeit von vom Erstgericht vernommenen Beweispersonen wendet, ist ihr entgegenzuhalten, dass es sich dabei um dem irrevisiblen Tatsachenbereich zuzuordnende Fragen handelt, die einer Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof entzogen sind. Dies gilt insbesondere auch für die von den Vorinstanzen übereinstimmend bejahte Frage, ob es dem Kläger gelungen ist, ein unlauteres Motiv - hier: seine Absicht, einen Betriebsrat zu installieren - glaubhaft zu machen, wogegen ein anderes (unbedenkliches) Motiv für die Kündigung nicht wahrscheinlicher ist.

Unberechtigt ist auch der Vorwurf an das Berufungsgericht, es habe seiner Entscheidung zu Unrecht die Behauptung des Klägers, er sei in einen von der beklagten Partei geführten betriebsratspflichtigen Betrieb mit mehr als fünf ständigen Arbeitnehmern tätig gewesen, als unbestritten zu Grunde gelegt.

Gemäß § 267 Abs 1 ZPO hat das Gericht unter sorgfältiger Berücksichtigung des gesamten Inhalts des gegnerischen Vorbringens zu beurteilen, ob tatsächliche Behauptungen einer Partei mangels eines ausdrücklichen Geständnisses des Gegners als zugestanden anzusehen sind. Die beklagte Partei gesteht in ihrer Revision auch zu, dass sie das gesamte Klagsvorbringen lediglich pauschal bestritten und nur hinsichtlich des Kündigungsgrundes konkretes Tatsachenvorbringen erstattet hat. Aus der prozessualen Wahrheits- und Vollständigkeitspflicht (§ 178 ZPO idF vor der ZVN 2002, jetzt § 178 Abs 1 ZPO), nach der sich jede Partei insbesondere über die Prozessbehauptungen der anderen bestimmt zu erklären hat, folgt, dass es an den Parteien liegt, dem Gericht bekanntzugeben, welche Tatsachenbehauptungen des Gegners sie - durch hinreichend deutliches Bestreiten - zum Gegenstand eines Beweisverfahrens machen wollen. Bloß pauschales, unsubstantiiertes Bestreiten reicht regelmäßig nur dort, wo von der betreffenden Partei - etwa, weil sie in die Sphäre der anderen keinen Einblick hat - konkretere Tatsachenbehauptungen nicht erwartet werden können. In der Judikatur wird daher die Auffassung vertreten, dass im Regelfall unsubstantiiertes Bestreiten jedenfalls dann als Zugeständnis der vom Prozessgegner behaupteten Tatsachen anzusehen ist, wenn es der Partei leicht möglich wäre, mit konkreten Tatsachenbehauptungen zu replizieren (SZ 47/3, SZ 55/116, NRsp 1991/38, RIS-Justiz RS0039977, RS0039927 ua). Dies gilt insbesondere dort, wo eine Partei bloß einzelnen Tatsachenbehauptungen des Gegners mit einem konkreten Gegenvorbringen entgegentritt, zu den übrigen jedoch inhaltlich nicht Stellung nimmt. Soweit das Berufungsgericht daher unter den gegebenen Umständen davon ausgegangen ist, die beklagte Partei habe die Behauptung des Klägers, er sei in einem (betriebsratspflichtigen) Betrieb mit mehr als fünf ständigen Mitarbeitern tätig gewesen, nicht bestritten, so liegt darin keine fehlerhafte Anwendung des § 267 Abs 1 ZPO. Die Vorinstanzen haben somit auch zu Recht die Anfechtungsbefugnis des Klägers (§ 107 ArbVG) nicht bezweifelt; dass ein Betriebsrat nicht eingerichtet war, ist auch im Revisionsverfahren nicht strittig. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 2 Abs 1, 58 Abs 1 ASGG, 50 Abs 1, 41 Abs 1 ZPO. Als Bemessungsgrundlage war die vom Kläger bereits in der Klage vorgenommene Bewertung (ATS 8.760 = EUR 636,61) heranzuziehen (§ 3 RATG iVm § 56 Abs 2 JN). Dieser Streitwert wurde weder bemängelt noch wurde ein anderer Streitwert behauptet.