OGH vom 22.10.2013, 10ObS41/13x
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden, die Hofräte Dr. Fellinger und Dr. Schramm sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Reinhard Drössler (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Wolfgang Jelinek (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei U*****, vertreten durch Burghofer Rechtsanwalts GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, 1021 Wien, Friedrich-Hillegeist Straße 1, vertreten durch Dr. Josef Milchram und andere Rechtsanwälte in Wien, wegen Alterspension, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen vom , GZ 8 Rs 131/12m 24, womit das Urteil des Landesgerichts Korneuburg als Arbeits und Sozialgericht vom , GZ 9 Cgs 9/09f 17, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass das Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei die Alterspension im gesetzlichen Ausmaß ab zu gewähren, abgewiesen wird.
Die Klägerin hat ihre Verfahrenskosten selbst zu tragen.
Text
Entscheidungsgründe:
Mit Bescheid vom wies die beklagte Partei den im April 2008 gestellten Antrag der im Jahr 1941 geborenen Klägerin auf Gewährung der Alterspension ab.
Das Erstgericht gab dem auf Gewährung der Alterspension ab gerichteten Klagebegehren im zweiten Rechtsgang statt. Es traf folgende Feststellungen:
Anlässlich ihrer Scheidung in Deutschland im September 1983 wurde der Klägerin ein Versorgungsausgleich zugestanden. Darin musste der Ehemann einen Teil seiner erworbenen Versicherungszeiten übertragen.
Die Klägerin hat in Österreich insgesamt 58 Versicherungsmonate, davon 50 Beitragsmonate aufgrund einer Erwerbstätigkeit erworben.
Sie bezieht eine deutsche Altersrente, die zu großen Teilen auf den durch den Versorgungsausgleich erworbenen Versicherungsmonaten basiert. Nach Auskunft der Deutschen Rentenversicherung Bayern Süd hat sie in Deutschland Beitragszeiten im Ausmaß von 26 Monaten und aufgrund des Versorgungsausgleichs 153 Monate erworben. Aus dem Versorgungsausgleich ermittelte Wartezeitmonate sind weder Pflicht- noch Beitragszeiten. Es handelt sich um Zeiten besonderer Art, die zeitlich nicht zuordenbar sind.
Rechtlich meinte das Erstgericht, die Klägerin habe aufgrund der zusammenzurechnenden österreichischen und deutschen Versicherungszeiten die Wartezeit für die begehrte Leistung nach § 236 Abs 1 Z 2 iVm Abs 2 Z 2 ASVG erfüllt.
Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Die Zusammenrechnung richte sich nach Art 45 Abs 1 der Verordnung (EWG) 1408/71. Der der Klägerin anlässlich ihrer Scheidung im Jahr 1983 zugestandene Versorgungsausgleich bewirke nach dem für diese Zeit anzuwendenden deutschen Recht die Übertragung von Rentenanwartschaften des geschiedenen Ehemanns auf die Klägerin (§ 1587b BGB). Den durch den Versorgungsausgleich erworbenen Entgeltpunkten würden entsprechend § 52 SGB VI Wartezeitmonate zugeordnet. Die Wartezeitmonate seien nach Auskunft der Deutschen Rentenversicherung Bayern Süd für alle Wartezeiten ausgenommen die knappschaftsspezifische Wartezeit und die Wartezeit für eine Wartezeit an besonders langjährige Versicherte zu berücksichtigen. Die 153 Monate aufgrund des Versorgungsausgleichs seien entgegen der Meinung der beklagten Partei nicht einer bestimmten Zeitspanne zuordenbar. Die Klägerin habe die 153 Versicherungsmonate erst mit dem Versorgungsausgleich im Jahr 1983 erworben. Daher seien diese Monate zusammen mit den anderen deutschen Versicherungszeiten für die Wartezeit heranzuziehen. Rechne man die in Österreich erworbenen Versicherungsmonate hinzu, habe die Klägerin am Stichtag () gemäß § 236 Abs 1 Z 2 lit a iVm Abs 2 Z 2 ASVG die Voraussetzungen für eine Alterspension erfüllt.
Das Berufungsgericht sprach aus, die ordentliche Revision sei zulässig, weil Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage, wie aus den im deutschen Versorgungsausgleich erworbenen Versorgungsanrechten die Monate für die Wartezeiten zu ermitteln sind, fehle.
