OGH vom 30.07.2015, 10ObS42/15x
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat in Arbeits und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Fellinger als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ. Prof. Dr. Neumayr und Dr. Schramm als weitere Richter (Senat nach § 11a Abs 3 ASGG) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei G*****, vertreten durch Mag. Dr. Maria Lisa Doll Aidin, Rechtsanwältin in Salzburg, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, Friedrich Hillegeist-Straße 1, 1021 Wien, wegen Witwenpension, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Innsbruck als Rekursgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen vom , GZ 25 Rs 23/15s 8, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der außerordentliche Revisionsrekurs der klagenden Partei wird gemäß § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Text
Begründung:
1. Vorgeschichte :
Die am geborene Klägerin war in der Zeit vom bis zu seinem Tod (am ) mit C***** verheiratet. Ab dem bezog die Klägerin von der beklagten Partei eine Witwenpension samt Ausgleichszulage.
Nachdem die Sozialversicherungsanstalt der Republik Türkei der beklagten Pensionsversicherungsanstalt mit Schreiben vom mitgeteilt hatte, dass sich die Klägerin am wiederverehelicht habe, sistierte die beklagte Partei die Auszahlung der Witwenpension mit .
Am erschien die Klägerin bei der beklagten Partei und gab zu Protokoll, dass die Pension für März 2012 von der Bank wiederum retourniert worden sei; sie ersuchte um dringende Wiederanweisung ihrer Witwenpension ab März 2012. Am wurde die Klägerin erneut bei der beklagten Partei vorstellig und gab zu Protokoll, dass sie nach dem Tod ihres Gatten im Jahr 1999 nie wieder geheiratet habe.
In weiterer Folge wurden von der Pensionsversicherungsanstalt Erhebungen bei der türkischen Rentenversicherung gepflogen. Mit Bescheid vom , *****, wurde die Witwenpension der Klägerin ab vorsorglich eingestellt.
2. Bescheid vom , ***** :
2.1. Mit weiterem Bescheid vom sprach die beklagte Partei aus, dass mit der am erfolgten Eheschließung der Klägerin der Anspruch auf die mit Bescheid vom zuerkannte Witwenpension erloschen sei und der Klägerin die Pension lediglich bis gebühre. Unter einem wurde der in der Zeit vom bis (aufgrund der zu Unrecht weiter bezogenen Witwenpension) entstandene Überbezug in Höhe von 61.948,82 EUR zurückgefordert.
2.2. In der am beim Landesgericht Innsbruck als Arbeits und Sozialgericht zu AZ 65 Cgs 71/13x eingebrachten Klage begehrte die Klägerin die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung der Klage gegen den Bescheid der beklagten Partei vom und bekämpfte unter einem diesen Bescheid mit einer Klage, die darauf abzielt, die beklagte Partei zu verpflichten, ihr die Witwenpension für die Zeit von bis zu gewähren, von einer Rückforderung abzusehen und die beklagte Partei schuldig zu erkennen, ihr die Witwenpension in Höhe von insgesamt 12.960 EUR samt 4 % Zinsen für den Zeitraum von bis zu gewähren.
2.3. Mit Beschluss vom , GZ 65 Cgs 71/13x 6, wies das Landesgericht Innsbruck als Arbeits und Sozialgericht den Antrag auf Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ab. Das Oberlandesgericht Innsbruck verwarf mit Beschluss vom , AZ 25 Rs 69/13b 11, den von der Klägerin gegen diesen Beschluss erhobenen Rekurs wegen Nichtigkeit und gab ihm im Übrigen nicht Folge. Der Oberste Gerichtshof wies mit Beschluss vom , AZ 10 ObS 150/13a, den von der Klägerin erhobenen Revisionsrekurs als jedenfalls unzulässig zurück.
