VfGH vom 10.06.2013, B681/2012

VfGH vom 10.06.2013, B681/2012

Leitsatz

Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch Feststellung der Registrierbarkeit der angemeldeten Warenerweiterung für die Marke "MOZART" auf Liköre nur unter der Voraussetzung nachgewiesener Verkehrsgeltung angesichts bestehender Geschmackserwartungen; auch in Angelegenheit des Markenschutzes keine umfassende Nachprüfung von Entscheidungen des Obersten Patent- und Markensenats durch den VfGH; keine Verletzung im Recht auf ein faires Verfahren durch Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung

Spruch

Die beschwerdeführende Gesellschaft ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Sachverhalt, Beschwerdevorbringen und Vorverfahren

1. Die beschwerdeführende Gesellschaft ist Inhaberin der für folgende Waren registrierten Marke Nr 210 202 A"MOZART":

Kl. 32: Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke, Fruchtgetränke und Fruchtsäfte; Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken;

Kl. 33: Alkoholische Getränke, ausgenommen Biere und Liköre.

Am meldete die beschwerdeführende Gesellschaft zu dieser Marke folgende Warenerweiterung an:

Kl. 33: Alkoholische Getränke, ausgenommen Biere.

2. Am stellte die Rechtsabteilung des Österreichischen Patentamtes mit Beschluss fest, dass das Zeichen "MOZART" "hinsichtlich der Waren der Warenerweiterung vom " nur unter der Voraussetzung des § 4 Abs 2 Markenschutzgesetz 1970, BGBl 260, in der Fassung BGBl I 126/2009 (im Folgenden: MSchG) registriert werden könne. Die Warenerweiterung beziehe sich nur auf Liköre und nicht auch auf andere alkoholische Getränke, da diese ohnehin schon vom ursprünglichen Schutzbereich dieser Marke erfasst seien. Bei Likören verstehe der Verkehr aber die Bezeichnung "MOZART" als Hinweis auf den Geschmack (§4 Abs 1 Z 4 MSchG). Die Eintragung könne daher nur bei nachgewiesener Verkehrsgeltung erfolgen (§4 Abs 2 MSchG).

3. Die Rechtsmittelabteilung des Patentamtes bestätigte diese Entscheidung mit Beschluss vom (Bm 34/2010).

4. Der gegen diesen Beschluss erhobenen Berufung wurde seitens des Obersten Patent- und Markensenates (im Folgenden: OPM) mit der nunmehr bekämpften Entscheidung vom keine Folge gegeben (OBm 4/11-3). Die angefochtene Entscheidung wurde mit der Maßgabe bestätigt, dass der Beschluss der Rechtsabteilung wie folgt laute:

"Es wird festgestellt, dass die am angemeldete Warenerweiterung für die Marke 'MOZART', Nr 210 202 A, nur unter den Voraussetzungen des § 4 Abs 2 MSchG registrierbar ist, soweit diese Warenerweiterung 'Liköre' betrifft".

In der Begründung dieser Entscheidung führt der OPM aus:

"3. In Bezug auf Liköre ist die angefochtene Entscheidung nicht zu beanstanden.

3.1. Eine Marke ist beschreibend im Sinne von § 4 Abs 1 Z 4 MSchG, wenn sie eine für die beteiligten Verkehrskreise unmittelbar und ohne weiteres erkennbare Aussage über die Art, Natur oder Beschaffenheit der betroffenen Waren oder Dienstleistungen enthält (EuGH C-326/01, Universaltelefonbuch, Rz 33 mwN), wenn sie die beteiligten Verkehrskreise also zwanglos und ohne komplizierte Schlussfolgerungen als Hinweis auf die Beschaffenheit der Waren oder Dienstleistungen verstehen können (RIS-Justiz RS0109431; RS0066456; zuletzt etwa 17 Ob 33/08i = ecolex 2009, 503 [Horak] = jusIT 2009, 135 [Thiele] - happykauf.at). Demgegenüber ist es unschädlich, wenn sich die Beziehung zwischen der Marke und den Waren oder Dienstleistungen nur durch besondere Schlussfolgerungen oder Gedankenoperationen herstellen lässt oder wenn die Marke bestimmte Eigenschaften nur andeutet (RIS-Justiz RS0066456). Bei Waren des täglichen Gebrauchs ist das Verständnis der Endverbraucher maßgebend (EuGH C-371/02, Bostongurka, Rz 24; OPM Om 4/04).

