TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
OGH vom 23.10.2000, 8Ob74/00s

OGH vom 23.10.2000, 8Ob74/00s

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Petrag als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Langer, Dr. Rohrer, Dr. Spenling und Dr. Hoch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei J***** GesmbH, ***** vertreten durch Dr. Norbert Gugerbauer, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei C*****, vertreten durch Prettenhofer & Jandl, Rechtsanwälte in Wien, wegen S 1,311.300,80 sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom , GZ 2 R 32/99m-36, womit infolge Berufungen beider Parteien das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom , GZ 19 Cg 16/97t-29, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil, das in seinem Zuspruch von S 536.338,87 sA bestätigt wird und in Ansehung der Abweisung eines Mehrbegehrens von S 322.744,49 sA als unangefochten unberührt bleibt, wird darüber hinaus dahin abgeändert, dass es insgesamt zu lauten hat:

"Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei S 536.338,87 samt 9 % Zinsen seit und 9 % Zinsen aus S 279.521,-- vom bis binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Das Mehrbegehren, die beklagte Partei sei auch schuldig, der klagenden Partei S 774.961,93 samt 9 % Zinsen aus S 537.886,53 vom bis , aus S 805.667,83 vom bis und aus S 774.961,93 seit zu bezahlen, wird abgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 42.402,64 (darin S 1.174,14 USt und S 35.357,80 Barauslagen) bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen."

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 20.521,60 (darin S 2.558,80 USt und S 5.168,80 Barauslagen) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens und S 13.255,-- an Barauslagen des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin war seit 1972 Direkthändler der von der Beklagten importierten Automarke. Diese Marke war in dem von der Klägerin betreuten Gebiet im Jahr 1972 sehr wenig bekannt. Der Markt wurde dort im Wesentlichen von der Klägerin aufgebaut.

Der am zwischen den Parteien abgeschlossene Direkthändler-Vertrag verpflichtete die Klägerin, nur Original-Vertragsware zu führen und diese im eigenen Namen und auf eigene Rechnung zu kaufen und zu verkaufen. Während der Vertragsdauer war der Importeur über jede Änderung der Rechtsform der Klägerin oder der Unternehmensstruktur zu verständigen und bedurfte jeder derartige Vorgang seiner schriftlichen Zustimmung. Die Klägerin unterlag einem Konkurrenzverbot und durfte nur an Wiederverkäufer des Vertriebsnetzes der Beklagten anbieten. Auf Grund des Vertrages war ihr der Vertrieb von Kraftfahrzeugen der Marke Subaru gestattet. Ab 1994 führte die Klägerin im Einvernehmen mit der Beklagten auch Fahrzeuge der Marke Suzuki. Der Anteil dieser beiden Automarken am Gesamtumsatz der Klägerin betrug ca 15 %.

Der Klägerin wurde von der Beklagten ein Verkaufsziel vorgegeben und der Beklagten das Recht eingeräumt, bei Unterschreiten dieses Zieles um mehr als 20 % durch drei aufeinanderfolgende Monate hindurch unter Setzung einer Nachfrist die Beseitigung des Missstandes zu verlangen. Der Klägerin wurden von der Beklagten die unverbindlich empfohlenen Listenpreise vorgegeben, welche die Klägerin keinesfalls überschreiten durfte. Die Händlerrabatte für die einzelnen Gruppen der Vertragsware wurden festgelegt und sollte die Klägerin in Zusammenarbeit mit der Beklagten den Betrieb modern und wettbewerbsfähig gestalten. Angestellten der Beklagten war das Betreten der Räume und die Einsicht in die Unterlagen der Klägerin zu gestatten, die Klägerin war verpflichtet, 1 % des Neuwagenumsatzes für Werbung auszugeben, wobei deren Gestaltung der Genehmigung der Beklagten unterlag. Die Klägerin hatte Garantiearbeiten für die Beklagte durchzuführen, wobei in diesem Zusammenhang die Daten der Endabnehmer der Beklagten bekannt wurden.