2.4. Daraufhin wies das Landesgericht Innsbruck als Arbeits und Sozialgericht mit Beschluss vom , GZ 65 Cgs 71/13x 16, die am eingebrachte Klage gegen den Bescheid der beklagten Partei vom zurück. Das Oberlandesgericht Innsbruck gab dem dagegen von der Klägerin erhobenen Rekurs mit Beschluss vom , AZ 25 Rs 85/14g, nicht Folge und bestätigte den Beschluss des Erstgerichts mit der Maßgabe, dass er zu lauten hat:
„Die Klage wird als verspätet zurückgewiesen und das Verfahren, soweit es nicht das Wiedereinsetzungsverfahren betrifft, ab einschließlich der Zustellung der Klage für nichtig erklärt.“
2.5. Am stellte die Klägerin betreffend die Anfechtung des Beschlusses des Oberlandesgerichts Innsbruck vom einen Antrag auf Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (verbunden mit einem Revisionsrekurs). Der Wiedereinsetzungsantrag wurde vom Landesgericht Innsbruck als Arbeits und Sozialgericht mit Beschluss vom zu AZ 65 Cgs 71/13x abgewiesen.
3. Bescheid vom betreffend Wiederaufleben der Witwenpension :
3.1. Am sprach die Klägerin wiederum bei der Pensionsversicherungsanstalt vor und ersuchte um Wiederaufleben der Witwenpension nach ihrem verstorbenen Ehegatten zum frühestmöglichen Zeitpunkt. Mit Bescheid vom wurde dieser Antrag abgelehnt.
3.2. In dem von der Klägerin eingeleiteten sozialgerichtlichen Verfahren sprach da s Berufungsgericht in seinem Urteil vom , GZ 25 Rs 70/14a 29, unter anderem aus, dass der Anspruch der Klägerin auf Witwenpension ab dem Grunde nach zu Recht bestehe; der beklagten Partei wurde bis zur Erlassung des die Höhe der Witwenpension festsetzenden Bescheids die Erbringung einer vorläufigen Zahlung von 330 EUR ab aufgetragen.
3.3. Mit Beschluss vom , AZ 10 ObS 136/14v, wies der Oberste Gerichtshof die außerordentliche Revision der Klägerin zurück.
4. Nunmehriges Verfahren 65 Cgs 130/14z des Landesgerichts Innsbruck als Arbeits und Sozialgericht:
4.1. Mit der am beim Landesgericht Innsbruck als Arbeits und Sozialgericht eingebrachten (Säumnis )Klage stellte die Klägerin das Begehren, die beklagte Partei zu verpflichten, ihr die Witwenpension samt Ausgleichszulage von bis in der gesetzlichen Höhe zu gewähren.
Die Klägerin habe bei der beklagten Partei vorgesprochen und den Antrag auf Weitergewährung ihrer (Witwen )Pension samt Ausgleichszulage gestellt, nachdem die beklagte Partei mit die Witwenpension samt Ausgleichszulage sistiert habe. Trotz dieser Antragstellung habe die beklagte Partei für den Zeitraum von bis keinen Bescheid erlassen und sei daher säumig.
4.2. Das Erstgericht wies die Klage zurück. Der Bescheid vom , der auch die Frage eines Anspruchs der Klägerin auf Weitergewährung der Witwenpension samt Ausgleichszulage für den Zeitraum ab zum Gegenstand gehabt habe, sei im Verfahren 65 Cgs 71/13x des Landesgerichts Innsbruck als Arbeits und Sozialgericht bekämpft worden. Aufgrund dieses Bescheids vom liege jedenfalls keine Säumnis der beklagten Partei vor, sodass die Klage gemäß § 73 ASGG zurückzuweisen sei. Außerdem sei der in diesem Verfahren geltend gemachte Anspruch bereits Gegenstand des Verfahrens 65 Cgs 71/13x des Landesgerichts Innsbruck als Arbeits und Sozialgericht, sodass eine Zurückweisung der Klage auch wegen des Prozesshindernisses der Streitanhängigkeit zu erfolgen habe.
