VfGH vom 27.02.1992, b644/91
Sammlungsnummer
12996
Leitsatz
Keine Verletzung im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter durch Inanspruchnahme der Zuständigkeit zur Regelung betrieblicher Vorkehrungen für Diskotheken durch den Bund als Gewerberechtsgesetzgeber; keine Anwendbarkeit der Ausnahme musikalischer Darbietungen bzw öffentlicher Belustigungen vom Geltungsbereich der Gewerbeordnung auf Musik- bzw Tanzveranstaltungen in Gastgewerbebetrieben iVm der Erbringung gastgewerblicher Leistungen; keine Verletzung in sonstigen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten
Spruch
Die Beschwerdeführerin ist durch die angefochtenen Bescheide weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.
Die Beschwerden werden abgewiesen und dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung darüber abgetreten, ob die Beschwerdeführerin durch die angefochtenen Bescheide in einem sonstigen Recht verletzt worden ist.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1.1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom , Zl. Ge96 - 2489 - 1989, wurde über die Beschwerdeführerin wegen der Verwaltungsübertretung gemäß § 366 Abs 1 Z 4 iVm. den §§81 Abs 1 und 74 Abs 2 GewO 1973, idF des BG BGBl. 399/1988, eine Geldstrafe in der Höhe von S 3.000,--, im Falle deren Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 72 Stunden verhängt; ferner wurde sie verpflichtet, gemäß § 64 VStG 1950 S 300,-- als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu bezahlen. Der Beschwerdeführerin wurde vorgeworfen, sie habe "zumindest vom bis zum ihr Cafe-Restaurant im Standort Rutzenmoos .., Gemeinde Regau, als Tanzlokal (Diskothek) mit elektronischer Musik (Stereoanlage) geführt und damit die als Gasthausbetrieb genehmigte Betriebsanlage nach dieser Änderung, die geeignet ist, die Nachbarn durch Geruch, Lärm - durch den Musikbetrieb und den der Betriebsanlage zuzurechnenden Parkplatz -, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen, ohne die erforderliche gewerbebehördliche Genehmigung betrieben."
1.2. Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung der Beschwerdeführerin wurde vom Landeshauptmann von Oberösterreich als Organ der mittelbaren Bundesverwaltung - der belangten Behörde im Verfahren zu B1062/90 - abgewiesen.
1.3. Dagegen wendet sich die vorliegende, auf Art 144 B-VG gestützte, zu B1062/90 protokollierte Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, in welcher die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter, auf Unverletzlichkeit des Eigentums, auf Erwerbsfreiheit und auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz geltend gemacht und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides begehrt wird.
Begründend wird hiezu ausgeführt:
"Mir wird von der Gewerbebehörde vorgeworfen, 'mein Kaffee-Restaurant als Tanzlokal (Diskothek) mit elekronischer Musik (Stereoanlage) und damit die als Gasthausbetrieb (gemeint wohl gastgewerbliche Betriebsanlage) genehmigte Betriebsanlage nach dieser Änderung....' betrieben zu haben, ohne um Änderungsgenehmigung nach § 81 GewO angesucht zu haben.
Gemäß § 2 Abs 1 Z. 17 GewO sind jedoch insbesondere Unternehmen öffentlicher Belustigungen und Schaustellungen aller Art, sowie musikalische Darbietungen von der Gewerbeordnung ausdrücklich ausgenommen. Musikalische Darbietungen jeder Art fallen nicht unter den Kompetenztatbestand des Art 10 Abs 1 Z. 8 B-VG (s. schon VfSlg. 2670). Laut Mache-Kinscher, Kommentar zur Gewerbeordnung, FN 120 zu § 2, fällt der Betrieb einer Diskothek unter den Begriff 'musikalische Darbietungen' und ist somit von der Gewerbeordnung ausgenommen (so auch Fialka-Wallner, Kommentar zur Gewerbeordnung, S. 63 zu § 2). Der VfGH hat auch in seiner neueren Judikatur nicht daran gezweifelt, daß Diskotheken unter das Veranstaltungsrecht fallen (so VfGH 299.1977, B445/76 = ZfVB 1978/793, Plombierung einer Diskothekenanlage; oder auch , wo keine Bedenken geäußert wurden, Diskotheken dem Veranstaltungsrecht der Länder zuzuordnen). Konsequenterweise sieht auch das Oö Veranstaltungsgesetz in § 1 Abs 1 vor, daß insbesondere musikalische Veranstaltungen und Tanzunterhaltungen vom Anwendungsbereich des Gesetzes umfaßt sind. In der Praxis verlangen daher die Gemeinden für Diskotheken Veranstaltungsbewilligungen.
Diese Judikatur sowie die Lehrmeinungen basieren offenbar auf der Überlegung, daß am (Versteinerungszeitpunkt) sowohl musikalische Darbietungen als auch Tanzunterhaltungen von der alten Gewerbeordnung ausgenommen waren. So heißt es auch schon in einem Protokoll der Handels- und Gewerbekammer Reichenberg vom , S. 14 (zitiert in Frey-Maresch, Sammlung von Gutachten und Entscheidungen, V. Band, Nr. 8750), daß das gewerbsmäßig betriebene Arrangement von Tanzunterhaltungen nicht unter die Gewerbeordnung falle.
Nicht von ungefähr hat daher auch der VwGH bisher immer die Betriebsart 'Diskothek' als Betriebsart des Gastgewerbes abgelehnt (s. VwSlg. NF 7.394 A), da eben Tanzunterhaltungen nicht zu den in § 16 Abs 1 GewO 1859 aufgelisteten Betriebsarten fielen (s. jetzt auch Mache-Kinscher, aaO FN 11 zu § 192, S. 510, wo es heißt: 'Ob eine Diskothek in einem bestimmten Gastgewerbebetrieb errichtet und betrieben werden darf, wird daher nach den Musikdarbietungen regelnden landesrechtlichen Vorschriften zu beurteilen sein'). Wenn Mache-Kinscher an anderer Stelle (FN 14 zu § 81) unreflektiert offenbar die Meinung der Staatlichen Gewerbereferenten wiedergeben, die Errichtung einer Diskothek stelle eine genehmigungspflichtige Änderung der Betriebsanlage dar, so ist dies widersprüchlich und falsch, da das gewerbliche Betriebsanlagenverfahren nicht zur Anwendung kommen kann, wenn die Gewerbeordnung gar nicht zur Anwendung kommt.
Tatsächlich ist es so, daß für die Errichtung und den Betrieb eines Gastgewerbelokales regelmäßig eine Betriebsanlagengenehmigung erforderlich ist und Diskotheken praktisch immer mit einer Gastgewerbekonzession gemeinsam betrieben werden. Konsequenterweise ersetzt daher eine entsprechende Veranstaltungsbewilligung in der Praxis niemals eine gewerbebehördliche Betriebsanlagengenehmigung (so auch Zl. 04/3069/79). Liegt aber eine rechtskräftige Betriebsanlagengenehmigung - wie im konkreten Fall - bereits vor, so kann durch die Hinzunahme einer 'Diskothek' allein nicht die Gewerbeordnung verletzt werden. Dafür ist lediglich eine Veranstaltungsbewilligung erforderlich.
Da mir im Strafbescheid aber ausdrücklich vorgeworfen wird, durch das Betreiben einer Diskothek mit elektronischer Musik, also durch die Hinzunahme einer Diskothek, § 366 Abs 1 Z. 4 GewO verletzt zu haben, hat die Gewerbebehörde in einer Sache entschieden, die gar nicht in die Gewerbekompetenz des Bundes, sondern ausschließlich in die Kompetenz der Länder fällt. Dazu fehlt der Gewerbebehörde also die Zuständigkeit.
Diskotheken mit ihren musikalischen Darbietungen und den typischen Ausstattungsmerkmalen (Lichteffekte etc.) sowie der Moderation durch Diskjockeis entsprechen aber am ehesten 'öffentlichen Belustigungen', zu denen seit jeher auch Tanzunterhaltungen gerechnet wurden, und muß daher auch eine systemimmanente Fortentwicklung im Sinne der Versteinerungstheorie dazu führen, daß der Betrieb von Diskotheken als eine von der Gewerbeordnung ausgenommene, in die Kompetenz der Länder fallende Tätigkeit anzusehen ist. Schließlich geht es nicht darum, daß Gastgewerbetreibende Musik abspielen, was ihnen als Nebenrecht schon immer zustand, sondern um eine in den letzten 30 Jahren populär gewordene eigenständige Art von 'Belustigungen', also um typische Bereiche des Veranstaltungsrechtes. Daß die Klärung dieser Kompetenzfrage von ganz erheblicher Bedeutung wäre, ergibt sich zum einen daraus, daß sämtliche Diskothekenbetreiber gleichzeitig zum Teil kostspielige Veranstaltungsbewilligungen benötigen, die - würde das Betreiben einer Diskothek (im Sinne der Durchführung von Tanzunterhaltungen) tatsächlich der Gewerbeordnung unterliegen - sonst nicht notwendig wären, zum anderen fehlen weitgehend klare Abgrenzungsrichtlinien zwischen dem Gewerberecht des Bundes und dem Veranstaltungsrecht der Länder. Dies beweist etwa die Judikatur des VwGH, der z.B. aussprach, daß der Betrieb von Tennisplätzen von der Gewerbeordnung ausgenommen sei, weil dies auf Grund der Versteinerungstheorie gemäß Art 15 Abs 3 B-VG in die Länderkompetenz falle ( Zl.85/01/0290), ein anderer Senat des VwGH aber anscheinend keine Bedenken hegte, als es um eine Betriebsanlagengenehmigung von Tennisplätzen ging ( Zl. 82/04/0146). Dieses Problem ist mit dem der Diskotheken völlig vergleichbar und ebenso ungelöst. Welche Schwierigkeiten in der Praxis insofern für Gewerbebehörden und Kammern entstehen, zeigen sehr anschaulich die Protokolle der Staatlichen Gewerbereferenten (z.B. Protokoll über die Gewerbereferententagung der Bundesländer 1988, Pkt.4 und 5, S. 9 und 12). Diese Unsicherheit geht sogar soweit, daß in Verkennung der Rechtslage immer wieder gefordert wird, Diskotheken als Betriebsart im Sinne des § 192 GewO anzuerkennen.
