OGH vom 09.03.2015, 13Os27/15t

OGH vom 09.03.2015, 13Os27/15t

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig, Mag. Michel, Dr. Oberressl und Dr. Brenner in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Humer als Schriftführerin in der Auslieferungssache des Dr. Anatoly R*****, AZ 311 HR 50/14g des Landesgerichts für Strafsachen Wien, anlässlich des Antrags des Betroffenen auf Erneuerung des Verfahrens gemäß § 363a Abs 1 StPO nach Einsichtnahme durch die Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Durchführung der Auslieferung wird vorläufig gehemmt.

Text

Gründe:

Mit Beschluss vom , GZ 311 HR 50/14g 55, erklärte der Einzelrichter des Landesgerichts für Strafsachen Wien die mit Note der Russischen Föderation vom , Nr 81/3-757-09, begehrte Auslieferung des Dr. Anatoly R***** zur Strafverfolgung wegen der im Auslieferungsersuchen beschriebenen Straftaten unter der Bedingung für (nicht un )zulässig, dass über den Betroffenen nicht die Todesstrafe verhängt werde.

Mit Beschluss vom , AZ 22 Bs 248/14b, gab das Oberlandesgericht Wien der gegen den vorgenannten Beschluss gerichteten Beschwerde der betroffenen Person unter Bezugnahme auf eine von der Generalstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation abgegebene Garantieerklärung vom mit der Maßgabe nicht Folge, dass

1) die Haftbedingungen nicht unmenschlich oder erniedrigend im Sinn von Art 3 MRK sind;

2) die physische und psychische Integrität der ausgelieferten Person und ihre allenfalls erforderliche medizinische Versorgung gewahrt sein muss;

3) Dr. Anatoly R***** jederzeit das Recht hat, sich an die diplomatische Vertretung Österreichs zu wenden und diese berechtigt ist, den Genannten jederzeit und unangemeldet ohne jegliche Überwachungsmaßnahmen zu besuchen;

4) der österreichischen diplomatischen Vertretung der Ort der Inhaftierung des Dr. Anatoly R***** bekanntgegeben und die österreichische Vertretung über eine allfällige Verlegung des Betroffenen in ein anderes Gefängnis unverzüglich informiert wird;

5) Dr. Anatoly R***** das Recht hat, mit seinem Verteidiger uneingeschränkt und unbewacht zu verkehren;

6) die Angehörigen des Ausgelieferten das Recht haben, ihn im Gefängnis zu besuchen (ON 82).

Auf Grundlage der gerichtlichen Beschlüsse und unter Bezugnahme auf die von der russischen Generalstaatsanwaltschaft abgegebenen Zusicherungen wurde die Auslieferung des Dr. Anatoly R***** unter Beachtung des Spezialitätsgrundsatzes vom Bundesminister für Justiz bewilligt (ON 86).

Unter Bezugnahme auf diese Bewilligung stellte das Bundesministerium für Justiz den Auslieferungsakt zur Durchführung der Auslieferung gemäß § 36 ARHG an das Landesgericht für Strafsachen Wien zurück, wobei es im Erlass vom , GZ BMJ-4060431/0002-IV 4/2015, die Rechtsauffassung vertrat, dass die Auslieferung nicht unter der Maßgabe der Einhaltung von Bedingungen für zulässig erklärt werden kann (ON 86).

Rechtliche Beurteilung

Gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien richtet sich der mit dem Antrag auf Zuerkennung aufschiebender Wirkung verbundene Antrag des Dr. Anatoly R***** auf Erneuerung des Verfahrens gemäß § 363a Abs 1 StPO, der am beim Obersten Gerichtshof einlangte und aufgrund des Zeitpunkts des Einlangens entsprechend der Geschäftsverteilung am nächsten Tag, nämlich am Freitag, dem , dem Senat 13 zur Erledigung zugeteilt wurde.

Am selben Tag teilte der daraufhin vom Obersten Gerichtshof um dringende Aktenübermittlung ersuchte Richter des Landesgerichts für Strafsachen Wien telefonisch mit, dass vorgesehen sei, die betroffene Person im Rahmen der Durchführung der Auslieferung am Mittwoch, dem , am Vormittag russischen Beamten zu übergeben (vgl auch ON 90).

Aus der Kompetenznorm des § 362 Abs 5 StPO ist die Befugnis des Obersten Gerichtshofs abzuleiten, die Durchführung der Auslieferung vorläufig zu hemmen (RIS Justiz RS0125705 [T2]).

Aus Anlass des nicht offenbar aussichtslosen (vgl § 410 Abs 3 StPO) Antrags der betroffenen Person auf Erneuerung des Verfahrens sah sich der Oberste Gerichtshof unter Beachtung der zeitlichen Verhältnisse und der damit verbundenen Gefahr der Schaffung vollendeter Tatsachen, die das Antragsrecht vereiteln würden, veranlasst, die unmittelbar bevorstehende Durchführung der Auslieferung vorläufig zu hemmen (vgl Meyer Ladewig , EMRK 3 Art 34 Rz 49).

Über die Anträge der betroffenen Person wird gesondert entschieden werden.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:OGH0002:2015:0130OS00027.15T.0309.000