VfGH vom 03.03.1983, B640/81

VfGH vom 03.03.1983, B640/81

Sammlungsnummer

9655

Leitsatz

Nö. Kommunalstrukturverbesserungsgesetz 1971; Vereinigung der Gemeinde Seyring mit der Gemeinde Gerasdorf (§3 Abs 21 Z 1) nicht unsachlich

Spruch

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. a) § 3 Abs 21 Z 1 des Nö. Kommunalstrukturverbesserungsgesetzes 1971, Nö. LGBl. 264 (im folgenden kurz: KStrVG), verfügt die Vereinigung der im politischen Bezirk Wien-Umgebung gelegenen Gemeinden Gerasdorf und Seyring zur Gemeinde Gerasdorf. Die von der Vereinigung betroffenen Gemeinden haben gemäß § 5 Abs 1 KStrVG mit dem Tag des Inkrafttretens dieses Gesetzes - das ist seinem § 9 zufolge der - als eigene Gemeinden zu bestehen aufgehört.

b) Unter dem Datum hat die Nö. Landesregierung den Bescheid Z II/1-1078 - 1971 erlassen, dessen Spruch lautet:

"Gemäß § 3 Abs 21 Ziffer 1 des Kommunalstrukturverbesserungsgesetzes 1971, LGBl. Nr. 264 wurden die Gemeinden Gerasdorf und Seyring zur Gemeinde Gerasdorf vereinigt.

Gemäß § 6 Abs 2 leg. cit. werden bis zur Angelobung des neugewählten Bürgermeisters zur Besorgung der unaufschiebbaren Geschäfte dieser Gemeinde bestellt:

Zum Regierungskommissär: ...

'Zu Beiräten:' ... (es folgen sieben Namen)

'Das Beiratsmitglied' ... wird zum Stellvertreter des

Regierungskommissärs bestimmt.

Die von der Gemeinde zu tragende Entschädigung des Regierungskommissärs wird mit S 3.693,- festgesetzt."

Keiner der Beschwerdeführer wurde mit dem erwähnten Bescheid zum Regierungskommissär oder zum Beirat bestellt.

Wohl aber waren sie seinerzeit Mitglieder des Gemeinderates der Gemeinde Seyring; der Erstantragsteller war auch Bürgermeister dieser Gemeinde.

2. a) Gegen den Bescheid der Nö. Landesregierung vom wendet sich die vorliegende, auf Art 144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.

b) Die Beschwerdeführer begründen ihre Behauptung, im Gleichheitsrecht verletzt zu sein, ausschließlich damit, daß ihrer Meinung nach die im angefochtenen Bescheid angewendeten Bestimmungen des KStrVG gleichheitswidrig seien.

Unter Hinweis auf die hg. Erk. VfSlg. 8108/1977 (betreffend die Gemeinde Alberndorf) und VfSlg. 9068/1981 (betreffend die Gemeinde Gerersdorf) bringen sie vor, daß keine sachlichen Gründe für die verfügte Vereinigung Seyrings mit Gerasdorf vorgelegen seien. Seyring habe zum Zeitpunkt der Vereinigung (1971) zwar bloß 557 Einwohner gehabt. Es seien aber andere Gemeinden mit einer Bevölkerungszahl unter 1000 selbständig gelassen worden. Im übrigen habe sich die Einwohnerzahl im Gemeindeteil Seyring inzwischen auf 678 Einwohner erhöht.

Die Zusammenlegung habe sich auf die Schaffung neuer Arbeitsplätze katastrophal ausgewirkt, da im Seyringer Industriegebiet keine neuen Industrieansiedlungen erfolgt seien.

Der Hauptpendlerstrom richte sich nach wie vor nach Wien und Wolkersdorf, nicht aber zum Gemeindezentrum Gerasdorf.