Ebenso abzulehnen ist die These, daß von Veranstaltungen nicht gesprochen werden könne, wenn sie laufend und ortsgebunden stattfänden, da das Element der Standortbindung in Wahrheit nichts am Charakter einer Veranstaltung (öffentliche Belustigung) ändert, wie der VfGH (Slg. 2670) deutlich zum Ausdruck brachte.
Der angefochtene Bescheid leidet aber auch noch an einem weiteren, in die Verfassungssphäre reichenden Mangel. Ich habe immer behauptet, daß - wenn auch rechtswidrig, so doch rechtskräftig - die Betriebsanlage 1971 auch als 'Diskothek' genehmigt wurde..."
1.4. Der Landeshauptmann von Oberösterreich als belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in welcher die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde im wesentlichen mit folgender Begründung beantragt wird:
"In bezug auf das auf Art 83 Abs 2 B-VG gestützte Beschwerdevorbringen ist zunächst aufzuzeigen, daß der verfahrensgegenständliche Diskothekenbetrieb innerhalb der gastgewerblichen Betriebsanlage der Beschwerdeführerin und im unmittelbaren Zusammenhang mit der Ausübung ihrer Gastgewerbekonzession stattfindet. Dem Beschwerdevorbringen selbst ist entgegenzuhalten, daß die gastgewerbliche Betriebsanlage der Beschwerdeführerin durch die darin vorgenommene Installierung einer Diskothek eine wesentliche Änderung erfährt, die im Hinblick auf die damit möglicherweise verbundenen größeren Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs 2 einer Genehmigung gemäß § 81 leg.cit. bedarf (siehe Mache-Kinscher FN 14 zu § 81 GewO 1973, Seite 324). Das Erfordernis der gewerblichen Betriebsanlagengenehmigung läßt die veranstaltungspolizeiliche Zuständigkeit bzw. die Anwendung landesrechtlicher Vorschriften in bezug auf die Abhaltung des Diskothekenbetriebes, der unter den Begriff 'musikalische Darbietungen' fällt, im übrigen unberührt. Die diesfalls gegebene kumulative Zuständigkeit sowohl der Gewerbe- wie auch der Veranstaltungsbehörde, wird auch von Mache-Kinscher, Kommentar zur Gewerbeordnung 1973, FN 11 zu § 192, Seite 560, vertreten. Nach der zitierten Rechtsansicht ist nämlich die Frage, ob eine Diskothek in einem bestimmten Gastgewerbebetrieb errichtet werden darf, von den Musikdarbietungen regelnden landesrechtlichen Vorschriften und nach den §§74 ff GewO 1973 betreffend die gewerbliche Betriebsanlage zu beurteilen. Die Beschwerdeführerin hat diese Rechtsansicht in ihrer Beschwerdeschrift (s. dazu Seite 3 unten) dem Wortlaut nach unvollständig zitiert, weil darin nur die landesrechtlichen Vorschriften angeführt werden (' ... landesrechtlichen Vorschriften zu beurteilen sein').
Die Anwendung der gewerberechtlichen Vorschriften der §§74 ff GewO 1973 und sohin auch die Zuständigkeit der Gewerbebehörde in den Fällen eines innerhalb einer gastgewerblichen Betriebsanlage stattfindenden Diskothekenbetriebes, erweist sich - neben allen anderen auch kompetenzrechtlichen Gesichtspunkten - vor allem deshalb notwendig und sachlich begründet, weil der Schutz der Nachbarn in den betriebsanlagenrechtlichen Bestimmungen der GewO 1973 (§§74 ff) wesentlich konkreter ausgeformt ist als beispielsweise im O.ö. Veranstaltungsgesetz, LGBl. Nr. 7/1955, i. d.F.d.O.ö. Veranstaltungsgesetz-Novelle, LGBl. Nr. 5/1990.
Aus diesem Grund ist auch das Recht der Beschwerdeführerin auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter (Unzuständigkeit der Behörde) nach ha. Auffassung nicht verletzt worden ..."
1.5. Der allgemeinen, insbesondere kompetenzrechtlichen und damit bundesstaatlichen Bedeutung des Falles wegen wurde dem Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst in diesem verfassungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren die Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme eingeräumt, wovon in folgender Weise Gebrauch gemacht wurde:
"Bei der Beantwortung der aufgeworfenen Frage ist von der sog. 'Versteinerungstheorie' auszugehen. Im Lichte der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (vgl. VfSlg. 1477/1929, 2670/1954) können als 'Gewerbe' im Sinn des Art 10 Abs 1 Z 8 B-VG nämlich nur jene erwerbsmäßigen Tätigkeiten verstanden werden, die nach dem Stand der Gesetzgebung - nicht auch der Praxis - im Zeitpunkt des Wirksamkeitsbeginnes der Kompetenzverteilung () als Gewerbe anzusehen waren.
Da die Erscheinungsform 'Diskothek' im Jahre 1925 nicht bekannt war, ist zunächst zu prüfen, an welche Erscheinungsformen gewerbsmäßig betriebener Tätigkeiten angeknüpft werden könnte. Nach Auffassung des Verfassungsdienstes bieten sich als vergleichbare Einrichtungen Gastgewerbebetriebe mit Publikumstanz (vgl. zu dieser Wendung § 2 Abs 1 Z 3 litb des Wiener Theatergesetzes, LGBl. Nr. 1/1929), Tanzlokale, Tanzkaffeehäuser und allenfalls Tanzbars an. Das Betreiben solcher Lokale könnte nach dem erwähnten Erkenntnis VfSlg. 2670/1954 nur dann als 'Gewerbe' im Sinne des Art 10 Abs 1 Z 8 B-VG angesehen werden, wenn deren Betrieb bereits zum nach dem Stand der Gesetzgebung als Gewerbe anzusehen war. Zieht man die zum geltende Fassung der Gewerbeordnung 1859 heran, erweist sich, daß die erwähnten Lokale nicht ausdrücklich geregelt waren. Dies besagt jedoch im Hinblick auf das System der Gewerbeordnung 1859, die im wesentlichen nur konzessionierte Gewerbe (vgl. §§15ff) namentlich anführt, noch nicht, daß diese Lokale von der Gewerbeordnung erfaßt gewesen seien. Aus § 16 der Gewerbeordnung 1859 dürfte sich aber ergeben, daß das Betreiben eines Tanzlokals (im weitesten Sinn) nicht zum Gast- und Schankgewerbe zu zählen ist. Dies schließt es freilich noch nicht aus, daß derartige Tanzlokale allenfalls als freie Gewerbe (vgl. §§11ff) betrieben werden konnten.
Um beurteilen zu können, ob der Betrieb von Tanzlokalen unter die Gewerbeordnung 1859 fiel, ist zunächst das Kundmachungspatent zur Gewerbeordnung 1859 (im folgenden als 'Kundmachungspatent' bezeichnet) heranzuziehen. ArtIV des Kundmachungspatentes bestimmte, daß die in diesem Gesetz (in der Gewerbeordnung) enthaltenen Bestimmungen mit der in dem nachfolgenden Artikel ausgedrückten Beschränkung für alle gewerbemäßig betriebenen Beschäftigungen gelten, sie mögen die Hervorbringung, Bearbeitung oder Umgestaltung von Verkehrsgegenständen, den Betrieb von Handelsgeschäften, oder die Verrichtung von Dienstleistungen und Arbeiten zum Gegenstande haben. ArtV des Kundmachungspatentes zählte Beschäftigungen und Unternehmungen taxativ auf, auf die die Gewerbeordnung 1859 keine Anwendung fand, und bestimmte, daß 'dieselben' fortan nach den dafür bestehenden Vorschriften behandelt würden. Es ist demnach zu prüfen, ob der Betrieb von Tanzlokalen unter eine der in ArtV des Kundmachungspatentes enthaltenen Ausnahmebestimmungen zu zählen ist.
Nach Auffassung des Verfassungsdienstes kommen grundsätzlich nur zwei der Ausnahmetatbestände in Frage, nämlich litc ('die literarische Tätigkeit, das Selbstverlagsrecht der Autoren und die Ausübung der schönen Künste') sowie lito ('die Unternehmungen öffentlicher Belustigungen und Schaustellungen aller Art').