Der Vertrag wurde auf unbestimmte Zeit abgeschlossen und jährlich durch Festlegung von Verkaufszielen ergänzt.

Die Beklagte veranstaltete österreichweit Sonderaktionen mit herabgesetzten Listenpreisen bzw kündigte Aktionen mit besonders günstigen Bedingungen für Eintauschfahrzeuge oder vorteilhafte Leasingaktionen an. In solchen Fällen verringerte sich für Händler die sonst erzielbare Spanne. Die Beklagte gewährte den Händlern etwa seit Mitte der 80-er-Jahre regelmäßig Sondervergütungen aus bestimmten Anlässen. Dazu gehörten etwa Sonderrabatte bei Flottenverträgen, Zuschüsse für Aktionen mit begünstigter Altwagenrücknahme, Sondervergütungen bei Überschreiten bestimmter Abnahmemengen oder zwecks Abverkaufs von Beständen auslaufender Fahrzeugtypen und Sonderkonditionen für Händler bei Aktionsverkäufen mit herabgesetzten Preisen. Diese Vergütungen wiederholten sich seit Mitte der 80-er-Jahre regelmäßig und bildeten für die Händler einen Bestandteil ihrer Kalkulation.

Mit Schreiben vom kündigte die Beklagte den Vertrag der Klägerin mit 12-monatiger Kündigungsfrist auf. Nach der Kündigung schloss die Klägerin einen weiteren Vertriebsvertrag mit Honda. Anfang 1995 gab es einen Umsatzeinbruch, aus dessen Anlass die Beklagte über eine Wiener Niederlassung einen im Vergleich zu anderen Marken sehr hohen Anteil an sogenannten "Tageszulassungen", also bereits angemeldeten Neufahrzeugen, zu weit unter den Listenpreisen liegenden Sätzen verkaufte. Dieses Geschäft wirkte sich auch auf den Sprengel der Klägerin nachteilig aus, da es in der Presse beworben wurde.

Der Marktanteil der von der Beklagten importierten Fahrzeugmarke hat österreichweit 1971 2,16 % betragen und unterlag starken Schwankungen. 1990 betrug er 2,9 % und stieg mit 1994 kontinuierlich auf 3,34 % an. 1995 fiel er von 3,32 % stark ab. Der Marktanteil in dem von der Klägerin betreuten Gebiet betrug 1983 4,5 %, 1990 2,8 %, 1991 2,63%, 1992 3,46 %, 1993 2,44 %, 1994 2,79 %, 1995 1,48 % und 1996 1,16 %.

Die Klägerin hat durch den Verkauf von Neuwagen im Zeitraum von Juli 1991 bis Juni 1996 einen Roherlös von S 4,978.326,90, somit durchschnittlich jährlich S 995.665,38 erwirtschaftet. Die Sondervergütungen durch Prämien und Boni betrugen in diesem Zeitraum insgesamt S 1,075.590,31, im Jahresdurchschnitt daher S 215.118,06. Für Ersatzteile wurde ein durchschnittlicher jährlicher Roherlös von S 628.079,82 erzielt.

Die Spanne der Klägerin betrug bei Neufahrzeugen ca 11,3 %, einschließlich Sondervergütungen ca 11,8 % und bei Ersatzteilen 29,67

%.

