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OGH vom 25.04.2017, 10ObS39/17h

OGH vom 25.04.2017, 10ObS39/17h

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Univ.Prof. Dr. Neumayr als Vorsitzenden, den Hofrat Dr. Schramm und die Hofrätin Dr. Fichtenau sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Christoph Wiesinger (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Mag. Hannes Schneller (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei H*****, vertreten durch Puttinger Vogl Rechtsanwälte GmbH in Ried im Innkreis, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, 1021 Wien, FriedrichHillegeistStraße 1, vertreten durch Dr. Josef Milchram und andere Rechtsanwälte in Wien, wegen Feststellung von Schwerarbeitszeiten, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Teilurteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen vom , GZ 12 Rs 110/16g14, mit dem das Urteil des Landesgerichts Ried im Innkreis als Arbeits und Sozialgericht vom , GZ 3 Cgs 209/15m10, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 418,78 EUR (davon 69,80 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit vom wies die beklagte Pensionsversicherungsanstalt den Antrag der Klägerin auf Anerkennung von Schwerarbeitszeiten in näher bezeichneten Monaten im Zeitraum zwischen und ab.

Der gegen diesen Bescheid erhobenen Klage gab das teilweise durch Feststellung von Schwerarbeitszeiten in den Monaten Oktober 2002 und Februar 2012 statt und wies das darüber hinausgehende Mehrbegehren ab.

Es stellte fest, dass die 1960 geborene Klägerin von September 1996 bis Juni 2013 im Krankenhaus Ried im Innkreis als diplomierte Kinder und Säuglingsschwester beschäftigt und in der Neonatologie eingesetzt war. In diesem Zeitraum arbeitete sie durchschnittlich zwischen 24 und 36 Stunden wöchentlich. Ihre Arbeit absolvierte sie entweder in 12stündigen Nachtdiensten (19:00 bis 7:00 Uhr) oder Tagdiensten in unterschiedlicher Dauer. Nachtdienste verrichtete sie durchschnittlich vier Mal im Monat. Lediglich in den Monaten Oktober und November 1996, Jänner 1997, April bis Juli 1997 und September bis Dezember 1997 verrichtete die Klägerin sechs Nachtdienste mit jeweils zumindest sechs Arbeitsstunden zwischen 22:00 und 6:00 Uhr, wobei sie jeweils weniger als 15 Arbeitsdienste in diesen Monaten aufweist. In den Monaten Oktober 2002 und Februar 2012 verrichtete die Klägerin zumindest 15 Arbeitsdienste.

Ihre Aufgabenstellung umfasste die Betreuung von Säuglingen und Kindern (inklusive Intensivstation). Ihre Tätigkeit bestand in der Verabreichung von Injektionen, Blutabnahme, Medikamentenabgabe, Durchführung von Therapien, Pflege mit Waschen und Reinigen, Bettenbeziehen, Zimmerpflege, Hilfestellung für Mütter beim Baden/Wickeln/Füttern, Zubereitung der Säuglingsnahrung, Assistenz bei der ärztlichen Untersuchung, Dokumentation und Beratungstätigkeiten. Die Klägerin war in den Nachtdiensten alleine für durchschnittlich elf Kinder auf der Intensivstation zuständig und während des Tages für ca vier Kinder. Pflegehelfer waren nicht vorhanden.

In seiner rechtlichen Beurteilung führte das Erstgericht, soweit im Revisionsverfahren von Bedeutung, aus, die Klägerin habe lediglich in den Monaten Oktober 2002 und Februar 2012 Schwerarbeit geleistet. Auch bei Schwerarbeit in Form von Schicht oder Wechseldiensten sei eine Anzahl von mindestens 15 Schwerarbeitstagen im Monat erforderlich.