Was die 'Ausübung der schönen Künste' anlangt, ist freilich zu bedenken, daß in 'Diskotheken' nicht im Regelfall Musikdarbietungen durch Musiker (z.B. eine Tanzkapelle) stattfinden, weshalb ArtV lit. c des Kundmachungspatentes überhaupt nur dann anwendbar erschiene, wenn ausnahmsweise tatsächlich Instrumentalmusik dargeboten wird ('Live-Musik'). Auch in diesem Fall erscheint es dem Verfassungsdienst jedoch nicht möglich, das Betreiben eines Tanzlokales unter ArtV litc zu subsumieren, weil dieser Ausnahmetatbestand wohl nur auf das aktive Ausüben des Musizierens gerichtet war, nicht jedoch auf das Betreiben einer Veranstaltungsstätte, die der Ausübung schöner Künste dient. Es erübrigt sich damit an sich, auf die Erörterung dieses Ausnahmetatbestandes näher einzugehen (die Frage, ob bzw. gegebenenfalls wie eine Grenze zwischen dem 'Musikergewerbe' - vgl. Frey-Maresch, Sammlung von Gutachten und Entscheidungen über den Umfang der Gewerberechte, IV. Band, Nr. 6328 - und der 'Ausübung der schönen Künste' zu ziehen ist, kann daher auf sich beruhen; der Verfassungsdienst übersieht dabei nicht, daß der Verfassungsgerichtshof im bereits erwähnten Erkenntnis VfSlg. 2670/1954 ausgesprochen hat, daß zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Gewerbeordnung 1859 musikalische Produktionen jeder Art nicht als Gewerbe, sondern als vom Standpunkt der Verwaltungspolizei zu behandelnde Angelegenheiten betrachtet und behandelt wurden und daß die Gewerbeordnung 1859 alle musikalischen Produktionen überhaupt von ihrer Geltung ausschließen wollte; musikalische Darbietungen jeder Art würden demnach nicht unter den in Art 10 Abs 1 Z 8 B-VG festgelegten Kompetenztatbestand 'Gewerbe' zu subsumieren sein).
In Frage steht somit letztlich, ob das Betreiben eines Tanzlokales unter den Ausnahmetatbestand des ArtV lito des Kundmachungspatentes 1859 ('die Unternehmungen öffentlicher Belustigungen und Schaustellungen aller Art') fiel. Dies wäre entsprechend der vom Verfassungsgerichtshof in seiner Judikatur zugrunde gelegten Annahme, daß die Gewerbeordnung 1859 die damals durch polizeiliche Sondervorschriften geregelten Tätigkeiten von ihrem Geltungsbereich ausnehmen wollte, jedenfalls dann der Fall, wenn zum Zeitpunkt der Erlassung der Gewerbeordnung 1859 das Betreiben von Tanzlokalen (im weitesten Sinne) in besonderen polizeilichen Vorschriften geregelt gewesen wäre.
Als solche Vorschrift kommt nach Auffassung des Verfassungsdienstes primär das Hofkanzleidekret vom 12. Mai 1827, Zl. 13.112, PGS, 55. Band, Nr. 60, betreffend die Abhaltung von Tanzmusiken (abgedruckt bei Dehmal, Die österreichische Polizeigesetzgebung, 1926, S. 1532ff) in Frage. Darüber hinaus ist auf die Statthalterei-Verordnung vom 9. Februar 1851, Nr. 424/Prars., die in Frey-Maresch, a.a.O., 6329, subsidär als Grundlage für die polizeiliche Bewilligung von nicht unter die Gewerbeordnung fallenden Tätigkeiten (dort: das Betreiben eines Eislaufplatzes) herangezogen wird (sc.: Bedacht zu nehmen). § 1 des oben genannten Hofkanzleidekrets bestimmte, daß Redouten, öffentliche Bälle und Tanzmusiken nicht ohne Bewilligung der Polizeibehörden gehalten werden durften. Auch Hausbälle waren in den Städten vorläufig bei der Polizeibehörde zu melden. Die Vorschrift enthielt weiters Regelungen über die Abhaltung von Tanzmusiken an Feiertagen (§2), Strafbestimmungen (§§4ff) sowie Regelungen über die Aufsicht der genannten Veranstaltungen. Das Hofkanzleidekret läßt allerdings nicht erkennen, ob es bloß auf fallweise abgehaltene Tanzveranstaltungen abgestellt war oder auch auf eine periodische und allenfalls tägliche Abhaltung derartiger Tanzveranstaltungen. Dies könnte deshalb von Belang sein, weil man im regelmäßigen Abhalten von Tanzveranstaltungen bereits eine gewerbemäßige Tätigkeit im Sinne des ArtIV des Kundmachungspatentes erblicken könnte. Aus dem Umstand, daß eine Tätigkeit 'gewerbemäßig' betrieben wurde, kann jedoch allein noch nicht geschlossen werden, daß diese Tätigkeit der Gewerbeordnung unterfiel, weil das Abgrenzungskriterium nicht in der Gewerbsmäßigkeit der Tätigkeit liegt, sondern darin, ob die Tätigkeit durch besondere polizeiliche Vorschriften geregelt war. So hat auch der Verfassungsgerichtshof das Tanzschulwesen - obwohl es sich, wie das Bundesgesetz betreffend die Tanzlehranstalten, BGBl. Nr. 537/1923, zeigt, dabei um die gewerbsmäßige Ausübung einer Tätigkeit handelt - nicht unter Art 10 Abs 1 Z 8 B-VG, sondern unter Art 15 Abs 1 B-VG subsumiert (vgl. VfSlg 1505/1933, 2024/1950).
Da diese Frage durch bloßen Rückgriff auf die zur Zeit der Erlassung der Gewerbeordnung 1859 bestehenden Vorschriften nicht geklärt werden kann, erscheint es dem Verfassungsdienst angebracht, auch zur Rekonstruktion des Begriffsverständnisses, das der Verfassungsgesetzgeber im Jahre 1920 bei Erlassung der Kompetenzartikel des B-VG vom Begriff 'Gewerbe' haben mußte, auf spätere Rechtsvorschriften (vor 1920) sowie auf die in Praxis und Literatur vertretenen Auffassungen zurückzugreifen. Dabei ist freilich einzuräumen, daß diesem Rückgriff nur ein heuristischer Wert zukommt.
Ähnlich aufgebaut wie das erwähnte Hofkanzleidekret aus 1827 ist das Kärntner Gesetz, womit Bestimmungen über die Abhaltung von Tanzunterhaltungen gegeben werden, LGBl. Nr. 30/1905. Auch dieses Gesetz sah vor, daß zur Abhaltung öffentlicher Tanzunterhaltungen die Bewilligung des Gemeindevorstehers einzuholen war. Der die Tanzunterhaltung bewilligende Erlaubnisschein hatte die Zeit und die Dauer der Unterhaltung anzugeben. § 4 leg.cit. enthielt Jugendschutzbestimmungen, für deren Beachtung die Gast- und Schankwirte, die Unternehmer und Leiter einer Tanzunterhaltung und die gesetzlichen Vertreter der gedachten Personen bei Strafe verantwortlich waren. Für straffällig erklärte schließlich § 5 leg.cit. auch Gastwirte, welche die Abhaltung einer Tanzunterhaltung ohne gemeindebehördliche Bewilligung in ihrem Lokale gestatteten und zwar auch dann, wenn sie nicht selbst Unternehmer der Tanzunterhaltung waren. § 7 leg.cit. sah vor, daß Gast- und Schankwirten, welche bereits dreimal wegen Übertretung des Gesetzes abgestraft waren, Tanzunterhaltungen nicht mehr bewilligt werden durften. In solchen Fällen war die Anzeige an die Gewerbebehörde zu erstatten. Wenngleich sich auch aus diesem Gesetz nicht mit Klarheit ergibt, ob regelmäßige (erwerbsmäßig) abgehaltene Tanzunterhaltungen erfaßt waren, erscheint dies nach dem Wortlaut des Gesetzes zumindest nicht ausgeschlossen. Aufschlußreich ist aber, daß das Gesetz offenbar davon ausging, daß im Falle von Tanzunterhaltungen in Gastgewerbebetrieben zu den gewerblichen Vorschriften die (veranstaltungs-)polizeilichen Vorschriften kumulativ hinzutreten.
Aus der Literatur zu ArtV lito des Kundmachungspatentes ist auf folgendes hinzuweisen:
In der gewerberechtlichen Literatur fehlt - soweit ersichtlich - zum Stichtag eine eindeutige Stellungnahme zur Frage, ob der Betrieb eines Tanzlokals (im weitesten Sinne) eine gewerberechtliche Bewilligung erfordere oder unter ArtV lito des Kundmachungspatentes fällt. Zumeist werden die unter 'öffentliche Belustigungen und Schaustellungen aller Art' fallenden Tätigkeiten zwar aufgezählt, Einzelfälle jedoch nicht behandelt (vgl. z.B. Heilinger, Österreichisches Gewerberecht, 3. Auflage, 1909, S. 36ff; Praunegger, Das Österreichische Gewerberecht, I, 1924, S. 80ff; Mischler-Ulbrich, Österreichisches Staatswörterbuch,
2. Auflage, 1907, III, S. 499 (Stichwort 'Lustbarkeiten')). Daß sich in den Standardwerken zur Gewerbeordnung 1859 keine Bemerkung zu Tanzlokalen findet, könnte zwar als Indiz dafür gewertet werden, daß das Betreiben derartiger Lokale nicht zum Gewerberecht gezählt worden ist, doch wird man daraus allein keine so weitreichenden Schlußfolgerungen ziehen dürfen.
