OGH 12.07.2006, 9ObA67/06b
Entscheidungstext
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling und Dr. Hradil als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Kurt P*****, Angestellter, *****, vertreten durch Freimüller/Noll/Obereder/Pilz & Partner Rechtsanwälte GmbH, Wien, gegen die beklagte Partei Wirtschaftskammer *****, vertreten durch CMS Reich-Rohrwig Hainz Rechtsanwälte GmbH, Wien, wegen Feststellung der Unwirksamkeit einer Versetzung, infolge der außerordentlichen Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 7 Ra 12/06w-34, womit das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichts Wien vom , GZ 22 Cga 149/03x-30, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss
gefasst:
Spruch
Das Revisionsverfahren wird bis zur rechtskräftigen Erledigung des Verfahrens über den in der außerordentlichen Revision enthaltenen Ablehnungsantrag betreffend den fachkundigen Laienrichter des Oberlandesgerichts Wien, Paul H*****, unterbrochen. Der Akt wird dem Erstgericht mit dem Auftrag zurückgestellt, ihn dem Oberlandesgericht Wien zur Entscheidung über den Ablehnungsantrag vorzulegen.
Text
Begründung:
Der Kläger begehrte die Feststellung der Unwirksamkeit seiner Versetzung. Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Das Berufungsgericht änderte in nicht öffentlicher Sitzung das Ersturteil im Sinne einer Klagestattgebung ab. Dem Senat das Berufungsgerichts gehörte als fachkundiger Laienrichter aus dem Kreis der Arbeitgeber Paul H***** an.
In ihrer dagegen erhobenen außerordentlichen Revision macht die Beklagte unter anderem Nichtigkeit des Berufungsverfahrens geltend, die darin gelegen sein soll, dass der fachkundige Laienrichter Paul H***** als Kollege des Klägers bei der Wirtschaftskammer Wien die idente Funktion eines Innungsgeschäftsführers wie der Kläger (vor dessen Versetzung) ausübe und daher auch zum Schutz eigener Interessen zugunsten des Klägers habe entscheiden müssen, somit befangen gewesen sei.
Rechtliche Beurteilung
Zur Entscheidung über diesen - zumindest implizit gestellten - Ablehnungsantrag ist gemäß § 23 JN nicht der Oberste Gerichtshof, sondern das Oberlandesgericht Wien berufen, das dann, wenn der Ablehnung stattgegeben wird, erforderlichenfalls auch die vom abgelehnten Richter vorgenommene Prozesshandlung aufzuheben hat (§ 25 JN letzter Satz). Dies gilt auch, wenn die Ablehnung in einem Rechtsmittel erfolgt ist (6 Ob 276/05i; 6 Ob 70/01i; Mayer in Rechberger, ZPO² § 21 JN Rz 3). Die Geltendmachung der Befangenheit ist auch noch im Rechtsmittelschriftsatz zulässig, wenn das Verfahren - wie hier - noch nicht rechtskräftig erledigt ist (RIS-Justiz RS0046032) und erst im Rechtsmittelverfahren Gründe bekannt werden, die die Ablehnung eines Richters unterer Instanz rechtfertigen. Eine sofortige Entscheidung des Rechtsmittelgerichts wäre nur in den hier nicht vorliegenden Fällen zulässig, dass keine konkreten Befangenheitsgründe ins Treffen geführt werden oder die Ablehnung offenkundig rechtsmissbräuchlich erfolgte (6 Ob 276/05i mwN). Die Ablehnung eines Richters im Rechtsmittelverfahren führt zu dessen Unterbrechung bis zur rechtskräftigen Entscheidung des für die Ablehnung zuständigen Gerichts. Erst nach rechtskräftiger Erledigung des Ablehnungsantrags darf über das Rechtsmittel entschieden werden (6 Ob 276/05i; Kodek in Rechberger, ZPO² § 477 Rz 4; JBl 1989, 664).
