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OGH vom 22.02.2011, 8Ob67/10a

OGH vom 22.02.2011, 8Ob67/10a

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsrekursgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon. Prof. Dr. Kuras, die Hofrätin Dr. Tarmann Prentner und die Hofräte Mag. Ziegelbauer und Dr. Brenn als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Partei D***** W*****, vertreten durch Dr. Markus Weinl, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagten Parteien und Gegner der gefährdeten Partei 1) KR T***** K*****, vertreten durch Dr. Tassilo Wallentin, Rechtsanwalt in Wien, 2) Dr. H***** S*****, vertreten durch Frick Schwarz Rechtsanwälte GesnBR in Wien, und 3) Dr. T***** W*****, Rechtsanwalt, *****, wegen Feststellung und Unterlassung (Gesamtstreitwert 59.520 EUR), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der klagenden und gefährdeten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien vom , GZ 13 R 70/10 14, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm § 526 Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Mit den Ausführungen zur behaupteten Nichtigkeit und Mangelhaftigkeit des Verfahrens vermag die Klägerin keine erhebliche Rechtsfrage aufzuzeigen.

Behauptete geänderte Verhältnisse (hier nachträgliche Möglichkeit der Erstbeklagten zur Erhebung von Einwendungen im Bauverfahren) führen nicht automatisch zum Erlöschen eines Exekutionstitels. Im gegebenen Zusammenhang ignoriert die Klägerin das Vorliegen des rechtskräftigen Endbeschlusses nach § 340 ABGB sowie den Umstand der Exekutionsführung. Nur eine durchsetzbare und rechtskräftige petitorische Entscheidung, die mit einer in derselben Angelegenheit ergangenen possessorischen Entscheidung unvereinbar ist, führt zum Erlöschen des possessorischen Anspruchs. Im Fall der Exekutionsführung aufgrund des possessorischen Titels ist dies mit Einstellungsantrag oder Oppositionsklage geltend zu machen (vgl Kodek in Fasching/Konecny 2 § 459 ZPO Rz 92 f und 99). Eine Verschweigung der Erstbeklagten im baubehördlichen Bewilligungsverfahren, die gemäß Art 37 EGZPO zu einer Verwirkung des Bauschutzes geführt hätte (vgl Spielbüchler in Rummel 3 § 340 ABGB Rz 8; Eccher in KBB 3 § 340 ABGB Rz 3), lag im Titelverfahren gerade nicht vor.

Unrichtig ist, dass über einen Sicherungsantrag stets auf Basis der Behauptungen und Bescheinigungen der gefährdeten Partei entschieden werden müsse. Grundsätzlich kann es dem Gegner der gefährdeten Partei nicht verwehrt werden, dem von der gefährdeten Partei behaupteten Anspruch mit geeigneten Gegenbescheinigungsmitteln entgegenzutreten. Ob die Gegenbescheinigungsmittel aufzunehmen sind, hängt davon ab, ob dadurch der Rahmen des Sicherungsverfahrens gesprengt wird. Die Entscheidung darüber liegt in dem durch die Umstände des Einzelfalls bestimmten Ermessen des Gerichts (RIS Justiz RS0005416; Angst/Jakusch/Mohr, EO 14 § 389 E 41 und 62).

Das Rekursgericht hat sich mit der Mängelrüge der Klägerin ordnungsgemäß auseinandergesetzt. Von der zweiten Instanz verneinte Mängel des erstinstanzlichen Verfahrens können in dritter Instanz nicht mehr geltend gemacht werden (vgl RIS Justiz RS0042963). Aus diesem Grund ist auch die Rüge der Klägerin, das Erstgericht habe kein ausreichendes Bescheinigungsverfahren durchgeführt, unbeachtlich.

2. Auch im Provisorialverfahren ist der Oberste Gerichtshof nicht Tatsacheninstanz, weshalb er an den vom Rekursgericht als bescheinigt angenommenen Sachverhalt gebunden ist (RIS Justiz RS0002192; Angst/Jakusch/Mohr aaO § 389 E 143). Mit der Beweisrüge der Klägerin hat sich das Rekursgericht ebenfalls ordnungsgemäß auseinandergesetzt.

3. Die Grundsätze zur Beurteilung der Voraussetzungen für das Vorliegen einer konkreten Gefährdung nach § 381 EO wurden vom Rekursgericht zutreffend dargestellt. Bei der Beurteilung, ob eine konkrete Gefährdung des geltend gemachten Anspruchs vorliegt, kommt es auf die Umstände des Einzelfalls an (RIS Justiz RS0005118; Angst/Jakusch/Mohr aaO § 381 E 11). Ob das Vorbringen zur konkreten Gefährdung im Einzelfall ausreicht, stellt ebenfalls keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung dar (RIS Justiz RS0005103; Angst/Jakusch/Mohr aaO § 381 E 19 und § 389 E 15).

Die Beurteilung des Rekursgerichts, das (ein gleichwertiges) Aushubmaterial ohne jeden Nachteil auf das Grundstück der Klägerin wieder aufgebracht werden könnte und die auflaufenden Kosten einen reinen Vermögensschaden betreffen würden und zur Gänze ersetzbar seien, weshalb sowohl auf Basis des als bescheinigt angenommenen Sachverhalts als auch nach dem Vorbringen der Klägerin weder die Voraussetzungen nach § 381 Z 1 EO noch jene nach Z 2 leg cit gegeben seien und der Sicherungsantrag daher mangels konkreter Gefährdung nicht berechtigt sei, erweist sich als nicht korrekturbedürftig. Angemerkt wird, dass es sich beim Verfahren über die von der Klägerin zusätzlich eingebrachte Oppositionsklage nicht um ein possessorisches Verfahren handelt. Die Bestimmtheit des Begehrens ist eine prozessuale Klagevoraussetzung (vgl RIS Justiz RS0037518); diese Frage ist im Titelverfahren geltend zu machen.

Mangels Aufzeigens einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 528 Abs 1 ZPO war der außerordentliche Revisionsrekurs zurückzuweisen.