Seyring weise eine geschlossene bauliche Entwicklung um den Ortskern auf; daraus resultiere eine starke Betonung des Zusammengehörigkeitsgefühls, das sich in einem engen Kontakt der Gemeindemandatare zur Bevölkerung niedergeschlagen habe. Gerasdorf (alt) habe demgegenüber ein zersplittertes Wohngebiet. Ein Zusammenwachsen des verbauten Gebietes von Seyring mit Gerasdorf (alt) sei nicht zu erwarten. Die aus Seyring stammenden Gemeinderäte könnten sich im Gerasdorfer Gemeinderat auf Grund ihrer geringen Zahl nicht durchsetzen und seien daher nicht in der Lage, die Interessen des Ortsteiles entsprechend wahrzunehmen. Bereits 1971 habe eine in Seyring durchgeführte Unterschriftensammlung einen Anteil von 97% für die Selbständigkeit der Gemeinde ergeben; 1978 seien noch immer 90,2% für die Selbständigkeit Seyrings gewesen.

Zum Zeitpunkt der Vereinigung sei die Infrastruktur Seyrings besser als jene Gerasdorfs gewesen; es habe aus diesem Grund keine Notwendigkeit oder Zweckmäßigkeit bestanden, Seyring mit Gerasdorf zu vereinigen. In der Folge wird in der Beschwerde die (als gut bezeichnete) Infrastruktur Seyrings im Jahre 1971 im einzelnen dargelegt.

Der Gemeinderat von Seyring habe sich den weiteren Beschwerdeausführungen zufolge in den Jahren 1970 und 1971 in Schreiben an die Nö. Landesregierung entschieden gegen eine Vereinigung mit einer anderen Gemeinde ausgesprochen.

Es sei auch keine wirtschaftliche oder gesellschaftliche Ausrichtung Seyrings nach Gerasdorf vorgelegen; daran habe sich in der Folge nichts geändert.

Nach der Gemeindevereinigung sei es zu einer eklatanten Benachteiligung des nunmehrigen Ortsteiles Seyring gekommen. Der für 1972 vorgesehene Bau einer Wasserleitung für Seyring sei nach der Vereinigung abrupt unterbrochen worden; auch die vor der Vereinigung beabsichtigte Errichtung eines Kanalisationsnetzes sei in der Folge nicht realisiert worden. Ähnliches gelte für die Müllabfuhr und Müllablagerung.

Sämtliche Behördenwege seien für die Einwohner Seyrings nunmehr mit einem weitaus höheren Zeit- und Arbeitsverlust verbunden.

Der Zustand der Straßen im Ortsteil Seyring habe sich seit der Vereinigung wesentlich verschlechtert. Die Sport- und Erholungsanlage für den Ortsteil Seyring werde nicht errichtet.

Die neue Gemeinde Gerasdorf sei stark verschuldet.

Die beiden Ortsteile unterschieden sich auch in ihrer Bevölkerungsstruktur, da Seyring einen viel stärkeren ländlichen Charakter als Gerasdorf aufweise, woraus ein wesentlicher mentalitätsmäßiger Unterschied zwischen den Ortsbevölkerungsteilen resultiere.

Die Vereinigung sei ohne Durchführung wissenschaftlicher Erhebungen oder Überprüfungen der Situation an Ort und Stelle vorgenommen worden. Ein Raumordnungsgutachten hätte dem Gesetzgeber die erfolgte Zusammenlegung bereits zum Zeitpunkt der Erlassung des KStrVG als unsachlich erscheinen lassen müssen.

Die Beschwerdeführer regen an, die Verfassungsmäßigkeit des § 3 Abs 21 Z 1 KStrVG von Amts wegen zu prüfen.

3. Die Nö. Landesregierung als belangte Behörde hat am eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde begehrt. Sie hat außerdem am eine weitere Stellungnahme abgegeben.

Darauf haben die Beschwerdeführer am repliziert.