Die von der Klägerin beantwortete Revision der beklagten Partei ist zulässig; sie ist auch berechtigt.
Die Revisionswerberin vertritt auf das Wesentliche zusammengefasst den Standpunkt, da die Wartezeitmonate aufgrund des Versorgungsausgleichs keine rentenrechtlichen Zeiten im Sinn des § 54 SGB VI und zeitlich nicht zuordenbar seien und die Zusammenrechnung der Versicherungszeiten weder die Erfordernisse einer „ewigen Anwartschaft“ (§ 236 Abs 4 Z 1 lit a ASVG) noch jene des § 236 Abs 1 Z 2 lit a ASVG (180 Versicherungsmonate innerhalb der letzten 360 Kalendermonate vor dem Stichtag) erfülle, sei § 236 Abs 4 Z 1 lit b ASVG die für die Prüfung der Wartezeit maßgebliche Norm. Da diese den Erwerb von mindestens 300 Versicherungsmonaten fordere, erfülle die Klägerin auch bei Zusammenrechnung der österreichischen Monate mit den deutschen Beitragsmonaten und den Monaten aus dem Versorgungsausgleich die Wartezeit nicht. Da die Wartezeitmonate nach der verbindlichen Auskunft des deutschen Versicherungsträgers zeitlich nicht zuzuordnen seien, könne eine zeitliche Zuordnung innerhalb des Beobachtungszeitraums der letzten 360 Kalendermonate vor dem Stichtag nicht erfolgen.
Die Klägerin meint, dass die deutschen Wartezeitmonate zeitlich nicht zuordenbar seien, könne nur bedeuten, dass die Zeiten aus dem Versorgungsanspruch für jeden möglichen Versicherungsanspruch, der davon abhänge, wann Versicherungszeiten erworben worden seien, immer anzurechnen seien.
Rechtliche Beurteilung
Hierzu wurde erwogen:
1. Zunächst ist zu den Feststellungen des Erstgerichts klarzustellen, dass der Versorgungsausgleich nicht die Übertragung von Versicherungszeiten des Ehemanns der Klägerin zum Gegenstand hat. Übertragen wurde der Klägerin die Hälfte der auf die Ehezeit ( – ) entfallenden Rentenanwartschaft des Ehemanns von 303,70 DM, also 151,85 DM (§ 1587a Abs 1 Satz 2 BGB iVm § 1587a Abs 2 Nr 2 BGB, § 1587 Abs 1 BGB; ./C). Sie erwarb eine Rentenanwartschaft ohne Beitragszahlung ( Kreikebohm/von Koch in Schulin , Handbuch des Sozialversicherungsrechts, Bd 3 § 29 Rz 36 mwN).
2. Gemäß § 52 Abs 1 SGB VI werden in einem pauschalierten Verfahren den durch den Versorgungsausgleich erworbenen Entgeltpunkten Wartezeitmonate zugeordnet, die zur Erfüllung der Wartezeit für eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung beitragen können. Es können auf diesem Weg nicht mehr Monate erworben werden, als der Dauer der Ehezeit entspricht ( Kreikebohm/von Koch in Schulin , Handbuch des Sozialversicherungsrechts, Bd 3 § 29 Rz 40 mwN; Göhde in Hauck/Noftz/Haines , SGB VI K § 52 Rz 22 mwN). Die Anrechnung erfolgt nur insoweit, als die in die Ehezeit fallenden Kalendermonate nicht bereits auf die Wartezeit anzurechnen sind (§ 52 Abs 1 letzter Satz SGB VI). Dem Ausgleichsberechtigten werden keine rentenrechtlichen Zeiten gutgeschrieben. Der Ausgleichsverpflichtete behält trotz des Abschlags an Entgeltpunkten uneingeschränkt die seiner Anwartschaft zu Grunde liegenden rentenrechtlichen Zeiten ( Göhde in Hauck/Noftz/Haines , SGB VI K § 52 Rz 2 mwN).