Mit ihrer am beim Erstgericht eingelangten Klage brachte die Klägerin vor, es stünden ihr auf Grund der Auflösung des Händlervertrages Ausgleichsansprüche analog zu § 24 HVG zu. Sie habe den Kundenstock für die von der Beklagten importierten Fahrzeuge in dem von ihr betreuten Gebiet seit 1972 kontinuierlich aufgebaut. Der Beklagten seien seit diesem Zeitpunkt ständig neue Kunden zugeführt worden. Sie habe durch ihr gutes Kundenservice wesentlich zum Bekanntheitsgrad und dem guten Ruf der Fahrzeugmarke beigetragen. Durch die lange Tätigkeit habe sie die Vertriebsorganisation der Beklagten mitfinanziert. Spätestens ab 1994 habe die Beklagte rechtswidrig zum Nachteil der Klägerin gehandelt und die ausgesprochene Vertragskündigung ab Herbst 1995 in großem Stil publik gemacht. Die Ergebnisse des Jahres 1995 dürften daher nicht der Berechnung des durchschnittlichen Jahresergebnisses zugrunde gelegt werden. Auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Beklagte nach Vertragsbeendigung weder die Originalersatzteile noch das Originalwerkzeug zurückgenommen habe, entspreche es der Billigkeit, der Berechnung des Ausgleichsanspruchs den Zeitraum vom bis zugrunde zu legen. Die Klägerin begehrte zuletzt (AS 101 f), die Beklagte zur Zahlung eines Betrages von S 1,311.300,80 (incl 20 % USt) sA zu verpflichten. In der Zeit vom Juli 1990 bis Juni 1995 habe die Klägerin aus dem Verkauf von Neufahrzeugen einen durchschnittlichen jährlichen Deckungsbetrag von S 1,210.471,08 (excl USt) erwirtschaftet. Dazu kämen die in diesem Zeitraum gewährten Boni von jährlich durchschnittlich S 273.212,94 (excl USt). Der jährliche Rohertrag für Ersatzteile habe S 627.503,23 (excl USt) betragen. Unter Vornahme eines Abzuges im Ausmaß von insgesamt 35 % (Sogwirkung der Marke 20 %, Abwanderungsquote 10 %, anteilige Vertriebskosten 5 %) errechne sich folgender Ausgleichsanspruch:

Neufahrzeuge S 796.806,20

Bonifikationen S 177.588,41

Ersatzteile S 407.877,10

S 1,372.271,70.

Abzüglich Zahlung vom - S 279.521,--

S 1,092.750,70

20 % USt S 218.550,10

S 1,311.300,80.

Die Beklagte, die den Anspruch auf Ausgleichszahlung hinsichtlich der entgangenen Neuwagenverkaufsprovision dem Grunde nach anerkannte, wendete dagegen ein, dass Berechnungszeitraum für den Ausgleichsanspruch die letzten fünf Jahre vor Vertragsbeendigung seien. Der Ausgleichsanspruch sei um 50 % zu kürzen, wenn sich - wie im gegenständlichen Fall - marken- und händlertreue Kunden die Waage hielten. Die Frage, ob Neuwagenboni zustehen, sei nach der Wortinterpretation des § 25 HVertrG zu verneinen. Erlöse aus dem Ersatzteilverkauf könnten nur dann berücksichtigt werden, wenn Ersatzteile über eine eigene Ersatzteilabteilung