3.2. Im konkreten Fall verstehen die beteiligten Verkehrskreise den Zeichenbestandteil 'Mozart' wegen des Erfolgs der 'Mozartkugel' jedenfalls bei Konditor- und Konfiseriewaren ohne jeden Zweifel als Hinweis auf bestimmte Zutaten und damit auf einen bestimmten Geschmack. Mit dieser Begründung hat das Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt die Marke 'MOZART' für 'Feine Backwaren, Konditorwaren, Schokoladewaren, Zuckerwaren' nicht als schutzfähig angesehen, das EuG hat diese Entscheidung bestätigt (T-304/06, Paul Reber GmbH Co KG/HABM).

3.3. Unter Likören versteht das Publikum – wie sich etwa aus Online-Lexika ergibt (www.wikipedia.at; vergleiche auch www.duden.de) – aromatische alkoholische Getränke mit relativ hohem Zuckergehalt. Wird ein solches Getränk mit 'Mozart' bezeichnet, werden die beteiligten Kreise zwanglos das bei Süßwaren bestehende Begriffsverständnis auf dieses Getränk übertragen. Entscheidend ist dabei, dass die beteiligten Kreise aufgrund ihrer allgemeinen Lebenserfahrung die Bezeichnung 'Mozart' mit einem süßlichen, nach Marzipan, Nougat und Schokolade schmeckenden Aroma verbinden. Genau diesen Geschmack werden sie auch bei einem Likör erwarten, der mit 'Mozart' bezeichnet ist. Damit ist der beschreibende Charakter auch insofern zu bejahen. Die unterschiedliche Konsistenz von Süßwaren und Likören, die die Anmelderin in der Beschwerde mehrfach hervorhebt, ist dabei ohne Bedeutung. Denn der für die Beurteilung maßgebende Geschmack ist, wie die Existenz von Schokoladen-, Kaffee- und Eierlikören beweist, nicht an eine bestimmte Darreichungsform gebunden.

3.4. Eine 'Tatsachenerhebung' (offenbar im Sinn einer demoskopischen Umfrage) war nicht erforderlich. Ob ein Zeichen nach dem Verständnis des Verkehrs die Eigenschaften von Waren oder Dienstleistungen beschreibt, ist nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs und des OPM eine Rechtsfrage, wenn zu derer Beantwortung – wie hier – die allgemeine Lebenserfahrung ausreicht (RIS-Justiz RS0043658; OBm 1/10 – MARKANT). Das stimmt im Ergebnis mit der (früher maßgebenden) Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs überein, der bei einer aufgrund der allgemeinen Lebenserfahrung angenommenen Gerichtsbekanntheit eines bestimmten Verständnisses die Notwendigkeit von Erhebungen ebenfalls verneinte (GZ99/04/0180 = PBl 2000, 172 – EURO). Besondere Umstände, weshalb das auf der Lebenserfahrung beruhende Begriffsverständnis der Vorinstanzen falsch sein sollte, hat die Beschwerdeführerin nicht dargetan.

3.5. Soweit sich die Beschwerdeführerin darauf stützt, dass das HABM eine Gemeinschaftsmarke 'MOZART' für die gesamte Warenklasse 33 (alkoholische Getränke [ausgenommen Biere]) und damit (implizit) auch für Liköre registriert habe, übersieht sie, dass dies keine Bindungswirkung für das vorliegende Verfahren entfaltet. Über die Rechtsbeständigkeit dieser Gemeinschaftsmarke auch für Liköre wird gegebenenfalls in zukünftigen Verfahren zu entscheiden sein.

4. Aus all dem folgt, dass die Marke 'MOZART' für Liköre nur registriert werden kann, wenn sie durch Benutzung Unterscheidungskraft erworben hat (§4 Abs 2 MSchG). Der Beschwerde war daher nicht Folge zu geben. Allerdings war durch eine Maßgabebestätigung klarzustellen, dass dieses Erfordernis tatsächlich nur Liköre betrifft und nicht auch alle anderen alkoholischen Getränke (ausgenommen Biere), die formal ebenfalls von der Warenerweiterung erfasst sind. Dass die Entscheidungen der Vorinstanzen in diesem Sinn zu verstehen sind, wurde bereits oben [...] dargelegt."

