OGH vom 28.11.2017, 9ObA68/17s
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Dehn, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Hargassner und die fachkundigen Laienrichter Mag. Dr. Werner Hallas und Mag. Thomas Kallab in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei ***** Dr. ***** A*****, vertreten durch Dr. Klaus Kollmann, Dr. Werner Stegmüller ua, Rechtsanwälte in Graz, gegen die beklagte Partei ***** Universität *****, vertreten durch Dr. Reinhard Tögl Rechtsanwaltsgesellschaft mbH in Graz, wegen Anfechtung einer Entlassung, in eventu Feststellung (Streitwert: 103.000 EUR), über den Berichtigungsantrag der klagenden Partei in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Antrag der klagenden Partei auf Beschluss- und Urteilsberichtigung wird zurückgewiesen.
Text
Begründung:
In dem der Entscheidung 9 ObA 68/17s zugrunde liegenden Urteil des Erstgerichts wurde ua festgestellt (S 25):
„Der Kläger, der am seinen 40. Geburtstag hatte, wurde von seinem Vater abgeholt und fuhr am Dienstag nach *****Deutschland, wobei die Reisedauer einen Tag betrug.“
Das Berufungsgericht übernahm diese Feststellungen und legte sie seiner Entscheidung zugrunde, führte jedoch in der rechtlichen Beurteilung im Rahmen der Würdigung des Gesamtverhaltens des Klägers aus, „der Kläger wurde für den Montag, den , zu einem Gespräch geladen. Der Kläger erschien an diesen Tag nicht; der Rektor versuchte vergeblich, den Kläger zu erreichen. Hingegen fuhr dieser am , an seinem 40. Geburtstag, nach Deutschland …“.
Auch der Oberste Gerichtshof ging in dem die außerordentliche Revision des Klägers zurückweisenden Beschluss vom davon aus, dass der Kläger „an jenem Tag [, Anm] – für die Beklagte unerreichbar – nach Deutschland reiste“. In der Folge wurde auf die „Abwesenheit am als ausreichenden Grund für eine Vertrauensunwürdigkeit“ Bezug genommen. Schließlich wurde die Entlassung auch nicht als verfristet erachtet, weil die Beklagte das Entlassungsschreiben noch an jenem Tag verfasste, „an dem der Kläger trotz abgelehnter Freistellung die Reise nach Deutschland antrat und unerreichbar war“.
Der Kläger beantragt nun, sowohl den Beschluss des Obersten Gerichtshofs als auch das Urteil des Berufungsgerichts hinsichtlich des falschen Reisedatums Montag, den , statt korrekt Dienstag, den , gemäß § 419 Abs 3 ZPO zu berichtigen. Bei berichtigtem Sachverhalt liege das als Entlassungsgrund herangezogene Verhalten nicht vor bzw liege bereits nach dem Ausspruch der Entlassung und sei somit für die Entlassung nicht mehr heranziehbar.
Rechtliche Beurteilung
Zutreffend zeigt der Kläger auf, dass sein Reisedatum sowohl in der rechtlichen Beurteilung des Berufungsgerichts als auch im genannten Beschluss des Obersten Gerichtshofs nicht den erstgerichtlichen Feststellungen entsprach. Dies ist hier jedoch nicht im Rahmen eines Berichtigungsantrags korrigierbar:
Gemäß § 419 Abs 1 ZPO kann das Gericht, das das Urteil gefällt hat, jederzeit Schreib- und Rechnungsfehler oder andere offenbare Unrichtigkeiten in dem Urteil oder in dessen Ausfertigungen oder Abweichungen der Ausfertigung von der gefällten Entscheidung berichtigen und die Angaben, die entgegen der Vorschrift des § 417 Abs 3 ZPO übergangen wurden, einfügen.
Die Urteilsberichtigung findet ihre theoretische Grundlage in der Tatsache, dass der materielle Gehalt der Entscheidung durch den Entscheidungswillen des Gerichts bestimmt wird. Die offenbare Unrichtigkeit, die einer Berichtigung iSd § 419 Abs 1 ZPO zugänglich ist, darf daher nur die Wiedergabe des zur Zeit der Entscheidung bestehenden Entscheidungswillens des erkennenden Gerichts nach außen betreffen (s RIS-Justiz RS0041489). Die Urteilsberichtigung nach § 419 ZPO ist zulässig, wenn das, was ausgesprochen wurde, offensichtlich nicht dem Willen des Gerichts zur Zeit der Fällung der Entscheidung entsprochen hat und sich dies aus dem ganzen Zusammenhang und insbesondere aus den Entscheidungsgründen ergibt (RIS-Justiz RS0041418), nicht aber, wenn es sich um eine so gewollte Entscheidung handelt (s RIS-Justiz RS0041362).
Voraussetzung eines Berichtigungsantrags ist ein schutzwürdiges Interesse des Antragstellers (s RIS-Justiz RS0041630; RS0037976). Wenn ein schutzwürdiges Interesse an der begehrten Berichtigung fehlt, ist ein Berichtigungsantrag zurückzuweisen (2 Ob 163/16h; 4 Ob 124/02t ua; s auch Bydlinski in Fasching/Konecny, ZPG III2§ 419Rz 8 aE mwN).
Hier war der Entscheidungswille des erkennenden Senats auf die Zurückweisung der außerordentlichen Revision des Klägers gerichtet, weil die Vorinstanzen bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit der Entlassung das entsprechende Beurteilungskalkül (Vertrauensunwürdigkeit) nicht verlassen hatten und damit keine grobe, durch den Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung iSd § 502 Abs 1 ZPO vorlag. Dies geht zweifelsfrei sowohl aus dem Urteilsspruch als auch aus der Begründung des Zurückweisungsbeschlusses hervor, sodass auch keine Unklarheiten in der Urteilswirkung zu befürchten sind. Im Hinblick auf den angesprochenen kam es dabei nicht auf die tatsächliche Abreise des Klägers nach Deutschland, sondern darauf an, dass er ungeachtet der an ihn ergangenen Aufforderung, sich am zu einem Gespräch bereit zu halten, an diesem Tag für die Beklagte nicht erreichbar war.
Das Interesse des Klägers liegt offensichtlich darin, mit einem berichtigten Abreisedatum eine andere Beurteilung des als Entlassungsgrund herangezogenen Verhaltens herbeizuführen, dh den Entscheidungswillen des Gerichts, wie er im Spruch zum Ausdruck kam, abzuändern. Wie dargelegt, ist dieser jedoch keiner Berichtigung zugänglich. Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs können innerstaatlich auch nicht mehr angefochten werden (2 Ob 163/16h mwN; RIS-Justiz RS0117577).
Da danach kein von § 419 ZPO geschütztes Rechtsschutzbedürfnis des Klägers vorliegt, ist der Berichtigungsantrag zurückzuweisen.
Zusatzinformationen
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ECLI: | ECLI:AT:OGH0002:2017:009OBA00068.17S.1128.000 |
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