OGH vom 01.12.1999, 9ObA222/99h

OGH vom 01.12.1999, 9ObA222/99h

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer und Dr. Hradil sowie die fachkundigen Laienrichter Ministerialrat Dr. Robert Göstl und Werner Bayer als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Georg S*****, Kaufmann, *****, vertreten durch Dr. Johann Gelbmann, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Dr. Johannes Jaksch, Rechtsanwalt, Reischachstraße 3, 1010 Wien, als Masseverwalter im Konkursverfahren über das Vermögen der G***** GesmbH, *****, wegen Feststellung einer Konkursforderung (Streitwert S 5,389.270,-- brutto sA), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 7 Ra 368/96f-70, womit infolge Berufung beider Parteien das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom , GZ 27 Cga 146/95b-37, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt und beschlossen:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.

Der Kostenrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Wenngleich im Revisionsverfahren nicht mehr strittig ist, dass die Entlassung des Klägers unberechtigt war, ist die Revision gemäß § 46 Abs 3 Z 1 ASGG jedenfalls zulässig. Die Zulässigkeit einer Revision iSd § 46 Abs 3 ASGG hängt nämlich davon ab, ob eine der dort aufgezählten Rechtsfragen im Berufungsverfahren noch als Haupt- oder Vorfrage strittig war. Hingegen kann es nicht darauf ankommen, ob eine solche Frage auch noch im Revisionsverfahren strittig ist.

Mit seiner Mängelrüge macht der Kläger teils erneut angebliche Mängel des Verfahrens erster Instanz geltend, welche bereits vom Berufungsgericht verneint wurden und somit einer Revision nicht unterliegen (Kodek in Rechberger ZPO Rz 3 zu § 503), teils liegt darin eine unzulässige Beweisrüge. Soweit der Revisionswerber in der Einvernahme des Geschäftsführers der Gemeinschuldnerin im Rechtshilfeweg eine Verletzung der Unmittelbarkeitsgrundsatzes zu erkennen glaubt, ist ihm entgegenzuhalten, dass es sich dabei um einen Mangel handelt, der gemäß § 196 Abs 1 ZPO rügepflichtig ist und nicht mehr geltend gemacht werden kann, wenn sich die berechtigte Partei in die weitere Verhandlung der Sache eingelassen hat (Fucik in Rechberger ZPO Rz 2 zu § 196). Das Berufungsgericht hat in der Berufungsverhandlung vom (ON 66) die im Rechtshilfeweg erfolgte Einvernahme in die Verlesung des gesamten Aktes miteinbezogen, ohne dass der Kläger eine mögliche Rüge erhoben hätte. Ein allfälliger Mangel in dem vom Revisionswerber aufgezeigten Sinn wäre somit geheilt und unbeachtlich.

Auch die Rüge angeblicher Aktenwidrigkeiten stellt sich als unzulässige Beweisrüge dar.

Das Berufungsgericht hat die Frage eines Anspruches auf weitergehende als ohnehin zuerkannte Provisionen genauso zutreffend verneint, wie es die Zulässigkeit sowohl der von der Beklagten erklärten Aufrechnung wie die Feststellung eines Nettoanspruches trotz der Geltendmachung von Bruttobeträgen für zulässig erklärt hat. Es reicht daher insoferne aus, auf die eingehende Begründung in der Berufungsentscheidung hinzuweisen (§ 510 Abs 3 ZPO). Ergänzend ist den Ausführungen des Revisionswerbers entgegenzuhalten:

Die Vorinstanzen konnten keine über den Text (§ 12) des Dienstvertrages hinausgehende Parteienabsicht betreffend Provisionen des Klägers feststellen. Demzufolge gibt auch die Rechtsauffassung des Berufungsgerichtes, ein Provisionsanspruch des Klägers sei nur für Inlandsumsätze und nur für die (letztlich kurze) Dauer seiner Funktion als Verkaufsleiter vereinbart worden, keinen Grund zu Bedenken, sodass die Geltendmachung von Provisionen, welche über das zugesprochene Ausmass hinausgehen, einer rechtlichen Grundlage entbehrt.

Zum Zuspruch eines Nettobetrages:

Dem Kläger ist wohl darin beizupflichten, dass nach nunmehr ständiger Rechtsprechung (Arb 10.091 = DRdA 1982, 323 = DRdA 198/2 [Burgstaller] mwN) ein Arbeitnehmer zwar berechtigt ist, ein Bruttoentgelt einzuklagen und ein Zuspruch eines Bruttobetrages auch im Falle der Einwendung eines Nettobetrages erfolgen kann, doch wird in einem solchen Fall die Einbehaltungs- und Abführungspflicht des Arbeitgebers von der Rechtskraftwirkung des Urteiles nicht berührt. Wird daher anstelle des begehrten Brutto- ein Nettobetrag zugesprochen, dessen Richtigkeit im vorliegenden Fall vom Kläger gar nicht bestritten (sondern von diesem selbst errechnet) wurde, kann sich dieser dadurch nicht für beschwert erachten.

Nach der Rechtsprechung (8 Ob 509/93 = ZfRV 1995, 159) schließt der Umstand, dass Konkursforderungen nur im Rahmen eines Feststellungsbegehrens geltend gemacht werden können, das Recht des Gemeinschuldners, mit eigenen Forderungen aufzurechnen, nicht aus. Es kann in diesem Zusammenhang auch keinen Unterschied machen, ob die Aufrechnung schon vor dem Prozess oder erst in diesem erklärt wurde. Durch die Fassung eines dreigliedrigen Spruches kann sich der Kläger insofern nicht für beschwert erachten, als die Feststellung des Konkursteilnahmeanspruches jedenfalls das - richtige - Ergebnis aus der Gegenüberstellung der Klageforderung und der aufgerechneten Gegenforderung wiedergibt. Erstmalig mit Revision macht der Kläger undifferenziert geltend, dass die Gegenforderung der beklagten Partei Pfändungs- und somit Aufrechnungsbeschränkungen (gemeint offenbar: nach § 293 Abs 3 EO) unterliege. Selbst dann, wenn dieser neue Einwand beachtlich wäre, käme ihm sachlich keine Berechtigung zu: Bei Berücksichtigung der Pfändungsbeschränkungen der EO (insbesondere der Bestimmungen der §§ 290b, 291a und 291d in der hier anzuwendenden Fassung der Existenzminimum-Verordnung 1994, BGBl 1994/40) ergibt sich nämlich, dass sich die unpfändbaren Einkommensbestandteile des Klägers mit S 155.879,87 beziffern, sodass - ausgehend von einer dem Kläger zustehenden Nettoforderung in Höhe von S 313.645,58 - ein Differenzbetrag von S 157.765,71 verbleibt, in welchem die Gegenforderung (S 114.090,70) jedenfalls Deckung findet.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 40, 50 Abs 1 ZPO.

Der hilfsweise erhobene Kostenrekurs ist jedenfalls unzulässig, weil Entscheidungen des Gerichtes zweiter Instanz über den Kostenpunkt - und zwar sowohl über die Verpflichtung zum Kostenersatz als auch über die ziffernmäßige Festsetzung des Kostenbetrages - grundsätzlich und ausnahmslos unzulässig sind (Kodek in Rechberger ZPO Rz 5 zu § 528 ZPO).