direkt an den Kunden verkauft würden. Jene Ersatzteilerlöse, die im Rahmen von Reparaturen erwirtschaftet würden, seien bei der Berechnung des Ausgleichsanspruchs nicht zu berücksichtigen, weil sie schon hinreichend bei der Entschädigung für Neuwagenerlöse abgegolten seien. Im Übrigen übersteige die Handelsnettospanne beim Ersatzteilverkauf 10 %. Die Beklagte habe sich im Zusammenhang mit der Vertragsauflösung nicht rechtswidrig verhalten.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren mit einem Teilbetrag von S 724.798,86 sA Folge und wies das Mehrbegehren ab. Es traf die eingangs wiedergegebenen Feststellungen und führte zur rechtlichen Beurteilung aus, dass der Klägerin analog zu § 24 HVG ein Ausgleichsanspruch zustehe, für dessen Berechnung grundsätzlich die erzielte Handelsspanne heranzuziehen sei. Was die "Boni" betreffe, würden diese Leistungen in ähnlicher Form auch Handelsvertretern gewährt. Dass die Provision nach dem Umsatz gestaffelt bzw für Sonderverkäufe eine besondere Provisionsregelung getroffen werde, sei auch im Verhältnis zwischen Geschäftsherrn und Handelsvertreter durchaus üblich. Es handle sich somit nicht um Vergütungen für Tätigkeiten, die typischerweise ein Handelsvertreter nicht erbringe. Der Oberste Gerichtshof habe bereits bejaht, dass auch die Handelsspanne hinsichtlich Ersatzteilen in die Ausgleichszahlung einzurechnen sei. Für den zugrundezulegenden Berechnungszeitraum sei das tatsächliche Vertragsende, nicht jedoch der Ausspruch der Kündigung maßgeblich. Wenn es auch zutreffen könne, dass sich die bekannt gewordene Kündigung auf die Umsätze nachteilig auswirke, so diene doch der Kündigungszeitraum dazu, dem Handelsvertreter die Umstellung zu ermöglichen und ihm in dieser Zeit noch Verdienstmöglichkeiten zu gewähren. Verhindere der Geschäftsherr in dieser Zeit vertragswidrig Geschäfte, stünde dem Vertragshändler analog zu § 12 HVG ein Ersatzanspruch zu, der auch bei Bemessung der Ansprüche gemäß § 24 HVG zu berücksichtigen sei. Diesbezüglich fehlten aber konkrete Behauptungen und Beweisergebnisse. Dass sich der vom Vertragshändler vermittelte Umsatz in seinem Sprengel durch wirtschaftliche Maßnahmen des Geschäftsherrn vermindere, mache diesen nur dann haftbar, wenn er damit gegen den geschlossenen Vertrag verstoße. Die Klägerin habe zum Aufbau der von der Beklagten importierten Marke in ihrem Gebiet im Zuge ihrer langjährigen Tätigkeit wesentlich beigetragen. Andererseits habe sie keine über dem österreichischen Durchschnitt gelegenen Erfolge erzielt, sodass es angemessen erscheine, ihr 50 % des Höchstbetrages gemäß § 24 Abs 2 HVG zuzusprechen. Der Anspruch der Klägerin errechne sich daher wie folgt:

Jahresdurchschnitt Neuwagenerlös

7/91 bis 6/96 S 995.665,38

Jahresdurchschnitt Boni

7/91 bis 6/96 S 215.118,06

Jahresdurchschnitt Ersatzteile

7/91 bis 6/96 S 628.079,82

S 1,838.863,26

Davon 50 % S 919.431,63.

Das Erstgericht führte sodann aus, dass von diesem Betrag noch 5 % Vertriebskosten in der Höhe von S 45.971,58 und die geleistete Zahlung von S 279.521 abzuziehen sei und dass sich der Zuspruch aus dem sich ergebenden Betrag zuzüglich 20 % USt errechne. Dabei ist dem Erstgericht offenkundig ein - im Revisionsverfahren nicht mehr relevanter - Rechenfehler unterlaufen, der vom Berufungsgericht, auf dessen Ausführungen verwiesen werden kann, dargestellt wurde.

Das Berufungsgericht änderte diese Entscheidung dahin ab, dass es die Beklagte schuldig erkannte, der Klägerin S 988.556,35 samt 9 % Zinsen seit und 9 % Zinsen aus S 279.521 vom bis zu bezahlen. Es wies das Mehrbegehren von S 322.744,49 sA ab und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Ausgehend von den Feststellungen des Erstgerichtes führte das Gericht zweiter Instanz zur Rechtsrüge aus, dass beide Parteien in Anbetracht der durch den Direkthändlervertrag gegebenen straffen Einbindung der Klägerin in die Verkaufsorganisation der Beklagten zu Recht von der analogen Anwendbarkeit des § 24 HVertrG ausgegangen seien. Das Erstgericht habe auch richtigerweise die letzten fünf Jahre vor dem tatsächlichen Vertragsende als Berechnungszeitraum zu Grunde gelegt, weil dies dem Wortlaut und dem Sinn des § 24 Abs 4 HVertrG entspreche. Der entscheidende Aspekt für den Zuspruch einer Entschädigung an den Vertragshändler analog § 24 HVertrG liege darin, ob dessen Tätigkeit zu einer Werterhöhung des Unternehmens des Herstellers im Bereich des good will geführt habe, die nicht bereits durch die dem Vertragshändler eingeräumte Handelsspanne sowie sonstige Leistungen wie Investitions- und Werbekostenzuschüsse gedeckt sei. Nur bei unmittelbarer Anwendung des § 24 HVertrG auf Handelsvertreter sei vom gesetzlichen Höchstausmaß, also einer Jahresprovision bzw dem aliquoten Anteil hievon, auszugehen. Die Klägerin habe einen Abschlag von diesem Anspruch von 35 % angenommen, die Beklagte einen solchen von zumindest 50 %. Das Erstgericht, das der Annahme der Beklagten gefolgt sei, habe allerdings übersehen, dass der Oberste Gerichtshof in seiner Entscheidung 9 Ob 265/98h einen 50 %-igen Abzug im Fall einer Automarke für gerechtfertigt erachtete, die einen drei Mal so hohen Marktanteil in Österreich hatte wie die von der Beklagten importierten Fahrzeuge. Das Berufungsgericht erachte daher unter Anwendung des § 273 Abs 1 ZPO einen Abzug von 40 % (einschließlich 10 % Abwanderungsquote und 5 % Vertriebskosten) für gerechtfertigt. Die Sondervergütungen seien richtigerweise in die Bemessungsgrundlage einbezogen worden, weil die Beklagte nicht bestreiten könne, dass ihr der dadurch geförderte Verkauf größerer Stückzahl oder von Altmodellen als Wertzuwachs zugute kommt. Auch habe der Oberste Gerichtshof bereits ausgesprochen, dass rein statistisch gesehen auf jedes neue Fahrzeug einer bestimmten Marke während seiner gesamten Nutzungsdauer ein bestimmter Anteil an Ersatzteilen und markengebundenem Zubehör entfalle. Es sei deshalb bei Bemessung der Entschädigung auch auf diese Umsätze Bedacht zu nehmen. Ausgehend von den bereits vom Erstgericht zugrunde gelegten Jahresdurchschnittserlösen für Neuwagenverkauf, Sondervergütungen und Ersatzteile ergebe sich nach Abzug eines Abschlags von 40 % und der bereits geleisteten Zahlung zuzüglich Umsatzsteuer der zugesprochene Betrag.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen erhobenen Revision der Beklagten kommt teilweise Berechtigung zu.

Vorweg ist klarzustellen, dass in Anbetracht des Zeitpunkts der Aufkündigung am hinsichtlich des noch unter der Herrschaft des HVG 1921 abgeschlossenen Vertrages die Bestimmungen des Handelsvertretergesetzes 1993 (HVertrG) für die Beurteilung der Beendigungsansprüche zur Anwendung kommen, weil die Auflösungserklärung nach dem im § 29 Abs 2 HVertrG genannten abgegeben wurde (RdW 1998, 674; ecolex 1999, 322; 8 Ob 295/99m ua).

Die Parteien bestreiten nicht die analoge Anwendbarkeit des § 24 HVertrG auf die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche. Es reicht insoweit aus, auf die Ausführungen der Vorinstanzen zu verweisen. Wie insbesondere in den Entscheidungen EvBl 1998/104 und RdW 1998, 674 hervorgehoben wurde, spricht der im EG-Recht noch deutlicher als bisher normierte Händlerschutz dafür, die bisherige von der Lehre überwiegend gebilligte Rechtsprechung zur analogen Anwendung von Handelsvertreterrecht auf sogenannte Vertragshändler beizubehalten (zuletzt etwa 8 Ob 295/99m). Den Vorinstanzen ist auch darin beizupflichten, dass die Klägerin derart in die Absatzorganisation der Beklagten eingegliedert war, dass sie wirtschaftlich in erheblichem Umfang dem Handelsvertreter vergleichbare Aufgaben zu besorgen und seinem Vertragspartner bei Vertragsbeendigung seinen Kundenstamm zu überlassen hatte (EvBl 1998/104 mwH; 8 Ob 295/99m).