5. Gegen diesen Beschluss wendet sich die auf Art 144 B-VG gestützte Beschwerde vom , in der die Verletzung in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (Art2 StGG), auf Unversehrtheit des Eigentums (Art5 StGG) und auf ein faires Verfahren (Art6 EMRK) behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung der angefochtenen Entscheidung beantragt wird.

6. Der OPM legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der er die Abweisung der Beschwerde beantragt.

II. Rechtslage

1. § 4 MSchG lautet (auszugsweise):

"§4. (1) Von der Registrierung ausgeschlossen sind Zeichen, die

1.-3. [...]

4. ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, welche im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge, der Bestimmung, des Wertes, der geographischen Herkunft oder der Zeit der Herstellung der Ware oder der Erbringung der Dienstleistung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Ware oder Dienstleistung dienen können;

5.-9. [...]

(2) Die Registrierung wird jedoch in den Fällen des Abs 1 Z 3, 4 und 5 zugelassen, wenn das Zeichen innerhalb der beteiligten Verkehrskreise vor der Anmeldung infolge seiner Benutzung Unterscheidungskraft im Inland erworben hat."

2. § 36 MSchG lautet:

"§36. Die Beschlüsse der Rechtsabteilung können durch Beschwerde angefochten werden. Der Partei, die sich durch eine Endentscheidung der Rechtsmittelabteilung beschwert erachtet, steht die Beschwerde an den Obersten Patent- und Markensenat offen. §§145a und 145b Patentgesetz 1970 sind sinngemäß anzuwenden."

3. § 42 Abs 1 MSchG lautet:

"§42. (1) Im Übrigen sind, soweit im Folgenden nichts anderes bestimmt ist, auf das Verfahren die §§52 bis 56, 57b, 64, 66 bis 69, 70 Abs 4, §§71 bis 73, 79, 82 bis 86, 112 bis 115, 116 bis 126, 127 Abs 1, 2, 4 und 5, § 128 erster Satz, §§128a bis 133 Abs 2, §§134, 135, 137 bis 145 und 165 des Patentgesetzes 1970 sinngemäß anzuwenden."

III. Erwägungen

1. In einer das Patentwesen betreffenden Angelegenheit hat der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis vom , B1066/10, die besondere Stellung des OPM im Rechtsschutzsystem festgestellt. Der OPM ist aber auch in Angelegenheiten des Markenschutzes (einzige) Beschwerdeinstanz gegen die Endentscheidungen der Rechtsmittelabteilung (§36 MSchG) und (einzige) Berufungsinstanz gegen die Endentscheidungen der Nichtigkeitsabteilung des Patentamtes (§39 Abs 1 MschG). In den Angelegenheiten des Markenschutzes gelten für den OPM dieselben organisationsrechtlichen Bestimmungen wie in patentrechtlichen Angelegenheiten. Durch § 42 MSchG werden auch die Verfahrensvorschriften des Patentgesetzes 1970, die wiederum in zentralen Verfahrensfragen auf die Bestimmungen der ZPO verweisen, umfassend für den Bereich des Markenschutzes übernommen. Gemäß Art 133 Z 4 B VG iVm den einfachgesetzlichen Vorschriften des Markenschutzes ist auch in markenschutzrechtlichen Angelegenheiten vom OPM ein Rechtszug an den Verwaltungsgerichtshof ausgeschlossen. Der OPM ist also jene gerichtsförmige Instanz, die letztinstanzlich über die richtige Anwendung des Markenschutzrechts zu entscheiden hat. Durch die Anrufung des Verfassungsgerichtshofes ist eine umfassende Nachprüfung der Entscheidungen des OPM nicht möglich (vgl. VfSlg 15.657/1997). Der OPM ist daher – so wie in Angelegenheiten des Patentwesens auch – in den Angelegenheiten des Markenschutzes unter dem Blickwinkel seiner Stellung im Rechtsschutzsystem dem Asylgerichtshof vergleichbar. Es gelten daher auch die Schlussfolgerungen des Erkenntnisses B1066/10:

"Daraus folgt aber, dass eine umfassende Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Entscheidungen des Obersten Patent- und Markensenats nicht Aufgabe des Verfassungsgerichtshofes im Verfahren gemäß Art 144 B VG ist: Der Verfassungsgerichtshof hat lediglich zu überprüfen, ob eine Entscheidung des Obersten Patent- und Markensenats den Beschwerdeführer in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht oder wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt. In diesem Verfahren hat der Verfassungsgerichtshof also nicht zu prüfen, ob der beim Obersten Patent- und Markensenat bekämpfte Akt des erstinstanzlichen Organs des Patentamtes den Beschwerdeführer in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt, sondern ob dies die Entscheidung des Obersten Patent- und Markensenats als solche tut. Der Verfassungsgerichtshof ist kein dem Obersten Patent- und Markensenat im Instanzenzug übergeordnetes Gericht.

[...] Der Verfassungsgerichtshof ist daher nicht berechtigt, außer im Falle der Verletzung von verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten durch den Obersten Patent- und Markensenat oder wenn dieser den von ihm angewendeten generellen Normen einen verfassungswidrigen Inhalt unterstellt, seine Rechtsansicht an die Stelle jener des Obersten Patent- und Markensenats zu setzen. Der Oberste Patent- und Markensenat entscheidet bei der Auslegung des einfachen Gesetzes endgültig und es sind im Bereich seiner Zuständigkeit andere Behörden an seine Rechtsanschauung gebunden."

2.1. In der Beschwerde wird ausgeführt, dass der OPM Art 2 StGG verletzt habe, weil er sich mit dem Argument der beschwerdeführenden Gesellschaft, dass Liköre, wiewohl es süße Liköre geben mag, grundsätzlich unter Getränke und Spirituosen und nicht unter Zucker-, Back- und Konditorwaren einzuordnen seien, nicht auseinandergesetzt habe. Mit dem lapidaren Verweis auf die gemeine Lebenserfahrung könne auch keinesfalls belegt werden, dass der normal denkende Durchschnittsmensch automatisch die "Konklusio" auf den Geschmack einer Mozartkugel ziehe, nur weil der Geschmack nicht an eine bestimmte Darreichungsform gebunden sei und es sich bei dem in Rede stehenden Produkt um einen Likör handle. Ein solcher Gedankensprung sei nur mittels größerer Denkoperationen möglich. Auch sei als Beweis für die Zusammengehörigkeit von Likören mit feinen Backwaren etc. nur die allgemeine Verkehrsauffassung angeführt worden. Da sich aber auch die beschwerdeführende Gesellschaft auf die allgemeine Verkehrsauffassung berufen habe, wäre vom OPM ein entsprechender Nachweis zu erbringen gewesen. Es liege daher eine klare Begründungslücke der angefochtenen Entscheidung vor.

Der OPM habe sich über seine eigene Rechtsprechung hinweggesetzt und die einschlägigen Gesetzesstellen in denkunmöglicher Weise ausgelegt. § 4 Abs 1 Z 4 MSchG unterscheide sehr wohl zwischen offenkundigen Rückschlüssen von der Bezeichnung eines Produktes auf dessen Inhalt und solchen, bei denen eine solcher Rückschluss nur mit besonderen Gedankenoperationen möglich sei. Dementsprechend könne das Registrierungshindernis dieser Bestimmung für die Zeichen "MOZART" nicht herangezogen werden, diese wären in Wirklichkeit kennzeichnungsfähig. Außerdem habe das Gericht der Europäischen Union (EuG) in seiner Entscheidung vom , T 304/06, unmissverständlich klargestellt, dass der Begriff "MOZART" nur für eine Rezeptur aus allen drei Bestandteilen der Mozartkugel – Schokolade, Nougat und Marzipan – stehe, nicht jedoch für andere Konfekte, welche nur einen oder zwei dieser Bestandteile verwenden würden. Die angefochtene Entscheidung gehe jedoch davon aus, dass der Begriff "MOZART" auch Liköre mit nur einer dieser Geschmacksrichtungen beschreibe. Dies stehe in unauflöslichem Widerspruch zur zitierten Entscheidung des Gerichts der Europäischen Union.