II. Der VfGH hat zur Frage der Zulässigkeit der Beschwerde erwogen:

1. Der angefochtene Bescheid berührt die Rechtsstellung der Beschwerdeführer insofern, als er bewirkt, daß sie ihre Funktion als Mitglied des Gemeinderates (der Erstbeschwerdeführer auch seine Funktion als Bürgermeister) der ehemaligen Gemeinde Seyring mit verloren haben. Es ist daher möglich, daß sie durch den angefochtenen Bescheid insoweit in subjektiven Rechten verletzt worden sind; sie sind folglich zur Erhebung der Beschwerde nach Art 144 B-VG legitimiert (vgl. zB VfSlg. 8869/1980, S 581 und die dort zitierte Vorjudikatur; vgl. weiters VfSlg. 9082/1981).

2. Der angefochtene Bescheid wurde den Beschwerdeführern zwar - zumindest inhaltlich - bekannt; er ist ihnen aber - wie sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ergibt - niemals rechtmäßig zugestellt worden. Aus diesem Grunde wurde die sechswöchige Beschwerdefrist iS des § 82 Abs 1 VerfGG auch nicht in Gang gesetzt. Die Beschwerde wurde sohin rechtzeitig eingebracht, ohne daß untersucht zu werden brauchte, wann den Beschwerdeführern der Bescheid zur Kenntnis gelangt ist (vgl. VfSlg. 9068/1981 und 9148/1981).

3. Da auch die übrigen Prozeßvoraussetzungen vorliegen, ist die Beschwerde zulässig.

III. In der Sache hat der VfGH erwogen:

1. Der angefochtene Bescheid wird vor allem auf die Bestimmung des § 3 Abs 21 Z 1 KStrVG gegründet, von der die Beschwerdeführer behaupten, sie sei gleichheitswidrig.

Auch der VfGH hat diese Vorschrift bei Beurteilung der vorliegenden Beschwerde anzuwenden. Daran ändert auch das nach Erlassung des Bescheides mit in Kraft getretene Landesgesetz über die Gliederung des Landes NÖ in Gemeinden (Stammfassung: LGBl. 1030-O) nichts, in dem - anknüpfend an die bestehende Gemeindestruktur - festgestellt wird, in welche Gemeinden sich das Land NÖ gliedert. Ebensowenig ändert daran etwas der ArtII Z 18 des Nö. Landesgesetzes vom (ausgegeben am , Jahrgang 1981, 119. Stück), LGBl. 1030-7, womit das Nö. Kommunalstrukturverbesserungsgesetz 1971, LGBl. Nr. 264, idF LGBl. 1450-2, 1450-3, 1450-4 und 1450-5 aufgehoben wird. Für die Beurteilung des angefochtenen Bescheides ist im gegebenen Zusammenhang nur wesentlich, ob die ihn tragende Bestimmung des KStrVG verfassungsmäßig war; es kommt nämlich auf die Rechtslage zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides an.

2. Bei Untersuchung der Frage, ob das KStrVG 1971 verfassungsmäßig war, ist ausschließlich der Zeitpunkt seiner Erlassung maßgeblich, dies deshalb, weil dieses Gesetz eine einmalige Maßnahme zum Inhalt hat, nämlich die Vereinigung von Gemeinden zu verfügen (s. hiezu VfSlg. 8108/1977, S 527).

Der VfGH hat also auch heute nur zu untersuchen, ob die im Jahre 1971 vom Gesetzgeber angeordnete Gemeindezusammenlegung sachlich gerechtfertigt war. Der Gesetzgeber mußte damals die zukünftige Entwicklung, so insbesondere die Folgen der Gemeindevereinigung abschätzen. Bei Beurteilung durch den VfGH, ob diese Prognoseentscheidung vor dem Gleichheitsgebot bestehen kann, ist also auf das Jahr 1971 zurückzuprojizieren, sohin nur auf jene Auswirkungen der Gemeindevereinigung abzustellen, die seinerzeit vom Gesetzgeber bei Abwägung aller maßgebenden Umstände erwartet werden durften. Die tatsächliche Entwicklung kann allenfalls eines der Hilfskriterien bei Lösung der Frage sein, ob die damals getroffene Prognose vertretbar war oder nicht.