Zur Frage der Einbeziehung der Erlöse aus dem Ersatzteilgeschäft in den Ausgleichsanspruch gemäß § 24 Abs 4 HVertrG hat der Oberste Gerichtshof in jüngster Zeit mehrfach Stellung bezogen. Er hat in seinen Entscheidungen EvBl 1999/189, EvBl 2000/122 und 7 Ob 161/00b dargelegt, dass beim Ersatzteilgeschäft als bloßem Nebenprodukt des Werkstättenbetriebs regelmäßig nicht zu erwarten sei, dass der Unternehmer auch noch nach Auflösung des Vertragsverhältnisses zu einem in sein Werkstättennetz eingegliederten Händler erhebliche Vorteile im Sinn des § 24 Abs 1 Z 2 HVertrG ziehen kann, weshalb dieser Geschäftsbereich in die Berechnung eines Ausgleichsanspruchs nicht einzubeziehen sei. Dies entspreche auch der Judikatur des BGH zu § 89b dHGB, dessen Wertungen in die Fassung des § 24 HVertrG eingeflossen sind. In seiner Entscheidung EvBl 1999/189 hat der Oberste Gerichtshof auch zu der in 9 Ob 2065/96h = EvBl 1998/104 vertretenen Rechtsansicht, dass bei Bemessung des Ausgleichsanspruchs grundsätzlich auch das Ersatzteil- und Zubehörgeschäft, nicht jedoch das Werkstättengeschäft zu berücksichtigen sei, Stellung genommen. Dieser Entscheidung sei ein Anspruch nach § 25 HVG 1921 zugrunde gelegen. Durch das HVertrG 1993 sei eine in diesem Punkt wesentliche Änderung der Rechtslage eingetreten: Mit der Neufassung des Handelsvertreterrechts werde eine EG-Richtlinie umgesetzt, die den Mitgliedsstaaten für die Regelung der Ansprüche des Handelsvertreters nach Beendigung des Vertragsverhältnisses die Wahl zwischen dem am § 89b dHGB angelehnten Ausgleichssystem und dem Entschädigungssystem des französischen Rechts eröffne. Der österreichische Gesetzgeber habe sich für das deutsche Vorbild entschieden. Nach deutscher Judikatur zu § 89b dHGB seien aber Verkäufe von Ersatzteilen nicht ausgleichsberechtigt, weil es sich dabei nicht um das Ergebnis einer werbenden Tätigkeit, sondern um ein Nebenprodukt des Werkstättenbetriebs handle (BGH in ZIP 1987, 1383). Es stehe nunmehr im Einklang mit der deutschen Rechtsprechung die werbende Tätigkeit des Handelsvertreters viel mehr im Vordergrund als nach der alten Rechtslage.

An dieser Rechtsansicht ist festzuhalten und hervorzuheben, dass das Vorliegen der vom BGH herausgearbeiteten Ausnahme von der Nichtberücksichtigung bei Bemessung des Ausgleichsanspruchs, nämlich, dass der Ersatzteilverkauf erheblich über den Eigenbedarf für die Werkstatt hinausgehe und für den Verkauf werblicher Aufwand betrieben werde, von der Klägerin nicht behauptet wurde. Es ist daher bei Berechnung des Ausgleichsanspruchs der durchschnittliche jährliche Roherlös für Ersatzteile von S 628.079,82 ersatzlos auszuscheiden, zumal die dafür der Klägerin gewährte Handelsspanne von rund 30 % deutlich über den normalen Provisionssätzen von Handelsvertretern liegt. Diese höhere Handelsspanne gilt den good will mit ab und legt nahe, dass der aus dem erworbenen Kundenstamm sich ergebende Vorteil aus dem Handel mit Ersatzteilen nicht der Beklagten, sondern anderen Werkstättenunternehmen verbleibt (EvBl 2000/122; 7 Ob 161/00b).