3. Die Wartezeitmonate sind keine rentenrechtlichen Zeiten im Sinn des § 54 SGB VI, keine Beitragszeiten und stehen insbesondere Pflichtbeiträgen nicht gleich ( Kreikebohm/von Koch in Schulin , Handbuch des Sozialversicherungsrechts, Bd 3 § 29 Rz 43 f mwN; Göhde in Hauck/Noftz/Haines , SGB VI K § 52 Rz 18; Ruland in GK - SGB VI § 52 Rz 48). Sie sind zeitlich nicht zuzuordnende Monate ( Göhde in Hauck/Noftz/Haines , SGB VI K § 52 Rz 19).
4. Der Anspruch auf Alterspension, den die Klägerin geltend macht, ist an die allgemeine Voraussetzung geknüpft, dass die Wartezeit durch Versicherungsmonate erfüllt ist (§§ 235 Abs 1 und 2 iVm § 222 Abs 1 Z 1 ASVG).
5. Die Wartezeit für die Alterspension ist erfüllt, wenn am Stichtag mindestens 180 Versicherungsmonate im Sinn des § 235 Abs 2 ASVG vorliegen (§ 236 Abs 1 Z 2 lit a ASVG), die innerhalb der letzten 360 Kalendermonate vor dem Stichtag liegen (§ 236 Abs 2 Z 2 ASVG). Die Wartezeit für die Alterspension ist auch erfüllt, wenn bis zum Stichtag mindestens 180 Beitragsmonate oder Beitragsmonate und/oder nach dem zurückgelegte sonstige Versicherungsmonate in einem Mindestausmaß von 300 Monaten erworben sind (§ 236 Abs 4 Z 1 lit a und b ASVG). In der zuletzt genannten Variante („ewige Anwartschaft“) kommt es auf die zeitliche Lagerung der Versicherungsmonate nicht an. Mit ihren österreichischen Versicherungsmonaten erfüllt die Klägerin die Wartezeit nicht.
6. Der am Stichtag maßgebliche, mit „Berücksichtigung der Versicherungs- oder Wohnzeiten, die nach Rechtsvorschriften zurückgelegt worden sind, die für den Arbeitnehmer oder Selbständigen im Hinblick auf den Erwerb, die Aufrechterhaltung oder das Wiederaufleben des Leistungsanspruchs galten“ überschriebene Art 45 Abs 1 der VO (EWG) 1408/71 (wie in der Folge Art 6 der seit anwendbaren VO (EG) 883/2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit auch vorsieht; s dazu auch Beschluss H6 vom der Verwaltungskommission über die Anwendung bestimmter Grundsätze für die Zusammenrechnung der Zeiten gemäß Art 6 der VO 883/2004, Abl C 2011/45, 5 abgedruckt in Spiegel , Kommentar zum Zwischenstaatlichen Sozialversicherungsrecht, Anl 3, Teil 2, 16 f) bestimmt:
„Ist nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats der Erwerb, die Aufrechterhaltung oder das Wiederaufleben des Anspruchs auf die Leistungen eines Systems, das kein Sondersystem im Sinne des Absatzes 2 oder 3 ist, davon abhängig, dass Versicherungs- oder Wohnzeiten zurückgelegt worden sind, berücksichtigt der zuständige Träger dieses Mitgliedstaats, soweit erforderlich, die nach den Rechtsvorschriften jedes anderen Mitgliedstaats zurückgelegten Versicherungs- oder Wohnzeiten; dabei ist unwesentlich, ob diese in einem allgemeinen oder in einem Sondersystem, in einem System für Arbeitnehmer oder in einem System für Selbständige zurückgelegt worden sind. Zu diesem Zweck berücksichtigt er diese Zeiten, als ob es sich um nach den von ihm anzuwendenden Rechtsvorschriften zurückgelegte Zeiten handelte.“
Wartezeiterfordernisse des deutschen Rentenversicherungsrechts und des österreichischen Pensionsrechts haben anspruchsbegründenden Charakter im Sinn des Art 45 Abs 1 der VO 1408/71 und des Art 6 VO 883/2004 ( Schuler in Fuchs , Europäisches Sozialrecht 4 348; ders in Fuchs , Europäisches Sozialrecht 6 VO (EG) Nr 883/2004 Art 6 Rz 14).