3. Die Nö. Landesregierung legt in ihrer Stellungnahme vom ausführlich begründet dar, daß im Jahre 1971 - auch auf Grund internationaler Erfahrungen allgemein die Meinung vertreten wurde, die Kleingemeinden würden künftig nicht mehr in der Lage sein, den an sie gestellten Anforderungen zu genügen. Die belangte Behörde verweist darauf, daß dieses Thema bei dem im Jahre 1967 in Stockholm abgehaltenen Kongreß des Internationalen Gemeindeverbandes behandelt wurde (vgl. Schütz; Vereinigung oder Zusammarbeit der Gemeinden; ÖGZ 22/1967, S 525 ff.).

Die belangte Behörde nimmt auch zum Tatsachenvorbringen der Beschwerdeführer (s.o. I.2.b) Stellung und bestreitet es weitgehend.

4. a) Der VfGH hat bisher ständig judiziert (vgl. zB VfSlg. 9068/1981 und die dort auf S 233 zitierte weitere Rechtsprechung), daß die Zusammenlegung einer Kleingemeinde mit weniger als 1000 Einwohnern in der Regel sachlich ist. Der Gerichtshof sieht sich nicht veranlaßt, von dieser Rechtsprechung abzugehen:

Die Bundesverfassung gibt dem Landesgesetzgeber das Ziel vor, die Gemeinden so einzurichten, daß sie jene Aufgaben, die ihnen durch die Gemeindeverfassungsnovelle BGBl. 205/1962 überantwortet sind, bestmöglich zu erfüllen in der Lage, also entsprechend leistungsstark sind. Das vom nö. Landesgesetzgeber mit dem KStrVG verfolgte Ziel, die Gemeindestruktur diesem Verfassungsgebot entsprechend zu gestalten, ist durchaus sachlich. Vertretbar (zumindest damals) war die Annahme, von der der Gesetzgeber im Jahre 1971 offenbar ausging, daß nämlich Gemeinden mit weniger als 1000 Einwohnern (wobei diese Grenze keineswegs eine starre ist) wegen der in den letzten Jahrzehnten eingetretenen quantitativen und qualitativen Steigerung der gemeindlichen Aufgaben und der geänderten Art und Weise sie zu bewältigen, keine tauglichen Organisationseinheiten mehr seien, um die erforderliche Leistungskraft zu gewährleisten; dabei konnte der Gesetzgeber von der Erfahrung ausgehen, daß auf Grund der technischen Entwicklung (insbesondere wegen der vermehrten Verwendung von Auto und Telephon auch im ländlichen Raum) die Kommunikation in den letzten Jahrzehnten wesentlich verbessert wurde und daher Entfernungen eine bedeutend geringere Rolle als bisher spielten. Jedenfalls damals war es durchaus vernünftig, all diese Entwicklungstendenzen für die absehbare Zukunft fortzuschreiben.

Die Prognose, durch Schaffen größerer Gemeinden werde im allgemeinen die Gemeindestruktur in Zukunft verbessert, war jedenfalls im Jahre 1971 begründet. Ob dies auch heute noch (uneingeschränkt) zutrifft, muß nach dem oben unter III.2. Gesagten unerörtert bleiben.

Ausnahmen vom Grundsatz, daß die Auflösung einer Kleingemeinde sachlich begründet war, bestanden nur für jene Fälle, in denen die Zusammenlegung der Kleingemeinde - mit welcher anderen Gemeinde immer - auf Grund ganz besonderer Umstände vorhersehbarerweise völlig untauglich war, das angestrebte Ziel einer Kommunalstrukturverbesserung zu erreichen (wie etwa im Fall Alberndorf vgl. VfSlg 8108/1977, S 526 f.), oder für jene Fälle, in denen die Zusammenlegung der Kleingemeinde mit einer bestimmten anderen Gemeinde oder ihre Aufteilung auf mehrere bestimmte andere Gemeinden (wie etwa im Fall Gerersdorf - vgl. VfSlg. 9068/1981) beispielsweise aus geographischen Gründen unter Bedachtnahme auf das Bestehen öffentlicher Verkehrsverbindungen - voraussehbarerweise extrem unzweckmäßiger war als eine andere denkbare Zusammenlegung oder Aufteilung oder auch als das Belassen der Gemeinde.