Anders verhält es sich mit den Sondervergütungen, die sich im Wesentlichen als umsatzbezogener Bonus darstellen. Anders als etwa mit Investitions- und Werbekostenzuschüssen (vgl zu deren Nichtersetzbarkeit EvBl 1998/104; ecolex 1999, 322) wird damit nicht verwaltende Tätigkeit, sondern die unmittelbare Vermittlungstätigkeit gleich der Abschlussprovision honoriert (vgl WBl 1998/328). Nach den Feststellungen des Erstgerichts hatten diese Sondervergütungen gerade den Zweck, die durch Sonderaktionen mit besonders günstigen Bedingungen verminderte Spanne der Vertragshändler auszugleichen. Entgegen den Ausführungen der Revisionswerberin hatten diese Sondervergütungen nach den getroffenen Feststellungen auch den Charakter sich regelmäßig wiederholender Zahlungen und bildeten daher für den Händler einen Kalkulationsbestandteil.

Nach herrschender Meinung lässt sich die dem Kfz-Vertragshändler analog § 24 HVertrG zustehende Entschädigung nicht aus einer einfachen Provisionsberechnung ermitteln. Vielmehr muss darauf abgestellt werden, inwieweit die ihm zustehende Handelsspanne die Werterhöhung des "good will" beim Hersteller (Zwischenhändler) durch die Überlassung des Kundenstammes deckt oder nicht (EvBl 1998/104;

ecolex 1999, 322; 7 Ob 161/00b ua). Ausgangspunkt für den

Ausgleichsanspruch ist die Handelsspanne des Vertragshändlers

zuzüglich allfälliger auf die Vermittlungstätigkeit zurückzuführender

Sondervergütungen. Davon sind jene Vergütungen abzuziehen, die der

Vertragshändler für Leistungen erhält, die der Handelsvertreter

typischerweise nicht erbringt. Mindernd zu berücksichtigen ist auch

die größere oder geringere Sogwirkung der Marke sowie das

Abwanderungsrisiko der zugeführten Kundschaft (EvBl 1998/104; ecolex

1999, 322; 7 Ob 161/00b). Unstrittig ist im Verfahren, dass auch

anteilige Vertriebskosten den Anspruch mindern. Zu der nunmehr von

der Beklagten in der Revision vorgeschlagenen Berechnungsmethode,

nämlich dass die Abwanderungsquote von 30 % vorweg abzuziehen sei und

sodann erst die Abzüge für die Faktoren Sogwirkung mit 40 bis 50 %,

Vertriebskosten mit 5 % und Tätigkeit der Klägerin für drei

Wettbewerbsfabrikate mit 25 bis 100 % vorzunehmen seien, hat der

Oberste Gerichtshof in seiner Entscheidung 7 Ob 161/00b bereits

ausführlich Stellung genommen. Er hat dargelegt, dass der

stufenweisen Berücksichtigung der genannten Faktoren die zwischen

diesen bestehende Wechselbeziehung entgegenstehe. Selbst wenn man

eine Abwanderung von Kunden zu nunmehr von der Klägerin betreuten

Fabrikaten ins Kalkül ziehe, erscheine eine Abwanderungsquote von 30

% und sodann eine nochmalige 50 %-ige Verminderung für den Faktor

Wettbewerbsfabrikate keineswegs realistisch. Diesem Standpunkt ist

zuzustimmen, zumal die Revisionswerberin hier für den Aspekt der

Tätigkeit der Klägerin für Wettbewerbsfabrikate zwischen 25 und 100 %

veranschlagen will. Auch darf nicht unberücksichtigt bleiben, dass

die Klägerin schon während des aufrechten Bestandes des

Vertragsverhältnisses die Vertretung für zwei weitere Marken hatte,

die, wären sie für die Kunden tatsächlich in dem hohen von der

Revisionswerberin unterstellten Maß attraktiv, auf lange Sicht zu

einer Verschiebung der Umsatzverhältnisse bei der Klägerin zu

Ungunsten der Beklagten hätte führen müssen.