2.2. Der OPM weist in seiner Gegenschrift insbesondere darauf hin, dass das Registrierungshindernis der "beschreibenden Angabe" iSv § 4 Abs 1 Z 4 MSchG [nach dem Wortlaut des Gesetzes] schon dann greife, "wenn das Zeichen nach dem Verständnis der angesprochenen Kreise zur Bezeichnung eines Merkmals der Ware – hier des Geschmacks – dienen kann ". Dies habe der OPM aufgrund allgemeiner Lebenserfahrung bejaht. Dabei habe er – entgegen dem Beschwerdevorbringen – nicht angenommen, dass das Zeichen "MOZART" für alkoholische Getränke generell nicht kennzeichnungsfähig sei, sondern habe diese Feststellung ausdrücklich auf Liköre beschränkt. Der OPM bringt in der Gegenschrift weiters vor, dass eine von der Lebenserfahrung abweichende Verkehrsauffassung in der Regel nur durch ein demoskopisches Gutachten bewiesen werde könne, dass aber im konkreten Fall kein Zweifel daran bestanden habe, "dass die angesprochenen Kreise die bei Mozartkugeln bestehenden Geschmackserwartungen auf mit 'MOZART' bezeichnete Liköre übertragen" würden und eine Beweisaufnahme daher unterbleiben habe können.

2.3. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes liegt ein willkürliches – den Gleichheitsgrundsatz verletzendes – Verhalten der Behörde unter anderem in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außerachtlassen des konkreten Sachverhaltes (zB VfSlg 8808/1980 mwN, 14.848/1997, 15.241/1998 mwN, 16.287/2001, 16.640/2002).

2.4. Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung kann der Beschwerde nicht darin gefolgt werden, dass der OPM gegen das Willkürverbot verstoßen habe:

Die bekämpfte Entscheidung des OPM ist gut strukturiert, ausführlich und schlüssig begründet. Der Vorwurf der Beschwerde, der OPM habe sich nicht mit der Zuordnung der Liköre zu Getränken und Spirituosen bzw. Zuckerwaren etc. auseinandergesetzt, geht schon deswegen ins Leere, weil diese Zuordnung für die Entscheidung des OPM nicht relevant war und dieser die Frage der Kennzeichnungsfähigkeit der Marke "MOZART" ausdrücklich nur in Bezug auf die Erweiterung des Warenverzeichnisses auf Liköre beantwortet hat.

Es ist auch vor dem Hintergrund der vom OPM in seiner Entscheidung und in der Gegenschrift zitierten Judikatur zur Beweisaufnahme nicht willkürlich, wenn der OPM ohne weitere Beweisaufnahme feststellt, "dass die beteiligten Kreise aufgrund ihrer allgemeinen Lebenserfahrung die Bezeichnung 'MOZART' mit einem süßlichen, nach Marzipan, Nougat und Schokolade schmeckenden Aroma verbinden" und keinen Zweifel daran hegt, "dass die angesprochenen Kreise die bei Mozartkugeln bestehenden Geschmackserwartungen auf mit 'MOZART' bezeichnete Liköre übertragen" würden. Ausgehend von dieser Beweislage kann auch der Beschwerdebehauptung nicht gefolgt werden, der OPM habe § 4 Abs 1 Z 4 MSchG denkunmöglich ausgelegt. Dieser Bestimmung zu Folge sind Zeichen von der Registrierung ausgeschlossen, wenn diese zur Bezeichnung von bestimmten Merkmalen dienen können. Wenn die Beweisaufnahme ergibt, dass die beteiligten Kreise aufgrund ihrer allgemeinen Lebenserfahrung mit der Bezeichnung 'MOZART' bestimmte Merkmale verbinden, dann ist die in der angefochtenen Entscheidung getroffene Auslegung der Bestimmung jedenfalls nicht denkunmöglich. Letztlich findet sich für die Behauptung, die angefochtene Entscheidung gehe davon aus, dass der Begriff "MOZART" auch Liköre mit nur einer der Geschmacksrichtungen der Mozartkugel (Nougat oder Marzipan oder Schokolade) beschreiben solle, in der angefochtenen Entscheidung kein Hinweis. Daher erübrigt es sich schon deshalb, auf den Beschwerdevorwurf einzugehen, dass diesbezüglich ein unauflöslicher Widerspruch zur zitierten Entscheidung des Gerichts der Europäischen Union bestünde.