b) Die Gemeinde Seyring hatte im Jahre 1971 bloß 557, die Gemeinde Gerasdorf 4.117 Einwohner. Seyring war daher eine Kleingemeinde, gegen deren Auflösung nach dem Gesagten von Verfassungs wegen grundsätzlich nichts einzuwenden war.

Ganz besondere Umstände, die im Jahre 1971 trotz der geringen Einwohnerzahl für das Bestehenbleiben von Seyring sprachen, hat das Verfahren nicht erbracht.

Ebensowenig hat sich ergeben, daß irgendwelche Umstände, mit denen der Gesetzgeber des Jahres 1971 rechnen mußte, dagegen sprachen, Seyring gerade mit Gerasdorf zu vereinigen. Zwar liegen Seyring und Gerasdorf etwa 5 km voneinander entfernt. Eine solche Distanz hinderte aber nach den Ausführungen in der vorstehenden lita) - schon in Anbetracht der günstigen Straßenverbindung - den Gesetzgeber nicht an der Annahme, daß sich die Vereinigung insgesamt positiv auswirken werde. Die sogenannte "Hauptdorfkarte" weist als Zuordnung von Seyring zu einer Gemeinde mit überörtlicher Bedeutung lediglich eine solche zu Gerasdorf als "mäßig stark zugeordnete Siedlung" und eine zur etwa gleich weit entfernten Gemeinde Groß-Ebersdorf als "schwach zugeordnete Siedlung" aus. Wenn der Gesetzgeber 1971 die Kleingemeinde Seyring auflösen wollte, hatte er also kaum eine andere Wahl, als sie mit Gerasdorf zusammenzulegen.

c) aa) Der VfGH hat in ständiger Rechtsprechung (zB VfSlg. 6697/1972, 7830/1976, 8108/1977, 8219/1977, 9068/1981) dargetan, daß die Notwendigkeit oder Zweckmäßigkeit von Strukturänderungsmaßnahmen jeder Art von einer Vielzahl von Umständen abhängig sei. So gut wie niemals werde eine Situation so beschaffen sein, daß ausnahmslos alle in Ansehung einer bestimmten Maßnahme erheblichen Umstände für diese Maßnahmen sprächen; immer würden im Einzelfall auch Umstände vorliegen, an denen gemessen sie nicht erforderlich, ja vielleicht sogar unzweckmäßig sei. Auch jede Änderung der Gemeindestruktur bewirke deshalb - und zwar besonders für die unmittelbar davon Betroffenen - nicht nur Vorteile; es werde sich vielmehr manches überhaupt nicht und manches vielfach sogar - oft freilich nur vorübergehend - zum Nachteil ändern. Das sei unvermeidlich und mache deshalb eine solche Maßnahme an sich noch nicht unsachlich. Strittig könne nur die Frage der (bloßen) Zweckmäßigkeit der getroffenen Regelung sein. Nach seiner ständigen Judikatur gebe aber der Gleichheitsgrundsatz dem VfGH keine Handhabe, über die (bloße) Zweckmäßigkeit gesetzlicher Bestimmungen zu urteilen.

Der VfGH sieht sich nicht veranlaßt, von dieser Judikatur abzugehen.

bb) Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung erweist sich das Vorbringen der Beschwerdeführer als nicht zielführend:

Die ins Treffen gebrachte Tatsache, daß Gerasdorf und Seyring eine verschiedene Bevölkerungs- und Wirtschaftsstruktur hatten, war für sich allein noch kein derart schwerwiegender Grund, daß die Zusammenlegung zu unterlassen gewesen wäre, zumal - wie dargetan - die Vereinigung der Kleingemeinde Seyring mit einer anderen Gemeinde als Gerasdorf von vornherein kaum in Betracht kam.