Den beklagten Geschäftsherrn trifft im Verfahren die Behauptungs- und

Beweislast dafür, dass die ihm durch den Handelsvertreter

geschaffenen Verdienstchancen im Einzelfall über die Beendigung des Vertragsverhältnisses hinaus keinen Bestand haben oder haben werden (JBl 1997, 262; RdW 2000/123). Behauptungen im Sinne der nunmehr in der Revision vorgetragenen Berechnungsmethode hat die Beklagte im Verfahren erster Instanz nicht aufgestellt, sodass es für insoweit anzustellenden rechtlichen Überlegungen schon am Tatsachensubstrat mangelt. Es ist daher von dem von der Beklagten im erstinstanzlichen Verfahren behaupteten Abzug von 50 % auszugehen, dem das Berufungsgericht zu Recht den relativ geringen Marktanteil der von der Beklagten importierten Fahrzeugmarke entgegengehalten hat. Die vom Berufungsgericht gemäß § 273 Abs 1 ZPO unter Berücksichtigung dieses Aspekts vorgenommene Festsetzung der Abzugsquote von insgesamt 40 % (incl 10 % Abwanderungsquote und 5 % anteilige Vertriebskosten) ist daher zu billigen.

Der Anspruch der Klägerin errechnet sich daher wie folgt:

Jahresdurchschnitt Neuwagenerlös

7/91 bis 6/96 S 995.665,38

Jahresdurchschnitt Sondervergütungen

7/91 bis 6/96 S 215.118,06

S 1,210.783,44

abzüglich 40 % S 484.313,37

S 726.470,06

zuzüglich 20 % USt S 145.294,01

S 871.764,07

abzüglich Teilzahlung

(einschließlich USt) S 335.425,20

S 536.338,87.

Der Revision ist teilweise Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 50, 43 Abs 1 ZPO, wobei

die jeweiligen Streitwertänderungen gemäß § 12 Abs 3 RATG schon für

den Schriftsatz bzw die Tagsatzung, in der die Änderung eintrat, zu

berücksichtigen waren. Der erste Verfahrensabschnitt mit einem

Streitwert von S 1,409.650,60 (einschließlich USt) reichte bis zum

Schriftsatz ON 15 und brachte einen Prozesserfolg der Klägerin von S

871.764,07 (einschließlich USt), somit von rund 62 %, sodass ihr ein

Ersatzanspruch gegen die Beklagte von rund 24 % der tarifmäßig

verzeichneten Kosten zusteht. Der zweite Verfahrensabschnitt bestand

aus der Verhandlung vom (ON 19), in welcher der

Streitwert auf S 1,677.431,90 ausgedehnt wurde. In Anbetracht des

bereits dargestellten Prozesserfolges waren hier die Kosten

gegenseitig aufzuheben. Der dritte Verfahrensabschnitt wurde mit der

Klagseinschränkung in ON 22 auf S 1,311.300,80 eingeleitet, wobei

nunmehr infolge der die Einschränkung begründenden Teilzahlung am 3.

4. 1998 von S 335.425,20 (einschließlich USt) der Verfahrenserfolg

mit der durch die Revisionsentscheidung zugesprochenen Summe von S

536.338,87 (einschließlich USt) zu veranschlagen ist. In diesem

Verfahrensabschnitt hat die Klägerin nur mehr mit 41 % obsiegt,

sodass sie an die Beklagte 18 % der verzeichneten Verfahrenskosten zu

leisten hat, wobei schon das Berufungsgericht darauf hingewiesen hat,

dass die Verhandlung vom (ON 23) laut Protokoll nur 2/2

gedauert hat, sodass der Ansatz entsprechend zu vermindern war. Im

Berufungsverfahren ist die Klägerin mit ihrer Berufung zur Gänze

unterlegen, sodass sie die Berufungsbeantwortung der Beklagten voll

zu honorieren hat. Letztere konnte den Anspruch der Klägerin im

Berufungsverfahren allerdings nur mit rund 26 % abwehren, sodass sie

48 % der Kosten der Berufungsbeantwortung zu ersetzen hat. Der Erfolg im Revisionsverfahren hält sich ungefähr die Waage, weshalb die Kosten gegeneinander aufzuheben waren. Die jeweils verzeichneten Barauslagen wurden im Verhältnis der Obsiegensquoten zugesprochen.