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VfGH vom 13.10.2005, B692/05

VfGH vom 13.10.2005, B692/05

Sammlungsnummer

17675

Leitsatz

Feststellung der Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates (UVS) für Kärnten zur Entscheidung über Nachprüfungsanträge der Bietergemeinschaft STRABAG und der Bietergemeinschaft Bögl im Vergabeverfahren betreffend den Bau des EM-Stadions für die Fußball-Europameisterschaft 2008 in Klagenfurt; Stadt Klagenfurt als öffentlicher Auftraggeber; Aufhebung des die Anträge der Bietergemeinschaften wegen Unzuständigkeit zurückweisenden Teiles des angefochtenen Bescheides; keine gesonderte Entscheidung in den Beschwerdeverfahren

Spruch

1. Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. Kosten werden nicht zugesprochen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Der Österreichische Fußballbund und der Schweizer Fußballverband haben den Zuschlag zur Ausrichtung der Fußball-Europameisterschaft 2008 (EURO 2008) erhalten. Als Austragungsort ist u.a. Klagenfurt vorgesehen, wobei das Stadion Klagenfurt den Vorgaben des Europäischen Fußballverbandes (UEFA)entsprechen muss. Die Fußball-Europameisterschaft soll vom 7. bis stattfinden.

2. Am erfolgte eine Vergabebekanntmachung im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften, 2004-S 2-001322. Hiebei wird der öffentliche Auftraggeber wie folgt bezeichnet:

"Offizieller Name und Anschrift des öffentlichen

Auftraggebers: Republik Österreich BUND, ÖISS Österreichisches

Institut für Schul- und Sportstättenbau, Att:

Dir. DI Peter Gattermann, Prinz-Eugen-Straße 12, A-1040 Wien, Tel:

++43-1-505 88 99-0. Fax: ++43-1-505 88 99-20. E-Mail:

gattermann.oeiss.org. URL: www.oeiss.org."

Die Bezeichnung des Auftrags durch den Auftraggeber lautet:

"Die Stadionneubau inkludierend Baufreimachung, Planung und Errichtung in Klagenfurt Waidmannsdorf für EURO 2008 - 30.000 Sitzplätze netto sowie Rückbau."

Als Beschreibung/Gegenstand des Auftrags wird ausgeführt:

"Generalübernehmerauftrag, Planung und Bauausführung".

Die "Verfahrensart" wird als "Verhandlungsverfahren" bezeichnet.

Ferner erfolgte eine Vergabebekanntmachung im Amtsblatt zur Wiener Zeitung vom . Diese Bekanntmachung lautet:

"Vergabebekanntmachung. Verhandlungsverfahren.

Österreich BUND, ÖISS Österreichisches Institut für Schul- und Sportstättenbau. Auftragsbezeichnung: Stadionneubau inkludierend Baufreimachung, Planung und Errichtung in Klagenfurt Waidmannsdorf für EURO 2008 - 30.000 Sitzplätze netto sowie Rückbau; Gegenstand des Auftrags: Generalübernehmerauftrag, Planung und Bauausführung".

Ein Kostenrahmen wird nicht angegeben.

3. In der "Generalübernehmerausschreibung Verhandlungsverfahren" wird der Auftraggeber wie folgt bezeichnet (Punkt I./2.1):

"AUFTRAGGEBER AG

Stadt Klagenfurt gemeinsam mit deren Gründung befindlichen zweckbestimmten Errichtungs- und Betriebsgesellschaft, die diese vertreten durch Österreichisches Institut für Schul- und Sportstättenbau (ÖISS)." (Hervorhebungen im Original)

Ferner wird in den Ausschreibungsunterlagen (Punkt I.1.) erwähnt, dass das Vergabeverfahren als "Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung gem. § 25 Abs 3 Z 3 BVergG 2002" durchgeführt wird.

4. Eine formelle Berichtigung der Vergabebekanntmachung nach § 37 Abs 5 BVergG in den Publikationsorganen ist nicht erfolgt. Keiner der Bieter hat im Nachprüfungsverfahren Einspruch betreffend die Auftraggebereigenschaft an die Stadt Klagenfurt erhoben.

Auch hat keine der Parteien die Ausschreibung nach § 169 Abs 1 Z 3a oder die Unterlassung der Bekanntmachung nach § 169 Abs 1 Z 9 BVergG innerhalb der in § 169 BVergG genannten Fristen bekämpft.

5. Nach Durchführung des Vergabeverfahrens teilte die Stadt Klagenfurt sämtlichen Bietern am die Zuschlagsentscheidung mit. Diese Mitteilung lautet wie folgt:

"DIE LANDESHAUPTSTADT IM SÜDEN

Dkfm. Harald Scheucher

Der Bürgermeister

Rathaus, Neuer Platz 1

A- 9010 Klagenfurt

Projekt: Stadionneubau Klagenfurt für EURO 2008

Mit 30.000 Sitzplätzen netto sowie Rückbau auf ca. 12.000 Sitzplätze

Die Landeshauptstadt Klagenfurt gibt bekannt, dass der Zuschlag an die Bietergemeinschaft Porr, Technobau und Umwelt AG, NL Kärnten, 9020 Klagenfurt, Robertgasse und der Alpine Mayreder Bau GmbH, NL Kärnten, 9021 Klagenfurt, Neunergasse 7, erteilt werden soll (Zuschlagsentscheidung).