Der Verfassungsdienst übersieht zwar nicht, daß sich aus der bloßen Praxis von Gewerbebehörden und aus Gutachten der Handels- und Gewerbekammern kein kompetenzrechtlich eindeutiges Bild ergibt, es erscheint ihm aber gerechtfertigt, auf diese Praxis, die in Frey-Maresch, Sammlung von Gutachten und Entscheidungen über den Umfang der Gewerberechte, dokumentiert ist, näher einzugehen. Wenngleich sich auch in dieser Sammlung keine explizite Stellungnahme zur in Rede stehenden Problematik findet, gibt es Hinweise darauf, daß der Betrieb von Tanzlokalen von der Gewerbeordnung ausgenommen war und unter ArtV lito des Kundmachungspatentes fiel. So findet sich in Nr. 6329 (Frey-Maresch, a.a.O, IV, 1905) die Aussage der Handels- und Gewerbekammer Wien, daß das Halten eines Eislaufplatzes nicht der Gewerbeordnung 1859 unterliegt, sondern nach ArtV lito des Kundmachungspatentes von ihr ausgenommen ist. Für Eislaufplätze seien demnach keine Gewerbescheine, sondern polizeiliche Lizenzen auszufertigen. Dabei wird auch auf einen Erlaß des Magistrates Wien als politische Behörde I. Instanz vom 1. Juni 1894, Z 16.932, an alle Wiener Bezirksämter verwiesen, der in die gleiche Richtung gehe. Im weiteren wird ausgeführt, daß de facto auf Eislaufplätzen gewöhnlich von Orchestern und auf kleineren meist mittels Drehorgeln aufgespielt würde. Da der Betrieb eines Eislaufplatzes, auf dem Musik gespielt wird, strukturell dem Betrieb eines Tanzlokales (oder einer 'Diskothek') nahekommt, könnte aus diesem Gutachten abgeleitet werden, daß auch der Betrieb eines Tanzlokales zum damaligen Zeitpunkt nicht der Gewerbeordnung unterfiel, da in beiden Fällen in vergleichbarer Weise dem Publikum Gelegenheit zu Freizeitunterhaltung geboten wird (in dieselbe Richtung weist auch Nr. 12.799, (Frey-Maresch, a.a.O., VI, 1931). Der erwähnte Erlaß des Wiener Magistrates vom 1. Juni 1894, Z 16.932, an die magistratischen Bezirksämter wird auch von Dehmal, a.a.O, S. 1537, unter 'andere Belustigungen' angeführt (vgl. auch Heilinger, a.a.O, S. 39; Praunegger, a.a.O, S. 96f, wo darauf hingewiesen wird, daß das Halten eines Eislaufplatzes von der Praxis auch als freies Gewerbe behandelt wird.). In Nr. 8750 (Frey-Maresch, a.a.O, V, 1911) wird festgehalten, daß das gewerbsmäßig betriebene Arrangement von Tanz- und DeklamationsUnterhaltungen nicht unter die Vorschriften der Gewerbeordnung fällt, sondern an eine polizeiliche Konzession geknüpft ist. Die Aussagekraft dieser Belegstelle, die auch von der Beschwerdeführerin im vorliegenden Bescheidbeschwerdeverfahren herangezogen wurde, darf aber insofern nicht überbewertet werden, als unter 'Arrangement' eine andere Tätigkeit als die des Betreibens eines Tanzlokales verstanden werden könnte und auch nicht eindeutig ist, ob der zu betreibende Sachverhalt die Veranstaltung von Publikumstanz betraf, oder aber Tanzvorführungen.
Die bisherigen Überlegungen lassen den Schluß zu, daß das Betreiben eines Tanzlokales von der Gewerbeordnung 1859 ausgenommen gewesen sein dürfte. Nicht in dieses Bild scheint allerdings Nr. 12.900 (Frey-Maresch, a.a.O, VI, 1931) zu passen, wo ausgeführt wird, daß die Veranstaltung von öffentlichen Bällen, Redouten, Tanzmusiken (Tanzunterhaltungen) zwar im allgemeinen unter den Begriff der im ArtV lito des Kundmachungspatentes angeführten 'Unternehmungen öffentlicher Belustigungen und Schaustellungen aller Art' fällt und demnach eine von den Bestimmungen der Gewerbeordnung 1859 ausgenommene Beschäftigung darstellt, für welche lediglich eine gemeindeamtliche oder polizeiliche Lizenz zu lösen ist. Allerdings wird betont, daß dann, wenn es sich nicht um eine gelegentliche oder fallweise veranstaltete Tanzunterhaltung im vorerwähnten Sinne handle, sondern um eine berufsmäßige Beschäftigung zum Zwecke des Erwerbes, diese Tätigkeit, die sich weder unter die handwerksmäßigen noch unter die konzessionierten Gewerbe einreihen lasse, als freies Gewerbe anzusehen sei. Da das Gutachten der Kammer Wien, auf das sich Nr. 12.900 bezieht, vom stammt, erscheint der Aussagewert dieser Belegstelle jedoch geringer als der der vorgenannten. Zudem ist auf das oben genannte Gutachten zur Frage des Betreibens eines Eislaufplatzes zu verweisen, welches davon ausgeht, daß auch das ständige Betreiben des Eislaufplatzes - offenbar auch bei Vorliegen der Kriterien für die Gewerbsmäßigkeit, insbesondere also auch der Ertragsabsicht - nicht unter die Gewerbeordnung fällt. Es läßt sich aus dem Gutachten der Kammer Wien auch nicht mit letzter Sicherheit ableiten, ob die angesprochene 'berufsmäßige Beschäftigung' im Betreiben eines Tanzlokals oder der Ballstätte besteht, oder ob nicht etwa an das Organisieren derartiger Veranstaltungen für verschiedene Veranstalter an verschiedenen Orten gedacht ist.
Zusammenfassend ergibt sich aus der Übersicht über die in der Literatur vertretenen Auffassungen zwar kein einheitliches Bild, aus dem Umstand, daß sich bis zum Inkrafttreten der Kompetenzartikel des B-VG kein Hinweis dazu findet, daß das Betreiben von Tanzlokalen unter die Gewerbeordnung 1859 fiel, dürfte sich aber ergeben, daß vielmehr die 'spektakelpolizeilichen' Vorschriften des Hofkanzleidekrets vom 12. Mai 1827 betreffend die Abhaltung von Tanzmusiken (in Kärnten das bereits erwähnte Gesetz LGBl. Nr. 30/1905) oder allenfalls die genannte Verordnung aus 1851 zur Anwendung kamen. Geht man davon aus, daß Tanzlokale oder Tanzkaffeehäuser als Vorläufer der in Rede stehenden 'Diskotheken' anzusehen sind, muß angenommen werden, daß auch der Betrieb von 'Diskotheken' nicht dem Kompetenztatbestand 'Angelegenheiten des Gewerbes' (Art10 Abs 1 Z 8 B-VG) zuzurechnen ist. Dieses Ergebnis dürfte auch dem vom Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis VfSlg. 2670/1954 vertretenen restriktiven Verständnis der sog. 'Versteinerungstheorie' am ehesten entsprechen. Dabei wird freilich zu bedenken sein, daß 'Diskotheken' in der Regel von Gewerbetreibenden betrieben werden, die über eine Gastgewerbekonzession (vgl. §§189ff GewO 1973) verfügen, sodaß es im Ergebnis zu einer 'Kumulation' beider Rechtsbereiche kommen wird (vgl. dazu das dargestellte Kärntner Gesetz über Tanzunterhaltungen, LGBl. Nr. 30/1905).
Bereits nach dem Versteinerungszeitpunkt erlassen wurde das Wiener Theatergesetz, LGBl. Nr. 1/1929, dessen § 2 Abs 1 Z 3 lit. b 'Publikumstanz in Gastgewerbebetrieben' zu den anmeldepflichtigen Veranstaltungen zählte. Da die Materialien des Wiener Landtages nicht veröffentlicht wurden, ist der Verfassungsdienst jedoch nicht in der Lage, die Entstehungsgeschichte dieses aus kompetenzrechtlicher Sicht einschlägigen Gesetzes nachzuvollziehen. Auch dieses Gesetz liefert jedoch keinen Anhaltspunkt zur Widerlegung der hier vertretenen Auffassung, daß der Betrieb von Diskotheken nicht zu den Angelegenheiten des Gesetzes zählt.
Daher kommt der Verfassungsdienst zum Schluß, daß das Betreiben einer Diskothek nicht durch (den) Kompetenztatbestand des Art 10 Abs 1 Z 8, Angelegenheiten des Gewerbes, erfaßt ist."
1.6. In einem weiteren Schriftsatz hielt dagegen die belangte Behörde die Begründung des in Beschwerde gezogenen Bescheides ebenso aufrecht wie die Ausführungen in ihrer Gegenschrift. Ferner wird darauf hingewiesen, daß der Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom , Zl. 313.389/1-III-3/90 (angefochten zur hg. Zahl B644/91 - vgl. I.3.), "die Genehmigungspflicht gemäß §§74 ff GewO 1973 der gegenständlichen Diskothekenanlage bestätigt." Schließlich ist diesem Schriftsatz ein Auszug aus dem Protokoll der Tagung der beamteten Gewerbereferenten 1989 betreffend Einführung der Betriebsart "Diskothek" in Kopie angeschlossen.
2.1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck verfügte sodann unter Hinweis auf die unter I.1. genannte rechtskräftige Verurteilung mit Bescheid vom , Zl. Ge96-2489- 1989/Pö, gemäß § 360 Abs 1 GewO 1973, daß die Beschwerdeführerin ihren Musikbetrieb (Diskothek) sofort einzustellen, die Lautsprecher bzw. Verstärkeranlage zu demontieren und die gesamte Musikanlage (Stereoanlage - Plattenspieler, Tonband und Compakt-Discanlage) aus den Betriebsräumen und -flächen zu entfernen habe.
2.2. Dieser Bescheid wurde über Berufung der Beschwerdeführerin mit dem Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich als Organ der mittelbaren Bundesverwaltung vom , Zl. Ge - 7614/1 - 1990/Kon/Ra, mit der Maßgabe bestätigt, daß der Musikbetrieb zwar sofort einzustellen ist, von der Musikanlage jedoch lediglich die Lautsprecher bzw. Verstärkeranlagen zu demontieren sind.