3.1. Die beschwerdeführende Gesellschaft behauptet weiters die Verletzung ihres verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Unversehrtheit des Eigentums (Art5 StGG), weil durch die angefochtene Entscheidung "MOZART" als ein Freizeichen für Liköre qualifiziert werde und daher von jedermann im geschäftlichen Verkehr verwendet werden könne, ohne dass die beschwerdeführende Gesellschaft sich auf den ihr rechtmäßig zustehenden Immaterialgüterrechtsschutz berufen könne. Es sei dadurch ein erheblicher Wertverlust der Marke und damit des Unternehmens zu erwarten. Es liege im gegenständlichen Fall ein absoluter Entzug des Eigentums dahingehend vor, dass die Ausschließlichkeit der Ausübung des Eigentumsrechtes nicht mehr gewährleistet sei. Dieser Eigentumsentzug sei überschießend und stehe in keinem Verhältnis zu den gesetzlichen Anforderungen. Die gesetzliche Grundlage verbiete nämlich lediglich die Registrierung von Markenbezeichnungen mit eindeutig beschreibendem Charakter. Die bekämpfte Entscheidung entbehre auch einer Rechtfertigung im öffentlichen Interesse, weil sie nicht darlege, wieso die allgemeine Verkehrsauffassung den oben dargestellten Schluss unmittelbar ziehen müsse. Gerade in Österreich sei die Eindämmung der Benützung der Markenbezeichnung "MOZART" aber notwendig. Es liege jedenfalls kein ausgewogenes Gleichgewicht zwischen den Erfordernissen des Allgemeininteresses und des Grundrechtsschutzes des Einzelnen vor.

3.2. Bei der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der Rechtsgrundlagen der angefochtenen Entscheidung würde diese das verfassungsgesetzlich gewähr leistete Recht auf Unversehrtheit des Eigentums – wozu auch vermögenswerte Markenrechte zählen (vgl. VfSlg 5371/1966, 9392/1982, 11.946/1989, 11.949/1989, 13.418/1993, 13.607/1993) – nur verletzen, wenn die Behörde das Gesetz in denk unmöglicher Weise angewendet hätte, ein Fall, der nur dann vor läge, wenn die Behörde einen so schweren Fehler begangen hätte, dass dieser mit Gesetzlosigkeit auf eine Stufe zu stellen wäre (vgl. zB VfSlg 15.001/1997, 16.113/2001, 16.701/2002).

3.3. Eine Verfassungswidrigkeit der Rechtsgrundlagen behauptet weder die beschwerdeführende Gesellschaft, noch entstanden im Verfassungsgerichtshof – aus der Sicht der Beschwerdesache – verfassungsrechtliche Bedenken gegen diese. Die beschwerdeführende Gesellschaft könnte im Eigentumsrecht also nur verletzt sein, wenn dem OPM eine – der Gesetzlosigkeit gleichzuhaltende – denkunmögliche Rechtsanwendung zur Last fiele.

Dies ist hier jedoch nicht der Fall.

Die Beschwerdeausführungen richten sich gegen die vom OPM gewählte Auslegung des MSchG und kritisieren in diesem Zusammenhang das Beweisverfahren. Diese Auslegung verstößt jedoch, wie aus den Entscheidungsgründen des angefochtenen Beschlusses hervorgeht, in keiner Weise gegen die Gesetze des logischen Denkens. In Wahrheit versucht die beschwerdeführende Gesellschaft nach Inhalt und Zielsetzung ihrer weiteren Darlegungen letztlich nur, die einfachgesetzliche Unrichtigkeit des bekämpften Bescheides nachzuweisen, ohne eine dem OPM unterlaufene – und hier allein maßgebliche – denkunmögliche Gesetzeshandhabung aufzuzeigen (siehe dazu auch Pkt. III.2.4.).