Entscheidungstext
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling und Dr. Hradil sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Peter Krüger und Mag. Thomas Maurer-Mühlleitner als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Kurt P*****, Angestellter, *****, vertreten durch Freimüller/Noll/Obereder/Pilz & Partner Rechtsanwälte GmbH, Wien, gegen die beklagte Partei Wirtschaftskammer *****, vertreten durch CMS Reich-Rohrwig Hainz Rechtsanwälte GmbH, Wien, wegen Feststellung der Unwirksamkeit einer Versetzung, infolge der außerordentlichen Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 7 Ra 12/06w-34, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Zur behaupteten Nichtigkeit: Infolge des in der Rüge wegen Nichtigkeit implizit enthaltenen Antrags auf Ablehnung eines an der Berufungsentscheidung beteiligten Laienrichters wurde der Akt an das hiefür zuständige Berufungsgericht weitergeleitet (siehe den ). Dieses wies den Ablehnungsantrag mit Beschluss vom , GZ 13 Nc 6/06s, rechtskräftig zurück. Der Nichtigkeitsrüge fehlt es daher an der für ihre Behandlung durch den Obersten Gerichtshof erforderlichen Erheblichkeit.
Auch sonst vermag die Revisionswerberin keine iSd § 502 Abs 1 ZPO erhebliche Rechtsfrage aufzuzeigen:
Die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts, dass der vorliegenden Feststellungsklage trotz der Kündigung des Klägers durch die Beklagte das erforderliche aktuelle rechtliche Interesse zugrunde liegt, ist jedenfalls vertretbar: Wird nämlich eine Kündigung rechtzeitig nach § 105 Abs 3 ArbVG angefochten, ist diese bis zum Feststehen eines Erfolgs oder Misserfolgs der Anfechtung nur schwebend wirksam (RIS-Justiz RS0052018). Im Falle einer erfolgreichen Anfechtung wäre der Kläger dann infolge der Rechtsfolge des § 105 Abs 7 ArbVG sofort mit der Versetzungssituation konfrontiert, zumal in keiner Weise hervorgekommen ist, dass ihn die Beklagte dann freiwillig wieder als „Innungsgeschäftsführer" einsetzen würde.
Die Qualifizierung der Versetzung des Klägers als „verschlechternd" iSd § 101 ArbVG bewegt sich im Rahmen der bisherigen Judikatur (s. insbes. RIS-Justiz RS0051194, RS0051209).
Die Rechtsauffassung, dass die Versetzung des Klägers bereits mit den - ausschließlich für die spätere Tätigkeit erforderlichen - Ausbildungsmaßnahmen vollzogen war, weil diese in untrennbarem Zusammenhang mit der Funktion als „Evaluierungsreferent" standen, gibt keinen Anlass zu Bedenken. Damit ist aber auch die Auffassung zutreffend, dass die Erklärung des Betriebsrats vom , wie immer diese auszulegen ist, keine wirksame Zustimmung nach § 101 3. Satz ArbVG sein konnte. Die Zustimmung des Betriebsrats zu einer dauernd verschlechternden Versetzung muss nämlich vor deren Vollzug eingeholt werden (RIS-Justiz RS0051304). Die rechtsgestaltende Zustimmung wirkt nur ex nunc und nicht ex tunc. Eine Zustimmung des Betriebsrats zu einer bereits tatsächlich vorgenommenen Versetzung könnte daher nur dann als eine dem § 101 ArbVG entsprechende Zustimmung angesehen werden, wenn die Versetzung nach ihrer ohnehin verspäteten Einholung wiederholt worden wäre (RIS-Justiz RS0107426[T2]). Dies ist hier aber nicht geschehen. Letztlich ist auch die Auffassung, dass der Vergleich vom 6.3./ die durch die Versetzung geschaffene Situation der Arbeitsplatzgestaltung nicht betraf, als Ergebnis einer vertretbaren Auslegung nicht revisibel.
Zusatzinformationen
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Rechtsgebiet | Zivilrecht |
ECLI | ECLI:AT:OGH0002:2006:009OBA00067.06B.0712.000 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
XAAAE-06726