7. Der Begriff „Versicherungszeiten“ bezeichnet nach Art 1 lit r der VO 1408/71 (und in der Folge nahezu identisch Art 1 lit t der VO 883/2004) die Beitragszeiten, Beschäftigungszeiten oder Zeiten einer Selbständigentätigkeit, die nach den Rechtsvorschriften, unter denen sie zurückgelegt worden sind, als Versicherungszeiten bestimmt oder anerkannt sind oder als zurückgelegt gelten, sowie alle gleichgestellten Zeiten, soweit sie nach diesen Rechtsvorschriften als den Versicherungszeiten gleichwertig anerkannt sind.
8. Für die Zusammenrechnung der Zeiten nach Art 45 Abs 1 der Verordnung ordnet Art 15 Abs 1 lit e DVO (EWG) 574/72 an: „Kann der Zeitraum, in dem bestimmte Versicherungs- oder Wohnzeiten nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats zurückgelegt worden sind, nicht genau ermittelt werden, so wird unterstellt, dass diese Zeiten sich nicht mit Versicherungs- oder Wohnzeiten überschneiden, die nach den Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaats zurückgelegt worden sind; sie werden bei der Zusammenrechnung berücksichtigt, soweit sie für diesen Zweck in Betracht gezogen werden können“. Gleiches bestimmt Art 12 Abs 6 der DVO (EG) 987/2009 für die Anwendung von Art 6 der VO 883/2004.
9. Die VO 1408/71 (ebenso die VO 883/2004) ist nur eine Koordinierungsregelung. Nach ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs bleiben die Mitgliedstaaten dafür zuständig, die Voraussetzungen für die Gewährung von Leistungen der sozialen Sicherheit festzulegen und sei es zu verschärfen, sofern die aufgestellten Voraussetzungen keine offene oder versteckte Diskriminierung von Arbeitnehmern der Union bewirken (EuGH, C-440/09, Tomaszewska , Slg 2011 I-1035 Rz 24 mwN; vgl EuGH, C-388/09, da Silva Martins , Slg 2011 I-5737 Rz 71; s Schuler in Fuchs , Europäisches Sozialrecht 6 VO (EG) Nr 883/2004 Art 6 Rz 4). Was insbesondere die Altersrentenversicherung angeht, verlangt Art 45 Abs 1 der VO 1408/71 (wie in der Folge Art 6 der VO 882/2004), dass der zuständige Träger des Mitgliedstaats, nach dessen Rechtsvorschriften der Erwerb des Leistungsanspruchs von der Zurücklegung einer Mindestversicherungszeit abhängt, die nach den Rechtsvorschriften jedes anderen Mitgliedstaats zurückgelegten Versicherungszeiten berücksichtigt, als ob es sich um nach den von ihm anzuwendenden Rechtsvorschriften zurückgelegte Zeiten handelte, soweit dies für den Erwerb des Leistungsanspruchs des betreffenden Arbeitnehmers erforderlich ist. Der Grundsatz der Zusammenrechnung (vgl Art 48 AEUV) ist einer der wesentlichen Grundsätze für die gemeinschaftliche Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit der Mitgliedstaaten, der gewährleisten soll, dass ein Arbeitnehmer, der von dem im Art 45 AEUV eingeräumten Recht auf Freizügigkeit Gebrauch macht, nicht Vergünstigungen der sozialen Sicherheit verliert, auf die er Anspruch hätte, wenn er seine Berufslaufbahn in einem einzigen Mitgliedstaat zurückgelegt hätte (EuGH, C-440/09, Tomaszewska , Slg 2011 I-1035 Rz 30 mwN). Folglich ist nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ein Mitgliedstaat berechtigt, eine Mindestbeitragszeit für die Eröffnung eines Anspruchs auf eine in den nationalen Rechtsvorschriften vorgesehene Rente (Pension) vorzuschreiben sowie die Art und die Begrenzung der Versicherungszeiten festzulegen, die für diesen Zweck berücksichtigt werden können, sofern die nach den Rechtsvorschriften anderer Mitgliedstaaten zurückgelegten Zeiten gemäß Art 45 der VO 1408/71 unter den gleichen Voraussetzungen ebenfalls berücksichtigt werden, als ob es sich um nach den nationalen Rechtsvorschriften zurückgelegte Zeiten handelte (EuGH, C-440/09, Tomaszewska , Slg 2011 I 1035 Rz 31 mwN).
