OGH vom 27.04.2018, 8Ob76/18m
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Tarmann-Prentner und Mag. Korn, den Hofrat Dr. Stefula und die Hofrätin Mag. Wessely-Kristöfel als weitere Richter in der Schuldenregulierungssache des Schuldners J***** E*****, vertreten durch Dr. Franz Mitterbauer, Rechtsanwalt in Altheim, wegen Restschuldbefreiung, über die Revisionsrekurse der Gläubiger 1. V***** AG, *****, vertreten durch Putz & Rischka Rechtsanwälte KG in Wien, und 2. Republik Österreich (Finanzamt Braunau Ried Schärding), 4780 Schärding, Gerichtsplatz 1, vertreten durch die Finanzprokuratur, 1011 Wien, Singerstraße 17–19, gegen den Beschluss des Landesgerichts Ried im Innkreis als Rekursgericht vom , GZ 6 R 128/17s-69, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Ried im Innkreis vom , GZ 1 S 24/06d-66, abgeändert wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Den Revisionsrekursen wird Folge gegeben.
Die angefochtene Entscheidung wird dahin abgeändert, dass der abweisende Beschluss des Erstgerichts wiederhergestellt wird.
Text
Begründung:
Über das Vermögen des Schuldners wurde mit Beschluss des Erstgerichts vom das Schuldenregulierungsverfahren eröffnet und am nach Scheitern des angebotenen Zahlungsplans das Abschöpfungsverfahren eingeleitet. Innerhalb der siebenjährigen Laufzeit der Abtretungserklärung erhielten die Gläubiger eine Quote von rund 3,8 % ihrer angemeldeten Forderungen.
Mit Beschluss vom verlängerte das Erstgericht das Abschöpfungsverfahren über Antrag des Schuldners gemäß § 213 Abs 4 IO (aF) um drei Jahre.
Mit Eingabe vom stellte der Schuldner den Antrag auf Beendigung des Abschöpfungsverfahrens und Erteilung der Restschuldbefreiung nach § 280 IO (idF des IRÄG 2017).
Das Erstgericht wies den Antrag mangels der Voraussetzungen des § 280 IO nF ab. Dass die ursprünglich für sieben Jahre abgegebene Abtretungserklärung bereits abgelaufen sei, ändere nichts daran, dass die für das verlängerte Abschöpfungsverfahren abgegebene Abtretungserklärung noch bis September 2018 gültig sei.
Das Rekursgericht gab dem Rechtsmittel des Schuldners Folge. Es erklärte das Abschöpfungsverfahren für beendet und sprach aus, dass der Schuldner von den im Verfahren nicht erfüllten Verbindlichkeiten gegenüber den Insolvenzgläubigern befreit sei. Es schloss sich dabei der Rechtsansicht des Schuldners an, die von diesem im Jahr 2015 abgegebene neue Abtretungserklärung für weitere drei Jahre sei in Hinsicht auf § 280 IO idF des IRÄG 2017 unerheblich, weil es ansonsten zu einer ungewollten Schlechterstellung für jene Schuldner käme, denen trotz Anspannung während der ursprünglichen siebenjährigen Abtretungsdauer wegen der nicht erreichten Quote von 10 % keine Restschuldbefreiung erteilt worden sei. Für diese Auffassung sprächen auch mehrere veröffentlichte Beiträge zum IRÄG 2017.
Das Rekursgericht bewertete den Entscheidungsgegenstand mit über 30.000 EUR und erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für zulässig, weil noch keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage vorliege, ob bei § 280 IO nF auf den Ablauf der ursprünglichen Abtretungserklärung oder der Abtretungserklärung im verlängerten Abschöpfungsverfahren abzustellen sei.
Hiergegen richten sich die Revisionsrekurse zweier Gläubiger, mit denen jeweils die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Beschlusses begehrt wird.
Rechtliche Beurteilung
Die Revisionsrekurse sind zulässig und berechtigt.
1. Die für das Schuldenregulierungsverfahren maßgeblichen Änderungen der IO durch das IRÄG 2017 traten grundsätzlich mit in Kraft. Sie sind anzuwenden, wenn das Insolvenzverfahren nach dem eröffnet wurde oder der Antrag auf Einleitung des Abschöpfungsverfahrens nach diesem Datum bei Gericht eingelangt ist.
Für Abschöpfungsverfahren, die bei Inkrafttreten des Gesetzes anhängig waren, gilt nach § 280 IO idF IRÄG 2017 folgende Übergangsregelung:
„Nach Einleitung des Abschöpfungsverfahrens bis zur Entscheidung über die Restschuldbefreiung ist auf Antrag des Schuldners das Abschöpfungsverfahren zu beenden, wenn die Abtretungserklärung abgelaufen ist oder seit dem fünf Jahre der Abtretungserklärung abgelaufen sind. § 213 Abs 1 zweiter bis vierter Satz in der vor dem IRÄG 2017 vorgesehenen Fassung sind anzuwenden.“
2. Nach mittlerweile ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats (RIS-Justiz RS0131932; 8 Ob 6/18t; 8 Ob 5/18w; 8 Ob 20/18t ua) ist eine vorzeitige Beendigung jener anhängigen Verfahren, die vor dem Stichtag nach § 213 Abs 4 IO aF aus Billigkeitsgründen verlängert wurden, in der Übergangsregelung des § 280 IO nicht vorgesehen. Der Antrag nach § 280 IO setzt vielmehr voraus, dass die Abtretungserklärung auch für das verlängerte Verfahren abgelaufen ist (8 Ob 6/18t; 8 Ob 5/18w; 8 Ob 20/18t ua).
Den Revisionsrekursen der Gläubiger war daher Folge zu geben und die Entscheidung des Erstgerichts wiederherzustellen.
Zusatzinformationen
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ECLI: | ECLI:AT:OGH0002:2018:0080OB00076.18M.0427.000 |
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