Das gab der Berufung der Klägerin gegen den klageabweisenden Teil des Urteils des Erstgerichts statt. Es sprach mit Teilurteil aus, es werde gegenüber der beklagten Partei festgestellt, dass die von der Klägerin erworbenen Versicherungsmonate der Pflichtversicherung aufgrund einer Erwerbstätigkeit in den Monaten Oktober 1996, November 1996, Jänner 1997, April bis Juli 1997, September bis Dezember 1997, Oktober 2002 und Februar 2012 Schwerarbeitszeiten iSd § 607 Abs 14 ASVG bzw § 4 Abs 4 APG in Verbindung mit der Schwerarbeitsverordnung sind. Im übrigen Umfang hob es das Urteil des Erstgerichts mit Ausnahme der Kostenentscheidung auf und verwies die Sozialrechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück. Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs sei ein Kalendermonat bereits dann als Schwerarbeitsmonat zu werten, wenn die Schicht oder Wechseldienste iSd § 1 Abs 1 Z 1 SchwerarbeitsV in einem Umfang von mindestens sechs Stunden an mindestens sechs Arbeitstagen im Kalendermonat geleistet würden. Diese Voraussetzungen erfülle die Klägerin nicht nur in den vom Erstgericht als Schwerarbeitsmonaten festgestellten, sondern auch in den übrigen im Spruch angeführten Kalendermonaten.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass die Revision gegen das Teilurteil zulässig sei, weil im Hinblick auf die oberstgerichtlichen Entscheidungen 10 ObS 23/16d und 10 ObS 103/10k eine Klarstellung erforderlich erscheine, ob bei der Schwerarbeit nach § 1 Abs 1 Z 1 SchwerarbeitsV ein Ausmaß von sechs Arbeitstagen im Kalendermonat ausreiche oder ob nicht doch insgesamt 15 Arbeitstage iSd § 4 SchwerarbeitsV erforderlich seien.

Rechtliche Beurteilung

Die von der Klägerin beantwortete der beklagten Partei gegen das Teilurteil des Berufungsgerichts ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Die Revisionswerberin vertritt mit ausführlicher Begründung den Standpunkt, dass bei der Z 1 des § 1 Abs 1 SchwerarbeitsV ebenso wie bei den übrigen Ziffern dieser Bestimmung 15 Arbeitstage iSd § 4 SchwerarbeitsV erforderlich seien und keineswegs ein Ausmaß von sechs Arbeitstagen im Kalendermonat ausreiche.

Hierzu wurde erwogen:

1. Nach § 4 SchwerarbeitsV ist „ein Schwerarbeitsmonat jeder Kalendermonat, in dem eine oder mehrere Tätigkeiten nach § 1 Abs 1 zumindest in jenem Ausmaß ausgeübt wurden, das einen Versicherungsmonat im Sinn des § 231 Z 1 lit a ASVG begründet“. Arbeitsunterbrechungen bleiben dabei außer Betracht, solange die Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung weiter besteht. Nach § 231 Z 1 lit a ASVG ist ein Versicherungsmonat jeder Kalendermonat, in dem mindestens Versicherungszeiten in der Dauer von 15 Tagen oder zwei ganze Beitragswochen liegen.

2. Gemäß § 1 Abs 1 Z 1 SchwerarbeitsV gelten alle Tätigkeiten, „die in Schicht- oder Wechseldienst auch während der Nacht (unregelmäßige Nachtarbeit), das heißt zwischen 22 Uhr und 6 Uhr, jeweils im Ausmaß von mindestens sechs Stunden und zumindest an sechs Arbeitstagen im Kalendermonat, sofern nicht in diese Arbeitszeit überwiegend Arbeitsbereitschaft fällt“, geleistet werden, als Tätigkeiten, die unter besonders belastenden Bedingungen erbracht werden. Wesentliches Merkmal dieses Tatbestands ist der notwendige Wechsel zwischen Tag- und Nachtdienst. Es muss demnach von der Versicherten vor, nach oder zwischen den sechs Nachtdiensten im Kalendermonat zumindest ein Wechsel zu einem Tagdienst stattfinden (10 ObS 103/10k, SSV-NF 24/58; vgl Rainer/Pöltner in SVKomm § 4 APG Rz 136).