Die beschwerdeführende Gesellschaft wurde sohin nicht im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums verletzt.

4.1. Letztlich behauptet die beschwerdeführende Gesellschaft in ihrem Recht auf ein faires Verfahren nach Art 6 EMRK verletzt worden zu sein. Sie habe eine mündliche Verhandlung vor dem OPM beantragt. Dieser habe aber die Entscheidung ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung erlassen.

4.2. Der OPM führt zu diesem Vorwurf in seiner Gegenschrift aus:

"2. Die Beschwerde rügt weiters das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung (Art6 EMRK).

2.1. Nach § 36 MschG iVm § 145b Abs 3 PatentG 1970 entscheidet der Oberste Patent- und Markensenat über Beschwerden gegen Entscheidungen der Rechtsmittelabteilung grundsätzlich in nichtöffentlicher Sitzung; eine Verhandlung 'kann' er auf Antrag oder von Amts wegen anordnen, wenn er dies im Einzelfall 'für erforderlich' hält. Diese Bestimmung ist verfassungskonform auszulegen.

[2.2.] Die Beschwerde zeigt zutreffend auf, dass nur der Oberste Patent- und Markensenat, nicht aber die Rechts- und die Rechtsmittelabteilung des Patentamts Tribunale iSv Art 6 EMRK sind (VfGH B889/97 Slg 15.657; G150/05, Slg 17.792). Es ist ihr auch zuzugestehen, dass die Entscheidung über die Eintragung oder Erteilung eines Immaterialgüterrechts ein civil right im Sinn dieser Bestimmung betrifft (VfGH G150/05, VfSlg 17.792, in Abgehen von B5/81, VfSlg 9.198 [mwN]). Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs kann eine mündliche Verhandlung aber unterbleiben, wenn der Sachverhalt unbestritten und die Rechtsfrage von keiner besonderen Komplexität ist (B 840/03,VfSlg 17.597; B260/05, VfSlg 17.855; zuletzt etwa B155/12). Das gilt insbesondere dann, wenn ohnehin bereits vor einer Verwaltungsbehörde verhandelt worden war und eine neuerliche Verhandlung vor der – nun gerichtsförmigen – Berufungsinstanz nach dem Vorbringen des Rechtsmittelwerbers keine weitere Klärung der Entscheidungsgrundlagen erwarten ließe (B 155/12).

[2.3.] Letzteres trifft hier zu. Die Ermittlung der Verkehrsauffassung ist nach der oben dargestellten Rechtsprechung (grundsätzlich) eine Rechtsfrage. In einer mündlichen Verhandlung hätte die Beschwerdeführerin zwar die Möglichkeit gehabt, ihr bereits mehrfach erstattetes Vorbringen zum Fehlen eines beschreibenden Charakters zu wiederholen. Eine Verbreiterung der Entscheidungsgrundlagen wäre dadurch aber nicht zu erwarten gewesen. Die Verhandlung konnte daher unterbleiben."

4.3. Vor dem Hintergrund der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes und des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (s. VfSlg 15.657/1997 mwH) steht außer Zweifel, dass das in Rede stehende Markenschutzverfahren "die Entscheidung zivilrechtlicher Ansprüche und Verpflichtungen" betrifft. Der Verfassungsgerichtshof sieht keinen Grund, eine davon abweichende Auffassung zu vertreten. Art 6 Abs 1 EMRK ist daher anwendbar.

Der Sachverhalt war aber im markenrechtlichen Verfahren hinreichend geklärt worden und die Rechtsfrage von keiner besonderen Komplexität. Der OPM ist daher im Recht, wenn er mit Hinweisen auf die Judikatur des Verfassungsgerichtshofes in der Gegenschrift feststellt, dass eine mündliche Verhandlung vor dem OPM aus diesen Gründen unterbleiben konnte.

Die beschwerdeführende Gesellschaft wurde somit durch den angefochtenen Bescheid auch nicht im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein faires Verfahren verletzt.

IV. Ergebnis und damit zusammenhängende Ausführungen

1. Die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte hat sohin nicht stattgefunden.

Das Verfahren hat auch nicht ergeben, dass die beschwerdeführende Gesellschaft in von ihr nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten oder wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt wurde.

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

2. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.