2.3. Gegen diesen Berufungsbescheid wendet sich die vorliegende, auf Art 144 B-VG gestützte Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof - diese ist zu B95/91 protokolliert -, mit welcher die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter, auf Unverletzlichkeit des Eigentums sowie auf Erwerbsfreiheit geltend gemacht wird. Begründet wird diese Beschwerde im wesentlichen damit, daß die Gewerbebehörde zur Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht zuständig sei, weil es sich um einen Musikbetrieb handle, darüber hinaus aber auch eine gewerberechtliche Bewilligung vorliegen dürfte. Abschließend wird die kostenpflichtige Aufhebung des bekämpften Bescheides beantragt.
2.4. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und verteidigt den angefochtenen Bescheid im wesentlichen wie folgt:
"Der Beschwerdeführerin ist insoweit recht zu geben, als sie behauptet, § 2 Abs 1 Ziff.17 der GewO 1973 sehe eine Ausnahme vom Geltungsbereich der GewO 1973 für Veranstaltungen vor.
Die belangte Behörde verkennt nicht, daß Angelegenheiten der öffentlichen Darbietungen und Belustigungen auf Grund von Art 15 Abs 1 und Abs 3 B-VG ausdrücklich als Landesangelegenheiten normiert sind. Öffentliche Darbietungen und Belustigungen unterliegen daher nicht dem Kompetenztatbestand 'Angelegenheiten des Gewerbes und der Industrie' im Sinne von Art 10 Abs 1 Ziff.8 B-VG. Demzufolge sind gemäß § 1 Abs 1 in Verbindung mit § 2 Abs 1 Ziff.17 GewO 1973 unter anderem gewerbsmäßig ausgeübte öffentliche Belustigungen und musikalische Darbietungen von dem Anwendungsbereich der Gewerbeordnung ausgenommen.
Die Beschwerdeführerin übersieht, daß die Behörde den angefochtenen Bescheid nicht etwa auf das Veranstaltungsgesetz gestützt hat, sie hat auch nicht materielles Veranstaltungsrecht angewendet. Die Behörde hat vielmehr festgestellt, daß die nunmehrige Beschwerdeführerin eine gewerbliche Betriebsanlage ohne die erforderliche gewerbebehördliche Betriebsanlagengenehmigung betreibt. Auf Grund dieser Zuwiderhandlung von Frau R gegen die diesbezüglichen Bestimmungen der GewO 1973 wurde über sie eine Strafe verhängt, welche rechtskräftig geworden ist (siehe oben!). Da Frau R das strafbare Verhalten fortgesetzt hat, wurde gemäß § 360 Abs 1 GewO 1973 die Schließung der Diskothekenanlage durch die Behörde verfügt.
§ 74 Abs 1 GewO 1973 enthält eine Legaldefinition der gewerblichen Betriebsanlage:
§ 74 Abs 1 GewO 1973 lautet:
Unter einer gewerblichen Betriebsanlage ist jede örtlich gebundene Einrichtung zu verstehen, die der Entfaltung einer gewerblichen Tätigkeit regelmäßig zu dienen bestimmt ist.
Die Beschwerdeführerin bestreitet nun nicht, daß sie das Gastgewerbe ausübt. Die Behörde hatte daher zu prüfen, welche örtlich gebundenen Einrichtungen regelmäßig der Entfaltung ihres Gastgewerbes zu dienen bestimmt sind. Um diese Frage beantworten zu können, ist näher auf das Wesen einer Diskothek einzugehen.
Unter einer Diskothek versteht man landläufig einen Gastgewerbebetrieb. Seine Merkmale bestehen darin, daß im Lokal musikalische Darbietungen und Tanzbelustigungen angeboten werden. Nach den typischen Gepflogenheiten bei derartigen Betrieben dienen Musikdarbietung und Belustigung primär dazu, Gäste einerseits überhaupt zum Besuch des Gastlokales zu animieren, damit diese Getränke und Speisen konsumieren, andererseits dazu, die konsumierten Getränke und Speisen teurer an die Kunden verkaufen zu können. Musikdarbietung und Belustigung haben keinen Selbstzweck. Sie dienen dem Gastgewerbetreibenden quasi als Werbemaßnahme und Attraktion zur Erreichung des Primärzweckes der Gästebewirtung. Der Betreiber beabsichtigt regelmäßig die Erzeugung einer angenehmen Atmosphäre für das angesprochene Zielpublikum im Gastlokal mit dem ausschließlichen Zweck, dieses Zielpublikum zum Besuch des Lokales und zur Inanspruchnahme der Leistungen des Gastgewerbes anzuregen. Diese spezifische Ausstattung der Gastgewerbebetriebsanlage der Betriebsart 'Diskothek' ist durchaus vergleichbar mit auf Grund anders gearteten Zielpublikums anders ausgestalteten Gastgewerbebetriebsanlagen, beispielsweise der Betriebsart Restaurant etc. Es steht eben der gediegenen Ausstattung eines Restaurants, in welchem in ruhiger Atmosphäre Speisen konsumiert werden sollen, die moderne futuristische Ausstattung der Diskothek mit Erzeugung von Klang- und Lichteffekten gegenüber, welche Freizeitatmosphäre für im allgemeinen jüngere Menschen erzeugen soll. Eine Gastgewerbebetriebsanlage in der Betriebsart einer Diskothek ist daher in ihrer Gesamtheit "Ausstattung" der Betriebsstätte. Diese Ausstattung umfaßt neben ihren architektonischen Elementen, einem speziellen Mobiliar, einer speziellen Beleuchtung auch Elemente einer akustischen Ausstattung, nämlich das ununterbrochene Abspielen von Musik. Diese Gesamtausstattung, diese Summe von angeführten Ausstattungselementen, stellt die Gastgewerbebetriebsanlage der Betriebsart 'Diskothek' dar. Diese Gesamtausstattung ist gänzlich ihrem Primärzweck, der Ausübung des Gastgewerbes, untergeordnet. Zusammenfassend ist daher festzustellen, daß zur Betriebsanlage einer 'Diskothek' im Sinne des § 74 Abs 1 GewO 1973 auch die Musik-, die Licht- und die Verstärkeranlage zählen, da sie der Entfaltung einer gewerblichen Tätigkeit regelmäßig zu dienen bestimmt sind.
Diese allgemein dargestellten Merkmale einer Diskothek sind nun am konkreten Fall zu überprüfen. Aus dem Aktenvorgang ergibt sich eindeutig, daß der verfahrensgegenständliche Diskothekenbetrieb innerhalb der gastgewerblichen Betriebsanlage der Beschwerdeführerin und im unmittelbaren Zusammenhang mit der Ausübung eines Gastgewerbes stattfindet. Das Erwerbseinkommen wird auf Grund des Verkaufes von Getränken und Speisen erzielt, nicht etwa auf Grund eines Entgeltes für die Veranstaltung. Es ist auch nicht so, daß durch einen allfällig höheren Preis für Getränke etc. quasi ein Teilentgelt auch für die Unterhaltung (Veranstaltung) geleistet wird. Es ist vielmehr so, daß auf Grund der gediegenen Ausstattung des Lokales in seiner Gesamtheit für die gastgewerblichen Leistungen ein entsprechend höheres Preisniveau gerechtfertigt ist. Es wird ja auch bei einem Restaurantbetrieb (nicht) unterstellt, man zahle einen Teil des Entgeltes für Speisen und Getränke nicht für dieselben selbst, sondern für die kostbare Ausstattung des Lokales. Die Musik- und Verstärkeranlage stellt daher im verfahrensgegenständlichen Fall Ausstattung des Gastlokales und somit eine gewerbliche Betriebsanlage dar.
An dieser Tatsache vermag auch der Umstand nichts zu ändern, daß möglicherweise (auch) eine anzeige- oder bewilligungspflichtige Veranstaltung im Sinne des oberösterreichischen Veranstaltungsgesetzes vorliegt. Diese Frage kann indessen dahingestellt bleiben. Auf Grund der unterschiedlichen Tatbestandsmerkmale der Bestimmungen der GewO und des o.ö. Veranstaltungsgesetzes ist es eben möglich, daß für ein und dieselbe Betriebsanlage eine Bewilligung sowohl nach der GewO als auch nach dem Veranstaltungsgesetz erforderlich ist. Es ist dies auch keine Besonderheit, unterliegen doch gewerbliche Betriebsanlagen häufig noch weiteren Genehmigungspflichten, wie etwa der baubehördlichen Genehmigung (dann, wenn ein genehmigungspflichtiger Bau vorliegt), der wasserrechtlichen Bewilligung (wenn die Voraussetzungen eines Bewilligungstatbestandes nach dem Wasserrechtsgesetz vorliegen) oder auch nach anderen Gesetzen. Das Vorliegen einer dieser Genehmigungen vermag aber nicht die gewerbebehördliche Genehmigung einer genehmigungspflichtigen gewerblichen Betriebsanlage zu ersetzen. Die diesfalls gegebene kumulative Zuständigkeit sowohl der Gewerbe- wie auch der Veranstaltungsbehörde wird auch von Mache-Kinscher, Kommentar zur GewO 1973, FN 11 zu § 192, Seite 560, vertreten. Nach der zitierten Rechtsansicht ist nämlich die Frage, ob eine Diskothek in einem bestimmten Gastgewerbebetrieb errichtet werden darf, nach den Musikdarbietungen regelnden landesrechtlichen Vorschriften und nach den §§74 ff GewO 1973, betreffend die gewerbliche Betriebsanlage zu beurteilen. Die Beschwerdeführerin hat diese Rechtsansicht in ihrer Beschwerdeschrift (siehe dazu Seite 3 unten) dem Wortlaut nach unvollständig zitiert, weil darin nur die landesrechtlichen Vorschriften angeführt werden '... landesrechtlichen Vorschriften zu beurteilen sein'.