Für den zu entscheidenden Fall ergibt sich daraus:
10. Wartezeitmonate aus einem Versorgungsausgleich nach § 52 SGB VI zählen gemäß deutschen Rechtsvorschriften für die (nach diesen erforderliche) Wartezeit und haben daher anspruchsbegründenden Charakter. Im Rahmen der Anwendung der VO 1408/71 und DVO 574/72 (sowie der VO 883/2004 und DVO 987/2009) sind sie als (Versicherungszeiten) gleichgestellte Zeiten einzuordnen, weil sie – soweit auf die Wartezeit anrechenbar - nach den deutschen Rechtsvorschriften als den Versicherungszeiten gleichwertig anerkannt sind (vgl Göhde in Hauck/Noftz/Haines , SGB VI K § 52 Rz 19). Sie unterliegen daher der Zusammenrechnung. Im Übrigen sind nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs die Mitteilungen fremdmitgliedstaatlicher Zeiten für den Träger des anderen Mitgliedstaats verbindlich (s EuGH, C-372/02, Adnez-Vega , Slg 2004 I 10761 Rz 36 mwN).
11. Da fremdmitgliedstaatliche Zeiten berücksichtigt werden, als handle es sich um inländische, werden im Fall qualifizierter versicherungsrechtlicher Voraussetzungen, insbesondere bei Mindestpflichtbeitragszeiten ebenfalls nur fremdmitgliedstaatliche Pflichtbeitragszeiten berücksichtigt. Auch nach fremdmitgliedstaatlichem Recht gleichgestellte Zeiten sind vom inländischen Pensionsversicherungsträger im Rahmen der anspruchsbegründenden Leistungsvoraussetzungen zu berücksichtigen, sofern es sich nicht um qualifizierte versicherungsrechtliche Voraussetzungen handelt ( Schuler in Fuchs , Europäisches Sozialrecht 4 348; vgl ders in Fuchs , Europäisches Sozialrecht 6 VO (EG) Nr 883/2004 Art 6 Rz 13).
12. Da einerseits die deutschen Wartezeitmonate keine Beitragsmonate sind und die Summe der österreichischen und deutschen Beitragszeiten der Klägerin 180 Monate nicht erreicht und andererseits die Summe der Versicherungszeiten und der diesen gleichgestellten Wartezeitmonate unter dem Mindestmaß von 300 Monaten liegt, erfüllt die Klägerin nicht die Voraussetzungen einer „ewigen Anwartschaft“ nach § 236 Abs 4 Z 1 ASVG.
13. Sie erfüllt aber - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - auch nicht die Wartezeit für die Alterspension nach § 236 Abs 1 Z 2 lit a iVm Abs 2 Z 2 ASVG, weil im Rahmenzeitraum der letzten 30 Jahre vor dem Stichtag (1 .5. 1978 ) nicht 180 Versicherungsmonate liegen:
14. Bei den Wartezeitmonaten handelt es sich um zeitlich nicht zuzuordnende Monate im Sinn des Art 15 Abs 1 lit e DVO 574/72 (und des Art 12 Abs 6 DVO 987/2009), denn sie können nicht genau bestimmten Monaten der Ehezeit zugeordnet werden. Nach dem in diesen Rechtsvorschriften niedergelegten Günstigkeitsprinzip können die Wartezeitmonate weder selbst verdrängt werden noch andere mitgliedstaatliche Zeiten verdrängen ( Göhde in Hauck/Noftz/Haines , SGB VI K § 52 Rz 19). Sie beziehen sich aber auf einen bestimmten Zeitraum, nämlich die Ehezeit. Es ist deshalb sachgerecht, Wartezeitmonate im Rahmenzeitraum nur in einer Anzahl zu berücksichtigen, als Monate der Ehezeit im Rahmenzeitraum liegen. Die für die Erfüllung der Wartezeit notwendige Anzahl von Versicherungszeiten im Rahmenzeitraum erreicht die Klägerin demnach nicht (58 österreichische Versicherungsmonate + 26 deutsche Versicherungsmonate + 65 Wartezeitmonate = 149 Versicherungsmonate).
15. In Stattgebung der Revision waren daher die Urteile der Vorinstanzen im Sinn der Klagsabweisung abzuändern.
16. Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.
European Case Law Identifier
ECLI:AT:OGH0002:2013:010OBS00041.13X.1022.000