Mit freundlichen Grüßen

Für die Landeshauptstadt

Der Bürgermeister

Dkfm. Harald Scheucher"

Ferner teilte die Landeshauptstadt Klagenfurt, vertreten durch deren Bürgermeister, am der Bietergemeinschaft STRABAG AG/Siemens AG Österreich/HBM Stadion und Sportstättenbau GmbH/Wayss Freytag Schlüsselfertig Bau AG (im Folgenden: Bietergemeinschaft STRABAG) folgendes mit:

"Die Landeshauptstadt Klagenfurt gibt bekannt, dass das Hauptangebot sowie das Alternativangebot 1 der Bietergemeinschaft STRABAG AG/Siemens AG Österreich/HBM Stadion und Sportstättenbau GmbH/Wayss Freytag Schlüsselfertig Bau AG wegen einer nicht nachvollziehbaren Reduktion des Angebotspreises von ca. 10,70% im Verhältnis zum Erstangebot sowie weiterer technischer Ausscheidungsgründe, die Alternativangebote 2 und 3 zusätzlich wegen technischer Ausscheidensgründe ausgeschieden werden."

6. Mit Schriftsatz vom stellte die Bietergemeinschaften STRABAG beim Bundesvergabeamt (BVA)einen Nachprüfungsantrag, mit welchem sie folgendes begehrte:

"Antrag

a. auf Nichtigerklärung der mit E-Mail vom mitgeteilten Entscheidung der Auftraggeberin, der Bietergemeinschaft Porr Technobau und Umwelt AG, NL Kärnten, 9020 Klagenfurt, Robertgasse 2 und Alpine Mayreder Bau GmbH, NL Kärnten, 9021 Klagenfurt, Neunergasse 7, den Zuschlag erteilen zu wollen (Zuschlagsentscheidung), und

b. auf Nichtigerklärung der mit E-Mail vom mitgeteilten Entscheidung der Auftraggeberin, das Hauptangebot 1A sowie die Alternativangebote 1B, 2A, 2B und 3 der Antragstellerin auszuscheiden (Ausscheidungsentscheidung).

Ferner erstattet die Antragstellerin durch ihre ausgewiesenen Rechtsvertreter nachstehenden

Antrag

auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung gemäß § 171 BVergG."

(Hervorhebungen im Original)

Mit Bescheid vom erließ das BVA eine einstweilige Verfügung, mit welcher dem Bund als Auftraggeber des Vergabeverfahrens bis untersagt wurde, den Zuschlag an die in der Zuschlagsentscheidung in Aussicht genommene Bietergemeinschaft PORR/Alpine zu erteilen.

Mit Bescheid vom , GZ: 15N-15/05-74, wies das BVA die folgenden Anträge der Bietergemeinschaft STRABAG wegen Unzuständigkeit zurück.

"I.

Auf Nichtigerklärung der mit E-Mail vom mitgeteilten Entscheidung der Auftraggeberin, der Bietergemeinschaft Porr Technobau und Umwelt AG ... und Alpine Mayreder GmbH ..., den Zuschlag erteilen zu wollen (Zuschlagsentscheidung)

...

II.

Auf Nichtigerklärung der mit E-Mail vom mitgeteilten Entscheidung der Auftraggeberin, das Hauptangebot 1A sowie die Alternativangebote 1B, 2A, 2B und 3 der Antragstellerin auszuscheiden (Ausscheidungsentscheidung) ..."

Das BVA begründete diese Zurückweisungen im Wesentlichen damit, dass öffentliche Auftraggeber im konkreten Fall die Stadt Klagenfurt ist. Sie verwies in diesem Zusammenhang auf die Bestimmungen der Grundsatzvereinbarung und die Bezeichnung des öffentlichen Auftraggebers in den Ausschreibungsunterlagen, die eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 2001/04/0215, und die eigene Rechtsprechung des BVA.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof gemäß Art 144 B-VG, mit welcher die Verletzung des Grundrechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter geltend gemacht wird.

7. Das BVA erstattete eine Gegenschrift, in der es mit weiteren Argumenten den angefochtenen Bescheid stützt. Ferner ist eine Replik der beschwerdeführenden Parteien und der Landeshauptstadt Klagenfurt eingelangt.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

1. Der angefochtene Bescheid richtet sich nur an die Mitglieder der Bietergemeinschaft STRABAG, deren Anträge (Zuschlagsentscheidung und Ausscheidensentscheidung) wegen Unzuständigkeit des BVA zurückgewiesen wurden. Die dagegen wegen Verletzung des Grundrechtes auf Nichtentzug des gesetzlichen Richters erhobene Beschwerde ist, da auch die sonstigen Prozessvoraussetzungen zutreffen, daher zulässig.

2. In dem von den nunmehrigen Beschwerdeführern beim Verfassungsgerichtshof gemäß Art 138 Abs 1 B-VG gestellten Antrag auf Entscheidung eines negativen Kompetenzkonfliktes, protokolliert zu KI-2/05, hat der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom festgestellt, dass der Unabhängige Verwaltungssenat für Kärnten zur Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Entscheidungen des öffentlichen Auftraggebers Landeshauptstadt Klagenfurt zuständig ist. Aus den in dem genannten Erkenntnis ausgeführten Gründen ergibt sich, dass sich das BVA zu Recht für unzuständig erklärt hat.

Die Beschwerde ist daher abzuweisen.

3. Da die Stadt Klagenfurt über rechtskundige Beamte verfügt, waren für die Vertretung der Stadt Klagenfurt durch einen Rechtsanwalt keine Kosten zuzusprechen. Die mitbeteiligte Bietergemeinschaft Bauunternehmung Granit Gesellschaft mbH und AST Baugesellschaft mbH hat nicht zur Lösung des Kompetenzkonfliktes beigetragen, weshalb auch ihr die für die Verhandlung verzeichneten Kosten nicht zuzusprechen waren.