Es darf an dieser Stelle auch nochmals wiederholt werden, daß an dieser Tatsache auch der Umstand nichts ändert, daß § 2 Abs 1 Ziff.17 GewO 1973 'Darbietungen' von der GewO ausschließt. Es wird nochmals zusammenfassend festgestellt, daß sich die Gewerbebehörde nicht auf das Veranstaltungsrecht bezieht, sondern daß sie sich auf die Normen der GewO, die, soweit eine gewerbliche Betriebsanlage vorliegt, auf diese Betriebsanlage anzuwenden sind, stützt. Es ist eben möglich, daß dieselbe Betriebsanlage eine solche nach dem O.Ö. Veranstaltungsgesetz und eine solche nach der GewO darstellt.
Durch die Installierung einer Diskothek in der gastgewerblichen Betriebsanlage der Einschreiterin hat deren als Gasthaus genehmigte Gastgewerbebetriebsanlage eine Änderung erfahren. Diese Änderung der genehmigten Betriebsanlage ist gemäß § 81 GewO 1973 genehmigungspflichtig, da durch diese Änderungen zusätzliche Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs 2 GewO nicht ausgeschlossen werden können. Da die Einschreiterin ihre Betriebsanlage ohne behördliche Genehmigung geändert hat, wurde zu Recht über sie eine Strafe verhängt und wurde zu Recht gemäß § 360 Abs 1 GewO 1973 die Stillegung dieser geänderten Betriebsanlagenteile verfügt ..."
Abschließend wird die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
3.1. Im Zuge oben dargestellter Entwicklung wurde die Beschwerdeführerin seitens der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck eingeladen, für die Führung des Tanzlokales um die gewerberechtliche Genehmigung anzusuchen. Nach weiterem Schriftwechsel stellte die Beschwerdeführerin unter dem die Anträge auf Genehmigung der Erweiterung der Parkflächen ihrer gewerblichen Betriebsanlage (Gastgewerbe) und - laut Betreff - auf "Feststellung der Genehmigungspflicht nach § 358 GewO". Abschließend wird in diesem Schreiben der Antrag gestellt, die Bezirksverwaltungsbehörde möge gemäß § 358 Abs 1 letzter Satz iVm.
§348 GewO zur Frage, inwieweit Tanzveranstaltungen bzw. -Unterhaltungen (Diskothek) dem gewerblichen Betriebsanlagenverfahren unterliegen, das vorgesehene amtswegige Verfahren beim Landeshauptmann einleiten. Über behördliche Anfrage hielt die Beschwerdeführerin ihren Antrag mit Schreiben vom aufrecht.
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom , Zl. Ge - 31 - 17 - 01 - 1989, wurde der Antrag der Beschwerdeführerin - wie es im Spruch dieses Bescheides ausdrücklich heißt - "auf Feststellung der Genehmigungspflicht nach § 358 GewO 1973 i.d.g.F." zurückgewiesen.
3.2. Die dagegen von der Beschwerdeführerin erhobene Berufung wurde mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom ebenso als unbegründet abgewiesen wie die gegen diesen Berufungsbescheid erhobene Berufung mit Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom , Zl. 313.389/1-III-3/90.
3.3. Gegen diesen Berufungsbescheid richtet sich die zu B644/91 protokollierte Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, in welcher sich die Beschwerdeführerin in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter und auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt erachtet und die kostenpflichtige Aufhebung des Bescheides beantragt wird.
3.4. Der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten als belangte Behörde in diesem Beschwerdeverfahren legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in welcher ua. ausgeführt wird:
"Im vorliegenden Fall war der Gegenstand des Feststellungsverfahrens die Frage, ob die Errichtung von Betriebsparkplätzen und einer elektronischen Musikanlage sowie die Durchführung von Tanzveranstaltungen eine genehmigungspflichtige Änderung einer Gastgewerbebetriebsanlage darstellen. Da sich die gegenständliche Anlage, wie bereits im angefochtenen Bescheid dargelegt, im verbauten Gebiet befindet, kann die gewerberechtliche Genehmigungspflicht dieser Maßnahmen als offenkundig angesehen werden. Es kann als Erfahrung des täglichen Lebens angenommen werden, daß Gastgewerbebetriebe mit Betriebsparkplätzen und Musikanlagen in verbautem Gebiet Lärm- und Geruchsimmissionen hervorrufen, die geeignet sein können, Nachbarn zu belästigen oder gar deren Gesundheit zu gefährden. In diesem Zusammenhang sei auf die unzähligen Betriebsanlagenverfahren hingewiesen, in denen gerade diese von Gastgewerbebetrieben ausgehenden Immissionen von Nachbarn als störend oder gefährdend eingewendet werden. Die Genehmigungspflicht von Anlagen in der Art des gegenständlichen Gastgewerbebetriebes in verbautem Gebiet ist also evident und bedarf es in dieser Hinsicht keines Feststellungsbescheides gemäß § 358 leg.cit.
Im angefochtenen Bescheid wird weiters dargelegt, daß weder für die Betriebsparkplätze noch die elektronische Musikanlage eine gewerbebehördliche Genehmigung vorliegt. In diesem Zusammenhang sei darauf verwiesen, daß die belangte Behörde den Unterschied zwischen Betriebsparkplätzen und öffentlichen Stellflächen keineswegs verkennt. Dem diesbezüglichen Beschwerdevorbringen wird jedoch entgegengehalten, daß selbst das Vorliegen eines rechtskräftigen Genehmigungsbescheides für einen Betriebsanlagenteil keine Änderung der Rechtsauffassung der Behörde, die gesamte Anlage als genehmigungspflichtig im Sinne des § 358 leg.cit. anzusehen, bewirken kann. Eine vorliegende rechtskräftige Betriebsanlagengenehmigung spricht nämlich umso mehr für die Offenkundigkeit der Genehmigungspflicht der Anlage bzw. des Anlagenteiles.
Als unzutreffend muß das Vorbringen der Beschwerdeführerin angesehen werden, daß ein Gastgewerbebetrieb samt Betriebsparkplätzen und elektronischer Musikanlage nicht der Gewerbeordnung unterliege.
§ 2 Abs 1 Zif.17 GewO 1973 schließt Gastgewerbebetriebe samt Betriebsparkplätzen, in denen Musik, sei es mit oder ohne Hilfe einer Musikanlage, dargeboten wird, keineswegs vom Anwendungsbereich der Gewerbeordnung aus.
Zu der in der Beschwerde genannten Stellungnahme des Verfassungsdienstes vom , Zl. 603.487/1-V-2/90, wird bemerkt, daß Gastgewerbebetriebe, in denen Musik dargeboten wird, durchaus bereits von § 16 Abs 1 GewO 1859 erfaßt waren. Bei einer Musikdarbietung in einem Gastgewerbebetrieb handelt es sich üblicherweise um eine den in § 16 Abs 1 leg.cit. genannten Berechtigungen untergeordnete und mit diesen in untrennbarem Zusammenhang stehende Hilfstätigkeit, die lediglich einer verstärkten Inanspruchnahme des jeweiligen Gast- und Schankgewerbebetriebes durch Kunden dient. Aus dem gleichen Grund werden diese Tätigkeiten auch von § 189 GewO 1973 erfaßt. Dies läßt sich aber auch daraus erkennen, daß in Diskotheken oder sonstigen Gastlokalen mit Musikbetrieb im Gegensatz zu musikalischen Veranstaltungen, die unter § 2 Abs 1 Zif.17 fallen, entweder gar kein Eintrittsgeld bzw. ein solches zu entrichten ist, dessen Betrag auf das jeweils erste vom Gast bestellte Getränk angerechnet wird.
In diesem Sinne ist auch Artikel V. lito) des Kundmachungspatentes 1859 zu sehen. Diese Bestimmung nimmt Unternehmungen öffentlicher Belustigungen und Schaustellungen aller Art von der Gewerbeordnung 1859 aus. Darunter sind jene Unternehmungen, etwa Theater oder Konzerte zu verstehen, in denen die jeweilige öffentliche Belustigung bzw. Schaustellung alleiniger Gegenstand der Unternehmung ist und der Eintrittspreis des Besuchers ausschließlich für diese Darbietungen zu entrichten ist, was jedoch, wie bereits ausgeführt, bei Diskotheken oder Tanzlokalen keineswegs der Fall ist. Weiters ist darauf hinzuweisen, daß üblicherweise das Ziel des Besuchs derartiger Unternehmen ausschließlich die öffentliche Belustigung bzw. Schaustellung als solche ist. Dies kann jedoch für den Besuch einer Diskothek oder eines Gastlokals, in dem, wie etwa bei einem gewerblichen Heurigenrestaurant, auch Musik dargeboten wird, nicht schlechthin behauptet werden, da in diesen Gastgewerbebetrieben der Konsumation von Getränken aber auch von Speisen ein erheblicher Stellenwert zukommt und ein Vertragsverhältnis zwischen Gast und Gastwirt nur in dieser Hinsicht begründet wird.
