VfGH vom 27.11.2002, B697/00
Sammlungsnummer
16732
Spruch
Die beschwerdeführende Partei ist durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in ihren Rechten verletzt worden.
Der Bescheid wird daher aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) ist schuldig, der beschwerdeführenden Partei zuhanden ihres Rechtsvertreters die mit € 2.143,68 bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Mit dem angefochtenen Bescheid versagte der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten der beschwerdeführenden Gesellschaft die Bewilligung zur Ausübung des Gewerbes "Baumeister" gemäß § 127 Z 4 GewO 1994 und die Bestellung einer namhaft gemachten Person zum gewerberechtlichen Geschäftsführer.
2. In ihrer dagegen erhobenen Beschwerde erachtet sich die beschwerdeführende Gesellschaft in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Erwerbsfreiheit und auf Gleichheit vor dem Gesetz sowie in sonstigen Rechten wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung verletzt.
3. Der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit erstattete eine Gegenschrift, in der er den Beschwerdebehauptungen hinsichtlich einer denkunmöglichen Anwendung der in Rede stehenden Verordnungsbestimmung durch die Behörde entgegentritt.
II. 1. Wie der Verfassungsgerichtshof bereits im Erkenntnis V27/02 vom heutigen Tage dargetan hat, ist die Beschwerde zulässig.
2. Aus Anlass dieses Beschwerdeverfahrens hat der Verfassungsgerichtshof gemäß Art 139 Abs 1 B-VG ein Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit der Wortfolge "im Rahmen einer ausführenden Baumeistertätigkeit gemäß § 202 Abs 1 Z 3 GewO 1994 zurückgelegte" in § 1 Abs 2 der Baugewerbe-Befähigungsnachweisverordnung, BGBl. 294/1996, eingeleitet. Er hat hinsichtlich eines Teiles dieser Verordnungsbestimmung ("gemäß § 202 Abs 1 Z 3 GewO 1994") mit Erkenntnis vom heutigen Tag, V27/02, ausgesprochen, dass diese Bestimmung gesetzwidrig war. Hinsichtlich der weiters in Prüfung gezogenen Wortfolge ("im Rahmen einer ausführenden Baumeistertätigkeit") und des Wortes ("zurückgelegte") hat der Verfassungsgerichtshof ausgesprochen, dass jene nicht gesetzwidrig waren.
III. Die belangte Behörde hat eine gesetzwidrige Verordnung angewendet. Es ist nach Lage des Falles nicht von vornherein ausgeschlossen, dass ihre Anwendung für die Rechtsstellung der beschwerdeführenden Gesellschaft nachteilig war.
Da die beschwerdeführende Gesellschaft durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in ihren Rechten verletzt wurde, war der angefochtene Bescheid aufzuheben.
Die belangte Behörde wird im fortgesetzten Verfahren unter Bedachtnahme auf § 379 GewO 1994 idF BGBl. I 111/2002 neu zu entscheiden haben.
Dies konnte gemäß § 19 Abs 4 Z 3 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von € 327,-- enthalten.