VfGH vom 26.11.1990, B652/90
Sammlungsnummer
12527
Leitsatz
Keine denkunmögliche Versagung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung eines Liegenschaftserwerbs aufgrund der Annahme eines fehlenden Bedarfs zur Begründung eines ordentlichen Wohnsitzes zur inländischen Berufsausübung
Spruch
Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Der Beschwerdeführer - er ist Staatsangehöriger der Bundesrepublik Deutschland und hat im Gebiet dieses Staates seinen ordentlichen Wohnsitz - erwarb mit Kaufvertrag vom die (landwirtschaftliche) Liegenschaft EZ 85, Grundbuch 57201 Bucheben, sowie das (landwirtschaftliche) Grundstück 976 aus der EZ 73, Grundbuch 57201 Bucheben.
2. Die Grundverkehrslandeskommission Salzburg wies mit Bescheid vom den Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung der grundverkehrsbehördlichen Zustimmung zu diesem Kaufvertrag unter Berufung auf § 4 Z 2 und § 9 des Salzburger Grundverkehrsgesetzes 1986, LGBl. 73 (im folgenden: SGVG 1986), ab. Begründend führte sie aus, daß keine der nach § 9 Abs 1 SGVG 1986 für die Zustimmung zu einem Grunderwerb durch einen Ausländer erforderlichen Voraussetzungen gegeben seien; insbesondere habe der Beschwerdeführer nicht (iS des § 9 Abs 1 Z 1 SGVG) nachzuweisen vermocht, daß ihm der Gegenstand des in Rede stehenden Rechtsgeschäftes zur Begründung seines zum Zweck der inländischen Berufsausübung notwendigen ordentlichen Wohnsitzes dienen solle. Des weiteren sei (auch) der Versagungsgrund des § 4 Z 2 SGVG 1986 gegeben, weil der Beschwerdeführer ein überwiegendes land- oder forstwirtschaftliches Interesse an der Vergrößerung des bereits in seinem Eigentum stehenden Eigenjagdgebietes nicht habe dartun können.
3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art 144 Abs 1 B-VG gestützte Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, mit der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Unversehrtheit des Eigentums und auf Freiheit des Liegenschaftserwerbs geltend gemacht sowie die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides begehrt wird.
4. Die Grundverkehrslandeskommission als belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in einer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.
II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die Zulässigkeit der Beschwerde erwogen:
Gegen die Entscheidungen der Grundverkehrslandeskommission ist ein ordentliches Rechtsmittel nicht gegeben (s. § 17 Abs 3 SGVG 1986). Der Instanzenzug ist daher erschöpft.
Da auch die übrigen Prozeßvorausetzungen erfüllt sind, ist die Beschwerde zulässig.
III. Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet.
1. Die im vorliegenden Falle maßgeblichen Vorschriften des SGVG 1986 haben folgenden Wortlaut:
"§2 (1) Rechtsgeschäfte unter Lebenden, die ein land- oder forstwirtschaftliches Grundstück betreffen und
a) die Übertragung des Eigentums;
. . .
zum Gegenstand haben, bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Zustimmung der Grundverkehrsbehörde.
. . ."
"§4 Einem Rechtsgeschäft darf insbesondere die Zustimmung nicht erteilt werden, wenn zu besorgen ist, daß
. . .
2. Grundstücke zur Bildung oder Vergrößerung von Eigenjagdgebieten erworben werden, ohne daß ein überwiegendes land- oder forstwirtschaftliches Interesse vorliegt;
. . ."
"§5 Einem Rechtsgeschäft kann ungeachtet der Vorschriften der §§3 und 4 zugestimmt werden, wenn es wegen der persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse des Veräußerers, Verpächters o. dgl. zur Vermeidung des Verfalles des Betriebes unbedingt erforderlich ist, sofern dessen Erhaltung als selbständiger Betrieb damit gewährleistet ist."
"§8 (1) Unbeschadet des Erfordernisses einer Zustimmung der Grundverkehrsbehörde gemäß § 2 Abs 1 bedürfen folgende Rechtsgeschäfte unter Lebenden einer Zustimmung der Grundverkehrsbehörde, wenn der Rechtserwerber ein Ausländer ist und staatsvertragliche Verpflichtungen nicht anderes bestimmen:
a) Die Übertragungen des Eigentums an einem Grundstück, Gebäude oder an Teilen hievon;
. . ."
"§9 (1) Die Zustimmung darf nur erteilt werden, wenn kein Versagungsgrund gemäß § 10 vorliegt und
1. der Gegenstand des Rechtsgeschäftes dem Ausländer zur
Begründung seines zum Zweck der inländischen Berufsausübung
notwendigen oder für den daran anschließenden Ruhestand
beabsichtigten ordentlichen Wohnsitzes dienen soll; . . .
. . ."