Aus dem den Bestimmungen des Artikel V. lito) Kundmachungspatentes 1859 und des § 16 GewO 1859 innewohnenden Sinn ergibt sich also, daß nur jene musikalischen Darbietungen vom Anwendungsbereich der Gewerbeordnung ausgenommen (werden) sollten, die mit jenen, wie sie in heutigen Diskotheken oder Tanzlokalen gepflogen werden, nicht vergleichbar sind. Auch das in der Stellungnahme des Verfassungsdienstes genannte Hofkanzleidekret von 12.5.1827 und die Stadthalterei-Verordnung vom 9.2.1851 sprechen für die oben dargelegte Rechtsauffassung, zumal sich die darin genannten Tätigkeiten, wie das Betreiben eines Eislaufplatzes, das Abhalten von Bällen, Redouten oder Tanzmusiken an Feiertagen, von einem Musikbetrieb in einer Diskothek oder einem Gastgewerbelokal, wie bereits ausgeführt, erheblich unterscheiden. Das gleiche gilt für das Abhalten von Tanzlehranstalten.
In den weiteren Ausführungen geht der Verfassungsdienst auf die Praxis der Gewerbebehörden und Lehrmeinungen ein, ohne daß jedoch daraus für die gegenständliche Frage Aufschluß gewonnen werden könnte. Unzutreffend ist jedenfalls der Vergleich eines Eislaufplatzes mit einem Diskothekbetrieb. Dies ergibt sich entsprechend der obigen Abgrenzungskriterien erstens wieder daraus, daß der Betreiber eines Eislaufplatzes gerade für das Eislaufen ein Eintrittsgeld einhebt und der Zweck des Besuches eines Eislaufplatzes ausschließlich das Eislaufen als solches ist, während beim Besuch einer Diskothek oder eines anderen Gastlokales mit Musikbetrieb die Konsumation von Getränken aber auch von Speisen einen erheblichen Stellenwert hat und, wie bereits dargelegt, die Darbietung von Musik in diesen Lokalen in erster Linie als Hilfstätigkeit einer stärkeren Inanspruchnahme des Gastbetriebes durch Kunden dient. Aus diesem Grund ist auch die Darbietung von Musik am Eislaufplatz mit jener in Gastgewerbebetrieben nicht vergleichbar.
Aus der in der Stellungnahme erwähnten Aussage der Handels- und Gewerbekammer Wien, wonach das Halten eines Eislaufplatzes nicht der Gewerbeordnung 1859 unterliege, können also keine Schlüsse für Gastgewerbebetriebe gezogen werden.
Aus den zuvor genannten Gründen schließt sich der ho. Bundesminister der in der Stellungnahme des Verfassungsdienstes dargelegten Rechtsauffassung nicht an. Auch der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Judikatur die Qualifikation einer Diskothek oder eines sonstigen Gastgewerbebetriebes, in dem Musikdarbietungen erfolgen, als gewerbliche Betriebsanlage aufgrund der Gesetzeslage nicht in Frage gestellt. Sämtliche Immissionen, gleich welcher Art, also auch die durch den Betrieb eines Kundenparkplatzes, einer Musikanlage oder durch sonstige Musikdarbietungen hervorgerufene, die einer gewerblichen Betriebsanlage (um eine solche handelt es sich bei einem Gastgewerbebetrieb) zuzurechnen sind, bewirken unter den Voraussetzungen des § 74 Abs 2 GewO 1973 deren Genehmigungspflicht.
Im übrigen schließt § 2 Abs 1 Zif.17 GewO 1973 zwar den Anwendungsbereich der Gewerbeordnung für musikalische Darbietungen als solche aus, nicht jedoch für gewerbliche Betriebsanlagen im Sinne des § 74 Abs 1 leg.cit., deren Genehmigungspflicht, wie bereits ausgeführt, in Abs 2 leg.cit. definiert wird. Dies ergibt sich aus dem Grundsatz der Einheit einer Betriebsanlage. Eine musikalische Darbietung als Betriebsweise oder eine Musikanlage als Ausstattung eines Gastgewerbebetriebes im Sinne dieser Bestimmung sind Bestandteile einer gewerblichen Betriebsanlage, die somit auch in dieser Hinsicht der Gewerbeordnung unterliegt. § 74 Abs 2 leg.cit. unterwirft die gesamte gewerbliche Betriebsanlage, die eine Einheit darstellt, der Genehmigungspflicht. Zum Vergleich sei ein Gebäude genannt, das zwar als solches der in die Landeskompetenz fallenden baurechtlichen Bewilligung bedarf; dient jedoch das Gebäude der Beherbergung eines Gastgewerbebetriebes, so wird es als Teil der Betriebsanlage von der gewerberechtlichen Genehmigungspflicht erfaßt. Das Gleiche gilt für Musikdarbietungen, die als Hilfstätigkeiten dem Betrieb eines Gastlokales dienen (also bei Diskotheken und Gastlokalen mit Musikbegleitung).
Weiters wird bemerkt, daß eine Unterscheidung der Lärmimmissionen von Kunden in einem Gastgewerbebetrieb danach, ob sie in Zusammenhang mit dem Musikbetrieb oder der Verabreichung von Speisen und Getränken stehen, vollkommen unmöglich wäre.
Nicht zuletzt sei darauf hingewiesen, daß diese Art von Betriebsanlagen aufgrund deren Betriebsweise gerade für die Nachbarn besonders unangenehme und oft auch gesundheitsgefährdende Immissionen hervorrufen. Ausschließlich das gewerbliche Betriebsanlagenrecht bietet eine effektive öffentlich-rechtliche Grundlage, die Nachbarn vor Immissionen derartiger Betriebsanlagen zu schützen.
In dem gesamten Vorbringen der Beschwerdeführerin, sowohl im Feststellungsverfahren als auch im Beschwerdeverfahren ist der Wunsch einer wirtschaftlichen Interessensgruppe erkennbar, einen bestimmten Anlagentypus, der aufgrund seiner Auswirkungen auf die Nachbarschaft als gewerberechtlich problematisch angesehen werden kann, dem Gewerberecht zu entziehen um der öffentlich-rechtlichen Verpflichtung, zum Schutz des Lebens und der Gesundheit eben dieser Nachbarschaft unbedingt erforderliche Maßnahmen zu setzen, zu entgehen.
..."
Abschließend wird der Antrag gestellt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
3.5. In einer Gegenäußerung vom verteidigt die Beschwerdeführerin ihre Rechtsauffassung; abschließend wird der Zuspruch von Kosten begehrt.
II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:
1. Alle drei Beschwerden sind zulässig. Der Verfassungsgerichtshof hat sie in sinngemäßer Anwendung der §§187 und 404 ZPO iVm. § 35 VerfGG zur gemeinsamen Verhandlung, Beratung und Entscheidung verbunden.
2.a) In den Beschwerden wird der Sache nach die Ansicht vertreten, die Beschwerdeführerin sei deshalb im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden, weil die bescheiderlassenden Behörden als Gewerbebehörden eingeschritten seien und dementsprechend eine Zuständigkeit in Anspruch genommen hätten, die ihnen nach der GewO 1973, insbesondere auch bei Beachtung des Gebotes ihrer verfassungskonformen Interpretation gar nicht zukomme: Denn der Betrieb einer Diskothek in einer als Gasthausbetrieb genehmigten gewerblichen Betriebsanlage unterliege nur dem Regime des Oberösterreichischen Veranstaltungsgesetzes, nicht aber auch den Bestimmungen der GewO 1973. Dieser Ansicht ist im Ergebnis auch der im führenden Beschwerdeverfahren zu B1062/90 zur Äußerung eingeladene Verfassungsdienst des Bundeskanzleramtes.
Die entscheidende Rechtsfrage ist somit jene nach der Auslegung des § 1 und der Ausnahmeregelung des § 2 Abs 1 Z 17 der GewO 1973. (Ein anderer Ausnahmetatbestand kommt der Sache nach nicht in Betracht.)
Die genannte Ausnahmeregelung lautet:
"§2. (1) Dieses Bundesgesetz ist - unbeschadet weiterer Ausnahmen durch besondere bundesgesetzliche Vorschriften - auf die in den nachfolgenden Bestimmungen angeführten Tätigkeiten nicht anzuwenden:
...
17. den Betrieb von Theatern und Lichtspieltheatern und von Unternehmen öffentlicher Belustigungen und Schaustellungen aller Art, musikalische und literarische Darbietungen;
..."
Die aufgeworfene Rechtsfrage ist insofern auch verfassungsrechtlich bedeutsam, als die Ausnahmebestimmungen des § 2 GewO 1973 in verfassungskonformer Interpretation im Rahmen ihres möglichen Wortsinns jedenfalls so zu verstehen sind, daß die Vorschriften der GewO 1973 nur auf jene gewerbliche Tätigkeiten anzuwenden sind, für die dem Bund eine Kompetenz zur Regelung gewerberechtlicher Fragen zukommt.
b) Die verfassungsrechtlich relevante Frage ist also, ob gesetzliche Regelungen betreffend den gewerbsmäßigen Betrieb von Diskotheken (also insbesondere die Regelung der Voraussetzungen für die Betriebsausübung, Regelungen für die Ausübung selbst, Regelungen der für die Ausübung erforderlichen Betriebsanlagen und Regelungen über die Betriebsbeendigung) gemäß Art 10 Abs 1 Z 8 B-VG Sache des Bundes oder gemäß Art 15 Abs 1 B-VG Sache der Länder sind. Dabei ist auch in Betracht zu ziehen, daß Art 15 Abs 3 B-VG davon ausgeht, daß der Landesgesetzgeber an sich ermächtigt ist, Bestimmungen in den Angelegenheiten der öffentlichen Schaustellungen, Darbietungen und Belustigungen zu erlassen (und vorschreibt, daß diese Bestimmungen den Bundespolizeibehörden Aufgaben der Überwachung der Veranstaltungen und die Mitwirkung bei Verleihung von Berechtigungen zu übertragen haben).
c) Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes sind verfassungsrechtliche Begriffe, die in der Verfassung selbst nicht näher umschrieben sind, in dem Sinn zu verstehen, der ihnen nach dem Stand und der Systematik der Rechtsordnung zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der die entsprechenden Begriffe enthaltenden Verfassungsnormen zugekommen ist (VfSlg. 9337/1982 mwH auf die Vorjudikatur). Dementsprechend fallen unter den Kompetenztatbestand "Angelegenheiten des Gewerbes und der Industrie" (Art10 Abs 1 Z 8 erster Fall B-VG) alle Vorschriften, die nach dem Stand und der Systematik der einfachen Gesetze am als gewerberechtliche Vorschriften anzusehen waren (VfSlg. 10831/1986 mwH auf die Vorjudikatur). Es muß sich dabei einerseits um "Maßnahmen typisch gewerberechtlicher Art" (VfSlg. 4117/1961) handeln und andererseits um Maßnahmen für Wirtschaftsbereiche, die nach dem Stand der einfachgesetzlichen Rechtsordnung vom einer gewerberechtlichen Regelung unterlagen oder sich doch in systemimmanenter Weise aus entsprechenden Tätigkeiten entwickelt haben.
d) Die Stellungnahme des Bundeskanzleramtes-Verfassungsdienst führt zutreffend aus, daß im Jahr 1925 "Diskotheken" nicht bekannt waren. Zwar unterlagen Gastgewerbebetriebe, in denen Klavierspieler musiziert haben, unbestrittenermaßen der Gewerbeordnung; andererseits war die Veranstaltung öffentlicher Belustigungen durch ArtV KP GewO 1859 vom Anwendungsbereich der GewO ausgenommen. Für solche Veranstaltungen gab es zum Zeitpunkt der Erlassung der GewO 1859 auch besondere polizeiliche Vorschriften: So wurde durch das Hofkanzleidekret vom 12. Mai 1827, PGS 55. Bd., Nr. 60, betreffend die Abhaltung von Tanzmusiken ua. verfügt, daß Redouten, öffentliche Bälle und Tanzmusiken nicht ohne Bewilligung der Polizeibehörden abgehalten werden dürfen. Auch verweist das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst zutreffend auf ein Kärntner Landesgesetz über die Abhaltung von Tanzunterhaltungen (LGBl. 30/1905), das vorsah, daß zur Abhaltung öffentlicher Tanzunterhaltungen eine Bewilligung des Gemeindevorstehers einzuholen war. Durch Erlaß des k.k. Ministerium des Inneren vom 10. Dezember 1850, Zl. 6370, über den Wirkungsbereich der k.k. Polizeibehörden wurde etwa bestimmt, daß zum Bereich der Polizeibehörden neben anderen im besonderen auch "die Bewilligung zu öffentlichen ... musikalischen Productionen jeder Art" gehört (§19 Abs 1) und daß im besonderen auch alle öffentlichen Bälle und Tanzmusiken der Bewilligung der Polizeibehörden bedürften (§19 Abs 2).
Aus dieser rechtlichen Situation zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Kompetenzbestimmungen des B-VG am folgt, wie der Verfassungsgerichtshof in VfSlg. 2670/1954 ausgesprochen hat, "daß bis zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der GewO. musikalische Produktionen jeder Art nicht als Gewerbe, sondern als vom Standpunkt der Verwaltungspolizei zu behandelnde Angelegenheit betrachtet und behandelt wurden."
Das bedeutet nun freilich nicht, daß eine musikalische Darbietung im Rahmen eines Gastgewerbebetriebs (etwa durch einen Barmusiker oder eine Fünf-Uhr-Tee-Kapelle) geeignet ist, dem Betrieb insoweit die Gastgewerbeeigenschaft zu nehmen. Vielmehr beziehen sich die eben zitierten Aussagen des Verfassungsgerichtshofes bloß auf die musikalische Darbietung als solche. Dementsprechend ist die - auch gewerbsmäßige - musikalische Dar-ietung als solche vom Regelungsbereich des Art 10 Abs 1 Z 8 B-VG ausgenommen. Werden aber musikalische Darbietungen in einem Gewerbebetrieb veranstaltet, so steht es dem Bundesgesetzgeber frei, gewerberechtliche Regelungen für den Gastgewerbebetrieb zu erlassen. (Von diesem Verständnis geht ganz deutlich etwa auch das zitierte Kärntner Landesgesetz über die Abhaltung von Tanzunterhaltungen aus: Es enthielt etwa Jugendschutzbestimmungen, für deren Beachtung die Gastwirte neben den Unternehmern und Leitern einer Tanzunterhaltung verantwortlich waren, erklärte Gastwirte für straffällig, die die Abhaltung einer Tanzveranstaltung in ihrem Lokal ohne Genehmigung gestatteten, und sah vor, daß Gastwirten, die wegen Übertretung des Gesetzes dreimal abgestraft waren, Tanzunterhaltungen nicht mehr bewilligt werden durften).
Es besteht daher - auch in historischer Sicht - kein Anlaß anzunehmen, daß der Bund die Kompetenz zur Regelung von bei Gastgewerbebetrieben auftretenden typisch gewerberechtlichen Fragen verliert, sofern Gastwirte Tanzunterhaltungen in ihren Lokalen gestatten oder durchführen. Bloß die Veranstaltung von Tanzunterhaltungen oder anderen öffentlichen Belustigungen für sich fällt - und zwar auch dann, wenn sie regelmäßig und in Ertragsabsicht erfolgt - somit nicht unter den Kompetenztatbestand "Angelegenheiten des Gewerbes und der Industrie".
Zweifellos können Gastgewerbebetriebe mit unterschiedlichen Betriebsformen auch unterschiedlichen gewerberechtlichen Vorkehrungen, insbesondere hinsichtlich ihrer Betriebsanlagen, unterworfen werden. Nun können sich im Laufe der Zeit unterschiedliche Betriebsformen entwickeln oder auch obsolet werden. Es entspricht durchaus einer intra-systematischen Weiterentwicklung des in Rede stehenden Kompetenztatbestandes, daß er die Ermächtigung gibt, auch für sich neu entwickelnde Betriebsformen entsprechende Regelungen vorzusehen. Wie von der belangten Behörde im führenden Verfahren B1062/90 (vgl. oben Pkt. I.1.4.) zutreffend dargelegt wird, erfordern Diskotheken besondere betriebliche Vorkehrungen. Nichts spricht dagegen anzunehmen, daß der Gewerberechtsgesetzgeber von Verfassungs wegen ermächtigt ist, Regelungen über derartige Vorkehrungen - etwa im Interesse des Schutzes der Gewerbetreibenden, der Nachbarn oder der Kunden, also Regelungen typisch gewerberechtlicher Art- vorzusehen.
e) Vor diesem verfassungsrechtlichen Hintergrund ist auch die für die Klärung der Zuständigkeit in den vorliegenden Fällen maßgebliche Bestimmung des § 2 Abs 1 Z 17 GewO 1973 zu verstehen. Sie nimmt vom Geltungsbereich der GewO nur die Veranstaltung öffentlicher Belustigungen als solche aus, nicht aber die gastgewerbliche Tätigkeit, bei der in Kombination mit der typisch gastgewerblichen Leistungserbringung auch Musik oder auch Tanz veranstaltet wird (vgl. auch diesbezüglich die zutreffenden Ausführungen der belangten Behörde in der im Verfahren B1062/90 erstatteten Gegenschrift). Ob (und allenfalls in welcher Weise) für diese im Rahmen der Tätigkeit des Gewerbetreibenden stattfindenden Darbietungen nach dem OÖ Veranstaltungsgesetz überdies entsprechende Bewilligungen erforderlich oder behördliche Aufsichtmaßnahmen möglich sind, ist in diesem, bloß auf die gewerberechtliche Dimension beschränkten Verfahren nicht zu klären. Wenn die belangten Behörden daher davon ausgegangen sind, daß die Diskothek der Beschwerdeführerin in ihren typisch gewerberechtlichen Bezügen dem Regime der GewO 1973 unterliegt, haben sie diesen Vorschriften weder einen kompetenzwidrigen Inhalt zugemessen, noch sie in rechtsunrichtiger Weise angewendet.
Die belangten Behörden haben daher entgegen der Behauptung in den Beschwerden keine Zuständigkeit in Anspruch genommen, die ihnen nicht zustünde. Das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter ist somit nicht verletzt worden.
f) Den Gleichheitsgrundsatz und die verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Erwerbsausübungsfreiheit und auf Unversehrtheit des Eigentums sehen die Beschwerden - abgesehen von den schon behandelten Bedenken - bloß durch Fehler in der Vollziehung verletzt. Der Verfassungsgerichtshof kann jedoch nicht finden, daß die Bescheide mit so schweren Mängeln behaftet wären, daß darin eine Verfassungswidrigkeit erblickt werden könnte. Ob die Bescheide auch rechtsrichtig sind, hat nicht der Verfassungsgerichtshof zu beurteilen.
Das Verfahren hat auch nicht ergeben, daß die Beschwerdeführerin in sonstigen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt wurde. Angesichts der Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsgrundlagen (vgl. oben Pkt. II.2.d; andere Normbedenken wurden weder vorgebracht, noch sind solche unter dem Blickwinkel der vorliegenden Beschwerden beim Gerichtshof entstanden) ist es auch ausgeschlossen, daß sie in ihren Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm verletzt wurde.
g) Die Beschwerden waren sohin abzuweisen und antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof abzutreten.