3. Für die Beantwortung der Frage, wann ein Schwerarbeitsmonat vorliegt, ist daher davon auszugehen, dass

a) der jeweilige Kalendermonat ein Versicherungsmonat in der Pensionsversicherung sein muss, das heißt die Pensionsversicherung muss grundsätzlich an mindestens 15 Tagen dieses Monats bestanden haben (vgl § 231 Z 1 lit a ASVG) und

b) in dieser Versicherungszeit Schwerarbeit im Sinn der SchwerarbeitsV geleistet wurde (10 ObS 23/16d, DRdA 2017/4, 37 [De Brito]).

4. In der Entscheidung 10 ObS 103/10k hat der Oberste Gerichtshof ausgesprochen, dass ein Kalendermonat als Schwerarbeitsmonat gewertet wird, wenn in einem Schicht- oder Wechseldienst auch während der Nacht erbrachte Tätigkeiten im Umfang von mindestens sechs Stunden an zumindest sechs Arbeitstagen im Kalendermonat geleistet werden. Ferner wird ausgeführt, dass nach § 4 SchwerarbeitsV in Anlehnung an den Erwerb von Versicherungsmonaten ein Schwerarbeitsmonat dann erworben wird, wenn eine oder mehrere besonders belastende Tätigkeiten iSd § 1 SchwerarbeitsV „mindestens in der Dauer von fünfzehn Tagen in einem Kalendermonat ausgeübt wurden“.

5. Gestützt auf seine Entscheidung 10 ObS 103/10k sprach der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung 10 ObS 23/16d aus, dass in § 1 Abs 1 Z 1 SchwerarbeitsV nicht auf die in § 4 SchwerarbeitsV angesprochene Anzahl von Schwerarbeitstagen abgestellt wird, sondern auf das Vorliegen von lediglich sechs Arbeitstagen im Kalendermonat, an denen unregelmäßige Nachtarbeit geleistet wurde. Ein Kalendermonat, der auch ein Versicherungsmonat sein muss, ist bereits dann als Schwerarbeitsmonat zu qualifizieren, wenn Tätigkeiten in einem Schicht- oder Wechseldienst erbracht werden, und zwar auch während der Nachtstunden in einem Umfang von mindestens sechs Stunden, und solche Tätigkeiten an mindestens sechs Arbeitstagen im Kalendermonat geleistet werden.

6. An dieser Auffassung, die eine allfällige Unklarheit der Entscheidung 10 ObS 103/10k ausräumt und auch im Schrifttum vertreten wird (Milisits, Schwerarbeitsverordnung – Ein Leitfaden für die Praxis [2008] 31; Rainer/Pöltner in SV-Komm § 4 APG Rz 135), ist festzuhalten. Wurde nämlich eine die Versicherung in der Pensionsversicherung begründende Tätigkeit im Schicht- oder Wechseldienst, der auch Nachtarbeit umfasst, im vom Gesetz geforderten Mindestausmaß (etwa die erforderlichen sechs Nachtarbeitszeiten) in einem Kalendermonat geleistet, dann ist der von einer monatlichen Betrachtungsweise ausgehende Tatbestand des § 1 Abs 1 Z 1 SchwerarbeitsV bereits erfüllt, also Schwerarbeit im Bezugszeitraum tatsächlich geleistet worden, sodass es nur noch darauf ankommt, dass dieser Kalendermonat auch ein Versicherungsmonat in der Pensionsversicherung ist. Die Tätigkeit nach § 1 Abs 1 Z 1 SchwerarbeitsV ist dann „in jenem Ausmaß, das einen Versicherungsmonat im Sinn des § 231 Z 1 lit a ASVG begründet,“ ausgeübt worden.

7. Dass diese Kriterien in den vom Berufungsgericht als Schwerarbeitsmonate festgestellten Kalendermonaten erfüllt sind, wird in der Revision zutreffend nicht bestritten.

8. Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit a ASGG.

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2017:010OBS00039.17H.0425.000
Schlagworte:
1 Generalabonnement,12 Sozialrechtssachen

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