2. Der Beschwerdeführer bringt zur Begründung seiner Behauptung, durch den angefochtenen Bescheid in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Unversehrtheit des Eigentums und auf Freiheit des Liegenschaftserwerbs verletzt worden zu sein, zunächst vor, die belangte Behörde habe unberücksichtigt gelassen, daß im bescheidgegenständlichen Kaufvertrag das Fruchtgenußrecht des Verkäufers an den Kaufgrundstücken für 30 Jahre festgelegt sei. In Ansehung des § 9 Abs 1 Z 1 SGVG 1986 hätte die belangte Behörde beachten müssen, daß der Beschwerdeführer auf der Grundlage dieses Vertragsinhaltes erst nach Ablauf von 30 Jahren in der Lage sein werde, auf den in Rede stehenden Grundstücken seinen ordentlichen Wohnsitz zu begründen. Weiters habe die belangte Behörde keinerlei Ermittlungen darüber gepflogen, ob die grundverkehrsbehördliche Zustimmung auf Grund der persönlichen bzw. wirtschaftlichen Verhältnisse des Verkäufers gemäß § 5 SGVG 1986 hätte erteilt werden müssen.
3.a) Durch die Versagung der grundverkehrsbehördlichen Zustimmung zur Übertragung des Eigentums an land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken vom bisherigen Eigentümer an den Erwerber wird sowohl der Veräußerer als auch der Erwerber in der Ausübung privater, den Schutz des Art 5 StGG genießender Rechte beschränkt und somit ein Eingriff in das Eigentum bewirkt (vgl. etwa VfSlg. 7539/1975 und die dort zitierte Vorjudikatur, ferner etwa VfSlg. 10565/1985, ).
Ein solcher Eingriff wäre nach der ständigen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (s. zB VfSlg. 10356/1985, 10482/1985) dann verfassungswidrig, wenn der ihn verfügende Bescheid ohne jede Rechtsgrundlage ergangen wäre oder auf einer verfassungswidrigen Rechtsgrundlage beruhte, oder wenn die Behörde bei Erlassung des Bescheides eine verfassungsrechtlich unbedenkliche Rechtsgrundlage in denkunmöglicher Weise angewendet hätte.
b) Der angefochtene Bescheid stützt sich auf § 4 Z 2 und § 9 Abs 1 (Z1) SGVG 1986; er ist also nicht ohne jede gesetzliche Grundlage erlassen worden. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen diese Bestimmungen wurden weder in der Beschwerde vorgebracht noch haben sich solche im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ergeben.
c) Der Verfassungsgerichtshof vermag jedoch auch nicht zu erkennen, daß die belangte Behörde den § 9 Abs 1 Z 1 SGVG 1986 denkunmöglich ausgelegt hat, wenn sie den Erwerb der bescheidgegenständlichen Grundstücke zum Zweck einer (nach dem eigenen Vorbringen des Beschwerdeführers) erst nach Ablauf von 30 Jahren erfolgenden Begründung des ordentlichen Wohnsitzes des Beschwerdeführers - auf diesen Grundstücken - nicht als "zur Begründung seines zum Zweck der inländischen Berufsausübung notwendigen . . . ordentlichen Wohnsitzes" dienend erachtete. Im übrigen wurde das Vorliegen einer der in § 9 Abs 1 SGVG 1986 weiters - alternativ - genannten Zustimmungsvoraussetzungen vom Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren (wie auch in der Verfassungsgerichtshofbeschwerde) nicht behauptet.
d) Da die belangte Behörde nach dem Dargelegten die grundverkehrsbehördliche Zustimmung zum beabsichtigten Rechtserwerb jedenfalls mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 9 Abs 1 (Z1) SGVG 1986 denkmöglich versagt hat, erübrigt sich eine Auseinandersetzung mit der Frage, ob auch die Heranziehung eines weiteren Versagungsgrundes, nämlich jenes nach § 4 Z 2 SGVG 1986, in denkmöglicher Weise erfolgt ist (vgl. etwa VfSlg. 7927/1976, 8674/1979, 9129/1981), und deshalb auch damit, ob die belangte Behörde Ermittlungen über das Vorliegen der in § 5 SGVG 1986 normierten Voraussetzungen gepflogen hat.
e) Der Beschwerdeführer ist somit durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums nicht verletzt worden.
4. Die Rüge der Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Freiheit des Liegenschaftserwerbs vermag der Beschwerde schon deshalb nicht zum Erfolg zu verhelfen, weil der Beschwerdeführer deutscher Staatsangehöriger ist; dieses Grundrecht ist nach Art 6 Abs 1 StGG jedoch nur österreichischen Staatsbürgern gewährleistet.
5. Die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte hat mithin nicht stattgefunden.
6. Da das Verfahren auch nicht ergeben hat, daß der Beschwerdeführer in einem von ihm nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht oder wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden ist, war die Beschwerde abzuweisen.
7. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.