Ein weiterer Schwerpunkt der Argumentation der Beschwerdeführer liegt im Vorwurf, die von den Organen der neuen Gemeinde Gerasdorf verfolgte Politik wirke sich zum Nachteil des Ortsteiles Seyring aus. Selbst wenn dieses Vorbringen zutreffen sollte - was im übrigen von der Nö. Landesregierung unter Anführung näherer Umstände bestritten wird - so ist es im gegebenen Zusammenhang rechtlich unerheblich; ein derartiges Verhalten der Gemeindeorgane könnte nämlich - da besondere Umstände, die ein derartiges Verhalten der Organe der neuen Gemeinde erwarten ließen, nicht vorlagen - nicht dem Gemeindestruktur-Gesetzgeber angelastet werden.

Ferner sind die Beschwerdeführer nicht im Recht, wenn sie meinen, es sei unsachlich gewesen, die - pro Kopf der Bevölkerung gerechnet - wohlhabendere Gemeinde Seyring mit der wirtschaftlich ärmeren Gemeinde Gerasdorf zusammenzulegen, was zur Folge gehabt hätte, daß der Ortsteil Gerasdorf auf Kosten des Ortsteiles Seyring Vorteile gezogen habe: Selbst wenn diese Behauptung zuträfe, würde dies keine Verletzung des Gleichheitssatzes bewirken, da sich der Gesetzgeber im Rahmen des ihm von Verfassungs wegen zukommenden rechtspolitischen Gestaltungsfreiraumes bewegt, wenn er gerade darauf abzielt, zwischen finanziell stärkeren und schwächeren Gebieten einen Ausgleich zu schaffen, und sich dazu (auch) des Mittels der Änderung der Gemeindestruktur bedient.

Schließlich läßt der von den Beschwerdeführern noch hervorgehobene Umstand, daß der nö. Landesgesetzgeber andere Gemeinden als Seyring mit unter 1000 Einwohnern bestehen ließ, keinen Rückschluß darauf zu, daß die Vereinigung der Kleingemeinde Seyring mit Gerasdorf unsachlich gewesen wäre.

Der nö. Landesgesetzgeber konnte im Jahre 1971 begründet annehmen, die Vereinigung der Kleingemeinde Seyring mit der Gemeinde Gerasdorf werde ein leistungsfähigeres Kommunalwesen als bisher gewährleisten. Wenn diese Vorteile in der Folge nicht oder nicht im erwarteten Ausmaß eingetreten sein sollten, so könnte dies für den Landesgesetzgeber oder Verordnungsgeber (§9 der Nö. Gemeindeordnung 1973, LGBl. 1000-4) allenfalls Anlaß bieten, die Kommunalstruktur neuerlich zu ändern, würde aber nicht bewirken, daß die Prognoseentscheidung des Jahres 1971 als unsachlich zu bezeichnen wäre.

d) Zusammenfassend ist festzuhalten, daß der VfGH unter dem Gesichtspunkt des vorliegenden Beschwerdefalles weder gegen § 3 Abs 21 Z 1 KStrVG 1971 noch gegen die anderen bei Erlassung des angefochtenen Bescheides angewendeten Rechtsvorschriften verfassungsrechtliche Bedenken - etwa im Hinblick auf den Gleichheitssatz - hat.

5. Die Beschwerdeführer behaupten nicht, daß bei der Vollziehung des Gesetzes Fehler unterlaufen wären. Anhaltspunkte dafür hat das Verfahren auch sonst nicht ergeben.

Die Beschwerdeführer sind durch den angefochtenen Bescheid im Gleichheitsrecht nicht verletzt worden.

6. Die Beschwerdeführer sind auch nicht in von ihnen nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten oder wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in einem Recht verletzt worden.

Die Beschwerde war daher abzuweisen.