4.3. Das Rekursgericht verwarf den Rekurs wegen Nichtigkeit und gab ihm im Übrigen nicht Folge. Es sah die Tatsachenrüge nicht als gesetzmäßig ausgeführt an und legte seiner rechtlichen Beurteilung zugrunde, die beklagte Partei habe im Bescheid vom , *****, ausgeführt, dass mit der am erfolgten Eheschließung der Anspruch auf die mit Bescheid vom zuerkannte Witwenpension erloschen sei und die Pension nur bis gebühre. Nach dem Inhalt dieses Bescheides gebühre der Klägerin daher über den hinaus keine Witwenpension samt Ausgleichszulage mehr. Somit habe die beklagte Partei ihre Entscheidungsbefugnis lange vor Einbringung der Klage am wahrgenommen gehabt. Der von der beklagten Partei am erlassene Bescheid habe auch über den Anspruch der Klägerin auf Witwenpension samt Ausgleichszulage für den im gegenständlichen Verfahren geltend gemachten Zeitraum von bis abgesprochen, der nunmehr Gegenstand des Verfahrens 65 Cgs 71/13x des Landesgerichts Innsbruck als Arbeits und Sozialgericht sei. Zu Recht habe das Erstgericht daher die Zurückweisung der Klage auch auf das Prozesshindernis der Streitanhängigkeit gestützt.
Der Revisionsrekurs sei nicht zulässig, weil sich das Rekursgericht bei seiner Entscheidung auf die vor Kurzem in einem Verfahren zwischen denselben Parteien ergangene höchstgerichtliche Entscheidung 10 ObS 136/14v stützen habe können, die sowohl die Frage der Säumnis als auch die Frage der Streitanhängigkeit für das gegenständliche Verfahren thematisiert habe.
4.4. In ihrem außerordentlichen Revisionsrekurs , in dem sie als Rechtsmittelgründe Nichtigkeit, Mangelhaftigkeit und unrichtige rechtliche Beurteilung benennt, bekräftigt die Klägerin ihren Standpunkt, dass die beklagte Partei mit der Bescheiderlassung säumig sei. Weder habe sie über die Sistierung der Ausgleichszulage noch über den Anspruch auf Witwenpension (samt Ausgleichszulage) für den Zeitraum von bis einen Bescheid erlassen. Zu Unrecht seien zahlreiche von ihr beantragte Zeugen nicht vernommen worden.
Rechtliche Beurteilung
Damit zeigt die Klägerin keine erhebliche Rechtsfrage auf. Die Begründung des angefochtenen Beschlusses ist zutreffend.
Die beklagte Partei ist in drei Schritten vorgegangen:
Mit wurde die weitere Auszahlung der Witwenpension im Hinblick auf die aus der Türkei erhaltenen Informationen über die Wiederverehelichung der Klägerin sistiert. Diese Nicht Auszahlung bildete offenbar auch den Anlass für die Vorsprachen der Klägerin am und am . Durch die Sistierung ist kein Übergenuss ab entstanden.
Über die „vorsorgliche“ Einstellung der Witwenpension hat die beklagte Partei den Bescheid vom erlassen.
Schließlich sprach die beklagte Partei mit Bescheid vom aus, dass der Anspruch der Klägerin auf Witwenpension mit erloschen sei. Unter einem wurde der in der Zeit vom bis (aufgrund der zu Unrecht weiter bezogenen Witwenpension) entstandene Überbezug in Höhe von 61.948,82 EUR zurückgefordert. Wie erwähnt kam es ab nicht mehr zu einem Überbezug.
Der Bescheid vom , der inhaltlich auch über den Weiterbestand des Anspruchs der Klägerin auf Witwenpension für den Zeitraum von bis absprach (vgl dazu bereits 10 ObS 136/14v), ist nach der Aktenlage in Rechtskraft erwachsen. Die Frage, ob dagegen rechtzeitig eine Klage erhoben wurde, bildet den Gegenstand des nach wie vor zu 65 Cgs 71/13x beim Landesgericht Innsbruck als Arbeits und Sozialgericht anhängigen Verfahrens.
Mangels erheblicher Rechtsfrage ist der außerordentliche Revisionsrekurs der Klägerin zurückzuweisen.
European Case Law Identifier
ECLI:AT:OGH0002:2015:010OBS00042.15X.0730.000